RS UVS Oberösterreich 1991/12/30 VwSen-220034/23/Gu/Bf

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.12.1991
beobachten
merken
Beachte
Verweis auf VwGH vom 24.4.1974, 1999/73; 13.11.1981 81/02/0252; 11.4.1986, 86/18/0051, 0052. Rechtssatz

Erzeugung von Holzpaletten durch Land- und Forstwirte; kein Erzeugnis, das von diesen in der Regel auf den Markt gebracht wird; keine Ausnahme für die Anwendung der GewO 1973 Abweisung der Berufung.

 

Es steht fest, daß der Beschuldigte vom 1.1.1991 bis 11.3.1991, sohin in einem längeren Zeitraum (und darüber hinaus - was jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens ist), selbständig Paletten aus Holz hergestellt hat, wobei die Absicht bestand, daraus einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, welcher Vorteil tatsächlich auch erzielt worden ist.  Die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit sind erfüllt. Eine Anmeldung des Gewerbes erfolgte nicht.

 

Die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sind nur unter den gesetzlichen Bedingungen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen; dabei ist nicht entscheidend, bis zu welcher Veredelungsstufe der Landwirt sein Produkt be- und verarbeitet.

 

Soll die Ausnahme von der Gewerbeordnung demnach noch tragen, ist von Bedeutung, daß es sich um eine der Urproduktion wirtschaftlich untergeordnete Tätigkeit handeln muß, daß hauptsächlich das eigene Naturprodukt be- und verarbeitet wird und daß über die Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, nicht hinausgegangen wird.

 

Bei der unbefugten Gewerbeausübung handelt es sich um ein Ungehorsamdelikt, zu dessen Vollendung des Tatbestandes der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies bedeutet im Ergebnis, daß der Täter auch die Beweislast für die Ausnahme vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung zu tragen hat.

 

Konkrete Anknüpfungspunkte, daß Land- und /oder/ Forstwirte Holzpaletten in der Regel auf den Markt bringen, konnte weder der Beschuldigte liefern, noch ist dies eine offenkundige Tatsache oder durch die Einvernahme des forstwirtschaftlichen Sachverständigen bescheinigt.

 

Da eine wesentliche Voraussetzung für die Ausnahme von der Gewerbeordnung fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob durch die teilweise Mitverwendung von wohl selbst produziertem aber lohngeschnittenen Holz die Kette des hauptsächlich zu verwendenden Naturproduktes nicht durchbrochen und die wirtschaftliche Unterordnung zur Urproduktion, die nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes bei wesentlich geringeren Vergleichswerten als 50 % angesiedelt ist, noch gegeben war.

 

Bezüglich der Aufarbeitung des Schadholzes durch die Verwendung von Holzteilen zur verpönten, weil unangemeldet gebliebenen Palettenerzeugung, kommt dem Beschuldigten ein Rechtfertigungsgrund des übergesetzlichen Notstandes nicht zu. Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und alleine dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, soferne sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (VwGH vom 24.4.1974, 1999/73; 13.11.1981, 81/02/0252; 11.4.1986, 86/18/0051, 0052).

 

Im Hinblick darauf, daß die forstliche Fläche des Beschuldigten nur 4,81 Hektar umfaßt, die Gesamtfläche des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes jedoch 32 Hektar beträgt, die daraus gezogenen Einkünfte nicht bekanntgegeben, jedoch eine Existenzgefährdung schlechthin nicht geltend gemacht wurde, aber auch die Unaufschiebbarkeit der Tätigkeit ohne vorherige Gewerbeanmeldung nicht bescheinigt ist, konnte kein Rechtfertigungsgrund gefunden werden, warum die erforderliche Gewerbeanmeldung - deren Notwendigkeit die belangte Behörde dem Beschuldigten vor Augen geführt hat - unterblieb.  Der Beschuldigte hat die Tat daher voll zu verantworten.

Schlagworte
Land- und forstwirtschaftliches Nebengewerbe, Urproduktion, Notstand, Windwurf, Ungehorsamsdelikt, Beweislastumkehr, Schadholz, Anmeldungsgewerbe, Naturprodukt, Holz, Üblichkeit.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten