Keine irreführenden und daher erlaubte Angaben
bei Kosmetikum (Haarwäsche): Bezeichnung, die sich auf eine entzündungshemmende Wirkung bezieht, begreift auch einen reizlindernden Effekt in sich und ist daher - weil zutreffend - unbedenklich. Stattgabe.
Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i. V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende - Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.
Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Wirkt Entzündungen entgegen" oder "Zur Gesunderhaltung des Haarbodens" in Verbindung mit einem Haarwasser um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.
Dies trifft im Ergebnis jedoch nicht zu.
Im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6. 1991, Zl. 175/91, wird zugestanden, daß das vorliegende Kosmetikum Stoffe enthält, die gegen Hautreizungen wirken. Derartige Stoffe unterliegen der Kosmetikverordnung BGBl. Nr. 534/1990 (im folgenden: KosmetikVO), wie sich aus der Anlage 2 Z. 14 zu dieser Verordnung ergibt; gemäß Anlage 1 Z. 2.9 zur KosmetikVO sind unter Stoffen, die Hautreizungen entgegenwirken, solche pharmakologisch wirksame Stoffe zu verstehen, die leichte Reizerscheinungen der Haut lindern und demgemäß insbesondere der Pflege der durch physikalische oder chemische Krankheitsursachen sowie durch Staub- und Schmutzeinwirkung beanspruchten und angegriffenen Haut dienen.
Unter Entzündung ist eine Abwehrreaktion des Organismus und seiner Gewebe gegen verschiedenartige schädigende Reize zu verstehen; das Ziel der Entzündung liegt in der Regel darin, die Schädigung und ihre Folgen zu beseitigen (vgl. W. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 255. Auflage, Berlin 1986, 448 f).
Insgesamt besehen besteht daher die pharmakologische Wirkung der iSd KosmetikVO Hautreizungen entgegenwirkenden Stoffe darin, die Reize als Auslöser von Entzündungen der Haut womöglich gar nicht entstehen zu lassen bzw. diese zumindest zu lindern und so Entzündungen überhaupt zu verhindern, damit aber auf diesem Weg und gleichsam anstelle der oder in Unterstützung zur körpereigenen Abwehrreaktion die Schädigung zu eliminieren.
Vor diesem Hintergrund und unter dem Aspekt, daß eine Entzündung - anders als nach Auffassung der belangten Behörde - selbst (dem Fieber vergleichbar) jedenfalls keine Krankheit darstellt, kann somit weder gefunden werden, daß die Angabe "Wirkt Entzündungen entgegen" im vorliegenden Fall heilmittelbezogen und deshalb verboten ist, noch, daß diese Angabe irreführend ist, weil die der Hautreizung entgegenwirkenden Stoffe wie ausgeführt ja tatsächlich entzündungshemmend wirken, indem sie schon den Reiz als Ursache der Entzündung verhindern.
Auch die Tatsache, daß es solche Arten von Erkrankungen des Haarbodens gibt, die ein bloß Hautreizungen entgegenwirkende Stoffe enthaltendes Kosmetikum nicht verhindern kann, belegt nicht, daß dieses Produkt völlig ungeeignet wäre, wenigstens in spezifischen Bereichen zur Gesunderhaltung des Haarbodens beizutragen; dies wird auch im obzitierten Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung nicht in Abrede gestellt. Die belangte Behörde meint vielmehr nur, daß der Hinweis "Zur Gesunderhaltung des Haarbodens" in seiner Allgemeinheit unzulässig wäre.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die in Rede stehende Wendung in ihrem Gesamtzusammenhang betrachtet keineswegs allgemein gehalten ist, sondern daß sich daraus ergibt, daß zur Gesunderhaltung des Haarbodens durch die im gegenständlichen Kosmetikum enthaltenen durchblutungsfördernden Stoffe - nämlich Menthol (vgl. Anlage 2 Z. 8.2.4 zur KosmetikVO) beigetragen werden soll. Daß aber ein durchblutungsfördernder Stoff generell dazu geeignet ist, zur Gesunderhaltung beizutragen, kann als unbestritten gelten.
Handelte es sich damit aber im vorliegenden Fall im Ergebnis jedenfalls nicht um eine Falschbezeichnung iSd § 74 Abs. 1 LMG, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.