RS UVS Oberösterreich 1992/03/23 VwSen-220048/9/Gu/Bf

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Veröffentlicht am 23.03.1992
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Rechtssatz

Die bloße Nichteinholung einer Bewilligung für die grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung ist neben der Bestrafung nach § 22 Abs1 Z1 lit.c (i.V.m. § 16 Abs.3) AÜG nicht auch noch gesondert strafbar nach den Tatbeständen gemäß § 22 Abs1 Z1 lit.a i.V.m. § 11 Abs2 und § 8 Abs2 AÜG.  Abweisung der Berufung bezüglich des Tatbestandes der konsenslosen grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung; Stattgebung hinsichtlich der beiden weiteren Tatbestände.

 

Die F.T. GesmbH. hat als Auftraggeberin und die B. Handels GmbH., 183 H-1390, als Auftragnehmerin in einem schriftlichen Vertrag die Übernahme von Montageleistungen auf der Baustelle der T. GesmbH. (Auftraggeber) vereinbart; in einer das Verhältnis ausgestaltenden Zusatzvereinbarung beschlossen die Vertragsparteien, daß die Arbeitnehmer der B. auf der Baustelle der des österreichischen Betriebes unter fachlicher Leitung und Kontrolle, unter Beistellung der Werkzeuge und Geräte durch die auftraggebende T. GesmbH. Spenglerarbeiten verrichten sollten. Die T. GesmbH. verpflichtete sich für die Einholung der für diese Arbeiten erforderlichen Bewilligungen zu sorgen.

 

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses namentlich erwähnten 25 Ungarn haben tatsächlich in der Zeit zwischen 13.3.1990 bis 20.12.1990, chargenweise abwechselnd, in Österreich gearbeitet. Eine Bewilligung für die grenzüberschreitende Überlassung der ausländischen Arbeitskräfte wurde nicht eingeholt.

 

Zweifelsfrei handelte es sich um eine Überlassung von ausländischen Arbeitskräften, welche ohne Bewilligung nach dem AÜG  die Grenze überschritten und im Inland arbeiteten. Der als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GesmbH. fungierende Beschuldigte hatte hiefür die Verantwortung zu tragen und war nach § 22 Abs.1 Z.1 lit.c AÜG schuldig zu sprechen.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Mindeststrafe verhängt. Nachdem es sich bei der Überlassung um 25 Arbeitskräfte handelte, konnte die objektive Tatseite nicht als gering angesehen werden und war der Ausspruch einer Ermahnung, die ein solches geringes objektives Interesse voraussetzt (§ 21 VStG) nicht zulässig. Nachdem auch im Berufungsverfahren keine Milderungsgründe offenbar wurden, konnte das außerordentliche Milderungsrecht gemäß § 20 VStG nicht angewendet werden.

 

Der Umstand, daß die Bewilligung, die ursprünglich durch die Vereinbarung mit der T. GesmbH. nicht ausgeschlossen wurde, sondern sogar als sinngemäß bedungen anzunehmen war, tatsächlich nicht eingeholt wurde, konnte keinen gesonderten Tatbestand und damit Grundlage für eine weitere Bestrafung bilden.

Diesbezüglich waren die Verfahren einzustellen.

 

Zum Vorbringen bezüglich einer in der Sache bereits erfolgten Bestrafung hat der Verwaltungssenat erwogen:

 

Die Verwaltungsstrafbestimmungen des § 28 Abs.1 Z.1 AuslBG und § 22 Abs.1 Z.1 AÜG schließen eine Ahndung im Verwaltungsstrafverfahren ausdrücklich nur dann aus, wenn die Tat auch den Tatbestand einen in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere, einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt (Realkonkurrenz und Idealkonkurrenz).

 

Angesichts der Tatsache, daß Sanktionen zu Strafen regelmäßig in Grundrechte (Eigentum oder/und Freiheit) eingreifen, gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der für den Rechtsunterworfenen bei der Auslegung von Strafnormen zu bedenkende besondere Vertrauensschutz, daß der Idealkonkurrenz ein besonderes Augenmerk zugewandt wird.

 

Die Fälle unechter (scheinbarer) Idealkonkurrenz sind nämlich nicht nebeneinander strafbar. Unechte Idealkonkurrenz liegt dann vor, wenn der Täter zwar nur eine deliktische Handlung begangen hat, die jedoch Merkmale mehrerer Deliktstypen aufweisen, wobei aber mit der Unterstellung unter einen Deliktstypus der Unrechtsgehalt voll erfaßt wird. Die klassischen Fälle hiebei sind: die Konsumtion, die Spezialität und die Subsidiarität.

 

§ 2 Abs.2 lit.e AuslBG stellt die Rechtsvermutung auf, daß als Beschäftigung im Sinn dieses Gesetzes auch die Verwendung überlassener Arbeitskräfte (§ 3 Abs.4 AÜG) anzusehen ist. Ebenfalls durch Rechtsvermutung werden die Beschäftiger nach dem AÜG den Arbeitgebern  gleichgehalten, an denen es liegt, außer einer Bewilligung  über die grenzüberschreitende Überlassung (nach dem AÜG) auch noch eine weitere Bewilligung nach § 3 Abs.1 AuslBG einzuholen, obgleich die fremden Arbeitskräfte formal betrachtet in keinem Dienstverhältnis zum "Beschäftiger" stehen.  Das Vorliegen der Bewilligung nach dem AÜG ist allerdings eine Voraussetzung, um zu einer Beschäftigungsbewilligung zu gelangen (vgl. § 4 Abs.3 Z.8 AuslBG). Die Indizien für die Konsumtion und Spezialität der Strafnormen wären nur dann greifbar, wenn man sich, ausgehend davon, daß wie erwähnt § 3 AuslBG und § 16 Abs.3 AÜG (bzw. die entsprechenden Sanktionsnormen) den selben Zweck verfolgen - nämlich die Beschäftigung von ausländischen unselbständigen Erwerbstätigen in Österreich unter Kontrolle zu bringen - zu einer finalen Reduktion entschließen kann.  Aber selbst dann wäre das AÜG die speziellere Norm, hinter der das AuslBG zurücktreten muß, mit dem Ergebnis, daß die berufungsgegenständliche Bestrafung zu Recht erfolgt ist.

 

Bezüglich der Subsidiarität ist zu bemerken, daß weder § 28 Abs.1 AuslBG noch § 22 Abs.1 AÜG einen ausdrücklichen Vorbehalt gegenüber anderen Verwaltungsstrafnormen benennt. Aus dem System oder aus sonstigen Bestimmungen ist nicht erkennbar, daß die zitierten Strafnormen des AÜG und des AuslBG nur hilfsweise Geltung besäßen.

 

Aus diesem Grunde mußte dem Einwand, es läge eine Doppelbestrafung vor und dürfe nach dem AÜG keine Bestrafung erfolgen, zum Faktum a) des angefochtenen Straferkenntnisses ein Erfolg versagt bleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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