Durchführung des Strafverfahrens durch die Erstbehörde ohne Anhörung des Beschuldigten bedeutet nicht, daß die Erstbehörde eine zwar verspätet, aber noch vor Erlassung des Straferkenntnisses einlangende schriftliche Stellungsnahme nicht noch zu berücksichtigen hätte (keine Präklusion im Strafverfahren), sondern bloße Risikoverlagerung auf den Beschuldigten. UVS als Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle nicht zuständig, das fehlende Ermittlungsverfahren der Erstbehörde zu substituieren. Materielles Übergehen der I. Instanz bedeutet Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter. Inkrafttreten des Meldegesetzes 1991 während des Berufungsverfahrens. Sicherheitsleistung - Rückerstattung. Stattgabe.
Gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 40 Abs. 1 des Paßgesetzes, BGBl. Nr. 422/1969, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 190/1990, i.V.m. Art. 1 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechslowakischen Sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 47/1990, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, der ohne gültigen Sichtvermerk zu Erwerbszwecken in Österreich einreist.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 14b Abs. 1 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 406/1991, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der nicht unter Einhaltung der Bestimmungen des Paßgesetzes in das Bundesgebiet eingereist ist und sich daher nicht rechtmäßig in diesem aufhält.
Gemäß § 16 Z. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 427/1985, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, der die Pflicht, sich im Falle der Unterkunftnahme in einer Wohnung innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden, nicht oder nicht fristgerecht erfüllt. Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 6 des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992 (im folgenden: MeldeG) begeht jener Fremde, der im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit, deren Ausübung an eine behördliche Erlaubnis gebunden ist, nachgeht, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der die Pflicht, sich im Falle einer Unterkunftnahme in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden, nicht erfüllt. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des MeldeG sind dessen § 23 Abs. 2 zufolge am 1. März 1992 in Kraft getreten; sie sind jedoch als die im Hinblick auf die Strafdrohung für den Beschwerdeführer ungünstigeren Rechtsvorschriften gemäß § 1 Abs. 2 VStG im gegenständlichen Fall jedenfalls noch nicht anzuwenden.
Ein Eintreten in die Behandlung dieser materiellen Rechtsfragen kommt jedoch im gegenständlichen Fall aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
§ 40 Abs. 2 i.V.m. § 42 VStG berechtigt die Behörde, den Beschuldigten dazu aufzufordern, nach dessen Wahl zum Zweck seiner Rechtfertigung entweder zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Vernehmung zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen. Eine derartige Aufforderung hat die Androhung, daß im Weigerungsfall das Strafverfahren ohne Anhörung des Beschuldigten durchgeführt wird, zu enthalten und ist diesem zu eigenen Handen zuzustellen. Da die belangte Behörde im gegenständlichen Fall diese Vorschriften beachtet hat, war sie an sich berechtigt, das Strafverfahren ohne Anhörung des Beschwerdeführers durchzuführen. Der Beschwerdeführer hat jedoch nach Ablauf der mit der oben unter 1.2. angeführten Aufforderung gesetzten Vierzehntagesfrist (d.i., da diese Aufforderung lt. dem im Akt erliegenden Rückschein vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 14. November 1991 übernommen wurde, gemäß § 32 Abs. 1 AVG der 28. November 1991), nämlich am 16. Dezember 1991 - und damit noch vor der Abfertigung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses vom 15. Jänner 1992 - eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Da nun dem VStG eine Präklusion grundsätzlich fremd ist (vgl. zB VwGH v. 18.10.1985, 85/18/0054; v. 23.10.1986, 86/02/0078); s.a. W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 928), hätte die belangte Behörde aber die - wenngleich verspätet eingebrachte - Stellungnahme des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gehabt; der in § 40 Abs. 2 i.V.m. § 42 Abs. 1 Z. 2 VStG vorgesehenen Fristsetzung kommt somit offenkundig nur die Bedeutung zu, das Zeitrisiko auf den Beschuldigten zu verlagern, d. h. der Behörde die Erlassung des Straferkenntnisses solange ohne Anhörung des Beschuldigten zu ermöglichen, als dieser nicht in der Folge noch - und zwar nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spätestens bis zum Tag der Erlassung des Straferkenntnisses - entweder eine mündliche oder eine schriftliche Rechtfertigung nachreicht.
Demnach hätte sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall bei der Durchführung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens jedenfalls zu den vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme angebotenen Beweismitteln äußern und zu dessen Vorbringen, er habe sich lediglich am Tag seiner Betretung durch die Gendarmerieorgane im Hause N aufgehalten und dort einer ihm unbekannten Person bei Bauarbeiten geholfen, sei im übrigen aber bei einem Bekannten in Linz gewesen bzw. durch Österreich gereist, Stellung nehmen müssen. Hingegen sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zufolge seiner verfassungsrechtlichen Funktion als in erster Linie ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. zuletzt VwSen-240023 vom 25.2. 1992) nicht dazu veranlaßt, ein solcherart fehlendes Ermittlungsverfahren der belangten Behörde zu substituieren.
Wurde der Beschwerdeführer aber aus den genannten Gründen in seinem Recht auf rechtliches Gehör, durch das materielle Übergehen der I. Instanz darüber hinaus aber auch in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter (vgl. in diesem Sinne zuletzt VfGH v. 1.10.1991, B 976/90) verletzt, war das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 51e Abs. 1 VStG aufzuheben. Ob und inwieweit die belangte Behörde das Strafverfahren weiterzuführen oder im Hinblick auf eine allenfalls zwischenzeitlich eingetretene Verjährung einzustellen hat, hat diese aus eigenem zu beurteilen.