TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/30 97/21/0421

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Veröffentlicht am 30.05.2001
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §14 Abs3;
AVG §15;
AVG §47;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
ZPO §292 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 22. Oktober 1974 geborenen H in Graz, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 2. Juni 1997, Zl. Fr 436/97, betreffend Feststellung gemäß § 54 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 2. Juni 1997 wurde gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, in der Türkei Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu sein bzw. dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

Der angefochtene Bescheid wurde zunächst damit begründet, dass sich die belangte Behörde als Berufungsbehörde den Ausführungen im Bescheid der Behörde erster Instanz, der Bundespolizeidirektion Graz, vom 3. April 1997 vollinhaltlich anschließe und diese "u.a. zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides" mache. Diese Behörde hatte ihren Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, in der Türkei wegen des Verbrennens der türkischen Fahne vor Gericht gestellt und bestraft bzw. belangt worden zu sein und wegen des Vorwurfes, einen Gendarmerieposten in Brand gesteckt zu haben, gesucht zu werden, wegen widersprüchlicher Angaben des Beschwerdeführers und deswegen nicht als glaubwürdig anzusehen sei, weil es eine Erfahrung der Behörde erster Instanz sei, dass dem Vorbringen von Antragstellern mit Schlepperkontakten geringe Glaubwürdigkeit zukomme.

Die belangte Behörde führte weiters aus, der Bundesminister für Inneres habe in seinem Bescheid vom 11. Dezember 1996 rechtskräftig festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht zukomme. Der Begriff des Flüchtlings decke sich mit den Verfolgungsgründen nach § 37 Abs. 2 FrG; es könne daher davon ausgegangen werden, dass die in dieser Bestimmung angeführten Verfolgungsgründe beim Beschwerdeführer nicht vorlägen, da er im darauf folgenden fremdenpolizeilichen Verfahren keine neuen Tatsachen vorgebracht habe und, was die Fluchtgründe anlange, auf sein Vorbringen im Asylverfahren verwiesen bzw. dieses wiederholt habe. Der Behörde sei es auf Grund des in § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt, die Ergebnisse des Asylverfahrens zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer habe in seiner "asylrechtlichen Niederschrift vom 29.08.1996" hinsichtlich seiner Fluchtgründe sinngemäß angegeben, er wäre aus der Türkei geflüchtet, da er gesucht worden wäre. Am 21. März 1996 (gemeint wohl: 1994) hätte er an den Newruz-Feierlichkeiten teilgenommen und hätte eine türkische Flagge verbrannt. Damals wäre er gleich festgenommen worden. Man hätte ihn fünf Tage festgehalten und hätte ihm nichts zu essen gegeben. Auf die Frage, weshalb der Beschwerdeführer zum gegenwärtigen Zeitpunkt gesucht würde, habe er angegeben, dass er wegen des Verbrennens dieser Fahne gesucht würde, er hätte aber auch einen Gendarmerieposten in Brand gesteckt, das wäre am 15. August 1996 gewesen. Es wäre in Yeniceoba gewesen, außerdem hätte er die HADEP unterstützt, indem er Zeitschriften für die Partei verkauft hätte. Wegen dieser Delikte würde er nun gesucht. Auf die Frage, ob er wegen des Verbrennens der Flagge verurteilt worden sei, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er vor Gericht gestellt und bestraft worden wäre. Auf die weitere Frage, ob er Urteilsabschriften beibringen könne, habe er angegeben, dass er dies nicht könne, da er kein Urteil hätte und auch keinen Anwalt gehabt hätte. Auf Vorhalt, dass man auch ohne Anwalt ein Urteil erhalten würde, habe er angegeben, dass er eines erhalten hätte, es jedoch nicht mehr hätte. Die Verhandlung wäre am 24. März 1994 gewesen. Auf die Frage, welche Strafe dort ausgesprochen worden sei, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass es noch nicht zu einem Urteil gekommen wäre, man habe ihm noch Zeit gegeben. Auf weiteren Vorhalt, dass der Beschwerdeführer unmittelbar vorhin angegeben habe, er hätte doch ein Urteil bekommen, habe er angegeben, dass er irgendeinen Zettel bekommen hätte. Auf die Frage, ob er wegen der HADEP-Aktivitäten verurteilt worden sei, habe er angegeben, dass man das zum Delikt der Brandstiftung hinzufügen hätte wollen, wie man ihm gesagt hätte. Den Behörden wäre angeblich seit 1994 bekannt, dass er für die HADEP tätig wäre. Auf die Frage, ob er den Vorfall mit der angeblichen Brandstiftung im Detail schildern könne, habe er angegeben, dass er vorhin falsche Angaben gemacht hätte, nicht er hätte das Feuer gelegt, sondern andere. Er wäre dafür aber beschuldigt worden, da er bereits Straftaten begangen hätte, wäre er geflüchtet. Wegen der Brandstiftung wäre er nicht in Haft gewesen, er wäre diesbezüglich gesucht worden. Dies hätte ihm seine Familie berichtet. Auf die Frage, woher er dann Kenntnis habe, dass man ihm zugleich die HADEP-Aktivitäten zurechnete, habe er angegeben, dass ihm dies der Beamte bei der Einvernahme 1994 gesagt hätte, er hätte ihm gesagt, dass alles zusammenkommen würde, wenn er sich nochmals etwas zu Schulden kommen ließe. Auf die weitere Frage, wie er es sich erkläre, dass man ihn nach seinem Militärdienst entlassen hätte, wenn aus 1994 noch ein Verfahren gegen ihn anhängig sein solle, habe der Beschwerdeführer angegeben: "Da ich keinen Anwalt hatte." Desweiteren habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er auch vom Militärgericht wegen dieser Angelegenheit jeden Monat einvernommen worden wäre. Auf Vorhalt, dass ein Militärgericht diesbezüglich keine Kompetenz habe, habe er festgestellt, dass es doch kein Militärgericht gewesen wäre, er sei irgendwo hin in die Stadt gebracht und dort befragt worden.

Am 14. Jänner 1997 habe der Beschwerdeführer anlässlich einer fremdenpolizeilichen Einvernahme ausgeführt, dass er seine Fluchtgründe im Asylverfahren eingehend dargelegt habe und seine diesbezüglichen Angaben vollinhaltlich aufrecht erhalte.

Bei der Beurteilung des gesamten Vorbringens komme die belangte Behörde auf Grund der großen Anzahl von Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten und den daraus resultierenden Unglaubwürdigkeiten der Angaben des Beschwerdeführers zum Ergebnis, dass lediglich die von ihm geltend gemachte Anklageerhebung wegen Entwürdigung der türkischen Nationalfahne - diese Behauptung habe der Beschwerdeführer auch durch Vorlage eines Beschlusses des Landesgerichtes Cihanbeyli zu untermauern vermocht - als einigermaßen glaubwürdig anzusehen sei. Seinem sonstigen weiteren Vorbringen sei jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Mit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Anklageerhebung wegen Entwürdigung der türkischen Nationalfahne, seiner fünftägigen Anhaltung in Haft bzw. seiner vier bis fünfmaligen Befragung in einem Zeitraum von fünf Monaten nach diesem Vorfall im März 1994 sei es ihm keinesfalls gelungen, stichhaltige Gründe für eine aktuelle Bedrohung bzw. Verfolgung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft darzustellen. Damit ein Eingriff in die körperliche Integrität durch staatliche Organe Verfolgungswert erhalte, bedürfe es einer bestimmten Intensität. Diese sei nicht gegeben; hätte der Heimatstaat des Beschwerdeführers tatsächlich ein gewichtiges Interesse an einer Verfolgung seiner Person gehabt, so wäre er mit Sicherheit bereits 1994 verurteilt worden.

Bei der Behauptung des Beschwerdeführers, in der Türkei wegen des Vorwurfes, einen Gendarmerieposten in Brand gesteckt zu haben, gesucht zu werden, handle es sich um nicht mehr als bloße Vermutungen, weil es sich hiebei um einen Vorfall handle, von dem er behaupte, selbst daran nicht beteiligt gewesen zu sein.

Die bloße Behauptung, bei einer Rückkehr in die Türkei mit unmenschlicher Behandlung oder Strafe rechnen zu müssen, sei zur Darlegung einer Gefahr im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG keinesfalls ausreichend; dass er während seiner fünftägigen Haft misshandelt oder gar gefoltert worden wäre, sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden, die Behauptung, dass man ihm fünf Tage lang nichts zu essen gegeben hätte, sei "nicht glaubhaft nachvollziehbar". Auch sei die bloße Behauptung, wegen des Verkaufs von Zeitschriften für die HADEP gesucht zu werden, zu unsubstanziiert.

Im Übrigen seien auch in westlichen Demokratien Delikte wie das Verbrennen der nationalen Fahne und die Brandstiftung an einem Gendarmerieposten strafbar. Auch für den Beschwerdeführer habe in seinem Heimatstaat vor den staatlichen Gerichten die Unschuldsvermutung zu gelten und sie gelte auch. Das vom Beschwerdeführer behauptete aktive Eintreten für eine verbotene Organisation sei nicht als glaubhaft anzusehen, weil er keine hinreichenden Kenntnisse über die Zielsetzung, örtliche Struktur und Arbeitsweise dieser Organisation und seinem Beitritt, seine Motive und Tätigkeit im Einzelnen in zeitlich und örtlich nachvollziehbarer Weise habe darlegen können.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausführe, dass die Dolmetscherin "die Niederschrift" nicht gänzlich übersetzt und ihn völlig ignoriert habe und ihn dieser Umstand sehr nervös gemacht habe, sodass er in Widersprüche verwickelt worden sei, so sei dem von der belangten Behörde entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer die "asylrechtliche" Niederschrift vom 29. August 1996 mit seiner "Signatur" bestätigt habe, sodass er deren Inhalt nunmehr im Grunde des § 15 AVG gegen sich gelten lassen müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Antragsteller mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den im Antrag genannten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt durch jene nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen und von der Behörde das Vorliegen konkreter Gefahren für jeden einzelnen Fremden für sich zu prüfen. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der im § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom 9. September 1999, Zl. 95/21/1034).

Nach den §§ 58 Abs. 2 und 60 i.V.m. § 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist daher in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete. Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 1999, Zl. 97/21/0446).

Im vorliegenden Fall schloss sich die belangte Behörde den Ausführungen im Bescheid der Behörde erster Instanz, die das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich ihn betreffender Verfolgungshandlungen und einer ihn betreffenden Bedrohung oder Verfolgung für gänzlich unglaubwürdig hielt, einerseits "vollinhaltlich an" und erhob diese ausdrücklich zum Inhalt ihres Bescheides. Anderseits legte die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid die Feststellung zu Grunde, dass gegen den Beschwerdeführer mit Beschluss des Landesgerichtes Cihanbeyli wegen Entwürdigung der türkischen Nationalfahne Anklage erhoben und er deswegen fünf Tage in Haft angehalten sowie vier bis fünf Mal befragt worden sei, welche Umstände die belangte Behörde aber nicht als Verfolgungsmaßnahmen ausreichender Intensität gewertet hat, um die Annahme einer Bedrohung oder Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG zu begründen. Diese nebeneinander stehenden Begründungen des angefochtenen Bescheides sind logisch nicht zu vereinbaren, weshalb die Begründung insgesamt nicht als schlüssig angesehen werden kann.

Auch wenn man aber die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Begründungsvarianten als alternative Begründungen für die Abweisung des Feststellungsantrages des Beschwerdeführers versteht, hält keine der beiden Begründungslinien für sich allein genommen einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand:

Zum einen hat der Beschwerdeführer ein zwar in Einzelheiten unklares, jedoch konkretisiertes und detailliertes Vorbringen erstattet (so wurde etwa ein den Beschwerdeführer betreffender Beschluss des Landesgerichtes Cihanbeyli vorgelegt). Soweit die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers wegen darin enthaltener Ungereimtheiten und Widersprüche insgesamt für unglaubwürdig halten sollte, hätte sie auch den Hinweis in seiner Berufung, die Dolmetscherin hätte die Niederschrift nicht gänzlich übersetzt und ihn ignoriert, welcher Umstand ihn sehr nervös gemacht und dazu geführt habe, dass er in Widersprüche verwickelt worden sei, nicht mit der bloßen Begründung verwerfen dürfen, er habe die Niederschrift mit seiner "Signatur" bestätigt und müsse deren Inhalt "im Grunde des § 15 des AVG" gegen sich gelten lassen. Nach dem zweiten Satz der angeführten Vorschrift bleibt nämlich der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges (hier also: der Beweis der Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Protokollierung der vom Beschwerdeführer tatsächlich gemachten Angaben) zulässig, weshalb die belangte Behörde die von ihr angenommenen Widersprüche in der niederschriftlichen Aussage des Beschwerdeführers erst nach einer Würdigung seiner gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Protokollierung vorgebrachten Umstände als gegeben annehmen hätte dürfen. Soweit aber die belangte Behörde das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers mit der Begründung für unglaubwürdig halten sollte, dass dem Vorbringen von Antragstellern mit Schlepperkontakten geringe Glaubwürdigkeit zukomme, könnte dies ebenfalls nicht als schlüssige Begründung gewertet werden, weil aus der Art und Weise der Einreise eines Fremden und seinen diesbezüglichen Angaben nicht ohne Weiteres auf die Glaubwürdigkeit seiner Angaben hinsichtlich ihm im Fall seiner Abschiebung in einen bestimmten Staat dort drohenden Gefahren geschlossen werden kann.

Zum anderen ist die - bei Zugrundelegung einer fünftägigen Haft des Beschwerdeführers - im angefochtenen Bescheid enthaltene Aussage, der Beschwerdeführer habe lediglich behauptet, dass man ihm fünf Tage lang nichts zu essen gegeben habe, dies sei jedoch "für die Berufungsbehörde nicht glaubhaft nachvollziehbar", keine ausreichend schlüssige Begründung dafür, dass dieses Vorbringen unzutreffend wäre. Soweit die belangte Behörde den Ausführungen des Beschwerdeführers, er werde in der Türkei deswegen gesucht, weil er einen Gendarmerieposten in Brand gesteckt habe, mit der Begründung keinen Glauben schenkt, die Behauptung, wegen dieses Anschlages beschuldigt und gesucht zu werden, sei deswegen unglaubwürdig, weil der Beschwerdeführer ja behaupte, an dem Vorfall selbst nicht beteiligt gewesen zu sein, ist dies ebenfalls keine schlüssige Begründung des angefochtenen Bescheides, weil nicht auszuschließen ist, dass der Beschwerdeführer wegen dieses Vorfalles gesucht wird auch ohne daran tatsächlich beteiligt gewesen zu sein.

Schließlich sind die Feststellungen der belangten Behörde auch insoferne bruchstückhaft geblieben, als sich diese an verschiedenen Stellen des angefochtenen Bescheides auf die Abweisung des Asylantrages durch den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Dezember 1996 beruft, auf diesen Bescheid verweist und insbesondere ihren Ausführungen die Aussagen des Beschwerdeführers im Asylverfahren zu Grunde legt, es jedoch gänzlich unterlässt, auf eine im angeführten Bescheid des Bundesministers für Inneres ergänzende niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Asylverfahren vom 16. Oktober 1996 Bezug zu nehmen und diese - auch nicht in den Akten des Verwaltungsverfahrens einliegende - Stellungnahme zu verwerten.

Wegen der angeführten Verfahrensmängel war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG entbehrlich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997210421.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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