Beschlagnahme und anschließende Nichtherausgabe
als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Organe des Aufsichts- und Ausforschungsdienstes der Post sind "Organe der öffentlichen Aufsicht" i.S.d. § 39 VStG; Vertriebskontrolle gemäß § 4 Privatfernmeldeanlagenverordnung (als Gesetz i.S.d. § 3 des Gesetzes zum Schutze des Hausrechts) zulässig; Nichtanführung einer bestimmten Ziffer des § 26 Abs.1 FMG in der Bescheinigung macht Beschlagnahme nicht rechtswidrig; Beschlagnahme durch Exekutivorgane zum Zweck behördlicher Überprüfung nicht gesetzlich gedeckt; Beschlagnahme zur Sicherung eines Verfallausspruches, der sich nur auf den Vorwurf formaler Rechtsverletzungen gründen könnte, greift rechtswidrig in das Grundrecht auf Eigentum ein, wenn sich der Beschwerdeführer um die Erteilung der entsprechenden Bewilligungen bemüht hat, die Behörde aber untätig geblieben ist; Beschlagnahme i.S.d. § 39 VStG ist bloß vorläufige Maßnahme, über die die Behörde unverzüglich bescheidmäßig abzusprechen hat; Kosten zweckensprechender Rechtsverfolgung sind bei Maßnahmenbeschwerden nach TP 3/B/I zu bemessen und stehen bloß für eine einfache Beschwerdeausfertigung und nicht für freiwillig eingebrachte Ergänzende Schriftsätze zu.
Die Beschwerdeführerin wendet sich nach ihrem Antragsvorbringen gegen die Beschlagnahme und anschließende Nichtherausgabe von Funkgeräten durch die belangte Behörde. Beide Erscheinungsformen von Verwaltungsakten sind nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts als solche der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren (vgl. z.B. VfSlg 3848/1960; 9490/1982; VfSlg 11650/1988; VfSlg 11820/1988; VwGH vom 30.1.1991, Zl. 89/01/0442 s.a. B.C. Funk, Von der "faktischen Amtshandlung" zum "verfahrensfreien Verwaltungsakt", ZfV 1987, 628 f) und gemäß Art.129a Abs.2 Z.2 B-VG i. V.m. §§ 67a ff AVG beim unabhängigen Verwaltungssenat anfechtbar. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c Abs.1 und 2 AVG erfüllt sind, ist die vorliegende Maßnahmenbeschwerde zulässig.
In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:
Gemäß § 39 Abs.1 und 2 VStG können die Organe der öffentlichen Aufsicht bei Gefahr im Verzug aus eigener Macht Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, vorliegt, um diesen Verfall zu sichern; hierüber ist dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.
Die die angefochtene Beschlagnahme durchgeführt habenden Organe des Aufsichts- und Ausforschungsdienstes der Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg sind als mit Aufgaben der Aufsicht nach dem FMG (vgl. § 4 Abs.2 i.V.m. § 8) betraute Exekutivorgane solche der "öffentlichen Aufsicht" im Sinne der obzitierten Bestimmung (vgl. in diesem Sinne auch VfSlg 9490/1982).
Die Beschlagnahme ist gesamthaft betrachtet als eines - wenngleich nicht im FMG, sondern im VStG geregeltes - der gesetzlichen Aufsichtsinstrumentarien des Bundes anzusehen, um nach § 8 FMG die Einhaltung dieses Gesetzes zu sichern. Darüber hinaus ermächtigt § 4 der im Gesetzesrang stehenden (BGBl. Nr. 267/1972) Privatfernmeldeanlagenverordnung, BGBl. Nr. 239/1961, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 344/1977 (im folgenden: PFMAVO), die Fernmeldebehörde und deren Exekutivorgane dazu, die Einhaltung des FMG zu überprüfen und zu diesem Zweck Grundstücke oder Räume zu betreten; ihnen sind alle gewünschten Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen entsprechende Bewilligungen vorzulegen. Wenn es die Prüfung von Funkeinrichtungen erfordert, sind diese vom Antragsteller oder Bewilligungsinhaber auf dessen Kosten zur Überprüfung bereitzustellen.
Wenn danach § 39 Abs.1 und 2 VStG sowie § 4 PFMAVO prinzipiell taugliche Grundlagen zum Einschreiten für die Exekutivorgane der Post- und Telegraphendirektion bildeten, so gilt es bei der konkreten Prüfung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieser Normen im Hinblick auf Art.5 Satz 2 StGG und auf Art.9 StGG i.V.m. § 3 des Gesetzes zum Schutze des Hausrechts, RGBl. Nr. 88/1862, zu beachten, daß sich die handelnden Organe dabei stets im Rahmen dieser ihrer gesetzlichen Ermächtigung zu halten haben: In diesem Sinne gilt es daher im vorliegenden Fall einer Beschlagnahme im Zuge einer Vertriebskontrolle zu untersuchen, ob der Verdacht der Verwaltungsübertretung hinreichend begründet war, ob die Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug zum Zweck der Sicherung der Verfallstrafe erfolgte und ob sie auch ein verhältnismäßiges Mittel zur Erreichung dieses Zweckes war.
Die Exekutivorgane der Post- und Telegraphendirektion haben offenkundig den Verdacht des Vorliegens einer Übertretung des § 26 Abs.1 Z.2 FMG - unbefugtes Besitzen und Inverkehrsetzen von Funkeinrichtungen - gehegt; dies ergibt sich eindeutig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, war auch der Beschwerdeführerin offenkundig bewußt und wird im übrigen von dieser auch gar nicht bestritten. Angesichts dieser Umstände kommt daher der Nichtanführung der "Z. 2" bzw. der stattdessen unzutreffenden Anführung der "Z. 1" im Zusammenhang mit § 26 Abs.1 FMG in den gemäß § 39 Abs.2 Satz 2 VStG ausgestellten Bescheinigungen jedenfalls nicht eine die Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme bewirkende Bedeutung zu.
Die Annahme des Verdachtes des Vorliegens einer Übertretung des § 26 Abs.1 Z.2 FMG war auch vertretbar, konnte doch die Beschwerdeführerin zumindest anläßlich der Vertriebskontrolle keine formal gültige Vertriebsbewilligung für die beschlagnahmten Geräte vorlegen, wie dies gemäß § 4 Abs.1 letzter Satz PFMAVO vorgesehen ist; in diesem Zeitpunkt war es auch den einschreitenden Exekutivorganen nicht möglich, die Behauptung der Beschwerdeführerin, bei den von der Vertriebsbewilligung in ihrer Typenbezeichnung um den Zusatz "R II" abweichenden Geräten handle es sich um in technischer Hinsicht völlig identische Typen, zu verifizieren.
§ 28 Abs.2 FMG sieht vor, daß Gegenstände, mit denen eine nach diesem Gesetz strafbare Handlung begangen wurde, für verfallen erklärt werden können.
Es liegt auf der Hand, daß die zuvor in den Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin zum Verkauf angebotenen und nachfolgend beschlagnahmten Funkgeräte - wären sie dieser ihrer Zweckbestimmung zugeführt worden - damit auch dem behördlichen Zugriff entzogen gewesen wären; im Hinblick auf das Interesse der Sicherung der Verfallstrafe sind die Exekutivorgane daher zutreffend vom Vorliegen einer "Gefahr im Verzug" im Sinne des § 39 Abs.2 VStG ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin reicht es für die Behörde selbst im Hinblick auf § 28 Abs.2 FMG, wonach diese Gegenstände ohne Rücksicht auf ihren jeweiligen Eigentümer dem Verfall unterliegen, jedenfalls dann nicht hin, den aktuellen Eigentümer solcher Geräte zu kennen, wenn dieser jene von Berufs wegen veräußert; dies deshalb nicht, weil keine gesetzliche Bestimmung die Beschwerdeführerin dazu verpflichtet, Aufzeichnungen über ihre Kunden zu führen.
Soweit hingegen im vorliegenden Fall eines dieser Funkgeräte von den Exekutivorganen der belangten Behörde nicht zum Zweck der Sicherung des Verfalles, sondern evidentermaßen zur "Überprüfung durch die Fernmeldebehörde" (so der handschriftliche Vermerk auf der entsprechenden Bescheinigung) beschlagnahmt wurde, erweist sich dieses Vorgehen von § 39 Abs.1 und 2 VStG nicht gesetzlich gedeckt:
Hiefür mag allenfalls das aufgrund einer Anzeige an die Behörde von dieser eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eine rechtliche Grundlage zu bieten oder diese kann einen Auftrag gemäß § 4 Abs.2 PFMAVO erteilen; eine - wie von Art.5 Satz 2 StGG gefordert - gesetzliche Grundlage für eine solcherart vorläufige Sicherheitsmaßnahme, wie sie die Beschlagnahme verkörpert, und den damit notwendig einhergehenden Eigentumseingriff findet sich hingegen nicht, sodaß sich die Beschlagnahme insoweit als rechtswidrig erweist.
Schließlich war aus grundrechtlichen Überlegungen heraus noch zu prüfen, ob sich die Verhängung der Strafe des Verfalles, zu deren Sicherung die vorläufige Beschlagnahme diente, - das Zutreffen des Verdachtes der Verwaltungsübertretung unterstellt - als verhältnismäßig erweisen (vgl. VfSlg 8981/1980; VwSlg 12683 A/1988; VwSen-220013 vom 9.8.1991) oder ob nicht auch ein gelinderes Mittel zur Erreichung des Strafzweckes ausreichen würde.
Der nach § 28 Abs.2 FMG offenkundige Sinn der Nebenstrafe des Verfalles besteht darin, sicherzustellen, daß mit den für verfallen erklärten Geräten in der Folge keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begangen werden können, und zwar weder vom Täter selbst noch von anderen Personen.
Im vorliegenden Fall konnte der Beschwerdeführerin nur zur Last gelegt werden, daß einerseits die Typenbezeichnung auf den Geräten nicht mit jener in der vorliegenden Vertriebsbewilligung übereinstimmt und daß sie andererseits Geräte in Verkehr zu bringen beabsichtigt, für die zwar eine Einfuhrbewilligung vorlag und eine Vertriebsbewilligung bereits beantragt, über diese aber infolge Säumigkeit der Behörden nicht entschieden wurde, wobei auf deren Erteilung bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht (vgl. § 16 PFMAVO i.V.m. Art.6 StGG). Es handelt sich demnach bloß um formale Verstöße gegen § 26 Abs.1 Z.2 FMG, bei denen - selbst wenn man deren Zutreffen unterstellt - die Verhängung der Verfallstrafe deshalb als unangemessen erscheint, weil nach dem Erlangen der erforderlichen Bewilligungen einem gesetzmäßigen Vertrieb nichts im Wege steht. Objektiv betrachtet steht vor diesem Hintergrund die Härte des von der Behörde ausgehenden Eigentumseingriffes - nämlich die vorläufige Beschlagnahme zur Sicherung eines allfälligen Verfallsausspruches - in einem auffallenden Mißverhältnis zu ihrer eigenen Untätigkeit in bezug auf die Erledigung des Antrages auf Erteilung einer Vertriebsbewilligung für die Beschwerdeführerin; dazu kommt, daß die Beschwerdeführerin offenkundig das erste Mal verwaltungsstrafrechtlich im Zusammenhang mit dem FMG belangt wurde, obwohl diese aus ihrer Sicht eigentlich alles getan hat, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Was es aber für einen Gewerbetreibenden im Ergebnis bedeutet, Waren, für die er eine Einfuhrbewilligung erhalten hat, infolge - noch dazu wegen behördlicher Säumnis - fehlender Vertriebsbewilligung nicht weiterveräußern zu können, braucht hier nicht näher ausgeführt zu werden.
Geht und ging es im vorliegenden Fall aber nicht darum, die beschlagnahmten Gegenstände gleichsam um ihrer selbst Willen aus dem Verkehr zu ziehen und damit strafbare Verletzungen des FMG durch jedermann zu verhindern, sondern lag bloß der Verdacht von formalen Verstößen gegen § 26 Abs.1 Z.2 FMG vor, so stellt sich eine zur Sicherung der Verfallstrafe vorgenommene Beschlagnahme als ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und damit als rechtswidrig dar.
Nach all dem erweist sich der Akt der Beschlagnahme der Funkgeräte im Zuge der von den Exekutivorganen der Post- und Telegraphendirektion durchgeführten Vertriebskontrolle insgesamt als rechtswidrig. Dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 67c Abs.3 Satz 1 AVG festzustellen.
Gleiches gilt für die nachfolgende Nichtherausgabe der beschlagnahmten Gegenstände aus der Gewahrsame der Behörde.
Selbst wenn - was im vorliegenden Fall aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht zutrifft - die Beschlagnahme durch die Exekutivorgane aus eigener Macht rechtmäßig gewesen wäre, stellte diese gemäß § 39 Abs.2 Satz 1 VStG bloß eine "vorläufige" Maßnahme dar. Hierüber hat nach übereinstimmender Auffassung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die Behörde selbst unverzüglich bescheidmäßig abzusprechen oder sie hat die beschlagnahmten Gegenstände zurückzustellen (vgl. z.B. VwGH vom 30.1.1991, Zl. 89/01/0442; VfSlg 11650/1988). Keinesfalls kann der belangten Behörde darin gefolgt werden, daß es hinreiche, im Verwaltungsstrafverfahren über die beschlagnahmten Gegenstände bescheidmäßig abzusprechen, weil es dort um die Beurteilung der Angemessenheit der Nebenstrafe (des Verfalles), hier aber um die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme als solche geht und die Frage von deren Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit für den Betroffenen nur im Wege der Bescheidbegründung nachvollziehbar und so im Rechtmittelverfahren angreifbar wird. Spätestens im Zeitpunkt der Abfertigung der Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren - d.i., wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, der 11. Juni 1991 - war die belangte Behörde in der Lage (vgl. in diesem Sinne VwGH vom 30.1.1991, Zl. 89/01/0442), über die Beschlagnahme bescheidmäßig abzusprechen, sodaß sich die Fortdauer der Beschlagnahme auch aus diesem Grunde als rechtswidrig erweist.
Dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 67c Abs.3 Satz 1 AVG festzustellen; auf die Verpflichtung nach § 67c Abs.3 Satz 2 AVG zur Herstellung des der vorliegenden Entscheidung entsprechenden Rechtszustandes wird die belangte Behörde hingewiesen.
Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von 10.417,80 S zuzusprechen; darin ist Umsatzsteuer in Höhe von 1.701,30 S enthalten. Dieser Betrag wurde mangels gesetzlicher Regelung in analoger Heranziehung der TP 3/B/I des Rechtsanwaltstarifgesetzes, BGBl. Nr. 189/1969, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 343/1989 (im folgenden: RATG), i.V.m. § 8 Abs.7 und § 5 Z.38 der Autonomen Honorarrichtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages als (für die Beschwerde) zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig festgesetzt; das diesbezügliche Mehrbegehren in Höhe von 2.039,40 S war abzuweisen.
Ein Mehrbegehren in Höhe von 360 S für eine weitere Bundesstempelmarke sowie für zwei Bundesstempelmarken für die Zweitausfertigung der Beschwerde war abzuweisen, weil Maßnahmenbeschwerden mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung bloß in einfacher Ausfertigung einzubringen sind.
Ein weiteres Mehrbegehren in Höhe von 4.363,80 S für einen Ergänzenden Schriftsatz war ebenfalls abzuweisen, weil dessen gesonderte Anbringung weder notwendig noch zweckmäßig im Sinne des § 22 RATG war, sondern die Abgabe dieser Stellungnahme nach der insoweit unmißverständlichen Mitteilung des unabhängigen Verwaltungssenates vom 24. Juni 1991, Zl. VwSen-400022/2/Gf/Ka, der Beschwerdeführerin freigestellt wurde.