TE Vfgh Erkenntnis 1998/6/26 B221/96

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Veröffentlicht am 26.06.1998
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Index

20 Privatrecht allgemein
20/13 Sonstiges

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §7 Abs3 EisenbahnenteignungsG idF StrukturanpassungsG 1995 mit E v 17.06.98, G372/97 ua, zumindest insoweit, als das den Betrag der zuerkannten Pauschalvergütung übersteigende Kostenbegehren abgewiesen wurde; Aufhebung der angefochtenen Bescheide zumindest in diesem Umfang.

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführer haben sich als Eigentümer betroffener Liegenschaften in einem Enteignungsverfahren nach den §§17 bis 20 Bundesstraßengesetz 1971 durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Mit dem Enteignungsbescheid des Landeshauptmannes von Burgenland als Bundesstraßenbehörde I. Instanz vom 3. Dezember 1992 wurde über den Antrag der Beschwerdeführer auf Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung vom 29. Juni 1992 nicht abgesprochen, was von den Beschwerdeführern ua. in der Berufung gegen diesen Enteignungsbescheid geltend gemacht wurde. Im zur Hauptsache (Enteignung und Enteignungsentschädigung) ergangenen Berufungsbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. Juli 1993 wurde die Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung des Ersatzes der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung einem eigenen Bescheid vorbehalten. Mit Bescheid vom 20. Oktober 1994 sprach der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Beschwerdeführern Ersatz der Kosten für rechtsfreundliche Vertretung (im Zeitraum 19. September 1991 bis 24. März 1993) in Höhe von S 283.876,10 zu. Über Beschwerde der durch diesen Bescheid kostenverpflichteten Partei, der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung von Burgenland, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Z94/06/0257, mit der Begründung auf, daß keine rechtliche Grundlage dafür gegeben sei, daß die im Zusammenhang mit der Enteignung entstandenen Vertretungskosten nicht von der (Österreichischen) Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft, auf deren Antrag die Enteignung erfolgt ist, sondern von der Bundesstraßenverwaltung von Burgenland zu entrichten seien. Mit dem - mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen - Ersatzbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Dezember 1995 wurde den Beschwerdeführern unter Anwendung des - mittlerweile in Kraft getretenen - §7 Abs3 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71/1954 idF BGBl. Nr. 297/1995, (im folgenden: EEG) Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung in Höhe von S 12.636,89 zuerkannt.

2. In der auf Artikel 144 B-VG gestützten Beschwerde gegen diesen Bescheid erachten sich die Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, nach Art6 Abs1 EMRK, auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK) sowie in ihren Rechten wegen Anwendung der - ihres Erachtens - verfassungswidrigen Bestimmung des §7 Abs3 EEG als verletzt und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde hat unter Aktenvorlage eine Gegenschrift erstattet, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet, hinsichtlich der von den Beschwerdeführern behaupteten Verfassungswidrigkeit des §7 Abs3 EEG auf

Artikel 18 Abs1 B-VG verwiesen und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-Aktiengesellschaft hat als mitbeteiligte Partei eine Äußerung erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat unter anderem aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde am 18. Juni 1997 beschlossen, §7 Abs3 EEG auf seine Verfassungsmäßigkeit gemäß Artikel 140 B-VG zu überprüfen. Mit Erkenntnis vom 17. Juni 1998, G372/97 ua., hob er die genannte Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf.

III. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war, ohne daß des näheren darauf einzugehen war, daß die Anwendung der Vorschrift des §7 Abs3 EEG auf vor ihrem Inkrafttreten gesetzte Vertretungshandlungen aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig war (vgl. E. v. 17.6.1998, G372/97 ua., S 14).

Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

Bescheid / Trennbarkeit, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B221.1996

Dokumentnummer

JFT_10019374_96B00221_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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