TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/18 2001/18/0067

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2001
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren: * Vorabentscheidungsantrag des VwGH oder eines anderen Tribunals: 99/21/0018 B 18. März 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des I S in Neumarkt, geboren am 10. Juni 1975, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler- Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 5. März 2001, Zl. Fr-298/1/00, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 5. März 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 38 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit 1989 rechtmäßig in Österreich auf. Er sei am 6. Februar 1995 wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden. Wenige Monate später, am 27. Oktober 1995 sei er wegen einer strafbaren Handlung nach dem Suchtgiftgesetz und wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden. Am 26. April 1996 sei er wegen Betruges gemäß § 146 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden. Am 24. März 1997 sei er wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls gemäß §§ 127 und 129 Z. 1 StGB sowie wegen einer strafbaren Handlung nach dem Suchtgiftgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten und einer bedingt nachgesehen Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden. Unbeeindruckt von diesen Verurteilungen und dem Vollzug einer mehrmonatigen Haftstrafe habe er am 1. Oktober 1999 dadurch gegen seine Festnahme Widerstand geleistet, dass er mit Händen und Füssen um sich geschlagen habe. Im Zug der weiteren Amtshandlung habe er auf dem Gendarmerieposten "herumgespuckt" und sei schließlich neuerlich gegen einen Beamten tätlich vorgegangen. Deshalb sei er wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer "zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat, Probezeit drei Jahre," verurteilt worden. Am 31. März 2000 habe er in einem Drogeriemarkt in Freilassing vier hochwertige Parfums im Gesamtwert von 344,15 Mark gestohlen. Als er beim Verlassen des Tatortes vom Filialleiter gestellt worden sei, habe er sofort begonnen, auf diesen einzuschlagen und ihn dabei verletzt. Nur mit Unterstützung eines Passanten und des Ladendetektivs habe er gebändigt werden können. Diesbezüglich sei er am 3. Juli 2000 vom Amtsgericht Laufen wegen "unerlaubter Einreise in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Aufenthalt in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung" zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, die er auch verbüßen habe müssen. Aus der Urteilsbegründung gehe hervor, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt an Entzugserscheinungen gelitten und die Parfums in der Absicht gestohlen habe, diese in Salzburg gegen Heroin einzutauschen.

Auf Grund der Verurteilungen des Beschwerdeführers sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.

Angesichts des dargestellten Gesamtfehlverhaltens, welches bisher zu sechs rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers geführt habe, und der bei den strafbaren Handlungen gezeigten Gewaltbereitschaft sei - insbesondere auch im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer selbst eingestandene Suchtgiftabhängigkeit - die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 (Abs. 1 und Abs. 2) FrG sei zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer seit 1989 rechtmäßig bei seinen Eltern in Österreich aufhalte. Er sei Vater eines in Österreich lebenden Kindes, zu welchem er eine innige Beziehung habe. Weiters sei ihm zugute zu halten, dass er in Österreich den Beruf eines Zentralheizungsbauers erlernt und die Lehre im Oktober 1999 erfolgreich abgeschlossen habe. Die Erstbehörde habe daher zu Recht festgestellt, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gravierend in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreife. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration habe jedoch durch die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten in der für sie wesentlichen sozialen Komponente eine erhebliche Minderung erfahren.

Den privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet stehe sein gravierendes Gesamtfehlverhalten gegenüber. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass er nach eigenen Angaben schwer suchtgiftabhängig sei. Insgesamt überwöge die durch das Gesamtfehlverhalten bewirkte nachhaltige Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, in der festgestellten Weise gerichtlich verurteilt worden zu sein und die diesen Verurteilungen - soweit festgestellt - zu Grunde liegenden Taten begangen zu haben.

Schon im Hinblick auf die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren bestehen keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt.

2.1. Die Auffassung der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme sei gerechtfertigt, begegnet - auch wenn Feststellungen zu den Suchtgiftdelikten des Beschwerdeführers fehlen - im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität sowie der Eigentums- und Gewaltkriminalität keinen Bedenken, zumal der Beschwerdeführer in allen diesen Bereichen trotz einschlägiger Verurteilungen neuerlich straffällig geworden ist und das Gericht in einem Fall eine teilbedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren für schuldangemessen gehalten hat.

2.2. Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, die Verurteilung durch das Amtsgericht Laufen habe sich auch auf in Österreich nicht gerichtlich strafbare Taten bezogen, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde die dieser Verurteilung jedenfalls auch zu Grunde liegende, unstrittig feststehende Körperverletzung nach der Betretung bei einem Diebstahl bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens gemäß § 36 Abs. 1 FrG zu Recht berücksichtigt hat.

2.3. Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass sämtliche strafbare Handlungen aus seiner Suchtgiftabhängigkeit resultierten und er seit seiner letzten Verurteilung (also seit 3. Juli 2000) an einer Drogenentziehungskur teilnehme. Im Hinblick darauf sei "eine positive Zukunftsprognose durchaus gegeben".

Dieses Vorbringen wäre selbst dann nicht zielführend, wenn es sich hiebei nicht um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) handeln sollte. Eine erst acht Monate dauernde Therapie böte noch keine Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer nicht neuerlich straffällig wird, besteht doch - wie dies gerade der Fall des Beschwerdeführers zeigt - bei Suchtgiftdelikten die große Gefahr der Tatwiederholung und der "Begleitkriminalität".

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde den Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit 1989 rechtmäßig bei seinen Eltern in Österreich aufhält, berücksichtigt. Zu Recht hat sie darauf hingewiesen, dass die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration in ihrer sozialen Komponente durch die zahlreichen Straftaten des Beschwerdeführers gemindert werde. Darüber hinaus hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine innige Beziehung zu seinem im Inland lebenden Kind sowie die in Österreich abgeschlossene Berufsausbildung zugute gehalten.

Mit seinem Vorbringen, er habe in Österreich auch eine Lebensgefährtin, macht der Beschwerdeführer eine Verstärkung seiner persönlichen Interessen geltend. Der weiters vorgebrachte Umstand, dass der Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind die österreichische Staatsbürgerschaft bereits zugesichert worden sei, bewirkte hingegen - sollte er vorliegen - keine zusätzliche Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet.

Den jedenfalls sehr beachtlichen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch das dargestellte Gesamtfehlverhalten gegenüber.

Insbesondere auf Grund der großen Sozialschädlichkeit von Suchtgiftdelikten begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), selbst dann keinen Bedenken, wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt, dass er im Inland auch eine Lebensgefährtin hat.

Mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe die Zusicherung der Staatsbürgerschaft an seine Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind nicht berücksichtigt und die Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG nicht ausreichend begründet, zeigt der Beschwerdeführer somit keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

4. Da der Beschwerdeführer kein Angehöriger eines Österreichers im Sinn des § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 FrG ist, hat die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot zu Recht nicht auf § 48 Abs. 1 leg. cit. gestützt.

5. Dem Beschwerdevorbringen, § 38 Abs. 1 Z. 2 (iVm § 35 Abs. 3) FrG stehe dem Aufenthaltsverbot auf Grund des mehr als zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entgegen, kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes (siehe zur Auslegung dieses Begriffes den hg. Beschluss vom 17. September 1998, Zl. 95/18/1168, und das darin verwiesene hg. Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 98/18/0170) noch nicht zehn Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen war.

6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001180067.X00

Im RIS seit

23.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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