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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FinStrG §157;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des WN in W, vertreten durch Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirekton für Oberösterreich (Berufungssenat II) als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 5. Mai 1998, RV10/1- 10/1998 und RV28/1-10/1998, betreffend Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig, er habe fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 1989 und 1990 betreffend die Veranlagungsjahre 1986 bis 1988 eine Verkürzung an Umsatzsteuer in der Höhe von S 112.958,-- und an Einkommensteuer in der Höhe von S 167.896,-- bewirkt. Er habe dadurch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG begangen und es werde über ihn eine Geldstrafe von S 70.000,-- verhängt.
Damit gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers insoweit Folge, als er nicht mehr wegen vorsätzlicher Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt wurde.
In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Der Beschwerdeführer habe als Steuerpflichtiger für die Veranlagungsjahre 1986 bis 1988 Aufwendungen für den privaten Lebensbereich als betrieblich veranlasst geltend gemacht. So habe er den Reparaturaufwand für das Wohn- und Betriebsgebäude sowie den Aufwand für Gebäudeversicherung und Grundsteuer nur mit 1 bis 4 % statt tatsächlich mit etwa 60 % als Privatanteil in Ansatz gebracht. Er habe im genannten Zeitraum näher aufgezählte private Ausgaben als betrieblich veranlasst geltend gemacht. Weiters habe er eine Ordinationskraft beschäftigt, die aber auch als Haushälterin im privaten Haushalt des Beschwerdeführers tätig gewesen sei, wobei eine Aufwandaufteilung nicht erfolgt sei und der gesamte Aufwand für die Haushälterin betrieblich geltend gemacht worden sei. Er habe es dadurch ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, eine abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zu verletzen.
Die Beweiswürdigung begründete die belangte Behörde damit, dass zuerst der Wirtschaftstreuhänder F. steuerlicher Vertreter des Beschwerdeführers gewesen sei, später der Steuerberater B. Bereits zur Zeit des Steuerberaters F. seien nicht abzugsfähige Ausgaben als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 1986 sei ein Wechsel zum Steuerberater B. erfolgt. Auch nun sei zutage getreten, dass Anschaffungen für die Privatsphäre als betrieblich geltend gemacht worden seien. Das Belegwesen funktioniere beim Beschwerdeführer derart, dass in einer Art "Schuhschachtel" alle betrieblichen und privaten Belege dem Steuerberater übermittelt werden, der die privaten von den betrieblichen Aufwendungen trennen müsste. Da es dabei der Mitarbeit des Steuerpflichtigen bedürfte, könne die Handlungsweise des Beschwerdeführers nur so gesehen werden, "möglichst viel abzuschreiben, damit die Steuerlast gering ist". So habe er - auf eine konkrete Aufwendung angesprochen - zugegeben, dass er diese Belege nicht in die Buchhaltung aufnehmen würde, wenn er die Buchhaltung selber machen würde. Dennoch habe er den Beleg in die "Schuhschachtel" gelegt. Er habe auch, obwohl sein Steuerberater keine medizinischen Fachkenntnisse aufweise, Belege über Aufwendungen für Medikamente, die in die private Sphäre fallen, dem Steuerberater weitergereicht. Weiters habe der Beschwerdeführer Aufwendungen für ein vermietetes Objekt in die Betriebsausgabenrechnung der Ordination übernommen. Der Steuerberater F. sei vom Beschwerdeführer nie von der Verschwiegenheit entbunden worden, der Steuerberater B. vorerst schon. Diese Entbindung sei jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 1997 widerrufen worden. Grund dafür sei gewesen, dass der Steuerberater den Beschwerdeführer auf Zahlung eines Resthonorares geklagt habe. Im Zivilprozess habe der Steuerberater vorgebracht, dass er den Beschwerdeführer immer wieder darauf hingewiesen hätte, dass nur eine typische Berufskleidung steuerlich als Betriebsausgabe absetzbar wäre. Diese Darstellung durch den Steuerberater zeige klar das Verhalten des Beschuldigten, möglichst viele Belege (auch private) in das steuerliche Rechenwerk einzubringen. Weiters verdeutliche der Schriftsatz des Steuerberaters im Zivilprozess, dass nach der unrichtigen Aufzeichnung des Beschwerdeführers Frau H. als Ordinationskraft beschäftigt gewesen sei, bei welcher es sich in Wahrheit aber um die Haushälterin handle. Aus diesem Grund habe die Zeugenaussage des Steuerberaters B. verhindert werden müssen. Der Widerruf der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht unterliege naturgemäß der Beweiswürdigung.
Betreffend das Wohnhaus des Beschwerdeführers sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer dieses selbst privat und betrieblich nutze, sodass er die Aufteilung kennen müsste. Dennoch habe er lediglich 1 bis 4 % der Aufwendungen als Privatanteil angesetzt, was mit einer strafrechtlich nicht relevanten Fehlleistung des Beschwerdeführers nicht erklärt werden könne. Bereits im Betriebsprüfungsbericht des Jahres 1979 sei nämlich der Aufteilungsschlüssel mit 45:55 festgelegt worden.
Aus einer Betriebsprüfung im Juli 1996 gehe hervor, dass ein aktivierter Schreibtisch in der Ordination nicht vorhanden sei, sondern privat verwendet werde, ebenso sei ein Tintenstahldrucker im Betrieb nicht vorgefunden worden. Eine "Stereoberieselungsanlage" sei in der Ordination nur zum Teil vorhanden. Eine ab Mai 1994 beschäftigte Reinigungskraft erledige neben den Reinigungsarbeiten in der Ordination auch Arbeiten im Privathaushalt, wobei der Privatanteil wiederum nicht ausgeschieden worden sei. Der nunmehrige Steuerberater L. habe als Zeuge erklärt, dass er auf die Information durch den Beschwerdeführer angewiesen sei. Die erstinstanzliche Strafbehörde habe den Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG in objektiver und subjektiver Hinsicht als gegeben angesehen.
Die Beweiswürdigung der ersten Instanz sei zwar grundsätzlich unbedenklich, es bleibe jedoch ein letzter Zweifel, ob tatsächlich dem Beschuldigten mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit Vorsatz und hinsichtlich des erforderlichen Tatbeitrages seines Steuerberaters gleichsam Bestimmungstäterschaft zu unterstellen sei. Die auffällige Konfliktbereinigung zwischen dem Steuerberater B. und dem Beschwerdeführer wäre auch infolge Interessenübereinstimmung zweier grob fahrlässig handelnder Täter denkbar, weshalb in Gesamtbetrachtung aller Umstände lediglich im Zweifel für den Beschwerdeführer ein Vorsatz nicht mit Sicherheit feststellbar sei. Jedenfalls liege aber eine bewusste Fahrlässigkeit vor. Er habe nämlich sämtliche Belege, sowohl für private als auch für betrieblich veranlasste Ausgaben, in einer Schachtel gesammelt und dem jeweiligen Steuerberater übergeben. Diese Vorgangsweise habe zwangsläufig dazu geführt, dass Rechnungen falsch zugeordnet werden. Hätte der Beschwerdeführer die ihm mögliche und auch zumutbare Sorgfalt aufgewendet, hätte er die unschwer ins Auge fallende Möglichkeit, dass der Steuerberater mangels begleitender Information privat veranlasste Aufwendungen nicht oder nur unzulänglich auszuscheiden vermöge, nicht beiseite geschoben. Aus diesem Grund sei eine grob fahrlässige Handlungsweise des Beschwerdeführers zu konstatieren. Da nunmehr bei Vorliegen einer bloß fahrlässigen Abgabenverkürzung nicht die Progressionsspitze der Einkommensteuer als verkürzt anzunehmen, sondern eine Verhältnisrechnung anzustellen sei, reduziere sich die verkürzte Einkommensteuer auf S 167.896,--, sodass der gesamte strafbestimmende Wertbetrag S 280.854,-- betrage.
Der Verfassungsgerichtshof trat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 22. Februar 1999, B 1626/98-3, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass eine Abgabenverkürzung eingetreten ist, wendet sich jedoch gegen die behördliche Beurteilung, dass diese Abgabenverkürzung auf ein fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeht. Gemäß § 8 Abs. 2 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer es für möglich hält, dass er einen bestimmten Sachverhalt verwirklicht. Auf einen solchen Willensvorgang kann nur aus dem Verhalten des Täters, soweit es nach außen in Erscheinung tritt, geschlossen werden. Daher erweist sich die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe es für möglich gehalten, dass der Steuerberater wegen der gewählten Vorgangsweise bei der Weitergabe der Belege sowie fehlender begleitender Information privat veranlasste Aufwendungen nicht oder nur unzulänglich ausscheiden könne, als Ergebnis der freien Beweiswürdigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1988, 88/16/0014, Slg. 6324/F). Der Gerichtshof vermag im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. auch dazu das Erkenntnis 88/16/0014) nicht finden, dass die in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellte umfangreiche Beweiswürdigung nicht schlüssig wäre. Der Beschwerdeführer tritt dieser Beweiswürdigung auch in keiner Weise mit konkreten Argumenten entgegen. Vor allem unter Berücksichtigung der Umstände, dass der Beschwerdeführer sämtliche Belege ohne begleitende Information weitergegeben, auf die private Beschäftigung der angestellten Ordinationskraft in keiner Weise verwiesen und auch nach der Darstellung des Steuerberaters im Zivilverfahren (Honorarprozess) möglichst viele, auch private Aufwendungen in die Betriebsausgaben hätten Eingang finden sollen, vermag diese Beweiswürdigung in keiner Weise als unschlüssig gewertet werden. Daran kann ein vom Beschwerdeführer aufgezeigter Fehler des Steuerberaters (doppelter Ansatz einer Betriebsausgabe von ca. S 200,--) nichts ändern, der wegen seiner unverhältnismäßigen Geringfügigkeit auf die Strafhöhe keine Auswirkung haben konnte.
Gegen die Strafzumessung wendet sich der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, dass die erstinstanzliche Behörde von einem Strafrahmen bis S 633.000,--, die belangte Behörde jedoch von einem solchen von S 280.854,-- ausgegangen sei, weshalb die "Neubemessung der Strafe" mit nunmehr 25 % des Strafrahmens im gesetzlichen Ermessensrahmen keine Deckung finden könne. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Gesetz für eine starre Strafbemessung in Prozentwerten keinen Anhaltspunkt bietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, 91/14/0126). Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Schuld des Täters Grundlage für die Bemessung der Strafe. Bei der Bemessung der Strafe sind gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Bei der Bemessung der Strafe sind gemäß § 23 Abs. 3 leg. cit. auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen. Gerade unter dem letztgenannten Gesichtspunkt kann der Gerichtshof angesichts der unbestritten gebliebenen Feststellung über eine monatliche Privatentnahme von etwa S 35.000,-- netto nicht finden, dass die belangte Behörde bei Belassung der Strafhöhe das ihr eingeräumte Ermessen in rechtswidriger Weise gehandhabt hätte.
Die Beschwerde wendet weiters Strafbarkeitsverjährung ein, lässt aber das Datum 9. März 1992 als Tag der Einleitung des Strafverfahrens unbestritten. Gehört - wie hier - zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet (§ 31 Abs. 1 letzter Satz leg. cit.). Unerklärlich ist somit die Beschwerdeansicht, dass die Verkürzungen (betreffend Umsatz- und Einkommensteuer) 1986 bis 1988 der Verjährung unterliegen sollen (vgl. § 207 BAO).
Der Beschwerdeführer behauptet, in seinem Recht auf freie Wahl eines Verteidigers gemäß § 77 Abs. 1 FinStrG verletzt worden zu sein. Sein Verteidiger habe den Rechtsanwalt DDr. N. substituiert, der gemäß § 78 Abs. 1 FinStrG ausgeschlossen worden sei. Dieser Ausschluss könne aber nur für die Verhandlung gelten, für die der Verteidiger als Zeuge vorgeladen ist, also nicht für eine fortgesetzte Verhandlung und schon gar nicht für die Berufungsverhandlung. Nach dem Ausschluss des Substituten habe der Beschwerdeführer seinen Verteidiger beiziehen wollen, was ihm aber verwehrt worden sei.
Diesem Vorbringen ist schon deshalb der Erfolg zu versagen, weil bei Geltendmachung eines Verfahrensfehlers, der zu einer Verhandlung in Abwesenheit eines Verteidigers geführt hat, die Relevanz aufzuzeigen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1999, 97/15/0149). Der Beschwerdehinweis, der Beschwerdeführer hätte als Nichtjurist seine schriftliche Berufung nicht treffsicher vortragen können und es sei ihm die Möglichkeit genommen worden, die formalen und inhaltlichen Fehler im bisherigen Verfahren offen zu legen, reicht für die Darlegung der Relevanz nicht aus. Im Übrigen vermag der Gerichtshof keinen Zweifel daran zu sehen, dass die Unvereinbarkeit der Zeugen- und Verteidigerfunktion auch für die Berufungsverhandlung, Bestand hat. Der Beschwerdehinweis, dass § 157 FinStrG nicht auch auf § 78 leg. cit. als sinngemäß anzuwenden verweist, ist deswegen nicht zielführend, weil die im § 78 FinStrG dargelegte Unvereinbarkeit nicht im sechsten Hauptstück des Finanzstrafgesetzes enthalten ist, in dem das erstinstanzliche Verfahren geregelt ist, sondern im dritten Hauptstück, in dem allgemeine Bestimmungen über Beschuldigte, Nebenbeteiligte und deren Vertreter enthalten sind.
Soweit die Beschwerde auf eine Befangenheit des Amtsbeauftragten verweist, ist diesem Vorbringen schon die Bestimmung des § 74 Abs. 2 FinStrG entgegenzuhalten, derzufolge die Ablehnung, wenn sie sich nicht auf ein Mitglied oder den Schriftführer eines Senates bezieht, spätestens vor Beginn der Amtshandlung geltend zu machen ist. Nach dem Akteninhalt (Blatt 60.1) wurde der Ablehnungsantrag nicht zu Beginn der mündlichen Berufungsverhandlung gestellt.
Da dem angefochtenen Bescheid somit insgesamt die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Mai 2001
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999140110.X00Im RIS seit
24.10.2001Zuletzt aktualisiert am
17.08.2016