Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des P in Serfaus, vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Michael-Gaismair-Straße 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. Februar 1998, Zlen. 1997/3/43-2, 1997/19/205-2, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die beschwerdeführende Partei (u.a.) schuldig erkannt, sie sei - unter näherer Angabe von Tatort und Tatzeit - der Aufforderung eines Gendarmeriebeamten, "zwecks Alkomatentest ins Dienstfahrzeug einzusteigen", nicht nachgekommen und habe sich dadurch geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass sie zu einer näher bezeichneten Uhrzeit ihren Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Die beschwerdeführende Partei habe dadurch "§ 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO" übertreten und wurde eine Geldstrafe von S 14.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 2 StVO 1960 in der Fassung der im Beschwerdefall anzuwendenden 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994, lautet:
"Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1.
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2.
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,
auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen."
Die belangte Behörde ging in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, zwei (namentlich genannte) als Zeugen vernommene Organe der Straßenaufsicht (im Folgenden: S. und B.) hätten übereinstimmend ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe sich nach Aufforderung zum Alkotest eine Zigarette gedreht und diese auf der Motorhaube ihres Fahrzeuges sitzend geraucht; über Aufforderung von S. "jetzt einzusteigen", habe sie erklärt, sie würde zuerst die Zigarette fertig rauchen; S. habe auch gesagt, wenn sie jetzt nicht einsteige, gelte dies als Verweigerung. Die beschwerdeführende Partei sei dennoch "sitzen geblieben" und habe gesagt, dass sie zuerst die Zigarette fertig rauche, worauf ihr S. erklärte habe, dass nunmehr der Alkotest als verweigert gelte.
Sinn und Zweck der Regelung des § 5 Abs. 2 StVO 1960 ist es, den Betreffenden so rasch wie möglich der Untersuchung zuführen zu können, um die Möglichkeit der Verschleierung seines Zustandes zu verhindern. Das Gesetz räumt ihm keineswegs das Recht ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen er bereit wäre, sich untersuchen zu lassen; die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen sind, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen und bedeutet es daher dann, wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen (vgl. das Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0028, mit weiteren Judikaturhinweisen). Anhaltspunkte dafür, dass es der beschwerdeführenden Partei unzumutbar gewesen wäre, der Anordnung, im Streifenwagen mitzufahren, zu entsprechen, bietet der Beschwerdefall nach Lage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens nicht. Derartiges wird in der Beschwerde auch nicht behauptet.
Die der beschwerdeführenden Partei zur Last gelegte Tat war somit durch ein Verhalten, wie es die belangte Behörde als erwiesen annahm (auf die Aufforderung des S. "jetzt einzusteigen", habe die beschwerdeführende Partei erklärt, sie würde zuerst die Zigarette fertig rauchen), bereits verwirklicht. Die Beschwerdeausführungen, wonach ein solches Verhalten keinesfalls als Verweigerung der Atemluftuntersuchung gewertet werden könne, vermögen daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Zum Argument der beschwerdeführenden Partei, im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einhaltung der Wartefrist von 15 Minuten (z.B. wegen Rauchens) sei ohnedies eine sofortige Vornahme der Atemluftuntersuchung nicht möglich gewesen, ist nur noch anzumerken, dass in einem solchen Fall der Zeitpunkt der Durchführung der Atemluftuntersuchung eben davon abhängt, wann die Wartefrist zu laufen beginnt. An der vordargestellten, aus dem Sinn und Zweck der Regelung abgeleiteten Verpflichtung, den erforderlichen Anordnungen der Organe der Straßenaufsicht unverzüglich Folge zu leisten, ändert sich damit nichts.
Soweit die beschwerdeführende Partei die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist sie zunächst darauf zu verweisen, dass die Beweiswürdigung nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Ob der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, dass z.B. eine der beschwerdeführenden Partei belastende Darstellung und nicht deren Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/03/0053).
Auf dem Boden dieser Rechtslage begegnet die von der beschwerdeführenden Partei bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde keinen Bedenken. So kann aus den Beschwerdeausführungen über behauptete, nicht näher konkretisierte Widersprüchlichkeiten in den Aussagen der Zeugen S. und B. nicht abgeleitet werden, die belangte Behörde hätte nicht - in der dargestellten, entscheidungswesentlichen Frage der nicht unverzüglichen (und nicht unzumutbaren) Folgeleistung der erforderlichen Anordnung des Organes der Straßenaufsicht - von übereinstimmenden Aussagen dieser Zeugen (in der mündlichen Berufungsverhandlung) ausgehen dürfen. Ebenso hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsstrafverfahren (und auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) gar nicht behauptet, dass die in dieser Frage übereinstimmenden Aussagen der Zeugen S. und B. nicht den Tatsachen entsprächen. Vor diesem Hintergrund liefen die Beweisanträge der beschwerdeführenden Partei, sämtliche sie betreffenden Verwaltungsstrafakten bei der Bezirkshauptmannschaft Landeck zum Beweis dafür, dass ein "Missverhältnis" zwischen ihr und dem Zeugen S. bestehe, sowie auf Abspielung jenes Tonbandes, welches die beschwerdeführende Partei unmittelbar nach Entfernung der Beamten aufgenommen habe, zum Beweis dafür, dass die Zeugen S. und B. nicht glaubwürdig und der Alkotest nicht verweigert worden sei, auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus. Die beschwerdeführende Partei vermag somit mit ihrer Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe diesen beiden Beweisanträge nicht stattgegeben, nicht durchzudringen.
Aber auch die weitere Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe den Beweisanträgen auf Einholung eines amtsärztlichen Sachbefundes, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt nicht "betrunken" gewesen sei, sowie auf Einvernahme eines näher genannten Zeugen, dass die beschwerdeführende Partei am fraglichen Tage lediglich ein Weizenbier und einen kleinen Radler getrunken habe, jeweils zum Beweis dafür, dass keine Veranlassung bestanden habe, die Atemluftuntersuchung zu verweigern, vermag einen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel nicht aufzuzeigen. Es lässt sich nämlich selbst bei Zutreffen des Umstandes, dass die beschwerdeführende Partei zum fraglichen Zeitpunkt "nicht betrunken war", (noch) nicht der Schluss ziehen, es stehe mit den Denkgesetzen nicht im Einklang, wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen S. und B. der Verantwortung der beschwerdeführende Partei (in der Frage der nicht unverzüglichen Befolgung der Anordnung) nicht folgte. Ist es doch für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Verweigerung der Atemluftuntersuchung irrelevant, ob eine Alkoholbeeinträchtigung vorlag oder nicht. Dass die beschwerdeführende Partei, die im Grunde des § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO 1960 schuldig erkannt wurde, Alkoholisierungsmerkmale aufgewiesen hatte, wird in der Beschwerde gar nicht bestritten.
Im gegenständlichen Fall begegnet es somit im Rahmen der dargestellten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zur Annahme gelangte, dass die beschwerdeführende Partei die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 StVO 1960 erfüllte.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Mai 2001
Schlagworte
Alkotest VerweigerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998030157.X00Im RIS seit
09.08.2001