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32/06 Verkehrsteuern;Norm
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der E GmbH in V, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in 4600 Thalheim/Wels, Reinberghof 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 17. November 2000, Zl. RV423/1 - 9/2000, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft erwarb vom Verkäufer Alfred S das im Kaufvertrag vom 14. September 1999 näher bezeichnete Grundstück in Gmunden um S 6,650.000,00.
Für diesen Erwerbsvorgang schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (in der Folge: Finanzamt) der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 30. September 1999 Grunderwerbsteuer von S 232.750,00 vor.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Vertragsteile mit dem zur Abgabenbemessung angezeigten Aufhebungsvertrag vom 14. Oktober 1999 den Kaufvertrag vom 14. September 1999 vollinhaltlich aufgehoben und zugleich gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 GrEStG 1987 beantragt hätten, die Steuerfestsetzung für den aufgehobenen Kaufvertrag in der Weise abzuändern, dass keine Grunderwerbsteuer für diesen Kaufvertrag festgesetzt werde.
Mit einer "Storno-Abgabenerklärung" vom 19. Oktober 1999 wurde dem Finanzamt der "Kaufvertragaufhebungsvertrag" vom 14. Oktober 1999 zwischen Alfred S und der Beschwerdeführerin angezeigt und der Antrag auf Grunderwerbsteuerbefreiung wegen § 17 Abs. 1 GrEStG gestellt. Nach Punkt "Drittens" dieses Vertrages verpflichtete sich die Beschwerdeführerin, die mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten und Abgaben aller Art zu tragen.
Mit einer weiteren Abgabenerklärung vom 18. Oktober 1999 wurde dem Finanzamt ein zwischen Alfred S als Veräußerer und der K GmbH als Erwerberin abgeschlossener Kaufvertrag vom 14. Oktober 1999 über die beschwerdegegenständliche Liegenschaft angezeigt. Als Kaufpreis wurde neuerlich ein Betrag von S 6.650.000,-- vereinbart. Beide Verträge vom 14. Oktober 1999 wurden dem Finanzamt in Kopie vorgelegt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 3. Februar 2000 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Entscheidend für die Rückgängigmachung sei, dass sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bedingungen entlassen, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibe, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtstellung wiedererlange. Im vorliegenden Fall habe Ernst K, der sowohl Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als auch der K GmbH ist, am 14. Oktober 1999 den Kaufvertragaufhebungsvertrag vom 14. September 1999 und den Kaufvertrag abgeschlossen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände, sowie des Umstandes, dass sich die Beschwerdeführerin zur Tragung der Kosten des Kaufvertragaufhebungsvertrages verpflichtet habe, woraus folge, dass dieser Vertrag in ihrem Interesse geschlossen worden sei, ergebe sich, dass der Kaufvertrag durch die Stornierungsvereinbarung nicht mit der Wirkung rückgängig gemacht worden sei, dass dadurch der frühere Eigentümer die freie Verfügungsmacht wiedererlangt habe.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte aus, im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertragaufhebungsvertrages am 14. Oktober 1999 sei der Kaufpreis noch nicht - wie in "Zweitens" des aufgehobenen Kaufvertrages vom 14. September 1999 vereinbart - auf das Parteien-Anderkonto einbezahlt gewesen und der Verkäufer habe daher das Kaufobjekt noch nicht in die Verfügungsgewalt der Beschwerdeführerin übergeben gehabt. Ernst K sei überdies nur einer von zwei Geschäftsführern der Beschwerdeführerin und der K GmbH gewesen. Da das von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Projekt zur Errichtung und zum Weiterverkauf von Eigentumswohnungen nicht habe realisiert werden können, sei auch der vereinbarte Kaufpreis nicht bezahlt worden und die Übergabe der Kaufliegenschaften an die Beschwerdeführerin nicht erfolgt. Damit hätte der Verkäufer den Rücktritt vom Vertrag erklären und die sich daraus ergebenden Konsequenzen gegen die Beschwerdeführerin geltend machen können. Zur Vermeidung dessen sei der Kaufvertrag am 14.Oktober 1999 einvernehmlich aufgehoben worden und die K GmbH habe sich entschlossen, die Liegenschaft von Alfred S zu kaufen.
In einer Niederschrift vom 18. April 2000 gab der Verkäufer Alfred S an, Ernst K sei einen Tag vor Ablauf der Zahlungsfrist am 14. Oktober 1999 zu ihm gekommen und habe ihm angeboten, den Kaufvertrag vom 14. September 1999 wegen Finanzierungsschwierigkeiten zu stornieren und die Liegenschaft privat unter denselben Bedingungen zu erwerben. Noch am selben Tag seien der Kaufvertragaufhebungsvertrag und der neue Kaufvertrag unterschrieben worden. Auch die Überweisung des Kaufpreises von der K GmbH sei fristgerecht erfolgt. Es sei von Seiten des Geschäftsführers Ernst K nie beabsichtigt gewesen, die Geschäftsverbindung mit ihm abzubrechen. Ernst K habe ihm versichert, dass es zu keinen Änderungen in finanzieller Hinsicht oder im zeitlichen Ablauf der Geschäftsabwicklung kommen werde.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 brachte die Beschwerdeführerin zur vorgehaltenen Niederschrift vor, es seien darin die Modalitäten des Liegenschaftskaufes grundsätzlich korrekt wiedergegeben worden. Aus der Sicht des Alfred S handle es sich um zwei Geschäftsfälle. Bei beiden sei er in der Verfügung über die Liegenschaft nicht eingeschränkt gewesen. Seiner Ansicht nach hätte er den Verkauf an die K GmbH auch unterbinden können, wenn er dies gewollt hätte. Daraus ergebe sich vice versa, er habe sich die Nachkäuferin frei auswählen können. Dies indiziere die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges. Dass Alfred S aus wirtschaftlicher Sicht froh gewesen sei, sich um keinen neuen Käufer umsehen zu müssen, sondern auch die nachfolgenden Grundstückstransaktionen über Ernst K als Mittelsmann habe laufen lassen können, verstehe sich von selbst, sei jedoch für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts irrelevant. Die Verfügungsmacht über den Kaufgegenstand sei gar nicht bei der Beschwerdeführerin gelegen, weil sie den Kaufpreis noch nicht bezahlt gehabt habe und somit nicht Besitzerin der Liegenschaft geworden sei. Die Beschwerdeführerin beantragte auch die Einvernahme des Notars Dr. Z sowie die Gewährung des Parteiengehörs.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die personelle und gesellschaftsrechtliche Konstellation sowie der zeitliche Geschehensablauf ließen zwingend den Schluss zu, dass der Kaufvertrag vom 14. September 1999 nur der Form nach aufgehoben worden sei, wofür auch die Aussage des Alfred S spreche. Der Verkäufer habe keine freie Verfügungsmöglichkeit gehabt, das Grundstück an einen Dritten zu verkaufen. Der Kaufvertrag vom 14. September 1999 sei daher grunderwerbsteuerrechtlich nicht wirksam aufgehoben worden. Auf die beantragten Beweisaufnahmen werde verzichtet, weil der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt, aber rechtlich anders beurteilt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführerin erachtet sich aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.
Seit dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. April 1984, Zl. 82/16/0165, VwSlg. 5876/F, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangt haben muss, die er vor Vertragsabschluss hatte. Eine solche Rückgängigmachung liegt dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, um gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. August 1998, Zl. 98/16/0029).
Soweit die Beschwerdeführerin mit der Behauptung der Aktenwidrigkeit sowie der Verletzung des Amtswegigkeitsgrundsatzes und des Parteiengehörs in Wahrheit die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist darauf hinzuweisen, dass diese der verwaltungsgerichtlichen Prüfung nur insoweit unterliegt, als es sich um die Fragen handelt, ob der Sachverhalt genügend ermittelt ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Zum Sachverhalt wird von der Beschwerdeführerin in ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 16. Oktober 2000 vorgebracht, der Verkäufer habe sich die Nachkäuferin frei auswählen können, sei aber aus wirtschaftlicher Sicht froh gewesen, sich um keinen neuen Käufer umsehen zu müssen, sondern auch die nachfolgenden Grundstückstransaktionen über Ernst K- den Geschäftsführer und Gesellschafter sowohl der beschwerdeführenden Gesellschaft als auch der K GmbH als Mittelsmann laufen lassen zu können. Damit wird aber von der Beschwerdeführerin selbst eingeräumt, dass das Grundstück auf einen von ihr und nicht vom Verkäufer ausgesuchten Käufer übertragen worden ist. Dies ist auch der mit dem Verkäufer Alfred S aufgenommen Niederschrift vom 18. April 2000 zu entnehmen. Ferner kann bei der zeitlichen Abfolge der Abwicklung der Verträge über die Vertragsaufhebung und den Abschluss des neuen Kaufvertrages, den Vertragskonditionen sowie der dargestellten Personenverflechtung keine Rede davon sein, dass der Verkäufer tatsächlich die Möglichkeit erlangt hätte, das Grundstück einem Dritten zu verkaufen. Die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, der Verkäufer habe durch die vorliegende Vertragsaufhebung nicht jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss gehabt hatte, ist daher zutreffend und die Behauptung, der Verkäufer sei weder faktisch noch rechtlich in seiner Verfügungsgewalt nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung eingeschränkt gewesen, nicht begründet. Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass das Tatbestandsmerkmal der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nicht erfüllt ist (vgl. das hg Erkenntnis vom 28. September 1998, Zl. 97/16/0308).
Ob der ursprüngliche Kaufvertrag vom 14. September bereits erfüllt und die Beschwerdeführerin bereits im Grundbuch eingetragen war, ist für die Frage der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges ohne Bedeutung (vgl. das hg Erkenntnis vom 30. März 2000, Zl. 99/16/0403).
Wenn die Beschwerdeführerin die unterlassene Einvernahme des Notars Dr. F rügt, so übersieht sie, dass sie in ihrer Eingabe vom 16. Oktober 2000 nur die Einvernahme des Notars Dr. Z beantragt hatte. Die Verfahrensrüge erweist sich daher schon deshalb als nicht berechtigt.
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf die von der Beschwerdeführerin inhaltlich bestätigte Niederschrift mit dem Verkäufer sowie auf die von ihr vorgelegten Urkunden gestützt. Es wurde zwar auch die Parteienvernehmung beantragt, jedoch kein Beweisthema genannt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1997, Zl. 93/13/0180). Von der Durchführung der Parteieinvernehmung konnte daher mit Recht Abstand genommen werden. Im Übrigen hatte die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit in schriftlichen Stellungnahmen ihren Standpunkt darzulegen und für die rechtliche Beurteilung des Inhalts der Vereinbarungen bedurfte es nicht der Vornahme der beantragten Zeugen- oder Parteieneinvernahme durch die belangte Behörde (vgl. das hg Erkenntnis vom 30. September 1999, Zl. 98/15/0117).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000160871.X00Im RIS seit
10.10.2001