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E000 EU- Recht allgemein;Norm
11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des H in Altdorf, Deutschland, vertreten durch Dr. Viktor Michitsch und Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Postgasse 2/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 27. September 2000, Zl. KUVS-K1-859/4/2000, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Gegen den Beschwerdeführer erging folgendes Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 14. Juni 2000 (Spruch gemäß § 44 a Z. 1 und 2 VStG):
"Sie haben am 24.02.2000 gegen 14.45 Uhr das Sattelkraftfahrzeug L von Italien kommend in Richtung Deutschland gelenkt, ohne als Fahrer des angeführten Sattelkraftfahrzeuges auf dieser im Hoheitsgebiet Österreichs durchgeführten Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr - wie dies am 24.02.2000 gegen 14.45 Uhr anlässlich einer Zollkontrolle auf der Südautobahn (A 2) auf Höhe des Parkplatzes Thörl-Maglern festgestellt wurde, ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von ÖKO-Punkten, die in der erforderlichen Anzahl auf die ÖKO-Karte aufgeklebt und durch Unterschrift oder Stempel entwertet sein müssen, für die betreffende Fahrt (ÖKO-Karte) oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der ÖKO-Punkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird oder die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine ÖKO-Punkte benötigt werden oder geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist, mitzuführen, und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, da Sie weder eine ÖKO-Karte, noch einen Umweltdatenträger verwendet, noch Nachweise für eine ökopunktbefreite Fahrt mitgeführt und vorgelegt haben, zumal Sie trotz eindeutiger Hinweisschilder die PKW-Spur anstatt der ÖKO-Spur benutzten, wodurch Sie die elektronische Abbuchungsstation umfuhren, wie dies aus dem Kontrollzertifikat hervorgeht, da die letzte Kommunikation im elektronischen ÖKO-Punkte-System den 22.02.2000 um 17.36 Uhr in Spielfeld/Einfahrt ausweist.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 23 Abs. 1 Zahl 8 i.V.m. § 1, § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. 593/1995 und Art. 15 und Art. 24 Abs. 4 BGBl. 823/1992 und Art. 1 und 2 der EG-Vo. 3298/94 i. d.F. EG-Vo. 1524/96 i.d.g.F."
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 eine Geldstrafe von S 20.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe 67 Stunden) verhängt.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer zur näher festgestellten Tatzeit eine Fahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr von Italien kommend in Richtung Deutschland, somit eine Transitfahrt durchgeführt habe. Im Fahrzeug sei ein Umweltdatenträger eingebaut gewesen, welcher eine automatische Entwertung von ÖKO-Punkten ermöglicht hätte. Der Beschwerdeführer habe bei der Einreise von Italien nach Österreich aber den Abbuchungsbalken umfahren, indem er über die PKW-Spur eingereist sei. Der Hinweis, er habe die bezughabenden Hinweisschilder übersehen, vermöge ihn von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nicht zu exkulpieren, da von einem mit Transporten befassten Berufskraftfahrer, der insbesondere im internationalen Verkehr tätig sei, erwartet werden könne, dass er eindeutige Hinweisschilder beachte, er könne sich nicht darauf berufen, dass er diese einfach übersehen hätte. Zudem müssten ihm die einschlägigen, auf dem Gebiete seines Berufes bestehenden Rechtsvorschriften bekannt sein. Auch könne die nachträgliche Abbuchung der notwendigen ÖKO-Punkte über Aufforderung des Einschreiters nicht strafbefreiend herangezogen werden. Der Beschwerdeführer bestreite im Übrigen die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen im Wesentlichen nicht.
2. Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 idF. BGBl. Nr. 17/1998 (in der Folge GütbefG 1995) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Als solche Vorschriften der Europäischen Union kommen im Beschwerdefall die Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 - mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr. 823/1992 übernommen wurden, das primärrechtlichen Rang hat und entsprechend dem Art. 2 der EU-Beitrittsakte für Österreich und die anderen neuen Mitgliedstaaten das am 31. Dezember 1994 vorhandene Primärrecht modifizierte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385) - und weiters die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission und - weil die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten am 14. Juni 2000 erfolgte (vgl. § 1 Abs. 2 VStG) - auch die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission vom 21. März 2000 in Betracht.
Nach Art. 1 lit. c des besagten Protokolls Nr. 9 gilt als "Transitverkehr durch Österreich" jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen. Gemäß Art. 1 lit. e leg. cit. gilt als "Straßengütertransitverkehr durch Österreich" jeder Transitverkehr durch Österreich, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet, ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) 3298/94 der Kommission, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission, hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
"a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular
oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von
Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als
'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches
Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht
und als 'Umweltdatenträger' ('Ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten
Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß
Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es
sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist...".
Gemäß Art. 1 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission sind "Transitfahrten unter den in Anhang C genannten Bedingungen oder im Rahmen von im österreichischen Hoheitsgebiet gültigen CEMT-Genehmigungen von der Ökopunktregelung ausgenommen".
2.2. Die Beschwerde rügt (zusammengefasst) insbesondere, die belangte Behörde habe nicht beachtet, dass ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen hätte werden müssen, dass er in die Lage versetzt worden wäre, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Im erstinstanzlichen Straferkenntnis bestehe der Spruch - den der angefochtenen Bescheid übernommen habe - aus 221 Worten, die in ein einziges "Satzungetüm" ("unzählige Schachtelsätze") gepackt seien, sodass für ihn - wie für jeden durchschnittlichen Normunterworfenen - aus diesem Satz nicht mehr zu erkennen sei, was ihm im Grunde genau vorgeworfen werde. Dieser Spruch entspreche daher nicht dem § 44 a VStG.
Auch wenn dieser Spruch sprachlich besser und damit leichter verständlich gestaltet hätte werden können, so gibt er doch lediglich die maßgeblichen Gesetzesstellen - auf den konkreten Sachverhalt bezogen - wieder. Aus dem Spruchteil "da Sie weder eine ÖKO-Karte, noch einen Umweltdatenträger verwendet, noch Nachweise für eine ökopunktbefreite Fahrt mitgeführt und vorgelegt haben, zumal Sie trotz eindeutiger Hinweisschilder die PKW-Spur anstatt der ÖKO-Spur benutzten, wodurch Sie die elektronische Abbuchungsstation umfuhren..." geht - was die Beschwerde übersieht - ferner eindeutig und unmissverständlich hervor, welche Tat dem Beschwerdeführer vorgeworfen wurde, sodass er durchaus in die Lage versetzt war, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Dass der Beschwerdeführer diesen Tatvorwurf wohl verstanden hat, zeigen im Übrigen die Beschwerdeausführungen zum "Sachverhalt", wonach er von Italien kommend die Grenze nach Österreich überquerte" und "nicht die vorgesehene LKW Spur für Ecotag-Geräte, sondern eine andere Spur benutzt" hat, "wodurch die Abbuchung durch das an sich ordnungsgemäß installierte(n) und auch funktionsfähige(n) Ecotag-Gerät(es) nicht durchgeführt wurde". Im Übrigen wendet sich der Beschwerdeführer nicht gegen die maßgebliche Feststellung, dass er im Verwaltungsverfahren die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im Wesentlichen unbestritten ließ. Vor diesem Hintergrund ist die besagte Rüge im Fall des Beschwerdeführers daher nicht zielführend.
2.3. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, der gegenständliche Spruch enthalte keinerlei Angaben hinsichtlich des Tatortes, da der Zwischensatz "wie anläßlich .......festgestellt wurde" (gemeint ist offenbar: "wie dies am 24.02.2000 gegen 14:45 Uhr anlässlich einer Zollkontrolle auf der Südautobahn A2 auf Höhe des Parkplatzes T festgestellt wurde") "seinem semantischen Gehalt nach nichts anderes als der Bericht über ein Erhebungsergebnis und keine Beschreibung irgendeines Verhaltens des Beschwerdeführers" sei, und "somit mit seinem Inhalt als aussagetaugliches Argument der Tatortbeschreibung auszuscheiden hat", ist nicht zielführend. Dem Beschwerdeführer wurde ohnehin (wie schon erwähnt) zur Last gelegt, dass er trotz eindeutiger Hinweisschilder die PKW-Spur anstatt der ÖKO-Spur benutzte, wodurch er die elektronische Abbuchungsstation umfuhr. Daraus ergibt sich, dass er die gegenständliche Verwaltungsübertretung beging, als ihm die besagte Spur zur Verfügung stand, somit bei der Einreise nach Österreich beim Passieren der Staatsgrenze. Im bekämpften Bescheid wird lediglich - zusätzlich - festgehalten, dass die Übertretung anlässlich einer Zollkontrolle auf der Südautobahn A 2 auf Höhe des Parkplatzes T festgestellt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass die besagte Umschreibung des Tatortes dem § 44 a Z. 1 VStG nicht genügen würde, zumal vorliegend kein Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder die Gefahr seiner Doppelbestrafung (auch der Beschwerdeführer hat weder einen solchen Anhaltspunkt noch eine solche Gefahr konkret dargetan) gegeben ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl. 2000/03/0223).
2.4. Wenn die belangte Behörde nicht geprüft hat, ob die Ausnahmeregelung des Art. 1 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission idgF (vgl. oben 2.1.) im Beschwerdefall zum Tragen kommt, ist dies vorliegend nicht als rechtswidrig zu erkennen; weder wurde das Vorliegen einer derartigen Ausnahme vom Beschwerdeführer behauptet, noch ergab sich aus dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt ein Anhaltspunkt für das Erfordernis einer derartigen Prüfung.
2.5. Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.6. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.
Wien, am 29. Mai 2001
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000030371.X00Im RIS seit
09.08.2001