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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des WK in L in Deutschland, vertreten durch Dr. JH, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 21. Februar 2001, Zl. UVS-33/10014/2-2001, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG i.V.m. § 24 VStG (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Strafverfügung vom 11. August 1998 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 12 Abs. 1 Z. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- verhängt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer (Aufgabe zur Post am 11. September 1998) durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Einspruch und es wurde in der Folge das ordentliche Verfahren eingeleitet.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 15. Dezember 2000 wurde der Einspruch gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass die Strafverfügung mit internationalem Rückscheinbrief dem Beschwerdeführer am 25. August 1998 zugestellt worden und die Einspruchsfrist daher mit Ende des 8. September 1998 abgelaufen sei. Der Einspruch sei jedoch erst am 11. September 1998 der Post zur Beförderung übergeben worden.
In der Folge erhob der Beschwerdeführer einen Wiedereinsetzungsantrag, den er damit begründete, dass die Übermittlung des Schadensaktes des Beschwerdeführers von der von ihm befassten Rechtsschutzversicherung in Bielefeld an die Rechtsschutzversicherung in Wien so lange Zeit in Anspruch genommen habe, dass diese Unterlagen erst nach Ablauf der Einspruchsfrist in Wien eingelangt seien, was für ihn ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG darstelle. Der Beschwerdeführer habe tatsächlich keinesfalls damit rechnen können, dass seine Rechtsschutzversicherung eine Bearbeitung seines Schadensaktes nicht in einer Art und Weise durchführen würde, die eine rechtzeitige Einspruchserhebung ermöglicht hätte. Vielmehr habe er davon ausgehen können und müssen, dass seine Rechtsschutzversicherung selbstverständlich dafür Sorge tragen würde, dass der Akt auf eine solche Weise bearbeitet bzw. weitergeleitet würde, die eine rechtzeitige Einspruchserhebung "vor Ort" gewährleiste. Dass dies nicht der Fall gewesen sei, sei in keiner Weise seiner Sphäre zuzurechnen. Vielmehr habe er durch telefonische Meldung des Schadensfalles an seine Rechtsschutzversicherung, sein Ersuchen um Beauftragung eines Rechtsanwaltes "vor Ort" und den Antrag auf Kostendeckung am 27. August 1998 sowie die unverzügliche Rücksendung des Fragebogens seiner Rechtsschutzversicherung nach Erhalt dieses am 2. September 1998 den Sorgfaltspflichten eines Durchschnittsmenschen entsprochen. Dies gelte auch für den Fall, dass die verzögerte Weiterleitung der Unterlagen nicht durch die Rechtsschutzversicherung Bielefeld, sondern, was ebenfalls denkbar wäre, durch die deutsche Bundespost, verursacht worden sei. Den Beschwerdeführer treffe an der Versäumung kein wie immer geartetes Verschulden, ja nicht einmal ein minderer Grad des Versehens.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 23. Jänner 2001 wurde der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe abgeändert, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG i.V.m. § 24 VStG als unbegründet abgewiesen wurde. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, die Versäumung der Rechtsmittelfrist sei damit erklärt worden, dass der Beschwerdeführer zwar unmittelbar nach Zustellung der Strafverfügung bei der Rechtsschutzversicherung in Bielefeld einen Antrag auf Wahrnehmung seiner Rechte gestellt habe (Zustellung der Strafverfügung am 25. August 1998, Übermittlung der Schadensanzeige am 27. August 1998), diese habe jedoch aus nunmehr nicht mehr nachvollziehbaren Gründen den Vorgang erst am 11. September 1998 an die Rechtsschutzvertretung in Österreich weitergeleitet, sodass der noch am selben Tag erhobene Einspruch nicht mehr rechtzeitig eingebracht worden sei. Im Hinblick auf den langen Zeitraum seit dem Vorgang (der Zurückweisungsbescheid sei erst am 15. Dezember 2000 erlassen worden) hätten die Gründe für die Verzögerung nicht mehr rekonstruiert werden können. Dazu vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass Kommunikationsprobleme zwischen einer Partei und ihrem Vertreter, die zu einer Fristversäumnis führten, grundsätzlich geeignet seien, als Umstand anerkannt zu werden, der als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG zu werten sei. Gleiches gelte für eine verzögerte Erledigung des Vorganges durch die Rechtschutzversicherung. Allerdings sei das Verschulden eines Vertreters dem der Partei gleichzuhalten. Die Partei, gegebenenfalls der Vertreter, habe durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein Rechtsmittel innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werde. Im konkreten Zusammenhang seien keinerlei Umstände vorgebracht worden, die die Fristversäumnis (d.h. die verzögerte Übermittlung des Rechtsmittels) verursacht hätten. Ebenso wenig habe der Beschwerdeführer Maßnahmen behauptet, die sicherstellen sollten, dass seine Rechtsschutzversicherung den Einspruch rechtzeitig einbringe bzw. einbringen lasse. Die Partei habe nämlich gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG Umstände glaubhaft zu machen, dass sie an der Verfristung kein oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe. Mangels eines entsprechenden Vorbringens sei davon auszugehen, dass die Verfristung von der Partei bzw. ihren Vertretern grob fahrlässig verursacht worden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei somit als unbegründet abzuweisen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 VStG ist § 71 AVG betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden. Gemäß dieser Bestimmung (Abs. 1 Z. 1) ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass kein Verschulden seinerseits oder seines Vertreters vorliege. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der ihm zumutbaren Möglichkeiten geeignete Maßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass das Rechtsmittel innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werde. Er habe den Fragebogen seiner Rechtsschutzversicherung unverzüglich zurückgesandt. Der Beschwerdeführer habe keinesfalls damit rechnen können, dass die Bearbeitung des Schadensaktes durch die Rechtsschutzversicherung in einer Weise erfolge, dass keine rechtzeitige Einspruchserhebung möglich sei.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Zutreffend hat die belangte Behörde festgestellt, dass Kommunikationsprobleme zwischen einer Partei und ihrem Rechtsvertreter bzw. eine verzögerte Erledigung durch die Rechtsschutzversicherung grundsätzlich als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne der angeführten Bestimmung angesehen werden kann. Zutreffend verweist die belangte Behörde aber auch darauf, dass das Verschulden eines Vertreters dem der Partei gleichzuhalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1990, Zl. 90/10/0062). Die Partei bzw. der Vertreter hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein Rechtsmittel innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wird. Die vom Beschwerdeführer herangezogene Rechtsschutzversicherung handelte als Vertreter des Beschwerdeführers. Es wurden vom Beschwerdeführer keine Umstände dargetan, warum der Auftrag zur Vertretung durch einen österreichischen Rechtsanwalt von der Rechtsschutzversicherung in Bielefeld so weitergeleitet wurde, dass die Unterlagen erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bei der Rechtsschutzversicherung in Wien einlangten. Es wird auch nicht dargelegt, dass der Beschwerdeführer gegenüber der in Deutschland beauftragten Rechtsschutzversicherung bzw. seine ihn vertretende Rechtsschutzversicherung entsprechende Maßnahmen gesetzt hätte, die die Einhaltung der zweiwöchigen Einspruchsfrist gesichert hätten. Sofern die Verzögerung auf dem Postweg passiert sein sollte, ist es der deutschen Rechtsschutzversicherung als den Grad eines minderen Versehens übersteigendes Verschulden zur Last zu legen, wenn die Einspruchsfrist deswegen versäumt wurde, weil der Auftrag zur Einbringung eines Einspruches schriftlich (normaler Postweg) weitergeleitet wurde, obwohl eine Übermittlung mittels Telefax (wie sie letztendlich auch erfolgte) an die Rechtsschutzversicherung in Österreich möglich gewesen wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0167). In gleicher Weise ist es aber dem Beschwerdeführer selbst anzulasten, dass er sich nach Übergabe der Unterlagen an die deutsche Rechtsschutzversicherung in der Folge nicht einmal etwa durch einen telefonischen Anruf von der rechtzeitigen Weiterleitung seines Auftrages an die Rechtsschutzversicherung in Österreich überzeugt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1992, Zl. 91/03/0345). Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Auffassung vertreten, dass die vorliegende Verfristung des Einspruches vom Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter nicht nur auf Grund eines minderen Grades des Versehens verursacht wurde.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. Mai 2001
Schlagworte
DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001060036.X00Im RIS seit
31.07.2001