TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/18 98/18/0238

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Veröffentlicht am 18.05.2001
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde des M K, (geb. 30.9.1974), in Kirchbichl, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 9. Juni 1998, Zl. III 125-3/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 9. Juni 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 1 und Z. 2, sowie §§ 37, 38, 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung vom 23. August 1994 wegen Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes und § 1 des Tiroler Landespolizeigesetzes mit einer Geldstrafe von je S 400,-- belegt worden, weil er am 31.7.1994 gegen 01.30 Uhr in Fügen im Zillertal auf dem öffentlichen Parkplatz beim Nachtlokal "Zillertal-Tenne"

1.) seinen PKW derart rücksichtslos im Kreis gefahren habe, dass dadurch andere Fahrzeuge beschädigt (boshafte Sachbeschädigung) worden seien und er durch dieses besonders rücksichtslose Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, und 2.) bei seinem Fahrzeug derart übertrieben den Motor habe laufen lassen und Gas gegeben habe, dass Schottersteine herumgeflogen seien, und er durch diese mangelnde Rücksichtsnahme ungebührlicherweise störenden Lärm erregt und die Nachtruhe dritter Personen beeinträchtigt habe.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 19. Jänner 1995 wegen Verwaltungsübertretung nach §§ 1, 4 Abs. 1 lit. a und lit. c und Abs. 5 StVO 1960 gemäß § 99 leg. cit. mit einer Geldstrafe von insgesamt S 7.000,-- belegt worden, weil er am 26. November 1994 um 22.00 Uhr einem nach dem Kennzeichen bestimmten PKW auf der B 171 von Wörgl in Richtung Kirchbichl gelenkt habe, nicht ordnungsgemäß überholt habe, einen Verkehrsunfall verursacht habe, nicht angehalten habe, sich von der Unfallstelle entfernt, die Erhebungen erschwert und den Verkehrsunfall nicht von sich aus bei der nächsten Gendarmerieposten gemeldet habe.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 19. Dezember 1996 sei der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein wegen Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO leg. cit. mit einer Geldstrafe von S 9.000,-- belegt worden, weil er am 29. September 1996 um 05.20 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von Kirchbichl in Richtung Wörgl gelenkt habe.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 14. Jänner 1998 wegen Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- belegt worden, weil er am 15. November 1997 um 03.20 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Kirchbichl auf einer Gemeindestraße gelenkt habe.

Der Beschwerdeführer sei weiters vom Bezirksgericht Telfs mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung vom 19. Oktober 1994 wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB mit einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 40 Tagessätzen, Probezeit drei Jahre, belegt worden, weil er am 30. April 1994 in Zirl eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine linke hintere Fahrzeugtüre eines näher bezeichneten PKW, Farbe rot, dem Verfügungsberechtigten eines näher genannten Unternehmens mit dem Vorsatz weggenommen habe, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Vom Bezirksgericht Kufstein sei der Beschwerdeführer mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung vom 17. Juni 1996 wegen des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der versuchten vorsätzlichen Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen belegt worden, weil er am 27. April 1996 in Kirchbichl, "Freie Tankstelle", dadurch, dass er einer näher genannten Person mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzt habe, wodurch diese an der Stirn leicht verletzt worden sei, diese vorsätzlich am Körper leicht verletzt habe, und dadurch, dass er mit einem Stempel gezielt nach ihr geworfen habe, versucht habe, diese vorsätzlich am Körper zu verletzen.

Der Beschwerdeführer sei schließlich vom Bezirksgericht Kufstein mit dem in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 3. März 1997 wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen belegt worden, weil er am 18. August 1996 in Kirchbichl auf dem Parkplatz der "freien Tankstelle" mit der Faust gegen den PKW einer näher genannten (anderen) Person geschlagen und dagegen getreten habe, wodurch am linken Kotflügel, an der linken Tür und an der Motorhaube Eindellungen und somit ein Schaden von S 10.482,-- entstanden sei, und der Beschwerdeführer hiedurch eine fremde Sache in einem S 25.000,-- nicht übersteigenden Wert beschädigt habe.

Das diesen rechtskräftigen Verurteilungen und Bestrafungen zugrunde liegende Gesamtfehlverhalten zeige deutlich die negative Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber der Rechtsordnung, wodurch der Eindruck entstehe, dass er nicht gewillt sei, Rechtsvorschriften in der erforderlichen Weise zu achten und sein Verhalten den Gesetzen anzupassen, woraus sich die berechtigte Folgerung ergebe, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG), und weshalb vom Ermessen des § 36 Abs. 1 FrG zum Nachteil des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht werde. Seine rechtskräftigen Verurteilungen wegen Diebstahls und Sachbeschädigung erfüllten als mehr als einmalige rechtskräftige Verurteilungen durch inländische Gerichte wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen (gegen fremdes Vermögen) den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG. Seine rechtskräftigen Bestrafungen gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 leg.cit. erfüllten den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG.

Ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege vor. Dieser Eingriff mache das Aufenthaltsverbot im Grund des § 37 Abs. 1 FrG aber nicht unzulässig. Seine sich in seinem Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, mache das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte anderer (z.B. Vermögen) im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK dringend geboten. "Vgl. die persönliche niederschriftliche Androhung der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 21.02.1997" und die danach erfolgende schwere (Verwaltungs-) Straftat des Beschwerdeführers vom 15. November 1997.

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet wögen schwer. Diesbezüglich sei auf den erlaubten Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 30. Oktober 1988 und seine dementsprechend gute Integration und die korrespondierende Desintegration in der Türkei hinzuweisen, weiters darauf, dass seine gesamte Familie - gut integriert - in Österreich lebe. Der Beschwerdeführer arbeite im Bundesgebiet erlaubt als Hilfsarbeiter, derzeit bei einem näher genannten Unternehmen in Kirchbichl, er habe im Bundesgebiet eine intensive "privat/familiäre" Bindung zu einer Lebensgefährtin, einer Österreicherin, mit der er ein gemeinsames, 1997 geborenes Kind habe, die derzeit in Karenz sei und sich ausschließlich um die Pflege und Erziehung des Kindes sowie um den Haushalt kümmere, und mit denen der Beschwerdeführer in Kirchbichl in einem gemeinsamen Haushalt lebe und für deren Unterhalt er "zum allergrößten Teil" aufkomme. Im Hinblick auf sein Gesamtfehlverhalten und die daraus hervorleuchtende Gefährlichkeit seiner Person für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit wögen diese Interessen aber höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weshalb die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Der Schutz der Rechte anderer (z.B. auf Vermögen), und dass am öffentlichen Straßenverkehr nicht alkoholisierte Kraftfahrzeuglenker teilnehmen, habe einen großen öffentlichen Stellenwert, großes "öffentliches Gewicht".

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, das Verstreichen von fünf Jahren vonnöten sei.

Allfällige erstinstanzliche Verfahrensmängel seien durch die Berufungsmöglichkeit, von der der Beschwerdeführer Gebrauch gemacht habe, und den Berufungsbescheid saniert. Davon, dass das Aufenthaltsverbot ein schwerer Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei, gehe die Sicherheitsdirektion für Tirol ohnehin aus. Auf die Befragung seiner Lebensgefährtin werde daher wegen Unnotwendigkeit verzichtet. Die Behörde übe "das freie Ermessen" des § 36 Abs. 1 FrG nach den Wertungen der §§ 36 Abs. 2, 37 und 38 FrG und damit im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK sehr wohl gesetzeskonform aus. Ein Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund gemäß § 38 FrG (iVm § 35 leg. cit.) komme im Fall des Beschwerdeführers nicht zum Tragen. Er sei nicht "von klein auf im Inland aufgewachsen, da er erst 1988, als 14- jähriger nach Österreich gekommen sei, und er habe auch nicht die Hälfte seines Lebens im Bundesgebiet verbracht (§ 38 Abs. 2 FrG). Vor Verwirklichung des (für die Erlassung des Aufenthaltsverbots) maßgeblichen Sachverhalts hätte dem Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes nicht verliehen werden dürfen, weil er die 10-Jahres-Frist des § 10 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nicht erfülle (diesbezüglich sei auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers erst seit 1988 und seine für das Aufenthaltsverbot maßgeblichen Straftaten 1994, 1996 und 1997 hinzuweisen). § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG iVm § 35 Abs. 2 FrG komme dem Beschwerdeführer nicht zugute, (selbst) wenn man davon ausgehe, dass er vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts bereits acht Jahre ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen gewesen sei, weil der Beschwerdeführer von einem inländischen Gericht rechtskräftig verurteilt worden sei und sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Für ein "Wirksamwerden" des § 35 Abs. 3 FrG fehle dem Beschwerdeführer die dort genannte 10-Jahres-Frist. § 38 Abs. 1 FrG komme nicht zum Tragen, weil das Aufenthaltsverbot nicht wegen "Schwarzarbeit" erlassen werde. Der "Beschluß 1/80 des Assoziationsrates EG-Türkei und das 'Bleiberecht' türkischer Staatsbürger des § 30 Abs. 3 FrG" verbiete nicht, türkische Staatsbürger bei Vorliegen der Voraussetzungen mit einem Aufenthaltsverbot zu belegen. Die Zeit seines Wohlverhaltens seit 1997, seit seiner letzten schweren Verwaltungsstraftat bzw. seit der Geburt seiner Tochter sei zu kurz, um dem Beschwerdeführer jetzt schon eine dauerhafte positive Änderung seiner Einstellung zur Rechtsordnung attestieren zu können. Dass dem Beschwerdeführer der Führerschein "für einen langen Zeitraum entzogen" worden sei, ändere nichts an seiner Gefährlichkeit für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Auf die Interessenabwägung gemäß § 37 FrG werde hingewiesen. Davon, dass das Aufenthaltsverbot ein schwerer Eingriff in sein Privat- und Familienleben sei, gehe die belangte Behörde ohnehin aus. Die "österreichische Öffentlichkeit" habe durch den Nicht-Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sehr wohl "einen Gewinn an Sicherheit", wie unschwer aus dem Vorleben des Beschwerdeführers geschlossen werden könne. Daraus, dass der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre, aber noch nicht zehn Jahre ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen gewesen sei, könne der Beschwerdeführer im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG nichts gewinnen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Vorlage einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleiben die im bekämpften Bescheid zu den verwaltungsbehördlich und gerichtlich strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers getroffenen Feststellungen (vgl. oben I.1.) unbestritten. Die rechtskräftigen Verurteilungen wegen Diebstahls (Strafverfügung vom 19. Oktober 1994) und wegen Sachbeschädigung (Urteil vom 3. März 1997) - diese strafbaren Handlungen beruhen auf der gleichen schädlichen Neigung (vgl. dazu OGH vom 7. Juni 2000, 13 Os 59/00, mwN) - wurden von der belangten Behörde zutreffend dem Tatbestand des §  36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG subsumiert. Der Beschwerdeführer hat zweimal, und zwar am 29. September 1996 und am 15. November 1997, entgegen dem Verbot des § 5 Abs. 1 StVO 1960 ein Fahrzeug in einem alkoholisierten Zustand gelenkt. Bei diesen Übertretungen handelt es sich im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende große Gefahr für die Allgemeinheit um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von großem Gewicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/18/0264). In Ansehung der beiden diesbezüglichen rechtskräftigen Bestrafungen hat die Behörde in unbedenklicher Weise die Auffassung vertreten, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt ist.

Wenn die Behörde in Ansehung des den rechtskräftigen Bestrafungen und Verurteilungen zugrunde liegenden Fehlverhaltes die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt hielt, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal der seit dem letzten Fehlverhalten im November 1997 verstrichene Zeitraum zu kurz ist, um eine maßgebliche Minderung oder gar einen Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer lege "seit nunmehr fast eineinhalb Jahren ein verantwortungsbewusstes Verhalten an den Tag", ist entgegenzuhalten, dass dieser nur sieben Monate vor Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes sein letztes - gegen das Verbot des § 5 Abs. 1 StVO 1960 gerichtetes - Fehlverhalten gesetzt hat.

2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG. Er befinde sich seit nunmehr fast zehn Jahren in Österreich, wo auch seine gesamte Familie "als Gastarbeiter" voll integriert lebe. Alle arbeitsfähigen Mitglieder der Familie seien berufstätig, der Beschwerdeführer gehöre dem regulären Arbeitsmarkt an. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer in Österreich eine familienähnliche Lebensgemeinschaft gegründet, er sei Vater einer Tochter und für das wirtschaftliche Wohl seiner Familie verantwortlich. Der Beschwerdeführer habe zwar in der Vergangenheit mehrere Gesetzesübertretungen begangen, seit der Geburt seiner Tochter sei er sich aber seiner Verantwortung als Familienvater voll bewusst. Alle Gesetzesübertretungen stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Der Beschwerdeführer verfüge nunmehr für einen längeren Zeitraum über keine Lenkerberechtigung, weshalb davon auszugehen sei, dass er keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit mehr darstelle. Er nutze den Zeitraum des Führerscheinentzugs als Nachdenkphase über sein bisheriges Verhalten, er habe seine innere Einstellung zur Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen völlig geändert. Bei gesetzeskonformer Abwägung zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an seiner Außerlandesschaffung und dem Interesse des Beschwerdeführers und seiner Familie an seinem weiteren Verbleib in Österreich sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die "österreichische Öffentlichkeit" habe durch diese Maßnahme keinen Gewinn an Sicherheit, der Beschwerdeführer hingegen werde durch die Maßnahme "völlig entwurzelt". Durch diese Maßnahme würde auch seine Familie zerstört werden, seine Tochter wäre gezwungen, ohne ihren Vater aufzuwachsen. Wäre der Beschwerdeführer seit mehr als zehn Jahren in Österreich, wäre die Erlassung des Aufenthaltsverbotes schon nach den ausdrücklichen Buchstaben des Gesetzes rechtswidrig; dies müsse bei der vorliegenden Interessenlage jedenfalls auch für den Beschwerdeführer mit seinem mehr als neunjährigen Aufenthalt in Österreich gelten.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. In Anbetracht seiner privaten und familiären Interessen hat die belangte Behörde zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend hat sie aber die Auffassung vertreten, dass die Verhängung dieses Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, hat doch der Beschwerdeführer durch sein mehrfaches Fehlverhalten in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen - jene der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen und des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer - maßgeblich beeinträchtigt. Durch sein wiederholtes Fehlverhalten hat der Beschwerdeführer auch die für seine Integration bedeutsame soziale Komponente maßgeblich gemindert, wobei er zudem trotz der Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes am 21. Februar 1997 im Fall eines weiteren Fehlverhaltens am 15. November 1997 das besagte gravierende, die Verkehrssicherheit besonders beeinträchtigende Fehlverhalten auf dem Gebiet des Straßenverkehrs setzte. Dem Vorbringen, es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer infolge des Entzugs seiner Lenkerberechtigung für einen längeren Zeitraum - den er als Nachdenkphase für sein zukünftiges Verhalten nutze - keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit mehr darstellen könne, ist entgegenzuhalten, dass durch den Entzug der Lenkerberechtigung nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer - dem, wie unter I.1. ausgeführt, bereits ein mehrmaliger Verstoß gegen die StVO 1960, insbesondere eine zweimalige Übertretung des in § 5 Abs. 1 leg. cit. enthaltenen Verbots, zur Last liegt - neuerlich ein die Verkehrssicherheit gefährdendes Fehlverhalten setzt.

Mit seinem erkennbar mit Blick auf die nach § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 Abs. 3 FrG und gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG iVm § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 maßgebliche Aufenthaltsdauer von zehn Jahren erstatteten Vorbringen, er befinde sich schon seit mehr als neun Jahren in Österreich, macht der Beschwerdeführer keinen Umstand geltend, der angesichts des maßgebliche öffentliche Interessen erheblich beeinträchtigende verpönten Verhaltens des Beschwerdeführers seine Aufenthaltsbeendigung nicht dringend geboten erscheinen ließe. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten für seine Tochter nachteiligen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes müssen aus dem dargestellten großen öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht höher als das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wertete (§ 37 Abs. 2 FrG).

3. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Mai 2001

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998180238.X00

Im RIS seit

23.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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