TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/17 2001/16/0249

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Veröffentlicht am 17.05.2001
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §33 TP19 Abs1;
GebG 1957 §33;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B-Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Linz, Kudlichstraße 41 - 43, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 15. Februar 2001, GZ RV 252/1-9/1999, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, ihren Beilagen und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgendes:

Die Beschwerdeführerin schloss mit der Haslinger und Co OEG ein Leistungs- und Lieferungsübereinkommen, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"1.

Die Brauerei sagt dem Kunden einen einmaligen Betrag von S 200.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer S 40.000,-- zusammen S 240.000,-- zu.

Die ausgewiesene Mehrwertsteuer ist vom Kunden an das Finanzamt

abzuführen. Dieser Betrag steht dem Kunden ab Vorliegen der

vereinbarten Sicherheiten zur Verfügung und ist von der Brauerei

auf das Konto ... zur Überweisung zu bringen.

     2.

     Als Gegenleistung für die Leistung der Brauerei sagt der

Kunde verbindlich zu, in der Absatzstätte in ... auf die Dauer von

10 Jahren ab 1. Feber 1994 die in der beiliegenden Marken-

/Sortenliste angeführten Biere ... ausschließlich von der Brauerei

bzw. ... zu beziehen bzw. beziehen zu lassen und somit den Bezug

von diesem Vertrag unterliegenden Biersorten anderer

Unternehmungen zu unterlassen

     ...

Der Kunde erklärt, dass die von der Brauerei erbrachte Leistung eine volle Gegenleistung für die gegenständliche Getränkebezugsverpflichtung darstelle. Diese kann weder durch eine Rückzahlung noch durch eine sonstige im Vertrag nicht vorgesehene Tilgung aufgehoben werden.

3.

Die Brauerei leistet den in Punkt 1. bestimmten Beitrag unter der Voraussetzung einer jährlichen Mindestbezugsmenge von 100 hl Bier, woraus sich eine Gesamtmindestbezugsmenge von 1.000 hl Bier auf Vertragsdauer ergibt.

...

4.

Die Brauerei kann den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn der Kunde 6 Monate hindurch kein Bier bezogen hat, wenn gegen ihn das Ausgleichs- oder Konkursverfahren eingeleitet worden ist und wenn der Kunde den Geschäftsbetrieb einstellt. In den zwei letztgenannten Fällen ist der Kunde zur unverzüglichen Mitteilung an die Brauerei verpflichtet.

Die Brauerei ist in diesem Fällen berechtigt, den nicht amortisierten Teil des von ihr geleisteten Beitrages zuzüglich Mehrwertsteuer und 12 %-iger Verzinsung p.a. ab Zuzahlung zurückzuverlangen. Die Amortisation errechnet sich nach dem Verhältnis der bisherigen Laufzeit des Übereinkommens zum vereinbarten Vertragszeitraum, soferne der Kunde die zugesagte jährliche Mindestbezugsmenge im Durchschnitt erfüllte, sonst nach dem Verhältnis der im Vertragszeitraum bereits bezogenen Menge Bier zur vereinbarten Gesamtmindestbezugsmenge.

5.

Hält der Kunde wesentliche Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht ein (insbesondere Punkt 2.), kann die Brauerei unter anderem eine oder mehrere der nachstehend angeführten Maßnahmen ergreifen:

a)

Die Brauerei kann die Zuhaltung des Übereinkommens begehren.

b)

Die Brauerei kann den nicht amortisierten Beitrag fällig stellen, wobei die unter Punkt 4. angeführten Berechnungskriterien heranzuziehen sind.

              c)              Die Brauerei kann auf die Dauer des vertragswidrigen Fremdbezuges von Bier einen der richterlichen Mäßigung nicht unterliegenden, jederzeit fälligen Mindestersatz von S 300,-- pro hl Bier jener Menge begehren, die vom Kunden auf Grund der vereinbarten Mindestbezugsmenge in diesem Zeitraum zu beziehen gewesen wäre ...

...

              9.              

Allfällige mit diesem Übereinkommen in Zusammenhang stehenden Kosten und Gebühren trägt der Kunde. Die Brauerei ist berechtigt, allfällige Gebühren vom Kunden einzubehalten.

              16.              

Bei Veräußerung, Vermietung, Verpachtung oder einer sonstigen Überlassung der Absatzstätte an Dritte hat der Kunde unter Fortdauer seiner eigenen Haftung alle seine Verpflichtungen aus diesem Leistungs- und Lieferungsübereinkommen schriftlich so zu überbinden, dass die Betreffenden sie als ihre eigene Verpflichtung gegenüber der Brauerei schriftlich anerkennen, sodass die Brauerei von diesen auch unmittelbar die Erfüllung des Vertrages verlangen kann. Die Rechte und Pflichten aus diesem Leistungs- und Lieferungsübereinkommen gehen auch auf Seiten der Brauerei auf Rechtsnachfolger über. Die Brauerei ist berechtigt, die Vertragsfortsetzung mit dem Rechtsnachfolger bzw. Rechtsnehmer des bisherigen Kunden abzulehnen und nach Punkt 4. vorzugehen. Sämtliche dem Kunden zustehende Ansprüche auf Übernahme der Erfüllung des Vertrages durch seinen Rechts- und/oder Geschäftsnachfolger sowie der Rechtsnehmer tritt er vorweg an die Brauerei ab."

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz forderte dafür Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG an, wogegen die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines privaten Rechtsgutachtens mit dem Argument berief, die dem Kunden gewährte Geldleistung sei die Gegenleistung für das Alleinbelieferungsrecht. Es liege kein Darlehens- oder Kreditvertrag, sondern vielmehr der Kauf eines Rechtes vor.

Gegen die daraufhin ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, worin sie auf ihrem Rechtsstandpunkt beharrte.

Die belangte Behörde gab der Berufung unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1995, Zl. 94/16/0278 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass der Vertrag nicht als Kreditvertrag behandelt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 TP 19 Abs. 1 GebG lautet:

"(1) Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, von der vereinbarten Kreditsumme,

1. wenn der Kreditnehmer über die Kreditsummer nur einmal oder während einer bis zu fünf Jahren vereinbarten Dauer des

Kreditvertrages mehrfach verfügen kann ... 0.8 v.H.;

2. im übrigen ... 1,5 v.H."

Gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Vorauszuschicken ist, dass der jetzt vorliegende Fall (anders als dies die Beschwerde sieht) vom Sachverhalt her nicht anders gelagert ist, als der mit dem hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1995, Zl. 94/16/0278 entschiedene. Auch im vorliegenden Fall wurde eine Mindestbezugsmenge vereinbart (siehe Punkt 3 des Vertrages) weshalb alle Versuche der Beschwerde, einen Unterschied der Fälle im Sachverhalt zu konstruieren (siehe Punkt 3 der Beschwerde) von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.

Im Kern stützt sich auch die Beschwerde auf das bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte private Rechtsgutachten, das den Standpunkt vertritt, es liege ein "Rechtskauf" vor und das die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als "rechtsirrig" abtut.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die Beschwerdeführerin übersieht (dem Gutachter folgend) grundlegend, dass ungeachtet des von den Vertragsparteien allenfalls primär verfolgten Zwecks eines Bezugsrechtskaufes in der Vereinbarung von vornherein auch eine Regelung des Schicksales des dem Kunden durch die Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Geldbetrages für den Fall getroffen wird, dass der Kunde eine gewisse Zeit hindurch kein Bier bezieht, insolvent wird oder seinen Geschäftsbetrieb einstellt. Damit wird - wie schon im hg. Erkenntnis Zl. 94/16/0278 unübersehbar klargestellt wurde - abhängig von einem ungewissen Ereignis (also einer Bedingung) eine Rückzahlungsvereinbarung betreffend das zur Verfügung gestellte Geld getroffen, die wegen des Vorliegens der Essentialia eines Kreditvertrages als bedingter Kreditvertrag und nicht bloß als eine vom Element der Zurverfügungstellung des Geldbetrages willkürlich losgelöste bedingte Rückzahlungsverpflichtung (vgl dazu die von Arnold, Rechtsgebühren6 Rz 1 zu § 33 TP 10 vertretene Meinung, die im vorliegenden Zusammenhang nicht geteilt werden kann) anzusehen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das zitierte hg. Erkenntnis verwiesen.

An dieser Lösung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es unabhängig von einer solchen Vereinbarung durchaus auch andere Rechtsgrundlagen für eine Rückforderung gibt (z.B. bereicherungsrechtliche). Die Erfüllung der Tatbestände des § 33 GebG wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Parteien auf Basis ihrer vertraglichen Gestaltungsfreiheit zusätzlich zu rechtlich bereits bestehenden Anspruchsgrundlagen weitere schaffen, die einen der Tatbestände des Rechtsgebührenrechtes erfüllen. Dasselbe gilt für die im Vertrag ebenfalls enthaltene Wahlmöglichkeit der Brauerei, eine Pönaleleistung in Anspruch zu nehmen.

Insoweit das vorgelegte Privatgutachten in diesem Zusammenhang vermeint, die vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis angeführte Rechtsprechung des OGH könne keine taugliche Grundlage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darstellen, wird übersehen, dass das zitierte hg. Erkenntnis die dort angeführte Rechtsprechung des OGH zur Begründung gar nicht benötigte (weil die Essentialia eines Kreditvertrages ohnehin auf der Hand lagen), sondern nur illustrativ darauf hingewiesen hat, dass auch in der Rechtsprechung des OGH die Kreditfunktion einschlägiger Vereinbarungen anerkannt wurde. Ebensowenig wie allein aus der zitierten Rechtsprechung des OGH eine tragfähige Begründung für die gebührenrechtliche Qualifikation der Vereinbarung als bedingter Kreditvertrag gewonnen werden könnte, kann daraus aber auch abgeleitet werden (was der Gutachter versucht), es liege ausschließlich ein Bezugsrechtskauf vor. Die diesbezügliche Kritik des Gutachters an der hg. Rechtsprechung muss daher zurückgewiesen werden.

Insoweit das Gutachten vermeint, das hg. Erkenntnis Zl. 94/16/0278 befinde sich im Widerspruch zu den Erkenntnissen vom 29. September 1987, Zl. 87/14/0086 und vom 13. September 1994, Zl. 90/14/0172 ist auf folgendes zu verweisen: In den beiden genannten Erkenntnissen ist ausdrücklich davon die Rede, dass ungeachtet der jeweils verwendeten Formulierungen Zuwendungsbeträge der Brauerein ein Darlehen (gegebenenfalls daher auch einen Kredit) darstellen können, das bei Verletzung der Abnahmepflicht zurückgefordert werden kann. Somit steht das hg. Erkenntnis Zl. 94/16/0278 zu der von Gutachten zitierten hg. Rechtsprechung - anders als dies der Gutachter sehen will - keineswegs im Widerspruch.

Da sich das Gutachten (und ihm folgend die Beschwerde) im Ergebnis darauf konzentriert, in der Geldleistung der Beschwerdeführerin eine (wie es der Gutachter nennt) "echte vertragliche Gegenleistung" für das Alleinbelieferungsrecht zu erblicken und dabei die von vornherein aufschiebend bedingt für bestimmte im Vertrag näher geregelte Fälle getroffene Vereinbarung über die Rückzahlbarkeit der zur Verfügung gestellten Geldsumme aber außer Acht lässt, bietet der jetzt vorliegende Beschwerdefall keinen Anlass, von dem mit dem hg. Erkenntnis Zl. 94/16/0278 eingeschlagenen Weg wieder abzugehen.

Da sich somit bereits aus dem Beschwerdeinhalt ergibt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001160249.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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