TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/17 2001/07/0051

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Veröffentlicht am 17.05.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §73 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
UVPG 2000 §3 Abs7;
UVPG 2000 §46 Abs9;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch E & Partner, Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom 12. Februar 2001, Zl. US 2/2000/15-15, betreffend Feststellungsverfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die beschwerdeführende Partei stellte an die Bezirkshauptmannschaft G (Gewerbereferat) mit Schriftsatz vom 7. Juni 2000 (dort eingelangt am 8. Juni 2000) das Ansuchen um Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 81 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 für die Errichtung einer mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage auf den in diesem Ansuchen näher bezeichneten Grundstücken und brachte dazu (u. a.) vor, dass sie auf diesen Grundstücken eine gemäß den §§ 74 ff leg. cit. und den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes sowie auf Grund von Vorschreibungen nach § 17 Altlastensanierungsgesetz genehmigte Mülldeponie betreibe. Da ab dem 1. Jänner 2004 auf dieser Deponie nur mehr vorbehandelte Abfälle einer Deponierung unterzogen werden dürften, beabsichtige sie, auf dem Betriebsgelände der Deponie die antragsgegenständliche Abfallbehandlungsanlage zu errichten. Damit könne den zukünftigen Anforderungen hinsichtlich der Ablagerungsqualität der Abfälle entsprochen werden. Ein Teilstrom des Rotteproduktes solle mit anstehendem mineralischem Boden vermischt werden und daraus in einem Komplexierungsverfahren ein Vererdungsprodukt entstehen, das als Rekultivierungsmaterial Verwendung finden werde.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2000 stellte der Umweltanwalt an die Steiermärkische Landesregierung den Antrag, festzustellen, ob für das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. Nr. 773/1996 (im Folgenden bezeichnet als: UVP-G 1993), durchzuführen sei.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23. Oktober 2000 wurde gemäß den §§ 74, 77 und 81 iVm den §§ 333 und 359 Abs. 1 GewO 1994 in Zusammenhalt mit § 93 Abs. 2 und 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG der beschwerdeführenden Partei die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der zuletzt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 30. November 1992 gewerberechtlich genehmigten Mülldeponie in F durch die Errichtung und den Betrieb einer mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage nach Maßgabe der vidierten Plan- und Beschreibungsunterlagen und unter Zugrundelegung der näher angeführten Beschreibung erteilt.

Der Umweltanwalt stellte mit Schreiben vom 22. Dezember 2000 an den Umweltsenat (die belangte Behörde) gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeits-prüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. Nr. 89/2000, iVm § 73 Abs. 2 AVG den Antrag, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Feststellungsantrag vom 21. Juli 2000 auf die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergehe.

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass für das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei, im Bereich der bestehenden Mülldeponie eine mechanisch-biologische Restmüllbehandlungsanlage gemäß dem Ansuchen an die Bezirkshauptmannschaft G (Gewerbereferat) vom 7. Juni 2000 zu errichten und zu betreiben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei und der Tatbestand des Anhangs 1 Z. 2 lit. c UVP-G 2000 durch das Vorhaben verwirklicht werde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Frist für die Entscheidungspflicht bei einem Antrag auf Feststellung, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (welche Bestimmung im Feststellungsverfahren gemäß § 46 Abs. 6 leg. cit. jedenfalls anzuwenden sei) mit sechs Wochen bestimmt sei. Diese Frist sei zum Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages des Umweltanwaltes vom 22. Dezember 2000 längst abgelaufen gewesen. Ferner treffe die Unterbehörde (die Steiermärkische Landesregierung) an dieser Verzögerung im Hinblick darauf, dass - wie sie ausgeführt habe - u. a. deshalb keine Entscheidung getroffen worden sei, weil es zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft einen positiven Kompetenzkonflikt gegeben hätte, der nicht aufzulösen gewesen wäre, ein (jedenfalls) überwiegendes Verschulden. Der Devolutionsantrag sei daher nicht abzuweisen gewesen.

Für die Frage, ob sich aus dem jeweiligen Anhang 1 des UVP-G 1993 und des UVP-G 2000 eine Verpflichtung zur Umweltverträglichkeitsprüfung ergebe, sei die gegenständliche Müllbehandlungsanlage für sich allein (und nicht im Zusammenhang mit der bestehenden Deponie) zu beurteilen. Auch im Hinblick darauf, dass die Kriterien, die für UVP-pflichtige Änderungen im UVP-G 1993 (§ 3 Abs. 3 und 4) und im UVP-G 2000 (§ 3a) festgelegt seien, anlagenspezifisch bestimmt worden seien (nämlich eigene Schwellenwerte für Deponien einerseits und für sonstige Abfallbehandlungsanlagen andererseits), scheide eine im Hinblick auf das Bestehen einer UVP-Pflicht im Feststellungsverfahren einheitliche Beurteilung einer Deponie (einerseits) und einer Müllbehandlungsanlage (andererseits) aus. Nach dem UVP-G 1993 sei eine Anlage zur sonstigen Behandlung, ausgenommen zur Sortierung und Aufbereitung, von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von mindestens 100.000 t/a UVP-pflichtig (Anhang 1 Z. 4), nach dem UVP-G 2000 sei eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage für nicht gefährliche Abfälle schon ab einer Kapazität von mindestens 35.000 t/a UVP-pflichtig. Für die hier zu beurteilende mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage sei eine Kapazität von 97.500 t/a beantragt worden. Da auf diesen Wert und nicht etwa auf die tatsächlich technisch bestehende Kapazität abzustellen sei, sei zwar die Schwelle für die UVP-Pflicht nach dem UVP-G 2000, nicht jedoch jene nach der alten Rechtslage überschritten.

Ob das UVP-G 2000 auf das gegenständliche Vorhaben anzuwenden sei, sei nach § 46 Abs. 9 leg. cit. zu beurteilen. Danach sei dieses Gesetz nur auf solche Vorhaben nicht anzuwenden, die vor dem im Abs. 8 bezeichneten Zeitpunkt (das ist der 11. August 2000) nicht vom zweiten oder dritten Abschnitt des UVP-G 1993 idF BGBl. Nr. 773/1996 erfasst gewesen seien und für die ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren (oder das Trassenverordnungserlassungsverfahren) eingeleitet worden sei, wenn in den Verfahren die Bestimmungen die Richtlinie 85/337/EWG idF 97/11/EG unmittelbar angewendet würden oder wenn keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden habe. Aus dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 23. Oktober 2000, mit dem die Änderung der Mülldeponie der beschwerdeführenden Partei durch Errichtung einer mechanischbiologischen Restmüllbehandlungsanlage genehmigt worden sei, ergebe sich klar, "dass die Richtlinie 85/337/EWG nicht in der Fassung 97/11/EG unmittelbar angewendet" worden sei, führe die Behörde in ihrem Bescheid doch aus, dass hinsichtlich des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie in Österreich keine direkte Anwendungsmöglichkeit bestünde bzw. bestanden hätte, weil es den Mitgliedstaaten überlassen geblieben wäre, Schwellenwerte für die Anlagen des Anhanges 2 der Richtlinie selbst festzulegen. Ferner sei davon auszugehen, dass die UVP-Richtlinie hinsichtlich der im Anhang II Z. 11 lit. b genannten Abfallbeseitigungsanlagen bereits vor dem 11. August 2000 umgesetzt worden sei und somit in diesem Fall nicht direkt anzuwenden sei. Dementsprechend habe keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt der mechanischbiologischen Restmüllbehandlungsanlage (im gewerbebehördlichen Verfahren) bestanden.

Obwohl nach Anhang 1 Z. 4 UVP-G 1993 die UVP-Pflicht für eine derartige Anlage erst ab einer Kapazität von mindestens 100.000 t/a bestanden habe, somit das Vorhaben nicht vom zweiten oder dritten Abschnitt des UVP-G 1993 erfasst gewesen sei, sei im Sinn der Übergangsbestimmung das UVP-G 2000 und nicht das UVP-G 1993 anzuwenden. Es fehle nämlich das für die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen erforderliche Tatbestandsmerkmal, dass für das Vorhaben ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren vor dem 11. August 2000 eingeleitet worden sei. Ein solches Genehmigungsverfahren im Sinn des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 könne nur ein zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag gesetzlich vorgesehenes Verfahren sein. Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass auch ein gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren im Hinblick auf den sachlichen und räumlichen Konnex der gegenständlichen Anlage, die im Schüttbereich der Deponie installiert werden solle, und im Hinblick auf den gewerberechtlichen Grundsatz der "Einheit der Betriebsanlage" ein solches Verfahren wäre und ein abfallrechtliches Genehmigungsverfahren gemäß § 29 Abfallwirtschaftsgesetz - AWG nicht erforderlich gewesen wäre, sei Folgendes zu erwidern:

Gemäß § 356b Abs. 1 GewO entfielen ebenso wie gemäß § 77a Abs. 6 GewO 1994 bei den diesen Bestimmungen unterliegenden Betriebsanlagen bestimmte Genehmigungsverfahren nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes, es seien jedoch deren materiell-rechtliche Genehmigungsregelungen im gewerberechtlichen Verfahren mitanzuwenden. Dies betreffe auch abfallrechtliche Bestimmungen des Bundes. Andererseits entfielen gemäß § 29 Abs. 2 AWG bei den dem § 29 Abs. 1 leg. cit. unterliegenden Behandlungsanlagen bestimmte Genehmigungserfordernisse nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes, sie seien jedoch im abfallrechtlichen Verfahren mitanzuwenden. Dies betreffe auch gewerberechtliche Bestimmungen. Grundsätzlich ließe der bloße Gesetzeswortlaut sowohl eine Konsumation der gewerberechtlichen Bestimmung durch ein AWG-Verfahren als auch eine Konsumation der abfallrechtlichen Bestimmungen durch ein GewO-Verfahren denkbar erscheinen. Es müsse jedoch - wolle man die Rechtslage nicht als in verfassungswidriger Weise unbestimmt sehen (vgl. Art. 18, 83 Abs. 2 B-VG) - eine Prioritätsregel in die eine oder andere Richtung geben. Nach Spezialitätsgrundsätzen komme rechtslogisch dem Regime des § 29 AWG der Vorrang zu. Diese Bestimmung liste in taxativer Weise bestimmte, durch ihre Größe oder relative Gefährlichkeit qualifizierte Betriebsanlagen auf. Demgegenüber sei das Betriebsanlagenregime der GewO für Anlagen aller Art offen, es könnten dies auch Abfallbehandlungsanlagen sein. Auch aus den Erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers zum AWG ergebe sich unzweifelhaft, dass es damit in Hinkunft bei besonders wichtigen Behandlungsanlagen (Deponien ab einer bestimmten Größenordnung, Anlagen zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung für gefährliche Abfälle, hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle Anlagen zur thermischen Verwertung und sonstigen Behandlung mit einer bestimmten Jahreskapazität) nur mehr ein eigenständiges abfallrechtliches Anlagenbewilligungsverfahren geben solle. In die gleiche Richtung wiesen auch systematische Zusammenhänge: Die Bestimmung des § 356b Abs. 4 GewO mache nur Sinn, wenn man sie als Ausdruck des Umstandes sehe, dass das UVP-Regime und das Regime des § 29 AWG dem Betriebsanlagenregime nach Spezialitätsgrundsätzen vorgingen. Dabei lasse die Nebeneinanderstellung des UVP-G und des § 29 AWG in dieser Bestimmung erkennen, dass es sich nur um eine deklarative Klarstellung des Nachrangs der GewO handle, weil der Vorrang des UVP-G ohnehin nicht zur Disposition des Gesetzgebers der GewO stehe. Umgekehrt betrachtet lasse sich nicht ernsthaft vertreten, dass zwar der GewO Vorrang zukäme, für Fälle des § 29 AWG jedoch eben eine Ausnahme statuiert wäre. Dieser Sicht, der auch die Gewerbebehörde erster Instanz erlegen sein dürfte, würde zu der kuriosen Konsequenz führen, dass auf qualifizierte Abfallbehandlungsanlagen die spezifisch abfallrechtlichen Kriterien dann überhaupt nicht zur Anwendung kämen, wenn sie gewerbliche Betriebsanlagen wären; ein solches gleichheitswidriges Verständnis könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Eine Untersuchung aus dem systematischen Kontext des AWG weise in die gleiche Richtung: Mit der AWG-Novelle BGBl. I Nr. 99/2000 seien z. B. § 30a Abs. 2 und § 30f Abs. 3a AWG eingefügt worden, die bei bestimmten gewerblichen Deponien - "abweichend zu § 29 Abs. 1" - die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde statuierten. Derartige Regelungen machten nur Sinn, wenn man zu Grunde lege, dass solche Abfallbehandlungsanlagen auch dann dem § 29 Abs. 1 AWG unterlägen, wenn sie "gewerbliche" seien.

Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass, wären gewerbliche Abfallbehandlungsanlagen im Sinn von § 29 AWG dem Genehmigungserfordernis nach der GewO und nicht nach dem AWG unterworfen, es den Fall, dass der Landeshauptmann nach § 29 Abs. 2 AWG die Bestimmungen "des Gewerberechtes" anzuwenden hätte, überhaupt nicht geben dürfte, weil die Bestimmungen des Gewerberechtes nur auf gewerbliche Anlagen Anwendung fänden. Ein solches widersinniges Ergebnis dürfe dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Bei Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 AWG seien daher die Bestimmungen der §§ 29 ff AWG anzuwenden und entfalle das Erfordernis einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung, auch wenn es sich um eine gewerbliche Abfallbehandlungsanlage oder um einen Teil einer solchen handle, doch seien die materiell-rechtlichen Bestimmungen des gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsregimes von der Abfallbehörde mitanzuwenden.

Zum Zeitpunkt der Einbringung des Genehmigungsantrages durch die beschwerdeführende Partei habe somit nach § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG die Verpflichtung bestanden, zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen Müllbehandlungsanlage eine Genehmigung des Landeshauptmannes im AWG-Verfahren einzuholen, weil die beantragte Jahreskapazität 10.000 t überschreite und in der (im Feststellungsverfahren am 12. Februar 2001 durchgeführten) mündlichen Verhandlung bestätigt worden sei, dass zumindest

33.189 t/a deponiert, also nicht stofflich verwertet (im Sinne des § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG) würden. Das gewerberechtliche Verfahren sei daher im Sinn des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 kein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, auf der von ihr betriebenen Mülldeponie in F eine mechanisch-biologische Restmüllbehandlungsanlage ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung errichten zu dürfen, und in ihrem Recht, die Änderung der bewilligten Betriebsanlage durch Errichtung dieser Restmüllbehandlungsanlage herbeizuführen, als verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bringt vor, dass es sich bei der von der beschwerdeführenden Partei betriebenen Mülldeponie und der von ihr zu errichtenden mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage um eine einheitliche Betriebsanlage handle, zu deren Genehmigung die Gewerbebehörde zuständig sei, wobei aus dem Umstand, dass nicht alle Produkte der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage auf der Mülldeponie abgelagert würden, keineswegs eine Unterbrechung des Zusammenhanges der beiden Anlagen abzuleiten sei.

Gemäß § 3 Abs. 7 des Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetzes 2000 - UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 89/2000, hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen.

Welche Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz zu unterziehen sind, regelt § 3 (bzw. § 3a für Änderungen von in dieser Gesetzesbestimmung näher bezeichneten Vorhaben). Nach den insoweit nicht bestrittenen Ausführungen der belangten Behörde will die beschwerdeführende Partei eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage für nicht gefährliche Abfälle mit einer Kapazität von 97.500 t/a errichten, wovon zumindest 33.189 t/a deponiert, somit nicht stofflich verwertet werden sollen. Während nach § 3 Abs. 1 iVm Anhang 1 Z. 4 des UVP-G 1993 in der Fassung vor dem Inkrafttreten der obzitierten Novelle am 11. August 2000 (vgl. § 46 Abs. 8 UVP-G 2000) Anlagen zur sonstigen Behandlung, ausgenommen zur Sortierung und Aufbereitung, von nicht gefährlichen Abfällen (erst) mit einer Kapazität von mindestens 100.000 t/a (Tonnen pro Jahr) UVP-pflichtig waren, sind seit Inkrafttreten dieser Novelle Anlagen zur mechanisch-biologischen Behandlung von solchen Abfällen mit einer Kapazität von (bereits) mindestens 35.000 t/a - ausgenommen sind Anlagen zur ausschließlich stofflichen Verwertung oder mechanischen Sortierung - einem UVP-Verfahren zu unterziehen (vgl. Anhang 1, Spalte 1, Z. 2 lit. c UVP-G 2000).

Gemäß § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 ist dieses Gesetz auf Vorhaben, die vor dem in Abs. 8 bezeichneten Zeitpunkt, somit vor dem 11. August 2000, nicht vom zweiten oder dritten Abschnitt dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 773/1996 (somit in der Fassung vor Inkrafttreten der obzitierten Novelle) erfasst waren und für die ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren oder das Trassenverordnungserlassungsverfahren vor dem in Abs. 8 bezeichneten Zeitpunkt eingeleitet wurde, nicht anzuwenden, wenn in den Verfahren die Bestimmungen die Richtlinie 85/337/EWG idF 97/11/EG unmittelbar angewendet werden oder wenn keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand.

Auf dem Boden der obigen Ausführungen und im Hinblick auf die geplante Kapazität der Anlage (97.500 t/a) ist davon auszugehen, dass das antragsgegenständliche Vorhaben, nämlich die Errichtung der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage, nicht vom zweiten oder dritten Abschnitt des UVP-G 1993 erfasst war. Was nun die Beurteilung der belangten Behörde, dass für dieses Vorhaben ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren vor dem 11. August 2000 im Sinn der weiteren Tatbestandsvoraussetzung des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 nicht eingeleitet wurde, anlangt, so begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken. Das gewerbebehördliche Verfahren, das auf Grund des obgenannten Antrages der beschwerdeführenden Partei vom 7. Juni 2000 ("Ansuchen um Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 81 Abs. 1 GewO für die Errichtung einer mechanischbiologischen Restmüllbehandlungsanlage") von der Bezirkshauptmannschaft G eingeleitet worden war und von dieser mit gewerberechtlichem Bescheid vom 23. Oktober 2000 abgeschlossen wurde, war im Hinblick auf die Verpflichtung, für eine Abfallbehandlungsanlage mit einer Jahreskapazität wie der antragsgegenständlichen, die Genehmigung nach dem AWG einzuholen, nicht das gesetzlich vorgesehene Verfahren und somit nicht "erforderlich". Denn gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Anlagen zur sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, ausgenommen zur stofflichen Verwertung, mit einer Jahreskapazität von mindestens 10.000 t einer Genehmigung des Landeshauptmannes. Um ein "nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren" im Sinn des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 einzuleiten, bedurfte es somit eines Antrages gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG an den Landeshauptmann, nicht jedoch des Antrages auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung gemäß §§ 81 ff GewO. Wenn die Beschwerde meint, eine Antragstellung nach dem AWG sei im vorliegenden Fall wegen des Zusammenhanges mit der bestehenden Deponie nicht erforderlich gewesen, unterliegt sie einem Rechtsirrtum. Im Hinblick darauf, dass gemäß § 29 Abs. 2 AWG der Landeshauptmann bei der Erteilung einer Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes alle materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden hat, die u. a. im Bereich des Gewerberechtes anzuwenden sind, besteht für eine (zusätzliche) gewerbebehördliche Genehmigung kein Raum, ersetzt doch nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesbestimmung die Genehmigung die nach den in dieser Bestimmung genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen, was bedeutet, dass nur ein abfallwirtschaftliches Verfahren zu führen und nur die Abfallwirtschaftsbehörde zuständig ist.

Das weitere Beschwerdevorbringen, dass die belangte Behörde im vorliegenden Feststellungsverfahren die Bezirkshauptmannschaft G und den Landeshauptmann für S als mitzuwirkende Behörden sowie die Marktgemeinde F als Standortgemeinde zur Verhandlung nicht geladen habe und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan nicht gehört worden sei, ist ebenso nicht zielführend. Abgesehen davon, dass - wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervorgeht - die belangte Behörde mit Schreiben vom 22. Jänner 2001 dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt hat und die Marktgemeinde F zu Handen des in der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 12. Februar 2001 angeführten Rechtsvertreters geladen worden ist, ist nicht zu erkennen, inwieweit die beschwerdeführende Partei durch den behaupteten Verfahrensmangel in eigenen subjektiven Rechten verletzt wurde, zumal die Beschwerde auch nicht ausführt, welche für sie günstigen Feststellungen von der belangten Behörde zu treffen gewesen wären, sodass die Relevanz der behaupteten Mangelhaftigkeit nicht ersichtlich ist.

Gegen die Zulässigkeit der vorliegenden Devolution an die belangte Behörde bringt die Beschwerde lediglich vor, es werde "aus Vorsichtsgründen" geltend gemacht, dass "möglicherweise" die Devolution unzulässig gewesen sei, weil § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 in Widerspruch zu § 73 Abs. 1 AVG stehe, die Gesetzeslage deshalb unklar sei und jene Bestimmung daher verfassungswidrig sei. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen, geht doch aus dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 AVG unmissverständlich hervor, dass diese Regelung subsidiär in den Fällen gilt, in denen in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, sodass der von der Beschwerde behauptete Widerspruch nicht nachvollzogen werden kann.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 2001

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001070051.X00

Im RIS seit

22.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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