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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1 Z4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/15/0013Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden des K in K, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel, Dr. Rainer Welte, Mag. Clemens Achammer und Dr. Thomas Kaufmann, Rechtsanwälte in Feldkirch, Schlossgraben 10, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 7. Jänner 1998, Zl. RV/113-6/97, betreffend Einkommensteuer 1994 und 1995, sowie vom 14. Dezember 1998, Zl. RV 708/1-V6/98, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog in den Streitjahren bis zu seiner Pensionierung mit 30. September 1996 Aktivbezüge als Prokurist eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens. Strittig ist der Abzug so genannter "Beitragsleistungen zur betrieblichen Pensionsvorsorge" als Werbungskosten bei den während der Aktivzeit erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Es handelte sich um Beträge von 75.474 S (1994), 81.164 S (1995) und 65.318 S (1996).
In der Berufungsschrift vom 8. Jänner 1997 (betreffend die Jahre 1994 und 1995) vertrat der Beschwerdeführer den Standpunkt, bei der Zahlung der strittigen Beiträge handle es sich um Werbungskosten nach der Generalnorm des § 16 Abs. 1 EStG. Dazu erläuterte der Beschwerdeführer, er habe, im Gegensatz zu den anderen Beschäftigten, einen individuellen Dienstvertrag mit dem Arbeitgeber, der beim Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis ein Ruhegeld vorsehe "und zwar ohne eigene Beitragsleistungen". Diese Ruhegeld werde durch seinen Arbeitgeber und nicht von einer Pensionskasse bezahlt, womit dieses Ruhegeld auch der Besteuerung nach § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG unterliege und nicht die Begünstigung des § 25 Abs. 1 Z. 2a EStG genieße. Im Jahr 1994 habe der Arbeitgeber mit der Belegschaft eine Betriebsvereinbarung über die Betriebspension abgeschlossen. In diesem Zusammenhang seien die Prokuristen, die anders als die übrigen Belegschaftsmitglieder über einen Anspruch auf Ruhegeld nach einem individuellen Dienstvertrag verfügten, vom Arbeitgeber unter Hinweis auf den Betriebsfrieden und auf die mögliche Nichtmehrgewährung des Bilanzgeldes aufgefordert worden, auch Beiträge zu leisten. Auf das Bilanzgeld, das alljährlich vom Aufsichtsrat beschlossen worden sei, habe dienstvertraglich kein Anspruch bestanden. Im Hinblick darauf habe sich der Beschwerdeführer entschlossen, in Anlehnung an die Betriebsvereinbarung entsprechende Zahlungen zu leisten. Diese Zahlungen seien nicht in eine Pensionskasse einbezahlt worden, sondern "gewinnerhöhend" beim Dienstgeber verblieben. Zusammen mit der vom Beschwerdeführer geleisteten Zusage zur Zahlung der Beiträge seien der Weiterbestand des Dienstvertrages im bisherigen Umfang festgestellt und das Bilanzgeld in 12-monatige Teilbeträge umgewandelt worden. Damit sei nicht mehr zu befürchten gewesen, dass die Zahlung des Bilanzgeldes in Frage gestellt würde.
In den ablehnenden Berufungsvorentscheidungen verwies das Finanzamt darauf, dass nach § 16 Abs. 1 Z. 4 EStG nur Pensionspflichtbeiträge als Werbungskosten abzugsfähig seien. Da keine solche Verpflichtung bestehe, könnten die Pensionsbeiträge nur als Sonderausgaben begünstigte Beiträge zu Pensionskassen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG sein.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 25. März 1997 führte der Beschwerdeführer aus, bei der "Beitragsleistung zur betrieblichen Pensionsvorsorge" handle es sich keineswegs um Beiträge zur Erwerbung oder Sicherung von künftigen Pensionsansprüchen. Vom wirtschaftlichen Gehalt her liege ein Gehaltsverzicht zugunsten des Arbeitgebers vor, um angedrohte gravierendere Gehaltskürzungen im Bereich der Bilanzgelder zu verhindern. Die Zahlungen stellten daher nach § 16 Abs. 1 EStG Werbungskosten dar. Die Nichtmehrgewährung des Bilanzgeldes in Höhe von rund 300.000 S brutto jährlich hätte weitaus größere Lohneinbußen bedeutet, als der - auch unter dem Gesichtspunkt der in den Medien geführten "Privilegiendebatte" - eingeräumte Lohnverzicht durch die Zahlung der als "Beitragsleistung zur betrieblichen Pensionsvorsorge" bezeichneten Beträge. Die Leistung dieser Beträge habe keinerlei Einfluss auf die spätere Höhe der Betriebspension laut Dienstvertrag gehabt. Der Beschwerdeführer sei auch in keine Pensionskasse oder Pensionsversicherung eingetreten. Eigentlich habe es sich bei den an den Arbeitgeber geleisteten Beträgen um eine "Bilanzgeldrettungsgebühr" gehandelt. Als Beweismittel werde auch das Protokoll aus einem gerichtlichen Zivilprozess vorgelegt, in dem der für das Finanz- und Rechnungswesen zuständige Prokurist als Zeuge ebenfalls den Konnex der Umwandlung der Bilanzgelder in eine monatliche Pauschale mit der so genannten "freiwilligen Pensionsbeitragszahlung" bekundet habe.
In den angefochtenen Bescheiden hielt die belangte Behörde fest, bei den gegenständlichen Zahlungen handle es sich weder um Werbungskosten im Sinn des § 16 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG noch um Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z. 2 leg.cit. Nach der allgemeinen Werbungskostendefinition des § 16 Abs. 1 EStG seien Werbungskosten jene Aufwendungen und Ausgaben, die im Rahmen der Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte aufgewendet würden. Darunter seien Ausgaben zu verstehen, die objektiv im Zusammenhang mit einer außerbetrieblichen Tätigkeit stünden und subjektiv zu Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet würden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei ein objektiver Zusammenhang zwischen der Erhaltung des Bilanzgeldes und den Zahlungen des Beschwerdeführers an den Arbeitgeber unter dem Titel "Beiträge zur betrieblichen Pensionsvorsorge" zu verneinen. Trotz ausdrücklicher Einladung an den Arbeitgeber zu einer Stellungnahme in einem Vorhaltsschreiben vom 2. Oktober 1997 und einer nochmaligen telefonischen Anfrage beim für das Finanz- und Rechnungswesen zuständigen Prokuristen sei ein "ausdrücklicher" Zusammenhang zwischen "den getätigten freiwilligen Zahlungen zur Pensionsvorsorge und der Umwandlung des jährlich zu gewährenden Bilanzgeldes in monatlich fixe Zahlungen" nicht bestätigt worden. Ein solcher Zusammenhang sei seitens des Arbeitgebers auch in keinem Schriftstück ausdrücklich festgehalten worden. Auch in der Aussage laut Gerichtsprotokoll sei nur von einer angedrohten eventuellen Kürzung der auf freiwilliger Basis geleisteten Bilanzgelder die Rede. Die belangte Behörde sei daher der Ansicht, dass der Beschwerdeführer nicht habe eindeutig nachweisen können, dass die dargelegte Umwandlung des Bilanzgeldes "nur deshalb erfolgte, weil sich der Beschwerdeführer bereit erklärte, die nachweislich erfolgten 'freiwilligen' Zahlungen an den Arbeitgeber zu leisten". Damit hätten die geleisteten Zahlungen mangels Nachweises "eines objektiven Zusammenhanges" nicht als Werbungskosten im Sinn der Generalklausel des § 16 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können.
In den Beschwerden erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, die strittigen Ausgaben als Werbungskosten anerkannt zu erhalten, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen. Werbungskosten sind demzufolge Wertabgaben, die durch die auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte ausgerichtete Tätigkeit veranlasst sind. Es muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der auf Einnahmenerzielung gerichteten außerbetrieblichen Tätigkeit und den Aufwendungen gegeben sein (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, 97/15/0011, und vom 31. Jänner 2001, 99/13/0249).
Auch die belangte Behörde geht davon aus, dass es sich bei den in Rede stehenden "Beitragsleistungen zur betrieblichen Pensionsvorsorge" um keine Versicherungsbeiträge i.e.S. zur Sicherung einer Alterspension des Beschwerdeführers handelte. Es handelte sich auch um keine eine Pensionsanwartschaft vermittelnden Zahlungen an eine Pensionskasse. Damit war grundsätzlich auch i.S. der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1995, 94/14/0069 (betreffend die taxative Aufzählung der als Werbungskosten in Betracht kommenden Beiträge für Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenpensionen in § 16 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988), oder vom 20. April 1995, 95/13/0077 (betreffend Berücksichtigung von Beitragszahlungen an Pensionskassen als Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988), eine Berücksichtigung der an den Arbeitgeber geleisteten Zahlungen nach dem allgemeinen Werbungskostentatbestand des § 16 Abs. 1 EStG 1988 möglich.
Die belangte Behörde stellt im Ergebnis auch nicht einen durch das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren mehrmals dargelegten Zusammenhang zwischen den strittigen Zahlungen und dem Dienstverhältnis des Beschwerdeführers in Abrede. Mit ihren Ausführungen bzw. Forderungen, wonach ein "ausdrücklicher" Zusammenhang zwischen den "Zahlungen zur Pensionsvorsorge" und der Umwandlung des jährlich zu gewährenden Bilanzgeldes in monatliche fixe Zahlungen bestehen müsste, die Umwandlung des Bilanzgeldes "nur deshalb" erfolgt sein dürfte, weil sich der Beschwerdeführer zu den "freiwilligen" Zahlungen bereit erklärte, oder laut Gegenschrift die in Rede stehenden Zahlungen jedenfalls nicht "aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung" geleistet worden seien, überspannt sie aber den oben erwähnten Veranlassungszusammenhang i.S. des § 16 Abs. 1 EStG 1988. Dieser erfordert nur einen die Grundlage für die Zahlung bildenden - wirtschaftlichen - Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der außerbetrieblichen Tätigkeit an sich und nicht einen notwendigen Wirkungszusammenhang mit verschiedenen Einnahmenkomponenten.
Da somit die belangte Behörde unter Verkennung der Rechtslage zu ihren ablehnenden Entscheidungen gelangte, waren die angefochtenen Bescheide wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. Mai 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998150030.X00Im RIS seit
31.10.2001