RS UVS Oberösterreich 1991/11/20 VwSen-240014/2/Gf/Kf

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Verweis auf VwSen-240008 vom 11.11.1991 Rechtssatz

Keine irreführenden und daher erlaubte Angaben

bei Kosmetikum (Haarmaske): Bezeichnungen, die sich lediglich auf das Aussehen des Haares beziehen, sind aus lebensmittelpolizeilicher Sicht unbedenklich. Stattgabe.

 

 

Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i. V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende - Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

 

Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Haar wird revitalisiert", "Regenerierende Wirkung" und "Feuchtigkeitsregulierende Pflege- und Wirksubstanzen" in Verbindung mit einem Haarpflegemittel um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

 

Dies trifft im Ergebnis nicht zu.

 

Zwar entspricht das Fremdwort "revitalisieren" in seiner wörtlichen Übersetzung tatsächlich dem Terminus "wieder zum Leben erwecken" in dem Sinne, daß eine früher lebendige Materie vom unmittelbar zuvor toten Zustand nunmehr wiederum lebendig gemacht wird; da aber der Menschheit eine derartige Fähigkeit, Totes zum Leben zu erwecken generell nicht in die Hand gegeben ist, kommt eine derartige restriktive Auslegung des Wortes "revitalisieren" nur in bestimmten engen Zusammenhängen, wie etwa im metaphysisch-philosophischen Bereich, in Betracht. Im allgemeinen Sprachgebrauch verbindet man hingegen mit diesem Wort keineswegs die Vorstellung, daß Totes zum Leben erweckt wird, sondern diesem Terminus kommt vielmehr bloß die Bedeutung des Belebens im Sinne eines "Wieder-in-Schwung-Kommens" zu (vgl. zB Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Auflage, Mannheim 1989, 1251); in die gleiche Richtung zielt der Terminus "regenerieren", dem in seiner Übersetzung die Bedeutung des "Auffrischens" zukommt (vgl. zB Duden, Fremdwörterbuch, 3. Auflage, Mannheim 1974, 621). Und konkret in Verbindung mit einem Haarkosmetikum gebracht ist damit bloß gemeint, daß das Haar nach der Behandlung mit diesem Kosmetikum im Vergleich zu vorher wieder vorteilhafter und in diesem Sinne "lebendiger" aussieht, wie dies übrigens selbst in der Stellungnahme der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17. Juni 1991, Zl. 167/91, offensichtlich bestätigt wird. Mag man daher auch vielleicht aus bestimmter wissenschaftlicher Sicht das Haar als ein totes Anhangsgebilde der Kopfhaut qualifizieren können - wofür sich allerdings keine Anhaltspunkte finden ließen, im Gegenteil: etwa im Hinblick auf dessen Wachstum und Veränderung (insbes. etwa Ergrauen im Alter) wird durchaus davon ausgegangen, das es sich insoweit um lebendes und damit auch krankheitsanfälliges Gewebe handelt (vgl. zB W. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 256. Auflage, Berlin 1990, 631 f) -, so stellt ein objektiver Durchschnittsmensch in der Regel bei der Behandlung mit einem Kosmetikum (Haarmaske) keinerlei gedankliche Verbindung zu medizinischen Aspekten, nämlich "Krankheit" oder "Gesundheit" (hiefür spricht auch ganz wesentlich der Umstand der Käuflichkeit des vorliegenden Produktes außerhalb von Apotheken), und erst recht nicht zum Effekt der Wiederbelebung oder Wiederauffrischung einer toten Materie her. Vielmehr dominiert für diesen ausschließlich der Verschönerungseffekt, wobei die Angaben "Haar wird revitalisiert" und "Regenerierende Wirkung" in diesem Zusammenhang den - allenfalls unzutreffenden - Eindruck suggerieren mögen, daß dieser Effekt hier nachhaltiger als bei anderen Produkten eintritt. Eine allenfalls diesbezügliche Falschbezeichnung zu ahnden ist damit aber keine lebensmittelpolizeiliche, sondern vielmehr eine konsumentenschutz- bzw. wettbewerbsrechtliche (vgl. die §§ 2 bis 4 UWG) Angelegenheit.

 

Inwieweit der Hinweis "Feuchtigkeitsregulierende Pflege- und Wirksubstanzen" eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe darstellen soll, wird im angefochtenen Straferkenntnis in keiner Weise begründet. Da ein derartiger Bezug zum Tatbestand der von der belangten Behörde als übertreten erachteten Norm aber auf der einen Seite weder offensichtlich erkennbar ist noch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich - wie bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. zuletzt VwSen-240008 v.  11.11. 1991) - auf der anderen Seite schon aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Konzeption und seiner einfachgesetzlichen Organisation es als seine gesetzliche Aufgabe ansehen kann, das diesbezüglich fehlende Ermittlungsverfahren der Erstbehörde zu substituieren, war insoweit einstweilen von der Nichterfüllung des Tatbestandes durch den Beschwerdeführer auszugehen.

 

Handelte es sich damit im aber vorliegenden Fall im Ergebnis nicht um eine Falschbezeichnung iSd § 74 Abs. 1 LMG, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben.

Schlagworte
Dralle Beauty Haarwäsche; Revitalisierende und Regenerierende Wirkung; Feuchtigkeitsregulierende Pflege- und Wirksubstanzen.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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