TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/16 98/09/0005

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Veröffentlicht am 16.05.2001
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 Z1;
AuslBG §4 Abs6 Z2;
AuslBG §4 Abs6 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der S Gesellschaft mbH in I, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 1. Dezember 1997, Zl. LGSTi/V/13113/1588105-702/1997, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 13. Mai 1996 beim Arbeitsmarktservice Innsbruck die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den iranischen Staatsangehörigen A für die berufliche Tätigkeit "Teppichrestaurator, Entfärber". Als spezielle Kenntnisse oder Ausbildung seien erforderlich "Teppiche restaurieren und entfärben".

Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Innsbruck mit Bescheid vom 11. Juni 1996 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Landeshöchstzahl 1996 für das Bundesland Tirol ab.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie machte darin - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch relevant - geltend, der beantragte Ausländer sei "eine außerordentliche Spitzenkraft auf dem Gebiet der Teppichrestauration"; derartige Arbeitskräfte seien zur Zeit in Tirol nicht vorhanden. Einem Schreiben an die österreichische Botschaft in Teheran vom 5. April 1996 sei zu entnehmen, dass "ein übergeordnetes Interesse der Teppichhändler in Tirol an der Beschäftigung des genannten Arbeitnehmers besteht"; dies ergebe sich allein daraus, dass das Schreiben von anderen Teppichhandelsfirmen unterfertigt sei.

Der auf den Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG in Verbindung mit § 12a AuslBG und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996 gestützte Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 12. August 1996 wurde mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1997, Zl. 96/09/0305, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (auf Grund der Anwendung der gesetzwidrigen Verordnung über die Bundeshöchstzahl 1996) aufgehoben.

Mit dem als Ersatzbescheid im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 11. Juni 1996 bestätigt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage im wesentlichen aus, die für das Jahr 1997 festgesetzte Landeshöchstzahl für das Bundesland Tirol sei überschritten und der Regionalbeirat habe die beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet. Die Beschwerdeführerin habe ihren Geschäftsbetrieb im Standort Innsbruck zwar nicht eingestellt, sie habe aber seit November 1997 sämtliche Dienstnehmer bei der Tiroler Gebietskrankenkasse abgemeldet. An der Beschäftigung des beantragten Ausländers habe die Beschwerdeführerin lediglich ein betriebsbezogenes Interesse dargetan. Das Schreiben an die Botschaft in Teheran enthalte ein unbewiesenes Unwerturteil der Verfasser über andere Teppichhändler in Innsbruck. Dass auf dem Arbeitsmarkt in Tirol keine geeignete Arbeitskraft verfügbar sei und die beantragte Beschäftigungsbewilligung für den weiteren Betrieb der Beschwerdeführerin von höchster Wichtigkeit sei, stelle nur das betriebliche Interesse an der Befriedigung eines Arbeitskräftebedarfes dar. Auf Grund der gegebenen Betriebsgröße - die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt der Antragstellung noch drei Arbeitskräfte beschäftigt, derzeit würden jedoch keine Arbeitskräfte mehr beschäftigt - und der offensichtlich eingeschränkten Geschäftstätigkeit sei nicht davon auszugehen, dass gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des beantragten Ausländers im Betrieb der Beschwerdeführerin erfordern. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG seien nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 6 AuslBG in Verbindung mit der Verordnung über die Landeshöchstzahl 1997 für Tirol gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung (in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997) dürfen über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet werden oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtpflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind.

Die Überschreitung der maßgebenden Landeshöchstzahl 1997 wird von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen. Sie behauptet auch nicht, dass der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet habe. Die Beschwerdeführerin meint aber, die Behörde hätte ihrer Entscheidung als erwiesen zugrunde legen müssen, dass die beantragte ausländische Arbeitskraft eine qualifizierte Fachkraft sei, die es in ganz Tirol und in ganz Österreich nicht gebe. Die Teppichrestauration von handgeknüpften Teppichen könnten nur Personen durchführen, die "von Kind an mit diesem Beruf vertraut sind"; bei aus dem Iran stammenden Teppichen seien "naturgemäß vor allem iranische Staatsbürger dazu befähigt". Da es im Iran keinen Befähigungsnachweis wie in Österreich gebe, hätte die Behörde über die Kenntnisse und Fertigkeiten des Ausländers "weitere Beweise" aufnehmen und "die vorliegenden Bescheinigungs- und Beweismittel richtig würdigen" müssen. Der Geschäftsbetrieb sei auf Grund einer Umstrukturierung der Firma "vorübergehend geschlossen", für den beantragten Ausländer werde jedoch "ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt".

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1998, Zl. 96/09/0225, und vom 6. März 1997, Zl. 94/09/0178) hätte die Beschwerdeführerin, da die Voraussetzung des § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG nicht vorgelegen ist, im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG (Landeshöchstzahlüberziehungsverfahren) Gründe vorbringen müssen, die für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung hätten maßgebend sein können. Damit ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vorliegt bzw. das öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse die Beschäftigung des Ausländers erfordert (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit.), muss ein qualifiziertes Interesse bestehen, dass über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren auf die besondere Bedeutung der außerordentlich hoch qualifizierten ausländischen Arbeitskraft für ihren Geschäftsbetrieb hingewiesen und durch ein Schreiben vom 5. April 1996 dargetan, dass zwei Teppichhändler in I und ein Teppichhändler in H ihren Antrag auf Erlangung der Beschäftigungsbewilligung "unterstützen" bzw. einen weiteren zuverlässigen Teppichrestaurator in I für notwendig erachten. Sie hat aber nicht dargelegt, aus welchem Grund öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG erfordern.

Auch in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof lässt die Beschwerdeführerin dieses qualifizierte Interesse an einer Beschäftigung des Ausländers unberücksichtigt. Mit dem Hinweis auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des beantragten Ausländers allein vermag sie kein gesamtwirtschaftliches oder öffentliches Interesse an dessen Beschäftigung darzulegen. Dass ihr (vorübergehend sogar geschlossener) Betrieb auf die gesamte Wirtschaft in der Region, in der er betrieben wird, wesentlichen Einfluss habe, behauptet die Beschwerdeführerin nicht (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 12. November 1999, Zl. 98/09/0108, und die darin angegebene Judikatur). Ebensowenig hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren ausreichend konkretisiert dargetan, dass die Beschäftigung des beantragten Ausländers zu den behaupteten Auswirkungen auf dem Gebiet der Teppichrestauration (Preissenkung und Qualitätssteigerung) in Tirol führen würde.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung und in ihren im Berufungsverfahren erstatteten Stellungnahmen keine Beweisanträge gestellt. Sie hat lediglich das genannte Schreiben vom 5. April 1996 vorgelegt. Welche "weiteren Beweise" die Behörde aufnehmen hätte müssen, wird in der Beschwerde nicht dargetan. Der in der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis gelangte, dass im Beschwerdefall gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des beantragten Ausländers nicht erfordern und die Voraussetzungen der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG nicht vorgelegen sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998090005.X00

Im RIS seit

31.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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