Nachweis der vor der Tat erfolgten Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung samt Zustimmung des Delegierten erst im Berufungsverfahren befreit den zur Vertretung nach außen berufenen Obmann einer Genossenschaft von seiner originären Verantwortung. Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses.
Die Bezirkshauptmannschaft X hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, es als zur Vertretung nach außen Berufener einer Genossenschaft verantworten zu müssen, daß am 13. März 1991 244 Säcke Fischmehl (Vollmehl Delta), a 50 kg, in der Filiale X feilgeboten wurden, die nicht den Bestimmungen des Futtermittelgesetzes entsprochen hätten, weil sie nicht frei von pathogenen Keimen gewesen seien.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten im wesentlichen mit der Begründung, daß für die Tat nicht er, sondern eine andere Person die Verantwortung trage, weil in der Genossenschaft für den Bereich der in Rede stehenden Lagerhausfiliale X der Filialleiter für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften und gesetzlicher Bestimmungen verantwortlich sei.
Am 26. November 1991 wurde die mündliche Verhandlung in Gegenwart des Vertreters der belangten Behörde durchgeführt in den Akt und in die zwischenzeitig nachgereichten Urkunden Einsicht genommen. Demzufolge steht fest, daß die Bezirkshauptmannschaft X den Beschuldigten als das zur Vertretung der Genossenschaft berufene Organ wegen der eingangs beschriebenen Übertretung des Futtermittelgesetzes zur Verantwortung gezogen hat. Gleichzeitig hat sie auch dem Prokuristen X eine Aufforderung zur Rechtfertigung zugestellt. Die Lagerhausgenossenschaft X wurde aufgefordert, bekanntzugeben, ob ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden ist, gegebenenfalls die schriftliche "Beauftragung" vorzulegen.
Eine konkrete Antwort ist im erstinstanzlichen Verfahren hiezu nicht erfolgt. Nicht einmal in der Berufung, sondern erst im vorbereitenden Verfahren und auch hier nur schlüssig durch den Vergleich der undatierten Urkunde über die Filialleiterbestellung des X, mit dem dieser für den Bereich der Filiale X auch für Verwaltungsübertretungen zuständig gemacht wurde und hiezu seine Zustimmung erteilt hat, im Zusammenhalt mit dem datierten Sitzungsprotokoll vom 12. Dezember 1990, woraus die Rechtswirksamkeit gefolgert werden kann, ist die Delegation der Verantwortung für Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG nachgewiesen worden.
Nachdem im Berufungsverfahren kein Neuerungsverbot herrscht und insoweit auch der Nachweis der Delegation der Verantwortung noch erbracht werden kann (vgl. VwGH vom 26. September 1991, 91/09/0067-8 und vom 2. Juli 1990, 90/19/0053), war das angefochtene Straferkenntnis in seiner Gesamtheit zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.
Angesichts der auffallenden Sorglosigkeit, mit der salmonellenverseuchte Futtermittel angeboten und in Verkehr gebracht wurden, hatte es der O.ö. Verwaltungssenat dennoch nicht in der Hand, von dieser im Ergebnis äußerst unbefriedigenden Rechts- und Interpretationslage abzugehen.
Sehenden Auges muß dabei in Kauf genommen werden, daß eine Verwaltungsstrafpflege im Hinblick auf betroffene juristische Personen auch bei brisanten sozialschädlichen Delikten in vielen Fällen von vornherein nahezu ausgeschlossen erscheint.
Im Verhältnis zur Verantwortung einer im Berufsleben stehenden natürlichen Person kann eine Ungleichheit nicht geleugnet werden. Dieser Widerspruch zur Verfassung kann vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht dingfest gemacht und der Normenkontrolle zugeführt werden, weil der Nachweis der Präjudizialität ausgeschlossen bleibt. Anhand des eklatanten, vorliegenden Falles kann die Problematik nicht länger totgeschwiegen werden und ist die Publizität der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates dazu angetan, hinzuweisen, daß ein Handlungsbedarf besteht.