RS UVS Oberösterreich 1991/05/27 VwSen-400020/2/Gf/Rt

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Veröffentlicht am 27.05.1991
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Verweis auf VfGH vom 11.6.1990, B 947 und 1006/89; VwSen-400015 vom 3.5.1991; VwSen-400017 vom 17.5.1991. Rechtssatz

Schubhaftbeschwerde: Voraussetzung Schubhaftbescheid. Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Unabhängigen Verwaltungssenat und der Sicherheitsdirektion. Keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit, wenn die Schubhaft wegen unsteten Aufenthaltes und Mittellosigkeit wegen Gefahr für die öffentliche Sicherheit verhängt wird.  Asylantrag hindert nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides.  Verfahrenshilfe in Schubhaftsachen nicht vorgesehen.

Wie der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. VwSen-400015 vom 3. Mai 1991 und VwSen-400017 vom 17. Mai 1991), ist gemäß § 5 Abs.2 AsylG nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst so lange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling im Sinne des AsylG anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl.  § 5 Abs.3 AsylG).  Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher auch ein Asylwerber in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG (vgl.  in diesem Sinne auch VfGH vom 11. Juni 1990, B 947 u. 1006/89).  Daher erweist sich auch eine während des Asylverfahres über den Asylwerber zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte und aufrecht erhaltene Schubhaft schon dem Grunde nach als nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch stehend, es sei denn, es würden die Fristen des § 5 Abs.2 FrPG verletzt. Davon kann aber im vorliegenden Fall, wo die Schubhaft erst eine Woche andauert, keine Rede sein.

Im übrigen kommt dem unabhängigen Verwaltungssenat, der in Fremdenpolizeisachen gemäß Art.6 Abs.1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988,  in Verbindung mit § 5a Abs.6 Z.2 FrPG binnen einer Woche über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, im Hinblick auf § 11 Abs.2 FrPG eine inhaltliche Kontrolle des Schubhaftbescheides nur dahingehend, ob dieser Bescheid etwa mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler behaftet ist, zu; die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde. Daß der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. Mai 1991, Zl. Sich-III/347/1991/Sch, an einem schweren und offenkundigen, sohin in die Verfassungssphäre reichenden inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür"; "Denkunmöglichkeit" bzw. "Gesetzlosigkeit" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. z.B. VfSlg. 8266/1978 und 8718/1979, jeweils m.w.N), wird jedoch weder vom Beschwerdeführer behauptet noch haben sich im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in diese Richtung deutende Anzeichen ergeben. Wenn nämlich die belangte Behörde auf Grund des Umstandes, daß der Beschwerdeführer seit seiner erstmaligen illegalen Einreise in Österreich vor über einem Jahr nicht polizeilich gemeldet ist, sich an öfter wechselnden Orten teilweise ohne Obdach aufgehalten hat (mehrmaliges Nächtigen in Bahnhöfen) und weder über ein Arbeitseinkommen noch über nennenswerte Barbestände verfügt, offenkundig davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer zwecks finanzieller Sicherung seines weiteren Aufenthaltes in Österreich (noch weiter) in die Illegalität abgleiten wird und deshalb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, so kann diese die behördliche Vorgangsweise gemäß § 5 Abs.1 FrPG rechtfertigende Schlußfolgerung nach der allgemeinen Lebenserfahrung jedenfalls nicht als "denkunmöglich" bzw. "willkürlich" qualifiziert werden. Ist aber der Schubhaftbescheid insoweit nicht zu beanstanden, dann erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet; sie war daher abzuweisen.

Der Antrag, dem Beschwerdeführer für eine allfällige mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat die Verfahrenshilfe zu gewähren, war hingegen schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil die Gewährung der Verfahrenshilfe für den Anwendungsbereich des AVG, das gemäß § 5a Abs.6 FrPG auch für Schubhaftbeschwerden maßgeblich ist, von vornherein nicht vorgesehen ist. Diese von § 51a VStG abweichende Regelung des AVG läßt auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf

Artikel 6 Abs.3 lit.c MRK entstehen, weil sich diese Konventionsbestimmung ihrem klaren Wortlaut nach nur auf das Strafverfahren bezieht.

Schlagworte
Schubhaftbescheid; Bindung des UVS; Denkunmöglichkeit, Willkür und Gesetzlosigkeit; polizeiliche Meldung; Nächtigung in Bahnhöfen; Abgleiten in die Illegalität; Verfahrenshilfe, keine in Schubhaftsachen - verfassungsrechtlich unbedenklich.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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