Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 10. April 2000, Zl. 204.039/14-IX/26/00, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit (mitbeteiligte Partei: HK, geboren am 28. März 1963, in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Am 15. Juni 1998 reiste die mitbeteiligte Partei nach Österreich ein und stellte am 16. Juni 1998 einen Asylantrag. Die mitbeteiligte Partei behauptete im Verwaltungsverfahren, jugoslawischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo zu sein und der albanischen Volksgruppe anzugehören.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. Juni 1998 wurde der Asylantrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen, weil für die mitbeteiligte Partei die Möglichkeit bestünde, in Ungarn Schutz zu finden.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates (der belangten Behörde) vom 5. August 1998 abgewiesen.
Am 10. August 1999 teilte die Bundespolizeidirektion Wien der belangten Behörde gemäß § 57 Abs. 7 Fremdengesetz 1997 mit, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der mitbeteiligten Partei nicht durchgeführt werden könne. Die Mitteilung wurde am 11. August 1999 dem Bundesasylamt weitergeleitet.
Der erwähnte Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. August 1998 wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/01/0233, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Ebenfalls vom 22. Dezember 1999 stammt ein Bescheid des Bundesasylamtes, womit der Asylantrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die BR Jugoslawien, Provinz Kosovo, zulässig ist.
Am 10. April 2000 stellte der unabhängige Bundesasylsenat das nach der Aufhebung durch das erwähnte hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999 wieder offene Berufungsverfahren nach § 4 AsylG mit Aktenvermerk ein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. April 2000 wurde die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Dezember 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass auf Grund der Gestaltungswirkung des aufhebenden hg. Erkenntnisses vom 22. Dezember 1999 auch der auf Grundlage des § 7 AsylG erlassene Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Dezember 1999 beseitigt worden sei, weil ein unlösbarer rechtlicher Zusammenhang jedenfalls schon darin bestehe, dass sowohl dem Bescheid nach § 4 AsylG als auch demjenigen nach § 7 leg. cit. ein- und derselbe Asylantrag zu Grunde liege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, gemäß § 38 Abs. 5 AsylG erhobene Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres. Der beschwerdeführende Bundesminister verneint im Ergebnis die von der belangten Behörde gesehene Wirkung des erwähnten hg. Erkenntnisses vom 22. Dezember 1999, sieht den von der belangten Behörde "konstruierten" unlösbaren rechtlichen Zusammenhang als nicht gegeben und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 5 AsylG tritt der Bescheid, mit dem der Asylantrag eines Fremden zurückgewiesen wurde, mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG außer Kraft, wenn Fremde, deren Asylantrag nach § 4 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht in einen sicheren Drittstaat zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden können. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG von Neuem zu laufen; ein anhängiges Berufungsverfahren ist als gegenstandslos einzustellen.
Wird vom Asylwerber gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid nach § 4 AsylG über die Zurückweisung seines Asylantrages Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und langt später die Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG bei der Asylbehörde ein, so betrachtet der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde in der Regel als gegenstandslos und stellt das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG ein (vgl. für viele den hg. Beschluss vom 11. Oktober 2000, Zl. 2000/01/0031).
Entscheidet der Verwaltungsgerichtshof jedoch trotz Vorliegens einer bei den Asylbehörden nach Beschwerdeerhebung eingelangten Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG in der Sache und hebt er den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit auf (etwa, wenn dem Verwaltungsgerichtshof das Einlangen der Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG bei den Asylbehörden nicht bekannt ist), dann führt dies dazu, dass der zufolge der ex nunc Wirkung der Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG mit dem Einlangen der Mitteilung beim Bundesasylamt außer Kraft getretene Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates auf den Tag seiner Erlassung rückwirkend vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wird und damit das Berufungsverfahren wieder offen ist. Die rückwirkende Kraft des aufhebenden Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses bewirkt demnach, dass die Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG dann den wiederauflebenden Bescheid des Bundesasylamtes außer Kraft setzt und das nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wieder offene Berufungsverfahren als gegenstandslos einzustellen ist.
In Bezug auf den Zeitraum ab dem Außerkrafttreten des Berufungsbescheides durch die Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG tritt durch das verwaltungsgerichtliche Erkenntnis in einem solchen Fall hingegen keine Änderung ein, durch die eine an das Außerkrafttreten des Berufungsbescheides anknüpfende meritorische Erledigung des Asylantrages ihre rechtliche Grundlage verlieren und als Folge des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses aus dem Rechtsbestand ausscheiden würde. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme der belangten Behörde beruht vielmehr, wie der Beschwerdeführer richtig aufzeigt, auf der verfehlten Gleichsetzung des rechtlichen Schicksales von Bescheiden, die auf dem Bestand des aufgehobenen Bescheides beruhen, mit dem Schicksal solcher, die ihre Grundlage in seinem (der rückwirkenden Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof schon vorausgegangenen) Außerkrafttreten haben.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 22. Mai 2001
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000010175.X00Im RIS seit
02.08.2001