TE Vwgh Beschluss 2001/5/22 2001/01/0004

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Veröffentlicht am 22.05.2001
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Index

L03001 Landtagswahl Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art26;
B-VG Art95;
LWO Bgld 1995 §24 Abs3;
LWO Bgld 1995 §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des JR in R, vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in 7540 Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid der Bezirkswahlbehörde Oberwart vom 20. November 2000, Zl. II-L-19/20/1-2000, betreffend Nichtaufnahme in das Wählerverzeichnis, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeausführungen zufolge habe der Beschwerdeführer unter anderem Frau E.T. mit Einspruch gegen das Wählerverzeichnis in das Wählerverzeichnis der Gemeinde Riedlingsdorf, Burgenland, "hineinreklamiert". Mit Bescheid der Gemeindewahlbehörde Riedlingsdorf vom 3. November 2000, Zl. LTW-E-2/2000, sei die Eintragung der Betroffenen in das Wählerverzeichnis abgelehnt worden. Gegen den ablehnenden Bescheid habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben, welcher eine von der Betroffenen verfasste Darstellung ihrer Lebensverhältnisse beigelegt gewesen wäre.

Mit dem nunmehr angefochtenen, seinem Wortlaut zufolge "über die Berufung der Frau E.T. ... gegen den Bescheid ... vom 3.11.2000, Zl. LTW-2a-2000" ergangenen Bescheid wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid begründet die Auffassung der belangten Behörde, dass Frau E.T. nicht in das Wählerverzeichnis der Gemeinde Riedlingsdorf einzutragen sei, ohne Bezugnahme auf ein Einschreiten des (in der Zustellverfügung freilich neben E.T. aufscheinenden) Beschwerdeführers damit, dass Frau E.T. keinen Hauptwohnsitz in Riedlingsdorf habe und zumindest drei der in § 24 Abs. 3 der Burgenländischen Landtagswahlordnung 1995, LBGl. Nr. 4/1996, - Bgld. LTWO - angeführten, in der Bescheidbegründung wiedergegebenen Kriterien (gemeint offenbar: für die Begründung eines Wohnsitzes) nicht vorlägen.

Der Beschwerdeführer stützt seine Beschwerde darauf, dass Frau E.T. in der Gemeinde Riedlingsdorf einen Wohnsitz habe.

Als Beschwerdepunkt macht der Beschwerdeführer in Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages geltend, er sei in seinem in § 27 Abs. 1 Bgld. LTWO begründeten Recht auf gesetzmäßige Anwendung der Bestimmung des § 24 Abs. 3 leg. cit. verletzt.

§ 24 Abs. 3 Bgld. LTWO lautet:

"(3) Liegt ein Hauptwohnsitz im Burgenland nicht vor, so ist der Wohnsitz einer Person im Sinne dieses Gesetzes auch an dem Ort begründet, an dem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diesen zu einem Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen, beruflichen, familiären oder gesellschaftlichen Lebensverhältnisse zu machen, wobei zumindest zwei dieser Kriterien erfüllt sein müssen. Dabei genügt es, dass der Ort nur bis auf weiteres zu diesem Mittelpunkt frei gewählt worden ist."

§ 27 Abs. 1 Bgld. LTWO lautet:

"(1) Innerhalb der Einsichtsfrist (§ 25 Abs.1) kann jeder Staatsbürger, der entweder im Wählerverzeichnis eingetragen ist oder für sich das Wahlrecht in der Gemeinde in Anspruch nimmt, unter Angabe seines Namens und der Wohnadresse gegen das Wählerverzeichnis wegen Aufnahme vermeintlich Nichtwahlberechtigter oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter mündlich oder schriftlich Einspruch erheben."

Im Beschwerdefall kann es dahingestellt bleiben, ob der angefochtene Bescheid tatsächlich über eine vom Beschwerdeführer erhobene Berufung erging und ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt sein kann, weil - auch für den Fall, dass dies zu bejahen ist - die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls nicht gegeben ist.

Gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, der Verfassungsgerichtshof. Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, sind gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Die rechtswidrige Nichteintragung eines Wahlberechtigten in das Wählerverzeichnis für eine Landtagswahl oder seine rechtswidrige Streichung aus dem Wählerverzeichnis verletzt den Betroffenen nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in dem durch Art. 95 i.V.m. Art. 26 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Wahlrecht zum Landtag. Dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht wird auch verletzt, wenn das zur Nichteintragung bzw. Streichung führende Verfahren wesentliche Mängel aufweist (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 18. Juni 1980, VfSlg. 8845, vom 27. Februar 1989, VfSlg. 11.962, vom 12. Juni 1989, VfSlg. 12.039, und vom 1. Dezember 1998, VfSlg. 15.339, jeweils unter Hinweis auf Vorjudikatur zur rechtswidrigen Nichteintragung in Wählerverzeichnisse für Gemeinderatswahlen). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zur Entscheidung über Beschwerden gegen derartige Beeinträchtigungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Wahlrechte - unter Verneinung eines "selbständigen Charakters" des Rechtes auf Eintragung in das Wählerverzeichnis - wiederholt für unzuständig erklärt (vgl. die hg. Beschlüsse vom 2. Februar 1950, Slg. Nr. 1222/A, vom 18. September 1950, Slg. Nr. 1628/A, vom 9. April 1980, Zl. 721/80, vom 11. Juni 1986, Slg. Nr. 12.169/A, vom 4. Oktober 1989, Slg. Nr. 13.022/A, und vom 23. Mai 1990, Zl. 90/01/0069; hinsichtlich des Wahlrechtes zum Landtag den Beschluss vom 14. Dezember 1983, Zl. 83/01/0461; allgemein zu diesem Fragenkreis die Judikaturübersicht bei Neisser/Handstanger/Schick, Das Bundeswahlrecht2 (1994), 267 f).

Im vorliegenden Fall erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Nichtaufnahme einer anderen Person in das Wählerverzeichnis beschwert (vgl. zu einem Fall dieser Art das Erkenntnis des Reichsgerichtes vom 19. Oktober 1901, Slg. Nr. 1097, und dazu Kelsen, Kommentar zur österreichischen Reichsratswahlordnung (1907), 79; für die Anrufbarkeit des Reichsgerichtes in derartigen Fällen offenbar auch Tezner, Die Volksvertretung (1912), 606). Auch ein subjektives Recht des Beschwerdeführers, das hiedurch verletzt sein könnte, müsste nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des Beschlusses vom 2. Februar 1950, Slg. Nr. 1222/A, und der daran anknüpfenden Rechtsprechung als "Abspaltung aus dem Wahlrecht" - hier: dem Wahlrecht zum Landtag - verstanden werden. Zur Entscheidung darüber erscheint daher ausschließlich der Verfassungsgerichtshof berufen.

Die Beschwerde war somit durch den gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2001

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001010004.X00

Im RIS seit

23.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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