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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §16 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 28. Februar 2001, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2000-4441, betreffend Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:
Der bis dahin beim Arbeitsmarktservice Wien beschäftigte Beschwerdeführer stellte nach seiner am 9. März 2000 erfolgten fristlosen Entlassung am 10. März 2000 einen Antrag auf Arbeitslosengeld. In der von ihm der regionalen Geschäftsstelle vorgelegten Arbeitsbescheinigung war ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung für sechs Werktage ausgewiesen. Arbeitslosengeld wurde zunächst ab dem 1. April 2000 angewiesen, ab 6. Juni 2000 wurde die Leistung auf Grund eines Krankenstandes eingestellt, wobei der Beschwerdeführer vom 6. Juni bis 6. Juli 2000 Krankengeld erhielt. Auf Grund einer Klage des Beschwerdeführers gegen das Arbeitsmarktservice wurde zwischen den Parteien vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien ein Vergleich dahin geschlossen, dass darin das Ende des Dienstverhältnisses mit 31. März 2000 festgestellt worden und nach welchem dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2000 ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung und daran anschließend für 30 Tage ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung zugestanden ist.
Daraufhin hat das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste mit Bescheid vom 18. Juli 2000 ausgesprochen, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld "wegen Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung für den nachstehend angeführten Zeitraum" ruhe. Dieser Zeitraum wurde im Spruch dieses Bescheides mit "01.07.2000 bis 04.08.2000" angegeben. Die Begründung erschöpft sich nach Wiedergabe des § 16 Abs. 1 lit. l AlVG auf den Hinweis auf das Ermittlungsverfahren, welches ergeben habe, dass der Beschwerdeführer "für den oben angeführten Zeitraum Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung" erhalten habe.
Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben "und der angefochtene Bescheid bestätigt", dies jedoch mit der Maßgabe einer Datumskorrektur hinsichtlich des Beginns des Ruhenszeitraums, welche die belangte Behörde eingangs ihres Bescheides wie folgt zum Ausdruck brachte: "betreffend Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld vom 1.7.2000 (richtig: vom 7.7.2000) bis 4.8.2000". Nach Wiedergabe des eingangs dargestellten Verwaltungsgeschehens und des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers begründet die belangte Behörde ihren Bescheid damit, dass sich aus dem erwähnten gerichtlichen Vergleich unter Hinzurechnung der auf 30 Werktage des Urlaubsanspruchs entfallenden Sonntage gemäß § 16 Abs. 4 AlVG ein Ruhenszeitraum von 35 Kalendertagen im Anschluss an den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebühre, ergebe. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe daher bis 4. August 2000. Für diesen Zeitraum bestehe auch eine "Weiterversicherung" (gemeint offenbar: Pflichtversicherung) in der Sozialversicherung. Nach dem Ende des Krankengeldbezuges hätte ab dem 7. Juli 2000 frühestens wieder Arbeitslosengeld gebührt; auf Grund des Erhalts der Urlaubsentschädigung ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld jedoch für die Zeit vom 7. Juli bis 4. August 2000. Die entsprechenden Beträge seien durch den ehemaligen Dienstgeber überwiesen worden, den Erhalt einer Zahlung von Urlaubsentschädigung habe der Beschwerdeführer auch grundsätzlich nicht bestritten. Die Bestimmung des § 16 AlVG sei zwingendes Recht, Ausnahmen seien nicht vorgesehen. Im Hinblick auf die zwingende Gesetzeslage könne "eine weitere Stellungnahme" seitens des Beschwerdeführers "entfallen". Auch der Berufungseinwand, der Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste vom 18. Juli 2000 sei kein Bescheid im Rechtssinn, gehe ins Leere. Die im Bescheid angeführte Stelle "Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien für die Bezirke 5., 12., 13., 23.", sei jedenfalls Teil des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste im Sinne des § 23 Abs. 2
AMSG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit "infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde", infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer eine "Unzuständigkeit der belangten Behörde" geltend macht, begründet er dies damit, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 18. Juli 2000 von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Die Behörde "AMS 923- Versicherungsdienste 5/12/13/23 Bez." sei keine zuständige Behörde, da zufolge § 4 Abs. 4 der Arbeitsmarktsprengelverordnung das "Arbeitsmarktversicherungsdienste (VD Wien) eingerichtet" sei. Der Hinweis der belangten Behörde auf § 23 Abs. 2 AMSG sei deshalb verfehlt, weil für das behördliche Verfahren § 24 leg. cit. anzuwenden sei. Danach seien durch Verordnung Zuständigkeitssprengel festgelegt und "keinerlei weitere Behördenaufsplittung zulässig".
Auch habe der erstinstanzliche Bescheid "keine handschriftliche Unterschrift" aufzuweisen, weshalb überhaupt kein wirksamer Bescheid vorliegt. Die belangte Behörde sei daher zur Sachentscheidung nicht zuständig gewesen.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der erstinstanzliche Bescheid im Wege der automatisierten Datenverarbeitung erstellt wurde, wie sich aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Ablichtung der ihm zugestellten Ausfertigung ergibt. Bei solchen Ausfertigungen genügt gemäß § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich.
Die belangte Behörde hat aber auch zu Recht keinen Zweifel an der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz gehegt:
Gemäß § 23 Abs. 1 AMSG sind als Hilfsapparate der Organe der regionalen Organisationen des Arbeitsmarktservice bei der Erfüllung ihrer Aufgaben am Sitz der regionalen Organisationen regionale Geschäftsstellen eingerichtet.
Gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. kann das Landesdirektorium bestimmen, dass Teile einer regionalen Geschäftsstelle sachlich, örtlich oder organisatorisch getrennt vom Sitz der regionalen Organisation eingerichtet werden, wenn dies zur besseren Erbringung der Leistung eines Arbeitsmarktservice unter den in § 19 Abs. 1 genannten Gesichtspunkten zweckmäßig ist. Ausgegliederte Teile einer regionalen Geschäftsstelle oder besondere Geschäftsstellen erhalten eine ihre jeweilige Aufgabenstellung ausdrückende Bezeichnung.
Diese in den Organisationsvorschriften des AMS enthaltenen Bestimmungen sind - anders als die Beschwerde meint - nicht auf bestimmte Aufgabenstellungen beschränkt. Der Umstand, dass gemäß § 24 Abs. 1 leg. cit. für die Besorgung behördlicher Aufgaben des Arbeitsmarktservice der Bundesminister (damals:) für Arbeit und Soziales durch Verordnung Zuständigkeitssprengel festzulegen hat, steht einer regionalen Ausgliederung bestimmter regionaler Geschäftsstellen (als bloß organisatorischer Maßnahme) nicht entgegen. Dass ein solcher ausgegliederter Teil einer regionalen Geschäftsstelle dies in der Bezeichnung der Behörde im Kopf des Bescheides auch zum Ausdruck bringt, entspricht dem § 23 Abs. 2 AMSG.
Im Beschwerdefall ergibt sich aus der Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides, dass die bescheiderlassende Behörde mit "AMS 923 - Versicherungsdienste 5/12/13/23 Bez." unter Anschrift 1120 Wien, Schönbrunner Straße 247, bezeichnet ist. Aus dieser Bezeichnung ist hinreichend klar erkennbar, von welcher Behörde der angefochtene Bescheid stammt, sodass der Beschwerdeführer auch in der Lage war bei dieser Behörde seine Berufung einzubringen. Der erstinstanzliche Bescheid ist jedenfalls dem Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste (entsprechend § 4 Z. 3 der Arbeitsmarktsprengelverordnung BGBl. Nr. 928/1994 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 183/1997) zuzurechnen, mag auch eine regional ausgegliederte Abteilung dieses Arbeitsmarktservice den Bescheid ausgefertigt haben. Dass die regionale Ausgliederung auf einem Beschluss des Landesdirektoriums im Sinne des § 23 Abs. 2 AMSG beruht, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
Das unter dem Gesichtspunkt der "Unzuständigkeit der belangten Behörde" erstattete Beschwerdevorbringen erweist sich daher als unbegründet.
Entgegen der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde keineswegs ein "ordentliches Ermittlungsverfahren" unterlassen. Sie hat sich ausdrücklich auf den vom Beschwerdeführer beim Arbeits- und Sozialgericht abgeschlossenen Vergleich gestützt, den sie auch in der Bescheidbegründung inhaltlich wiedergegeben hat. Aus welchem Grund der Beschwerdeführer meint, die Bescheidbegründung für "nicht nachvollziehbar" halten zu können, wird in der Beschwerde nicht näher dargelegt. Dass die Feststellungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe vom 1. April 2000 bis 30. Juni 2000 Anspruch auf Kündigungsentschädigung und daran anschließend für 30 Werktage einen Anspruch auf Urlaubsentschädigung gehabt, wird sachlich nicht bestritten. Auch die auf eine mangelhafte Bescheidbegründung abzielende Rüge des Beschwerdeführers erweist sich daher als unbegründet.
Was schließlich die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit betrifft, so hat sich durch den vor dem Arbeits- und Sozialgericht geschlossenen Vergleich im Verhältnis zu jener Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Beschwerdeführer am 10. März 2000 dargestellt hat, im Nachhinein eine andere Rechtslage ergeben. Das Arbeitsmarktservice ist gemäß § 24 Abs. 2 AlVG berechtigt, die Zuerkennung zu widerrufen und die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Ein solcher Fall liegt hier für den Zeitraum vom 7. Juli 2000 bis 4. August 2000 (Hervorkommen eines Anspruchs auf Urlaubsentschädigung für 30 Werktage auf Grund des vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien abgeschlossenen Vergleichs) vor. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn das Arbeitsmarktservice in Anwendung des § 24 Abs. 2 AlVG das Ruhen des Arbeitslosengeldes für den genannten Zeitraum gemäß § 16 Abs. 1 lit. l AlVG festgestellt hat.
Auch beruft sich der Beschwerdeführer zu Unrecht auf § 16 Abs. 4 AlVG, welche Bestimmung - seiner Auffassung nach - den Fall regle, dass bestimmte Ansprüche "im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses" gegeben gewesen seien, woraus er offenbar die Schlussfolgerung ziehen möchte, dass eine zeitlich nachfolgende Änderung dieser Umstände außerhalb des Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 4 AlVG liegt. Demgegenüber regelt diese Bestimmung lediglich die zeitliche Lagerung der jeweiligen Ruhenszeiträume, wobei deren Beginn ua vom Bestehen des Anspruchs im "Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses" abhängig gemacht wird. Dies schließt daher nicht etwa aus, dass ein nachträgliches Hervorkommen eines Ruhensgrundes nicht mehr berücksichtigt werden dürfte und dem Widerruf der Leistung gemäß § 24 Abs. 2 AlVG entgegenstünde. Diese Argumentation des Beschwerdeführers ist schon deshalb verfehlt, weil der Umstand, dass ein bestimmter Rechtsanspruch sich erst im Nachhinein herausstellt (weil er etwa strittig gewesen ist), keineswegs ausschließt, dass er bereits im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses bestanden hat (mag er auch noch nicht erkannt und daher auch erst später effektuiert worden sein).
Welche für den Beschwerdeführer nachteiligen Folgen die von der belangten Behörde (in offenkundiger Richtigstellungsabsicht) vorgenommene "Verkürzung des Ruhenszeitraums um sieben Tage vom
1. bis 6. Juli 2000" haben soll, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Dass mit einem solchen Ausspruch subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden sein könnten, ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 16. Mai 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001080056.X00Im RIS seit
18.10.2001