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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §68 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 14. Februar 2001, Zl. 321.820/3-III/A/9/00, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 14. Februar 2001 der Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen beim Amt der NÖ Landesregierung eingebrachten Antrag auf Nichtigerklärung eines näher beschriebenen Gewerbescheins gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG zurückgewiesen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in einer beim Amt der NÖ Landesregierung am 5. Jänner 2000 eingebrachten Eingabe beantragt, einen näher beschriebenen Gewerbeschein für nichtig zu erklären oder diesen wegen Unrichtigkeit einzuziehen und ein darin genanntes Gewerbe amtswegig zu löschen. Der Landeshauptmann von Niederösterreich habe dem Beschwerdeführer daraufhin mit Schreiben vom 29. März 2000 mitgeteilt, eine Prüfung des von der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vorgelegten Verwaltungsaktes habe keine Hinweise auf die vom Beschwerdeführer behauptete Nichtigkeit des Gewerbescheins ergeben. Der Landeshauptmann von Niederösterreich sehe sich daher nicht veranlasst, von seinem Aufsichtsrecht Gebrauch zu machen. Mit einer am 25. Juli 2000 beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit eingelangten Eingabe habe der Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag auf Nichtigerklärung des Gewerbescheines gestellt und begründend ausgeführt, es sei ihm innerhalb der sechsmonatigen Frist kein Bescheid zugestellt worden, sondern lediglich die informelle Mitteilung vom 29. März 2000. Dem Beschwerdeführer stehe nach Auffassung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit ein Rechtsanspruch auf Anwendung des die Nichtigerklärung regelnden § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG nicht zu. Es bestehe daher keine Entscheidungspflicht über den Antrag des Beschwerdeführers und es komme diesem auch nicht das Recht zu, einen Devolutionsantrag im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG zu stellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer, der sich durch den angefochtenen Bescheid - seinem gesamten Vorbringen zufolge - im Recht auf meritorische Entscheidung über seinen Devolutionsantrag verletzt erachtet, bringt im Wesentlichen vor, die von ihm dargelegten Argumente hätten ein derartiges Gewicht gehabt, dass es notwendig gewesen wäre, über den Antrag auf Nichtigerklärung des Gewerbescheins bescheidmäßig abzusprechen. Als Antragsteller habe er nämlich jedenfalls ein Recht auf eine behördliche Entscheidung, selbst wenn diese nur in einer Zurückweisung bestehen könnte. Im Übrigen hätte die Oberbehörde die "Anregungen" des Beschwerdeführers annehmen und ausführlich überprüfen müssen, was nicht geschehen sei. Der Beschwerdeführer sei daher weiters in seinem Recht auf Anregung zur Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 68 Abs. 4 AVG ebenso verletzt wie in seinem Recht nach § 68 Abs. 7 AVG.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Ein Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG kann nur von einer Partei des Verfahrens im Sinne des § 8 AVG gestellt werden, also nur von einer Person, die behauptet, an der Sache aufgrund eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt zu sein, wobei das Bestehen eines Rechtsanspruches oder rechtlichen Interesses zumindest möglich sein muss.
Nun steht gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch auf die Erlassung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen - und um solche handelt es sich bei der Nichtigerklärung von Bescheiden nach § 68 Abs. 4 AVG - zu. Soweit von der Behörde daher verlangt wird, aufsichtsbehördliche Maßnahmen zu setzen, steht dem Einschreiter von vornherein weder ein Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse darauf zu, dass diese Maßnahmen gesetzt werden; er nimmt an diesem Verfahren nicht als Partei im Sinne des § 8 AVG teil. Folglich besteht ihm gegenüber auch weder eine Pflicht der Behörde zur Entscheidung gemäß § 73 Abs. 1 AVG, noch ist er berechtigt, gemäß § 73 Abs. 2 AVG die Entscheidungspflicht der Behörde geltend zu machen (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetz I2 (1998) 1626 f referierte hg. Judikatur).
Zu Recht vertritt der Beschwerdeführer zwar die Auffassung, dass jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist, wobei dieser Anspruch auch dann gegeben ist, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages oder der Berufung gegeben sind. Werden allerdings aufsichtsbehördliche Maßnahmen begehrt, so besteht ein solcher Anspruch zufolge der Vorschrift des § 68 Abs. 7 AVG nur dann, wenn er - rechtsirrig - ausdrücklich behauptet wird (vgl. den hg. Beschluss vom 11. November 1998, Zl. 98/04/0134, und die dort zitierte Vorjudikatur). Erst diesfalls müsste der Antrag wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen werden. Hingegen kommt es nicht - wie dies dem Beschwerdeführer vorzuschweben scheint - darauf an, welches Ausmaß an Begründung die Aufsichtsbeschwerde aufweist.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 9. Mai 2001
Schlagworte
Parteistellung ParteienantragIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001040068.X00Im RIS seit
17.07.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017