TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/14 2000/10/0198

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Veröffentlicht am 14.05.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
70/06 Schulunterricht;
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

AVG §38;
AVG §68 Abs4;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs4;
AVG §70 Abs1;
EGVG Art2 Abs6 Z4;
EGVG Art2;
SchUG 1974 §36 Abs6 idF 1986/211;
SchUG 1974 §39 Abs2 litd;
SchUG 1974 §42 Abs10 idF 1986/211;
SchUG 1974 §42 Abs5;
SchUG 1974 §42 Abs6 idF 1986/211;
SchUG 1974 §42 idF 1986/211;
SchUG 1974 §70 Abs1 litf;
SchUG 1974 §70;
SchUG 1974 §71 Abs2 lite;
SchUG 1986 §36 Abs6;
SchUG 1986 §39 Abs2 litd;
SchUG 1986 §42 Abs10 idF 1986/211;
SchUG 1986 §42 Abs10;
SchUG 1986 §42 Abs5;
SchUG 1986 §42 Abs6;
SchUG 1986 §42;
SchUG 1986 §70 Abs1 litf;
SchUG 1986 §70;
SchUG 1986 §71 Abs2 lite;
SchUG ExternistenprüfungsV 1979 §3 Abs5 idF 1989/130;
UniStG 1997 §46;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Wolfgang A in Wien, vertreten durch Dr. Volker Glas, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. Juli 2000, Zl. 1.000/5- III/A/4b/2000, betreffend Nichtigerklärung von Leistungsbeurteilungen und eines Reifeprüfungszeugnisses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1964 geborene Beschwerdeführer besuchte bis zum Schuljahr 1978/79 eine AHS in Wien 19. Nach dem Besuch der

5. Klasse, die er nicht erfolgreich abschließen konnte, meldete er sich vom Schulbesuch ab. Zum Herbsttermin 1990 legte er die Reifeprüfung vor der Externistenprüfungskommission im Schultyp "Oberstufenrealgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie" in den Fächern Deutsch, Latein und Mathematik schriftlich und mündlich, im Fach Französisch schriftlich ab. Das Reifeprüfungszeugnis wurde am 29. Oktober 1990 ausgestellt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 1997, 3b Vr 1163/95, Hv 634/97, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"in Wien in zumindest zweimaligen, getrennten Angriffen und zwar zwischen Herbst 1989 und Jänner 1990 sowie im Herbst 1990 einen Beamten, und zwar die abgesondert verfolgte S.K., welche als Vertragsbedienstete des Bundes in der Organisationseinheit der Externistenprüfungskommission (welche gemäß § 42 SchulUG vom Stadtschulrat Wien eingerichtet ist) als Mitarbeiterin tätig war, dazu bestimmt, als Beamtin, mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Kontrolle des den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Zuganges zu den Universitäten und Hochschulen und des den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Zuganges zur Externistenreifeprüfung zu schädigen, ihre Befugnis im Namen des Bundes Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich zu missbrauchen, dass sie

1. die von ihm im Rahmen der Externistenmatura abzulegenden Vorprüfungen aus den Fächern 'Englisch', 'Latein' und 'Mathematik' im Prüfungskatalog mit fingierten Noten eintrug und ihm trotz mangelnder Voraussetzungen ein Vorprüfungszeugnis mit Datum 3.11. ausstellte,

2. seinen Namen in die Übersichtsliste für den Externistenreifeprüfungstermin im Herbst 1990 im Schultyp eines Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums aufnahm und 'Französisch' als abzulegende lebende Fremdsprache eintrug, obwohl die Voraussetzungen hiefür nicht gegeben waren;

3. seinen Namen in die Übersichtsliste für den Externistenreifeprüfungstermin im Herbst 1990 im Schultyp eines Oberstufenrealgymnasiums nachträglich einfügte, obwohl er vom Antritt in diesem Schultyp für alle Zeiten gesperrt war;

4. die Eintragung 'nur HP' in seinem Hauptprüfungskatalog vornahm, obwohl er nicht den Abschluss einer 8. Klasse einer Allgemeinbildenden Höheren Schule als Voraussetzung für eine solche Eintragung aufwies;

wodurch diesem der Antritt zur Hauptmatura in einem für ihn nicht mehr zulässigen Schultyp zum Herbsttermin 1990 ermöglicht wurde.

Er hat hiedurch das Verbrechen des Missbrauches der Amtsgewalt als Beteiligter nach den §§ 12, zweiter Fall, 302 Absatz 1 StGB begangen und wird hiefür gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Urteile des Jugendgerichtshofes Wien, 16a U 59/92 vom 10.3.1993 und des Bezirksgerichtes Josefstadt, 15 U 983/94 vom 7.10.1994 nach dem § 302 Absatz 1 StGB zusätzlich zu

10 (zehn) Monaten

Freiheitsstrafe

sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 43 Absatz 1 StGB wird der Vollzug dieser verhängten Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen."

Die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Beschwerdeführers blieben erfolglos.

In der Folge erließ der Stadtschulrat für Wien gegenüber dem Beschwerdeführer den Bescheid vom 14. Jänner 2000 mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 42 in Verbindung mit § 37 SchUG, den §§ 1 bis 3 und 15 der Verordnung über Externistenprüfungen, BGBl. Nr. 362/1979 und den §§ 11 bis 16 der Verordnung über die Leistungsbeurteilung, BGBl. Nr. 371/1974, wird festgestellt, dass die positiven Beurteilungen ihrer Vorprüfungen (nunmehr Zulassungsprüfungen) in den Fächern Englisch, Latein und Mathematik nichtig sind. Ihr "Externistenprüfungszeugnis über die Vorprüfung zur Externistenreifeprüfung" vom 26. März 1989 wird für ungültig erklärt. Ihr "Externistenreifeprüfungszeugnis" vom 29. Oktober 1990 wird für vorläufig ungültig erklärt. Es erlangt seine Gültigkeit wieder, sobald alle dafür erforderlichen Zulassungsprüfungen erfolgreich abgelegt worden sind."

Nach Darlegung des Verfahrensganges traf die Behörde folgende Feststellungen: Im Herbst 1979 habe der Beschwerdeführer beim Externistenreferat des Stadtschulrates für Wien um Zulassung zur Externistenreifeprüfung angesucht. Mit der als Zulassungsdekret bezeichneten Entscheidung des Vorsitzenden der Externistenprüfungskommission sei er am 10. Dezember 1979 nach dem Lehrplan eines "Oberstufenrealgymnasiums mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie" mit Englisch als erster lebender Fremdsprache und mit Latein zur Externistenprüfung zugelassen worden. Diesem Zulassungsdekret entsprechend seien die Hauptprüfungsfächer schriftlich Deutsch, Mathematik, Englisch und Latein, mündlich Deutsch, Mathematik und Latein gewesen. Auf Grund seiner schulischen Vorbildung und der Fächerwahl für die Reifeprüfung hätte er vor Antreten zur Hauptprüfung in den Gegenständen Bildnerische Erziehung, Deutsch, Latein und Mathematik Vorprüfungen über den Lehrstoff der 5. und 6. Klasse, in allen übrigen Gegenständen Vorprüfungen über den gesamten Oberstufenstoff ablegen müssen. Zur Prüfungsvorbereitung habe der Beschwerdeführer verschiedene Maturaschulen besucht. Bis Dezember 1982 habe er die Zulassungsprüfungen in den Fächern Biologie und Umweltkunde, Physik, Geographie und Wirtschaftkunde, Geschichte und Sozialkunde, philosophischer Einführungsunterricht, Bildnerische Erziehung und Musikerziehung mit positivem Erfolg abgelegt. Die Prüfungsergebnisse seien im Vorprüfungskatalog korrekt dokumentiert worden. Am 15. Dezember 1982 sei die Zulassungsprüfung im Fach Chemie zum dritten Mal negativ beurteilt worden. Gemäß § 3 Abs. 8 der Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst vom 31. Juli 1979, BGBl. Nr. 362/1979 (ExternistenprüfungsVO), habe der Beschwerdeführer keine weiteren Prüfungen im Rahmen seiner Zulassung zur Externistenreifeprüfung im Schultyp "Oberstufenrealgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie" mehr ablegen können. Er habe sich daher entschlossen, den Schultyp zu wechseln. Über seinen Antrag sei er am 17. Februar 1983 mit Bescheid des Vorsitzenden der Externistenprüfungskommission zur Externistenreifeprüfung nach dem Lehrplan eines "Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums ohne Darstellende Geometrie" zugelassen worden. Hauptprüfungsfächer seien gemäß dieser Zulassung schriftlich Deutsch, Mathematik, Englisch und Latein, mündlich Deutsch, Mathematik und Latein gewesen. An Vorprüfungen hatte er abzulegen Deutsch, Latein und Mathematik über den Lehrstoff der 5. und 6. Klasse sowie Englisch und Chemie über den gesamten Oberstufenlehrstoff. In allen übrigen Fächern seien ihm die Prüfungen angerechnet worden, die er im Rahmen der ersten Zulassung positiv abgelegt habe. Im Fach Deutsch habe der Beschwerdeführer nach einem Nicht genügend am 5. Mai 1983 und einem Rücktritt von der Prüfung am 17. Mai 1984 am 30. April 1987 ein positives Vorprüfungsergebnis erreicht. Im Fach Chemie sei er am 22. März 1983 negativ beurteilt worden und am 13. Dezember 1983, 7. Mai 1984, 11. April 1985 und 2. Dezember 1986 von der Prüfung zurückgetreten. Die Vorprüfung in diesem Fach habe er am 31. März 1987 bestanden. Die Beurteilungen seien in dem auf Grund der zweiten Zulassung angelegten Vorprüfungskatalog eingetragen worden. In Englisch sei der Beschwerdeführer nie zur Vorprüfung angetreten. In Latein sei er am 4. Mai 1988 von der Prüfung zurückgetreten und am 8. Juni 1988 negativ beurteilt worden. In Mathematik sei er am 5. Mai 1983 und 17. Mai 1984 von der Prüfung zurückgetreten. All dies sei im Vorprüfungskatalog vermerkt und durch die Unterschriften des jeweiligen Prüfers und des Prüfungsvorsitzenden bestätigt. Auf Grund von Interventionen des Beschwerdeführers habe S.K., die als Vertragsbedienstete im Externistenreferat des Stadtschulrates für Wien für die Administration der Prüfungsunterlagen und die Vorbereitung der Zeugnisse zuständig gewesen sei, in Ziffernform positive Noten in den Fächern Englisch, Latein und Mathematik in den Vorprüfungskatalog des Beschwerdeführers eingetragen. Als Prüfungsdatum habe sie in Mathematik den 9. Juni 1988, in Latein den 26. März 1989 und in Englisch den 16. November 1989 eingetragen. Ferner habe sie ein vollständiges positives Vorprüfungszeugnis für den Schultyp "Naturwissenschaftliches Realgymnasium ohne Darstellende Geometrie" vorbereitet und mit 26. März 1989 datiert. Dabei habe sie offenbar nicht bemerkt, dass sie die fingierte Englischprüfung erst mit 16. November 1989 im Vorprüfungskatalog vermerkt hatte. Ferner habe sie den Namen des Beschwerdeführers in die Anmeldeliste für die Hauptprüfung zum Herbsttermin 1990 im Schultyp "Naturwissenschaftliches Realgymnasium ohne Darstellende Geometrie" eingetragen. Dabei habe sie ohne rechtliche Grundlage das Hauptprüfungsfach Englisch auf Französisch geändert. Sodann habe sie den Namen des Beschwerdeführers aus dieser Anmeldeliste gestrichen und ihn nachträglich in die Anmeldeliste für die Hauptprüfung im Schultyp "Oberstufenrealgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie" für den Herbsttermin 1990 eingetragen. Für die Prüfungskommission habe sie ein Reifeprüfungsprotokoll mit dem Vermerk "nur HP" vorbereitet. Dieser Vermerk habe einen Kandidaten mit AHS-Abschluss vorgetäuscht, der lediglich die Reifeprüfung als Externist ablege. Dem Vorsitzenden der Prüfungskommission habe S.K. das von ihr vorbereitete, auf den Namen des Beschwerdeführers lautende Vorprüfungszeugnis über den Schultyp "Naturwissenschaftliches Realgymnasium ohne Darstellende Geometrie" zur Unterschrift vorgelegt. Dieser habe das Vorprüfungszeugnis unterfertigt, ohne Rechtmäßigkeit und Richtigkeit der Noteneintragungen im Zeugnis zu überprüfen, ungeachtet des Umstandes, dass er für den Schultyp "Naturwissenschaftliches Realgymnasium ohne Darstellende Geometrie" nicht zuständig gewesen sei und ohne zu bemerken, dass der Beschwerdeführer der Prüfungskommission als Kandidat mit positivem AHS-Abschluss präsentiert wurde und im Schultyp "Oberstufenrealgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie" zur Hauptprüfung angemeldet war. Der Beschwerdeführer habe die Reifeprüfung zum Herbsttermin 1990 in den Fächern Deutsch, Latein und Mathematik schriftlich und mündlich und im Fach Französisch schriftlich mit positivem Erfolg abgelegt. Das Externistenreifeprüfungszeugnis sei am 29. Oktober 1990 ausgestellt worden. In rechtlicher Hinsicht vertrat die Behörde nach Hinweisen auf § 3 Abs. 8 und § 15 Abs. 1 der Externistenprüfungsverordnung die Auffassung, der Umstand, dass der Beschwerdeführer in den Vorprüfungsfächern Latein, Mathematik und Englisch die Vorprüfungen nicht abgelegt habe, führe zur Nichtigkeit der Beurteilung der Vorprüfungen, der Ungültigkeit des Vorprüfungszeugnisses und der vorläufigen Ungültigkeit des Externistenreifeprüfungszeugnisses.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er legte u.a. dar, gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien habe er bereits "beim zuständigen EU-Gerichtshof berufen". Weiters vertrat er (auf das Wesentliche zusammengefasst) den Standpunkt, er habe alle Vorprüfungen abgelegt, jedoch seien die darüber herzustellenden Unterlagen vernichtet worden. Im Übrigen habe er durch die positiv abgelegte Hauptprüfung den Beweis erbracht, dass er den Stoff beherrsche.

Über die Berufung des Beschwerdeführers erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Die Berufung wird gemäß §§ 38 und 42 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 idgF, §§ 3 Abs. 8 und 15 der Externistenprüfungsverordung (ExternistenprüfungsVO), BGBl. Nr. 362/1979 idgF sowie §§ 11 und 14 der Leistungsbeurteilungsverordnung (LB-VO), BGBl. Nr. 371/1974 idgF, in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Die positiven Beurteilungen der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik werden für nichtig erklärt. Das Reifeprüfungszeugnis vom 29. Oktober 1990 verliert bis zur erfolgreichen Ablegung der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik seine Gültigkeit."

Begründend vertrat die belangte Behörde nach Hinweisen auf den Verfahrensgang und die Bindungswirkung des Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen die Auffassung, sie habe davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als Bestimmungstäter im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB u.a. die Eintragung von fingierten Noten für die Zulassungsprüfungen (richtig - im Hinblick auf die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung des § 42 SchUG und der ExternistenprüfungsVO - Vorprüfungen) in Englisch, Latein und Mathematik in den Prüfungskatalog und die Ausstellung eines Zulassungsprüfungszeugnisses trotz mangelnder Voraussetzungen veranlasst habe. Nicht erbrachte Leistungen seien nicht zu beurteilen; daher seien die positiven Beurteilungen der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik für nichtig zu erklären. Die erfolgreiche Ablegung der erforderlichen Zulassungsprüfungen sei Bedingung für die Zulassung zur Hauptprüfung. Diese Voraussetzung sei im Fall des Beschwerdeführers nicht vorgelegen; das Reifeprüfungszeugnis sei daher für ungültig zu erklären. Dabei sei die Bedingung beizusetzen, dass die Gültigkeit des Reifeprüfungszeugnisses nach der erfolgreichen Ablegung der drei fehlenden Zulassungsprüfungen wieder auflebe, weil der Beschwerdeführer die Hauptprüfung ordnungsgemäß abgelegt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die "positiven Beurteilungen der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik für nichtig erklärt" und ausgesprochen, dass "das Reifeprüfungszeugnis vom 29. Oktober 1990 bis zur erfolgreichen Ablegung der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik seine Gültigkeit verliert".

Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere im "Recht auf Anerkennung seines beurkundeten Externistenprüfungszeugnisses und seines beurkundeten Externistenreifeprüfungszeugnisses", somit erkennbar im Recht, dass die oben angeführten Nichtigerklärungen der Beurteilung der Zulassungsprüfungen (richtig: Vorprüfungen) und die (mit der auflösenden Bedingung der Ablegung der Vorprüfungen versehene) Ungültigerklärung des Reifeprüfungszeugnisses unterbleibe, verletzt.

Zu den Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit den unter dem Schlagwort "Maturaskandal" bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten insbesondere unter dem Gesichtspunkt der "Erschleichung" der Externistenreifeprüfung ergeben (vgl. zum Ganzen Perthold-Stoitzner, Die schul- und hochschulrechtlichen Konsequenzen des so genannten "Maturaskandals", in: Strasser (Hrsg), Die Universität nach dem UOG 1993 (1996), 118), liegt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht vor. Es ist daher zweckmäßig, zunächst - vor Eingehen auf die Beschwerdegründe - einige grundsätzliche Erwägungen anzustellen.

Der von der Behörde festgestellte Sachverhalt ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass der Beschwerdeführer eine Bedienstete der Externistenprüfungskommission dazu veranlasste, dem Vorsitzenden der Kommission ein auf den Namen des Beschwerdeführers lautendes, alle für die Zulassung zur Reifeprüfung erforderlichen Vorprüfungen (darunter jene in Englisch, Latein und Mathematik, die der Beschwerdeführer gar nicht bzw. nicht erfolgreich abgelegt hatte) als bestanden ausweisendes "Externistenprüfungszeugnis über die Vorprüfungen zur Externistenreifeprüfung" zur Unterfertigung vorzulegen, was zur Ausstellung dieses Zeugnisses vom 26. März 1989 führte. Im erwähnten Zeugnis wird dargelegt, der Beschwerdeführer habe alle in der Prüfungsvorschrift vorgesehenen Vorprüfungen abgelegt und sei damit berechtigt, zur Hauptprüfung nach dem Lehrplan eines Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums ohne Darstellende Geometrie mit Englisch und Latein frühestens zum Sommertermin 1989 anzutreten. Mit dem oben bereits erwähnten Bescheid vom 17. Februar 1983 war der Beschwerdeführer zur Externistenreifeprüfung nach dem Lehrplan eines Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums ohne Darstellende Geometrie mit Englisch als lebender Fremdsprache zugelassen worden. Mit dem Bescheid war ausgesprochen worden, dass der Beschwerdeführer vor dem Antreten zur Hauptprüfung Vorprüfungen aus Deutsch, Latein und Mathematik über den Stoff der 5. und 6. Klasse und in den Fächern Englisch und Chemie ohne Stoffeinschränkung abzulegen habe. Das Antreten zur Hauptprüfung war somit von einer aufschiebenden Bedingung, nämlich der erfolgreichen Ablegung der angeordneten Vorprüfungen, abhängig gemacht worden. Die Vorlage des über die Vorprüfungen ausgestellten Zeugnisses führte somit dazu, dass die Bedingung als eingetreten angesehen und der Beschwerdeführer der Hauptprüfung unterzogen wurde, obwohl er die Vorprüfungen nicht bzw. nicht erfolgreich abgelegt hatte. Zu beachten ist ferner, dass der Beschwerdeführer auf Grund von Manipulationen, die die Vertragsbedienstete S.K. über seine Veranlassung vornahm, in einem Schultyp ("Oberstufenrealgymnasium mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie") und in einem Fach (Französisch) zur Hauptprüfung der Reifeprüfung antrat, für die er nicht zugelassen war. Die durch den Zulassungsbescheid vorgeschriebene Hauptprüfung für den Schultyp Naturwissenschaftliches Realgymnasium ohne Darstellende Geometrie mit Englisch als lebender Fremdsprache und im Fach Englisch legte er hingegen nicht ab.

Zunächst ist zu untersuchen, welche rechtlichen Konsequenzen aus dem Umstand zu ziehen sind, dass die Ausstellung eines Vorprüfungszeugnisses, das die erfolgreiche Ablegung von Vorprüfungen ausweist, denen sich der Beschwerdeführer gar nicht oder nicht mit Erfolg unterzogen hatte, durch gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt wurde.

§ 42 SchUG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der

4. SchUG- Novelle, BGBl. Nr. 211/1986 lautet auszugsweise:

"(1) Die mit dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) sowie die mit der erfolgreichen Ablegung einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlussprüfung verbundenen Berechtigungen können auch ohne vorhergegangenen Schulbesuch durch die erfolgreiche Ablegung einer entsprechenden Externistenprüfung erworben werden.

(2) Ferner kann durch die Ablegung einer Externistenprüfung der Nachweis der Beherrschung des Lehrstoffes eines bestimmten Unterrichtsgegenstandes in einer bestimmten Schulstufe oder Schulart erbracht werden. ...

(3) Der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten hat durch Verordnung nach den Aufgaben und dem Lehrplan der einzelnen Schularten zu bestimmen, aus welchen Prüfungsgegenständen die Externistenprüfungen im Sinne des Abs. 1 abzulegen sind. Für Externistenprüfungen, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlussprüfung entsprechen, ist die Aufteilung der Prüfungsgegenstände auf Vorprüfungen und eine Hauptprüfung vorzusehen. Ferner ist vorzusehen, dass Prüfungskandidaten auf Ansuchen von der Ablegung einer Prüfung aus jenen Unterrichtsgegenständen ganz oder zum Teil zu befreien sind, über die sie ein Zeugnis einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule oder über eine Externistenprüfung vorweisen können, soweit damit der Nachweis der Beherrschung des entsprechenden Prüfungsstoffes gegeben ist.

(4) Die Externistenprüfungen sind vor Prüfungskommissionen abzulegen. Auf die Kommissionen für Externistenprüfungen, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlussprüfung entsprechen, ist § 35 sinngemäß anzuwenden. In den übrigen Fällen besteht die Prüfungskommission aus dem Leiter der Schule oder einem von ihm zu bestimmenden Lehrer als Vorsitzenden und der erforderlichen Anzahl von Lehrern der in Betracht kommenden Prüfungsgegenstände, die der Schulleiter zu bestimmen hat. ...

(5) Für die Zulassung zur Ablegung einer Externistenprüfung ist der Vorsitzende der betreffenden Prüfungskommission zuständig.

(6) .... Für die Zulassung zu einer Externistenprüfung über eine Stufe einer mittleren oder höheren Schule (ausgenommen die Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule) oder über den ganzen Bildungsgang einer mittleren oder höheren Schule oder zu einer Externistenprüfung, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlussprüfung entspricht, ist ferner der Nachweis des erfolgreichen Abschlusses zumindest der achten Schulstufe (§ 28 Abs. 3 bis 5) bzw. der erfolgreichen Ablegung einer Externistenprüfung über diese Schulstufe Voraussetzung. ....

(7) ....

(8) ....

(9) Für die Aufgabenstellung und den Prüfungsvorgang gilt § 37 Abs. 2 bis 4 sinngemäß. Für die Beurteilungen der Leistungen der Prüfungskandidaten gilt § 38 Abs. 1 bis 3, ferner, wenn es sich um die Ablegung einer Externistenprüfung handelt, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlussprüfung entspricht, auch § 38 Abs. 4 bis 6 sinngemäß.

(10) Das Ergebnis einer Externistenprüfung über eine Schulstufe oder eine Schulart (Abs. 1) ist in einem Externistenprüfungszeugnis zu beurkunden, für das § 22 Abs. 2 und allenfalls auch Abs. 8 sinngemäß gilt. Bei Externistenprüfungen, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlussprüfung entsprechen, ist über die Ablegung der Vorprüfungen ein Zeugnis auszustellen, auf das § 22 Abs. 2 und 8 sinngemäß anzuwenden ist; über die Ablegung der Hauptprüfung ist ein Zeugnis auszustellen, auf das § 39 Abs. 1 und 2 sinngemäß anzuwenden ist. Über das Ergebnis einer Externistenprüfung im Sinne des Abs. 2 ist ein Externistenprüfungszeugnis auszustellen, das die Beurteilung der Leistungen des Prüfungskandidaten bei der Externistenprüfung in dem betreffenden Unterrichtsgegenstand enthält. Die Gestaltung des Zeugnisformulares ist durch Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten je nach Art der Externistenprüfung zu bestimmen.

(11) ...

(12) Wenn ein Prüfungskandidat eine Vorprüfung nicht besteht, ist er von der Prüfungskommission zu einer Wiederholung dieser Prüfung zu einem Termin zuzulassen, der nicht weniger als zwei Monate und nicht mehr als vier Monate später liegt. Wenn der Prüfungskandidat auch die Wiederholungsprüfung nicht besteht, ist er zu einer weiteren Wiederholungsprüfung zuzulassen. Wenn ein Prüfungskandidat die Hauptprüfung oder, wenn eine Unterscheidung in Vorprüfungen und Hauptprüfungen nicht vorgesehen ist, die Externistenprüfung nicht besteht, so ist er von der Prüfungskommission zu einer Wiederholungsprüfung zuzulassen, auf die § 40 sinngemäß anzuwenden ist.

(13) ...

(14) ...

(15) Die näheren Vorschriften über die Externistenprüfungen hat der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf Grund der vorstehenden Absätze durch Verordnung zu erlassen."

Im Hinblick auf die zeitliche Lagerung des relevanten Sachverhalts kommt im Beschwerdefall die Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 31. Juli 1979 über die Externistenprüfungen, BGBl. Nr. 362, in der durch die Verordnungen BGBl. Nr. 220/1980 und Nr. 130/1989 geänderten Fassung zur Anwendung. Die Verordnung gilt nach § 1 Abs. 1 und 4 für Externistenprüfungen über den Lehrstoff einzelner Unterrichtsgegenstände einer oder mehrerer Stufen einer Schulart (Form, Fachrichtung), und Externistenprüfungen, die einer Reifeprüfung (im Folgenden Externistenreifeprüfung genannt) entsprechen.

Gemäß § 3 Abs. 7 ExternistenprüfungsVO ist die Zulassung zur Hauptprüfung einer Externistenprüfung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 4 von der erfolgreichen Ablegung aller gemäß § 9 Abs. 3 und 4 in Betracht kommenden Vorprüfungen abhängig zu machen.

Gemäß § 9 Abs. 1 ExternistenprüfungsVO bestehen (u.a.) die Externistenreifeprüfungen aus Vorprüfungen und der Hauptprüfung.

Nach § 15 Abs. 1 ExternistenprüfungsVO sind Grundlage der Beurteilung der Leistungen die vom Prüfungskandidaten bei der Lösung der Aufgabe erwiesene Kenntnis des Prüfungsgebietes, seine Einsicht in die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Sachgebieten sowie seine Eigenständigkeit im Denken und in der Anwendung des Lehrstoffes. Im Übrigen finden die Bestimmungen des § 11 Abs. 2, 5 bis 7, 9 und 10 erster Satz, der §§ 12 bis 16 der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) Anwendung.

Nach § 20 Abs. 10 ExternistenprüfungsVO ist in die Externistenprüfungszeugnisse ein Vermerk über die mit diesem Zeugnis verbundenen Berechtigungen aufzunehmen.

Über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung zur Externistenreifeprüfung hatte der Vorsitzende der Prüfungskommission (zuletzt) mit Bescheid vom 17. Februar 1983 abgesprochen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Zulassung mit dem erwähnten Bescheid vor Erbringung des gemäß § 3 Abs. 5 ExternistenprüfungsVO eine Voraussetzung der Zulassung darstellenden Nachweises (mit dem Bescheid näher festgelegter) "erfolgreicher Externistenprüfungen" erfolgte. Nach dem Inhalt dieses Bescheides hing der Eintritt seiner Gestaltungswirkung, was die Zulassung zur Hauptprüfung betritt, somit vom Nachweis der erfolgreichen Externistenprüfung (Vorprüfungen) in den näher festgelegten Fächern (darunter Englisch, Latein, Mathematik entsprechend dem Lehrplan der 5. bis 8. Schulstufe der festgelegten Schultype) ab. Der Eintritt der Gestaltungswirkung des Bescheides war somit durch darin enthaltene Nebenbestimmungen aufschiebend bedingt. Auf diesen Umstand ist bei der Überprüfung des im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausspruches, wonach die "positiven Beurteilungen der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik für nichtig erklärt" werden, besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Hinweis auf Art. II Abs. 6 Z. 4 EGVG vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Verkündung eines Prüfungsergebnisses bzw. die Ausfertigung des Prüfungszeugnisses, sofern diesen Akten vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich Bescheidqualität zuerkannt werde, nicht als Erlassung eines Bescheides, sondern als die Bekanntgabe eines Gutachtens, an das in der Regel bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind, zu werten ist. Diese Rechtsfolgen träten nur dann ein, wenn der Prüfungsvorgang und das Gutachten im Wesentlichen den von der Rechtsordnung dafür aufgestellten Vorschriften entsprochen haben. Die Nichteinhaltung einer solchen Vorschrift könne in dem Verfahren geltend gemacht werden, das zur Erlassung des ersten auf die Prüfung folgenden Bescheides über Rechtsfolgen dieser Prüfung führt (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2000, Zl. 98/12/0020).

Die durch Art. II Abs. 6 Z. 4 EGVG normierte Ausnahme von der Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze gilt ausdrücklich nicht für das Verfahren der Zulassung zu einer Prüfung. Über die Zulassung zu einer Prüfung ist im Allgemeinen in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise, also mit Bescheid, zu entscheiden (vgl. zB das Erkenntnis vom 14. Juni 1995, 93/12/0135). Die auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwendenden gesetzlichen Regelungen sehen eine Zuständigkeit des Vorsitzenden der betreffenden Prüfungskommission für die Zulassung vor und normieren Zulassungsvoraussetzungen, deren Erfüllung im Zulassuungsverfahren zu prüfen ist. Das Gesetz setzt damit letztlich die Zulassung zur Externistenreifeprüfung in Bescheidform voraus (vgl. §§ 36 Abs. 6, 42 Abs. 5 und 6, 70 Abs. 1 lit. f SchUG).

Im vorliegenden Fall ist im erwähnten Zusammenhang weiters hervorzuheben, dass sich der Beschwerdeführer den Vorprüfungen in den Fächern Englisch, Latein und Mathematik, deren Beurteilung im darüber ausgestellten Zeugnis vom 26. März 1989 mit Gut bzw. Genügend ausgewiesen ist, gar nicht unterzog und es daher - mangels Erbringung von "Leistungen", die einer Beurteilung zugänglich gewesen wären - zur Erstattung eines Gutachtens in Gestalt einer Leistungsbeurteilung gar nicht kommen konnte. Den Eintragungen in das über die Ablegung der Vorprüfungen ausgestellte Zeugnis lag somit, soweit die Fächer Englisch, Latein und Mathematik in Rede stehen, eine Leistungsbeurteilung gar nicht zu Grunde, die bei der Ausstellung eines solchen Zeugnisses vorauszusetzen ist. Hier stehen somit nicht etwa die Wirkungen eines beim Prüfungsvorgang oder bei der Leistungsbeurteilung unterlaufenen Fehlers in Rede. Es ist daher zu fragen, welche Folgerungen aus dem Umstand zu ziehen sind, dass die Ausstellung eines Zeugnisses nur auf Grund eines durch gerichtlich strafbare Handlung erzeugten Irrtums über den Umstand, dass der Beschwerdeführer die beurkundeten Prüfungen gar nicht abgelegt hat, erfolgte. Dies stand der Behörde, wie die Sachverhaltsfeststellungen zeigen, zweifellos vor Augen; ihr Ausspruch, es seien die Leistungsbeurteilungen für nichtig zu erklären, ist wohl dahin zu deuten, dass das die Leistungsbeurteilungen ausweisende Vorprüfungszeugnis für nichtig erklärt werde.

Im gegebenen Fall handelte es sich bei der Ausstellung des Zeugnisses über die (nach dem Inhalt des Zulassungsbescheides für den Eintritt seiner Wirkung vorausgesetzten) Vorprüfungen (das "Externistenprüfungszeugnis über die Vorprüfungen zur Externistenreifeprüfung") um einen zum Zulassungsverfahren gehörenden Rechtsakt, dem (u.a.) ein das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen (insbesondere des Nachweises "erfolgreicher Externistenprüfungen") feststellender Charakter zukommt. Damit wird ausgesprochen, dass die "erfolgreichen Externistenprüfungen" als Voraussetzung des Antretens zur Hauptprüfung abgelegt wurden und die (aufschiebend gesetzte) Bedingung eingetreten ist; dies kommt auch in dem im vorliegenden Vorprüfungszeugnis enthaltenen Abspruch zum Ausdruck, wonach der Beschwerdeführer nach Ablegung aller in der Prüfungsvorschrift vorgesehenen Vorprüfungen nach dem genannten Lehrplan berechtigt sei, zur Hauptprüfung nach dem Lehrplan eines Naturwissenschaftlichen Realgymnasiums ohne Darstellende Geometrie mit Englisch und Latein frühestens zum Sommertermin 1989 anzutreten. Dabei handelt es sich um einen jener (konstitutiven) Rechtsakte, die in ihrer Gesamtheit die Zulassung zur Hauptprüfung der Reifeprüfung bewirken. Im Umfang des erwähnten Abspruches ist daher auch das Zeugnis über die Ablegung der Vorprüfungen (§ 42 Abs. 10 zweiter Satz SchUG) als Bescheid anzusehen, weil der ursprünglich aufschiebend bedingt erlassene Zulassungsbescheid nur im Zusammenhalt mit diesem Abspruch seine Gestaltungswirkung erlangt; im erwähnten Umfang ist dieses Zeugnis daher ein das Zulassungsverfahren abschließender Rechtsakt normativen Inhalts.

Die belangte Behörde hat als Grundlage ihrer Entscheidung, das Zeugnis über die Vorprüfungen als nichtig zu erklären, die §§ 38 und 42 SchUG, sowie § 3 Abs. 8 und 15 der ExternistenprüfungsVO sowie §§ 11 und 14 LBVO genannt. Keine dieser Vorschriften enthält indes eine ausdrückliche Nichtigkeitsanordnung für ein Zeugnis, das die erfolgreiche Ablegung der Vorprüfungen zur Externistenreifeprüfung beurkundet (das gemäß § 42 Abs. 10 zweiter Satz SchUG ausgestellte "Externistenprüfungszeugnis über die Vorprüfungen zur Externistenreifeprüfung"), obwohl die Prüfungen gar nicht abgelegt oder nicht bestanden wurden. Es fehlt im Bereich des Schulrechts eine Regelung wie etwa § 46 Universitäts-Studiengesetz, wonach die Beurteilung einer Prüfung mit Bescheid für nichtig zu erklären ist, wenn die Anmeldung zur Prüfung erschlichen wurde oder die Beurteilung, insbesondere durch Verwendung unerlaubter Hilfsmittel, erschlichen wurde. Mangels einer - insbesondere auf gemäß § 42 Abs. 10 zweiter Satz SchUG ausgestellte Zeugnisse bezogenen - Nichtigkeitsanordnung kommt auch ein Vorgehen nach bzw. in sinngemäßer Anwendung von § 68 Abs. 4 AVG nicht in Betracht.

In den Blick zu nehmen wäre aber die Erlassung eines Feststellungsbescheides, mit dem - gegebenenfalls - eine "absolute Nichtigkeit" des Zeugnisses festgestellt werden könnte. Von einer absoluten Nichtigkeit des Zeugnisses könnte angesichts der Schwere des bei seiner Erzeugung unterlaufenen, zur strafgerichtlichen Verurteilung führenden Fehlers gesprochen werden, wenn für einen solchen Fehler kein Fehlerkalkül normiert wäre (vgl. zur "absoluten Nichtigkeit" Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 435 ff; im vorliegenden Zusammenhang vgl. Perthold- Stoitzner, aaO, 120, 135, 145f). Für den Anwendungsbereich des AVG ist ein entsprechendes Fehlerkalkül normiert: § 69 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 3 AVG lässt die Wiederaufnahme eines durch Bescheid (rechtskräftig) abgeschlossenen Verfahrens auch von Amts wegen und ohne zeitliche Begrenzung zu, wenn der Bescheid durch Fälschung eine Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist.

Nach § 70 Abs. 1 lit. f SchUG sind auf das Verfahren (des Vorsitzenden der Prüfungskommission; vgl. § 42 Abs. 5 SchUG iVm § 2 Abs. 5 ExternistenprüfungsVO) in Angelegenheiten der Zulassung zu Reife-, Befähigungs- und Abschlussprüfungen einschließlich Vorprüfungen und Zusatzprüfungen in einer anderen als der beantragten Form und Nichtzulassung zu diesen Prüfungen sowie Zulassung zu Externistenprüfungen (§§ 36, 40 bis 42) die Abs. 2 bis 4 anzuwenden. Die zuletzt erwähnten Abs. 2 bis 4 des § 70 SchUG normieren für die im Abs. 1 erwähnten Verfahren besondere, insoweit die unmittelbare Anwendbarkeit des AVG ausschließende Verfahrensvorschriften. Nach § 70 Abs. 1 und 2 ist gegen Entscheidungen in diesen Angelegenheiten die Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens aus dem in § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG genannten Grund zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, Art. II EGVG, E 16 referierte Rechtsprechung). Der Umstand, dass die Verfahrensvorschriften bei Herbeiführung eines Bescheides durch gerichtlich strafbare Handlung die Durchbrechung der Rechtskraft von Amts wegen und zeitlich unbegrenzt zulassen, ist als Ausdruck des Grundsatzes zu sehen, dass bei einem besonders schwer wiegenden, in strafgesetzlich verpöntem Handeln liegenden Fehler bei der Erzeugung eines Rechtsaktes dem öffentlichen Interesse an der objektiven Rechtmäßigkeit des Zustandekommens von Rechtsakten der Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit des betreffenden Aktes einzuräumen ist. Eine an diesem Grundsatz orientierte Interpretation von § 70 SchUG ergibt, dass auch in einem nach der zitierten Vorschrift zu führenden Verfahren - einschließlich des unter die Regelung des § 70 Abs. 1 lit. f SchUG fallenden Verfahrens, in dem das "Externistenprüfungszeugnis über die Vorprüfungen zur Externistenreifeprüfung" ausgestellt wird - der Wiederaufnahmstatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG in dessen sinngemäßer Anwendung zum Tragen kommt. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ist kein Anhaltspunkt zu gewinnen, dass § 70 SchUG in einem für die dort genannten Verfahren die Wiederaufnahme selbst wegen "Erschleichens" der Zulassung durch gerichtlich strafbare Handlung ausschließenden Sinn auszulegen wäre. Nach den Gesetzesmaterialien (EB RV 401 BlgNR XIV. GP, 15f) ging es bei der Beseitigung der Anwendbarkeit des AVG für das Verfahren der schulischen Organe durch die

1. SchUG - Novelle (allein) um die Vereinfachung und Erleichterung der Verfahren. Dieser Regelungszweck gebietet keine Auslegung der Vorschrift in der Richtung, dass grundlegende, auf die Wahrnehmung besonders schwerer Fehler bei der Erzeugung von Rechtsakten abzielende und in jedem Verfahren zu beachtende Regelungen des Verfahrensrechts, deren Anwendbarkeit in Verfahren vor den Schulbehörden des Bundes (etwa in einem Rechtsmittelverfahren) im Übrigen nicht zweifelhaft wäre, im Verfahren vor den schulischen Organen unanwendbar wären.

Der in Rede stehende Fehler liegt somit innerhalb des durch den Wiederaufnahmstatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG bestimmten Fehlerkalküls. Er konnte in einem entsprechenden Verfahren aufgegriffen werden. Davon ausgehend war für die Erlassung eines eine absolute Nichtigkeit des Vorprüfungszeugnisses feststellenden Bescheides kein Raum.

Im Hinblick auf die Beseitigung des "Externistenprüfungszeugnises über die Vorprüfungen zur Externistenreifeprüfung" aus Anlass der Wiederaufnahme erübrigt sich sodann ein normativer Abspruch über die - das Vorliegen von Leistungsbeurteilungen bloß vortäuschenden - Vermerke im Prüfungskatalog und im Vorprüfungszeugnis, die sich auf in den Fächern Englisch, Latein und Mathematik vorgeblich abgelegte Vorprüfungen beziehen, mangels Ablegung dieser Prüfungen aber ohne rechtliche Wirkung sind. Angesichts dieser Wirkung der Wiederaufnahme bedarf es somit auch keines Bescheides, mit dem die "absolute Nichtigkeit" von "Leistungsbeurteilungen" festgestellt würde.

Als für die Wiederaufnahme zuständige Behörde ist in sinngemäßer Anwendung von § 69 Abs. 4 AVG der Vorsitzende der Externistenprüfungskommission anzusehen. Dieser hat gegebenenfalls das Verfahren über die Zulassung des Beschwerdeführers zur Externistenreifeprüfung wieder aufzunehmen und nach Aufhebung des dem Beschwerdeführer über die Vorprüfungen ausgestellten Zeugnisses auszusprechen, dass die Voraussetzungen der Zulassung zur Hauptprüfung der Externistenreifeprüfung erst nach erfolgreicher Ablegung der noch ausständigen Zulassungsprüfungen (früher: Vorprüfungen) in den Fächern Englisch, Latein und Mathematik vorliegen.

Entsprechende Überlegungen sind im Zusammenhang mit dem weiteren Ausspruch des angefochtenen Bescheides, wonach das Reifeprüfungszeugnis vom 29. Oktober 1990 bis zur erfolgreichen Ablegung der Zulassungsprüfungen aus Englisch, Latein und Mathematik seine Gültigkeit verliere, anzustellen. Auch insoweit liegt weder eine gesetzliche Nichtigkeitsdrohung noch eine für die hier gegebene Fallkonstellation die Zuständigkeit des Stadtschulrates begründende Regelung vor.

Nach § 42 Abs. 10 zweiter Satz SchUG ist über die Ablegung der Hauptprüfung der Externistenreifeprüfung ein Zeugnis auszustellen, auf das § 39 Abs. 1 und 2 sinngemäß anzuwenden ist. Nach § 39 Abs. 2 lit. d SchUG hat das Zeugnis bei erfolgreicher Ablegung der Prüfung die damit verbundenen Berechtigungen bzw. alle für diese Berechtigungen maßgebenden Angaben zu enthalten. Dem gemäß wurde auf dem dem Beschwerdeführer über die Externistenreifeprüfung ausgestellten Zeugnis vermerkt, dass er mit dem Bestehen der Prüfung die Berechtigung für Abgänger eines Oberstufenrealgymnasiums mit ergänzendem Unterricht in Biologie und Umweltkunde sowie Physik und Chemie zum Besuch einer Universität gemäß der Hochschulberechtigungsverordnung erworben habe.

Das Zeugnis enthält somit einen normativen, Rechte des Betreffenden gestaltenden Abspruch.

Ferner ist auf § 71 Abs.2 lit. e SchUG zu verweisen, wonach gegen diese Entscheidung eine Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig ist. Auch die Erläuternden Bemerkungen (345 BlgNR XIII. GP 61) gehen vom Bescheidcharakter der Entscheidung, dass die betreffende Prüfung nicht bestanden worden ist, aus. Somit ist vorauszusetzen, dass der Gesetzgeber mit der Norm, deren Vollziehung er - jedenfalls bei Nichtbestehen der Prüfung - in Bescheidform anordnet, ein subjektives Recht einräumt. Einer auf solcher Grundlage getroffenen Entscheidung kommt Bescheidcharakter auch im Fall der "stattgebenden" Entscheidung - hier: der Zustellung des Zeugnisses, mit dem das Bestehen der Externistenreifeprüfung beurkundet wird - wenigstens so weit zu, als darin ein Ausspruch über die mit dem Gesamtkalkül verbundenen Berechtigungen liegt.

In der Frage, ob im vorliegenden, in erster Instanz dem Verfahrensregime des § 70 Abs. 2 bis 4 SchUG unterliegenden Verfahren der Wiederaufnahmstatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG in dessen sinngemäßer Anwendung zum Tragen kommen kann, ist auf die oben dargelegten Überlegungen zu verweisen. Zu prüfen bleibt, ob zwischen der im konkreten Fall vorliegenden gerichtlich strafbaren Handlung und dem Verfahrensergebnis - der Ausstellung des Zeugnisses - ein solcher Zusammenhang besteht, dass von der "Herbeiführung des Bescheides" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG durch gerichtlich strafbare Handlung gesprochen werden kann. Bei der Ausstellung des Vorprüfungszeugnisses lag dies auf der Hand. Der Beschwerdeführer hatte mehrere Vorprüfungen nicht bzw. nicht erfolgreich abgelegt; die strafbare Handlung war somit unmittelbare Voraussetzung der Ausstellung des Vorprüfungszeugnisses. In der Frage des Zusammenhanges zwischen der Ausstellung des Reifeprüfungszeugnisses und der strafbaren Handlung ist hingegen darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer - wenngleich in einer Schultype, für die er nicht zugelassen war, und nicht im Fach Englisch, in dem er nach dem Inhalt des Zulassungsbescheides eine Teilprüfung der Hauptprüfung abzulegen hatte - zur Hauptprüfung einer Reifeprüfung antrat und seine dort erbrachten Leistungen mit positiven Kalkülen beurteilt wurden. Daraus ist für den Beschwerdeführer aber schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die Frage nach dem "Herbeiführen" schon auf Grund der Wirkungen des Strafurteils zu bejahen ist, nach dessen Spruch ein (vom Vorsatz umfasster) Zusammenhang zwischen den strafbaren Handlungen und der Verletzung des Rechts des Staates auf Kontrolle des den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Zuganges zu den Universitäten und Hochschulen besteht. Im Übrigen wäre nicht zweifelhaft, dass die rechtswidrige Vorgangsweise im Zulassungsverfahren notwendige Voraussetzung dafür war, dass sich der Beschwerdeführer der Hauptprüfung überhaupt unterziehen konnte; das bei Gelegenheit dieser Hauptprüfung erlangte Gesamtkalkül ist somit als im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG durch die gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt anzusehen.

Davon ausgehend ist in einem solchen Fall der Vorsitzende der Externistenprüfungskommission berechtigt, das Verfahren über die Beurteilung der Hauptprüfung der Externistenreifeprüfung wieder aufzunehmen und im Sinne des § 70 Abs. 1 AVG auszusprechen, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen - insbesondere nach erfolgreicher Ablegung welcher Prüfungen - das Verfahren über die Ausstellung des Reifeprüfungszeugnisses wieder aufzunehmen ist.

Auch auf der Grundlage des von ihr festgestellten Sachverhalts kam aber der Behörde erster Instanz keine Zuständigkeit zur Erlassung ihres Bescheides vom 14. Jänner 2000 zu; eine Zuständigkeit der Schulbehörde erster Instanz wäre erst im Sinne des § 70 Abs. 1 und 2 SchUG auf Grund von Rechtsmitteln gegen allfällige Entscheidungen des Vorsitzenden der Externistenprüfungskommission in Betracht gekommen. Der angefochtene Bescheid ist inhaltlich rechtswidrig, weil diese Unzuständigkeit nicht von Amts wegen aufgegriffen wurde. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf die Beschwerdegründe im Einzelnen eingegangen werden musste.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie ist aber Folgendes zu bemerken:

Die Beschwerde vertritt die Auffassung, die belangte Behörde hätte ihre Entscheidung nicht auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 1997 gründen dürfen. Das Vorliegen der Voraussetzungen für das Antreten zur Reifeprüfung sei für die Verwaltungsbehörde eine Tatfrage, die unabhängig von den Gerichten zu lösen sei. Überdies gehe aus dem Spruch des Strafurteils nicht hervor, dass der Beschwerdeführer die erforderlichen Voraussetzungen für die Ablegung der Reifeprüfung nicht erbracht habe, sondern lediglich, dass die Beamtin des Stadtschulrates Eintragungen trotz mangelnder Voraussetzungen vorgenommen habe. Damit geht die Beschwerde- wenngleich gar nicht konkret bestritten wird, dass die Voraussetzungen für das Antreten des Beschwerdeführers zur Hauptprüfung nicht vorlagen- offenbar davon aus, die belangte Behörde hätte - ohne Bedachtnahme auf das Urteil des Strafgerichts - ein Beweisverfahren über den gesamten im vorliegenden Zusammenhang relevanten Sachverhaltskomplex durchführen müssen.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine bereits vorliegende rechtskräftige Entscheidung, soweit die Rechtskraft reicht, für die Behörde, für die die Frage, auf die sich die Entscheidung bezieht, eine Vorfrage bildet, bindende Wirkung. Eine eigene Beurteilung durch die Behörde ist in diesen Fällen nicht mehr zulässig. Diese gegenseitige Bindung der Gerichte und der Verwaltungsbehörden erstreckt sich so weit, wie die Rechtskraft reicht ( vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 38 AVG E. 54 und 58 referierte Rechtsprechung).

Unter dem Gesichtspunkt der Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG hat die zuständige Behörde im vorliegenden Zusammenhang die Frage zu prüfen, ob die in Rede stehenden Rechtsakte - die Ausstellung des Zeugnisses über die Vorprüfungen und das Reifeprüfungszeugnis - durch gerichtlich strafbare Handlungen herbeigeführt wurden. Im Hinblick auf die Anknüpfung des Wiederaufnahmstatbestandes an eine "gerichtlich strafbare Handlung" (§ 69 Abs. 1 Z. 1 AVG) ist nicht zweifelhaft, dass die Behörde (hier: der Vorsitzende der Externistenprüfungskommission) bei der Beurteilung des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung vom Strafurteil - in den Grenzen der Rechtskraft desselben - auszugehen hat. Dabei ist der Spruch des Strafurteils maßgeblich: diesem ist - abgesehen von der Qualifikation des Verhaltens als gerichtlich strafbar - zum einen zu entnehmen, dass das Vorliegen von Voraussetzungen der Zulassung zur Hauptprüfung dokumentierende Eintragungen im Prüfungskatalog und im Vorprüfungszeugnis auf fingierten Noten beruhten und auch für die weiteren, auf andere Zulassungsvoraussetzungen bezogenen Eintragungen die rechtlichen Voraussetzungen fehlten; zum anderem ist dem Strafurteil im Hinblick auf die Feststellung des Vorsatzes, den Staat in seinem Recht auf Kontrolle des den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Zuganges zu den Universitäten und Hochschulen und zur Externistenreifeprüfung zu schädigen, im Zusammenhalt mit der Feststellung, dass dem Beschwerdeführer durch die zuvor beschriebenen Handlungen das Antreten zur Hauptprüfung ("in einem für ihn nicht mehr zulässigen Schultyp") zum Herbsttermin 1990 ermöglicht wurde, auch zu entnehmen, dass die Wiederaufnahmsvoraussetzung der "Herbeiführung" der Rechtsakte (der Ausstellung des Vorprüfungszeugnisses und des Reifeprüfungszeugnisses) durch die zuvor beschriebene gerichtlich strafbare Handlung verwirklicht ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt sich im Hinblick auf die vorliegende Erledigung des Beschwerdeverfahrens.

Wien, am 14. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000100198.X00

Im RIS seit

20.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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