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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AlVG 1977 §36a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des MG in R, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin Luther Straße 154, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 9. August 2000, Zl. LGS 600/ALV/1218/2000-He/Kö, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe (für den Zeitraum 30. April 1997 bis 23. Dezember 1998), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Bezug der Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer vom 30. April 1997 bis 23. Dezember 1998 "widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und "gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG" den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von S 136.793,-- verpflichtet.
Der Beschwerdeführer habe in seinen Anträgen auf Zuerkennung der Notstandshilfe vom 29. April 1997 sowie vom 28. April 1998 u. a. bekannt gegeben, dass er über kein eigenes Einkommen verfüge; ihm sei daraufhin die Notstandshilfe gewährt worden.
Im Mai 2000 sei dem Arbeitsmarktservice Liezen bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer 1997 und 1998 neben der Notstandshilfe noch Einkommen aus anderen Einkunftsquellen erzielt habe. Der Beschwerdeführer habe hiezu ausgeführt, dass er bei einer näher genannten GmbH & Co KG Kommanditist gewesen sei und keine Tätigkeiten ausgeübt habe; bei den ihm durch die Einkommensteuerbescheide für 1997 und 1998 zugerechneten Einkünften aus Gewerbebetrieb habe es sich um die Auflösung von steuerrechtlichen Bewertungsreserven gehandelt. Die Gewinne seien schon in den Vorjahren ausbezahlt, die Versteuerung aber auf 1997 und 1998 verschoben worden, ebenso wie in diesen beiden Jahren Teile der Bewertungsreserve aufgelöst worden wären. Es seien dem Beschwerdeführer keine Gelder zugeflossen.
Rechtlich ging die belangte Behörde davon aus, dass das Einkommen des Beschwerdeführers aus seiner Beteiligung an der näher bezeichneten GmbH & Co KG als eigenes Einkommen auf die Notstandshilfe anzurechnen sei; für die Einkommensermittlung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen sei der Einkommensteuerbescheid für das betreffende Kalenderjahr maßgebend. Demzufolge sei Ausgangspunkt für die Berechnung des Nettoeinkommens das im Steuerbescheid angeführte Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG. Von diesem Betrag sei im Fall des Beschwerdeführers "nur mehr" die vom Finanzamt errechnete Einkommensteuer abzuziehen. Daraus ergebe sich dann das für die Beurteilung der Notlage maßgebende Nettoeinkommen, welches auf ein monatliches Einkommen entsprechend umzurechnen sei. Im Fall des Beschwerdeführers ergebe sich für 1997 ein Nettoeinkommen in der Höhe von S 48.770,-- und für 1998 ein solches in der Höhe von S 137.841,33; dem entspreche ein monatliches Nettoeinkommen für 1997 von S 4.064,17 und für 1998 von S 11.486,78. Der Beschwerdeführer habe auf Grund seiner Anträge 277 bzw. 326 Tage Notstandshilfe in der Höhe von je S 306,-- bezogen, sodass sich - unter Berücksichtigung eines dem Beschwerdeführer zustehenden Betrages - der Rückforderungsbetrag von insgesamt S 136.763,-- ergebe.
§ 25 Abs. 1 AlVG sehe eine Rückforderung auch dann vor, wenn sich auf Grund eines nachträglich vorgelegten Steuerbescheides herausstelle, dass die Leistung nicht in dem zuerkannten Umfang gebühre; der Rückforderungstatbestand sei somit auch ohne Verschulden des Leistungsempfängers gegeben.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er erachtet sich in seinen Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde das Einkommen des Beschwerdeführers aus seiner Beteiligung an der näher genannten GmbH & Co KG als eigenes Einkommen auf die Notstandshilfe angerechnet habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall die Frage, ob die steuerrechtlich in den Einkommensteuerbescheiden des Beschwerdeführers für die Jahre 1997 und 1998 angerechneten Einkünfte aus seiner Beteiligung als Kommanditist an der näher erwähnten GmbH & Co KG als Einkommen den Bezug der Notstandshilfe insoweit ausschließen oder nicht.
Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609/1977, in den hier anzuwendenden Fassungen BGBl. Nr. 417/1996, BGBl. I Nr. 47/1997 und BGBl. I Nr. 148/1998 regelt in § 36a, wie bei der Feststellung des Einkommens (u.a.) für die Anrechnung auf die Notstandshilfe vorzugehen ist (Abs. 1 leg. cit.). Nach Abs. 3 Z. 2 leg. cit. sind demnach dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 (u.a.) Beträge nach den §§ 10, 12 und 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden.
Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, wenn der Gesetzgeber vorsehe, dass dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 die Beträge hinzuzurechnen seien, die insbesondere nach den §§ 10 und 12 EStG 1988 abgezogen wurden, so liege der "objektive Sinngehalt" darin, dass steuerliche Einkommen um jene Aufwandspositionen zu korrigieren seien, denen tatsächlich ein konkreter Aufwand nicht gegenüberstehe und auf diese Art und Weise das "tatsächliche wirtschaftliche Einkommen" zu ermitteln sei. Unter diesem "tatsächlichen wirtschaftlichen Einkommen" versteht der Beschwerdeführer einen Geldmittelzufluss an ihn persönlich.
Damit verkennt die Beschwerde jedoch den Einkommensbegriff des Arbeitslosenversicherungsgesetzes:
Wie sich insbesondere aus der oben zitierten Vorschrift des § 36a AlVG ergibt, war im für den Beschwerdefall maßgeblichen Zeitraum das Einkommen bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (1988) zu ermitteln. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer als Gesellschafter tatsächlich Entnahmen getätigt hat oder nicht, wesentlich ist ausschließlich, dass ihm Einkünfte im festgestellten - unbestrittenen - Ausmaß steuerlich zugerechnet wurden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, Zl. 96/08/0278).
Der Beschwerdeführer bringt vor dem Gerichtshof selbst vor, dass die GmbH & Co KG in den Jahren 1993 und 1994 Anlagegüter verkauft und daraus einen steuerpflichtigen Erlös erzielt habe; in diesen Jahren sei von der Möglichkeit des § 12 EStG 1988 Gebrauch gemacht und in gleicher Höhe eine "Rücklage bzw. Bewertungsreserve" dotiert worden. Ein Geldmittelzufluss aus den Verkäufen der Anlagegüter sei zur Gänze in den Jahren 1993 und 1994 erfolgt. Bei der Erstellung der Bilanz für die Jahre 1997 und 1998 sei vom Wahlrecht Gebrauch gemacht worden, die in den Vorjahren dotierte Bewertungsreserve aufzulösen; es handle sich dabei um eine Nachversteuerung von Beträgen, die in den Jahren davor zugeflossen seien. Im Jahr 1997 sei eine Bewertungsreserve in der Höhe von S 397.868,-- und im Jahr 1998 eine solche in der Höhe von S 442.132,-- aufgelöst worden, wobei auf Grund des Gesellschaftsvertrages 95 % des Gewinnes dem Beschwerdeführer als Kommanditist zugewiesen worden seien, sodass diese Auflösung der Bewertungsreserve im Jahr 1997 eine Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers in Höhe von S 377.974,-- und im Jahr 1998 eine Erhöhung von S 401.025,-- mit sich gebracht habe. Der Beschwerdeführer erkennt selbst, dass damit nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes eine Anrechnung auf die Notstandshilfe im Sinne des § 36a AlVG vorzunehmen ist. Dass aber die Anrechnung im Sinne der erwähnten Bestimmung für den Zeitraum erfolgen muss, in dem dies auch steuerrechtlich erfolgt, ergibt sich schon aus § 36a Abs. 2 erster Halbsatz leg. cit., wonach Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist.
Dem Beschwerdeführer ist allerdings zuzugeben, dass § 36a Abs. 3 AlVG die notstandshilferechtliche Anrechnung von Rücklagen im Sinne des § 12 EStG 1988 bereits für den Zeitraum ihrer Bildung anordnet und keine ausdrückliche Regelung für den Fall vorsieht, dass eine solche Anrechnung bereits erfolgt ist und sich diese Rücklage in einem darauf folgenden Kalenderjahr (oder Wirtschaftsjahr) aus Anlass ihrer Auflösung neuerlich auf das steuerliche Ergebnis auswirkt. Ob und auf welche Weise in einem solchen Fall eine auch verfassungsrechtlich bedenkliche "Doppelanrechnung" vermieden werden könnte, kann im Beschwerdefall auf sich beruhen, weil der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung nicht im Bezug von Notstandshilfe gestanden ist und daher eine Doppelanrechnung nicht vorliegt.
Die belangte Behörde hat - nach dem Vorgesagten zu Recht - die Einkünfte des Beschwerdeführers als Gesellschafter (Kommanditist) auf die Notstandshilfe angerechnet.
Aber auch die Rückforderung erfolgte - soweit dies innerhalb des geltend gemachten Beschwerdepunktes vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfen war - zu Recht. Nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, war nämlich der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich auf Grund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheides ergab, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Diese Bestimmung wurde zwar mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1998, G 59/98-6, als verfassungswidrig aufgehoben (Kundmachung durch BGBl. I Nr. 172/1998 mit Datum 19. November 1998), doch bildete der Beschwerdefall keinen Anlassfall. Überdies war ab 1. Oktober 1998 bereits § 25 Abs. 1 AlVG dritter (vorletzter) Satz in der Fassung durch Art. I Z. 14 des Gesetzes BGBl. I Nr. 148/1998 in Kraft (vgl. Art. I Z. 46 leg. cit.). Auch danach ist der Empfänger einer Leistung nach dem AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus Eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht sich auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Mai 2001
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000020250.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
04.08.2009