TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/23 99/06/0058

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Veröffentlicht am 23.05.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
27/01 Rechtsanwälte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

AHR;
AVG §74 Abs2;
BStG 1971 §19;
EisbEG 1954 §44;
RAT §1 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. R N und Dr. M M, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 24. Februar 1999, Zl. 870.095/10-VI/12a-99, betreffend Kostenersatz in einem Enteignungsverfahren nach dem BStrG (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Tirol), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfange der Anfechtung, das heißt, insoweit ein Mehrbegehren von S 28.908,-- abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 207 der KG K, zu deren Gutsbestand auch die Grundstücke Nr. 319/3, 318/4, 187/1 und .717 gehören, in Ansehung derer die Republik Österreich - Bundesstraßenverwaltung gemäß § 19 Bundesstraßengesetz für die Umfahrung Kirchberg die dauernde und lastenfreie Enteignung der für das Straßenbauvorhaben benötigten Grundflächen sowie die Festsetzung der Entschädigung hiefür beantragt hatte. Mit Bescheid vom 7. Juli 1995, berichtigt mit Bescheid vom 25. Juli 1995, jeweils des Landeshauptmannes von Tirol, wurde die Enteignung zugunsten der Republik Österreich - Bundesstraßenverwaltung ausgesprochen und Entschädigungen festgesetzt.

Infolge der gegen beide Bescheide von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufungen hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. November 1995 die bekämpften Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol auf.

Nach Verfahrensergänzung erließ der Landeshauptmann von Tirol in weiterer Folge den Ersatzbescheid vom 11. März 1996, wiederum berichtigt mit Bescheid vom 15. April 1996.

Auch gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei Berufungen, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 1996 ab- bzw. zurückgewiesen wurden.

Infolge der dagegen erhobenen Beschwerde der auch nunmehr beschwerdeführenden Partei hob der Verfassungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 1996 im Umfang des Kostenzuspruches mit Erkenntnis vom 24. Juni 1998, B 3114/96, V 107/96-19, auf und trat nach Ablehnung der Behandlung der weiteren Beschwerde diese an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, welche zur hg. Zl. 98/06/0149 protokolliert wurde. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das hierüber ergangene hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0149, verwiesen.

Entsprechend der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Juni 1998 vertretenen Rechtsansicht sprach die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid Kosten der anwaltlichen Vertretung in Höhe von insgesamt S 347.265,-- zu, wies jedoch das Mehrbegehren laut Kostennote in Höhe von S 28.908,-- als unbegründet ab.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid - insoweit im Beschwerdeverfahren noch von Relevanz - in Bezug auf die Abweisung des Teilbetrages von S 28.908,-- damit, dass "gemäß dem laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0231, heranzuziehenden § 8 Abs. 3 AHR für Verhandlungen kontradiktorischen Charakters TP 3A RAT angemessen" sei, was im Wesentlichen auch für Schriftsätze gelte.

Beantragt war nämlich ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 5,846.260,--

Datum

Gegenstand

Verdienst

Auslagen

 

 

 

 

31.5.96

Verhandlung 14/2 TP 3A

51.340,00

 

 

50 % ES

25.670,00

 

 

Vollmachtsstempel

 

 

7.5.95

Verhandlung 4/2 TP 3A

19.252,50

 

 

50 % ES

9.626,25

 

21.6.95

Schriftsatz TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

27.7.95

Berufung TP 3B

16.047,00

 

 

50 % ES

8.023,50

 

 

Stempelmarken

 

240,00

14.8.95

Berufung TP 3B

16.047,00

 

 

50 % ES

8.023,50

 

 

Stempelmarken

 

240,00

20.12.95

Verhandlung 4/2 TP 3A

19.252,50

 

 

50 % ES

9.626,25

 

20.2.96

Schriftsatz TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

5.3.96

Schriftsatz TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

26.4.96

Berufung TP 3B

16.047,00

 

 

50 % ES

8.023,50

 

 

Stempelmarken

 

240,00

1.8.96

Berufungsverhandlung TP 3B 5/2

32.094,00

 

 

50 % ES

16.047,00

 

 

Zwischensumme Verdienst

312.877,50

720,00

 

+ 20 % Mwst

62.575,50

 

 

Zwischensumme

375.453,00

 

 

+ Zwischensumme Auslagen

720,00

 

 

Gesamtsumme

376.173,00.

 

Unter Heranziehung nicht der beantragten TP 3B RAT, sondern dessen TP 3A für die Berufung vom 27. Juli 1995, die Berufung vom 14. August 1995, die Berufung vom 26. April 1996 und Teilnahme an der Berufungsverhandlung an der Berufungsverhandlung am 1. August 1996 sprach die belangte Behörde wie folgt zu:

"Datum

Gegenstand

Verdienst

Auslagen

 

 

 

 

31.5.96

Verhandlung 14/2 TP 3A

51.340,00

 

 

50 % ES

25.670,00

 

 

Vollmachtsstempel

 

 

7.5.95

Verhandlung 4/2 TP 3A

19.252,50

 

 

50 % ES

9.626,25

 

21.6.95

Schriftsatz TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

27.7.95

Berufung TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

 

Stempelmarken

 

240,00

14.8.95

Berufung TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

 

Stempelmarken

 

240,00

20.12.95

Verhandlung 4/2 TP 3A

19.252,50

 

 

50 % ES

9.626,25

 

20.2.96

Schriftsatz TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

5.3.96

Schriftsatz TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

26.4.96

Berufung TP 3A

12.835,00

 

 

50 % ES

6.417,50

 

 

Stempelmarken

 

240,00

1.8.96

Berufungsverhandlung TP 3A 5/2

25.670,00

 

 

50 % ES

12.835,00

 

 

Zwischensumme Verdienst

288.787,50

720,00

 

+ 20 % Mwst

57.757,50

 

 

Zwischensumme

346.545,00

 

 

+ Zwischensumme Auslagen

720,00

 

 

Gesamtsumme

347.265,00.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 44 EEG, der §§ 6, 8 und 9 der AHR sowie TP 3B RAT und § 74 Abs. 2 AVG sowie in den Rechten auf Abwicklung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie im Wesentlichen vor, der in Beschwerde gezogene Differenzbetrag von S 28.908,-- ergebe sich aus der beantragten Anwendung des Kostenersatztarifes nach TP 3B anstelle des von der belangten Behörde tatsächlich unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0231 in Anwendung gebrachten Tarifes nach TP 3A des Rechtsanwaltstarifs (RAT) in Bezug auf das Berufungsverfahren.

Da das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG), BGBl. Nr. 189/1969, gemäß seinem § 1 Abs. 1 nur für das Zivilverfahren und das Privatanklageverfahren (sowie für die Privatbeteiligung im Strafverfahren) gilt, ist der Rechtsanwaltstarif im Enteignungsverfahren unmittelbar auf Grund des RATG nicht anzuwenden.

Hinsichtlich der einzelnen Honoraransätze sieht jedoch § 6 der Allgemeinen Honorar-Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages - AHR, vor, dass das Honorar unter sinngemäßer Anwendung des Rechtsanwaltstarifgesetzes in seiner jeweiligen Fassung zu errechnen ist, insbesondere durch Anwendung der Bestimmungen über den Einheitssatz und die Tarifposten 1 bis 3 und 5 bis 9 RAT.

Nach § 8 Abs. 4 AHR ist in Enteignungssachen für die Zeit, in der über die Enteignungssache der eigenen Partei verhandelt wird, mindestens jedoch für die Dauer von 2/2 Stunden, das Honorar gemäß TP 3 RAT angemessen.

In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Tarife der Autonomen Honorar-Richtlinien (AHR) für die Ermittlung der angemessenen Entlohnung des Rechtsanwaltes auch im Rahmen eines Enteignungsverfahrens eine maßgebliche Erkenntnisquelle darstellen, so auch in jenem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0231. Insoweit sich aber die belangte Behörde auf dieses Erkenntnis auch in Bezug auf die konkrete Anwendung der im Rechtsanwaltstarifgesetz vorgesehenen einzelnen Tarifposten beruft, unterliegt sie einem Missverständnis. Aus diesem Erkenntnis lässt sich nämlich für die Frage der (alternativen) Anwendung der Tarifpost TP 3A oder TP 3B des Rechtsanwaltstarifs für die Honorierung der vom Rechtsanwalt erhobenen Berufungen bzw. seiner Teilnahme an einer Berufungsverhandlung nichts ableiten, weil es sich dort um Vertretungskosten eines erstinstanzlichen Verfahrens gehandelt hatte und in diesem Erkenntnis lediglich zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Kostenzuspruch nach TP 3A für diese rechtsanwaltlichen Leistungen der Höhe nach angemessen sei. Die Frage der Höhe der Entlohnung für rechtsanwaltliche Leistungen im Berufungsverfahren stand nicht zur Diskussion.

Der in der Anlage zum RATG bezeichnete Tarif sieht unter der Tarifpost (TP) 3 vor, dass für Berufungen, Berufungsbeantwortungen, soweit diese nicht unter TP 1 fallen, Vorstellungen, Rekurse, soweit sie nicht unter Abschnitt A oder C fallen, Rekursbeantwortungen, soweit sie nicht unter Abschnitt C fallen, und Beschwerden (Unterabschnitt I) sowie für mündliche Verhandlungen über eine Berufung (Unterabschnitt II) die in TP 3B genannten Beträge verzeichnet werden können.

Davon ausgehend sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 98/06/0202, bei einer mit dem Beschwerdefall vergleichbaren Sach- und Rechtslage einen Kostenersatzanspruch nach TP 3B für die Erhebung von Berufungen, Teilnahme an der Berufungsverhandlung zu. Dies führt auch zu einem sachgerechten Ergebnis, weil das Berufungsverfahren in der Regel ein erhöhtes Maß an Sach- und Fachkenntnis erfordert, welches mit dem erhöhten Tarif abgegolten werden soll.

Legt man nun im Beschwerdefall die sich aus TP 3B RAT in Verbindung mit der sich aus der Entschädigungssumme ableitenden Bemessungsgrundlage ergebenden Beträge der Entscheidung zugrunde, erweist sich der in der Kostennote des die beschwerdeführende Partei vertretenden Rechtsfreundes ausgewiesene Betrag als angemessen, die Abweisung des Teilbetrages von S 28.908,-- somit aber als unzutreffend.

Da die belangte Behörde die Kosten im dargelegten Sinne nicht zur Gänze zuerkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Mai 2001

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999060058.X00

Im RIS seit

23.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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