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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. Ernst Blasl, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Haidgasse 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Mai 1999, Zl. RU 6-St-St-9905, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 27. Mai 1999 entzog der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer vorübergehend die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B, ab Zustellung des Mandatsbescheids der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 25. Jänner 1996 (die Zustellung erfolgte am 26. Jänner 1996) bis einschließlich 10. Februar 1996. Begründend führte der Landeshauptmann von Niederösterreich aus, Anlassfall für die Entziehungsmaßnahme der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung sei der Vorfall vom 13. Jänner 1996 gewesen, bei dem der Beschwerdeführer einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im 1. Wiener Gemeindebezirk in der L. Gasse in Betrieb genommen habe, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die durchgeführte Messung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt habe einen Wert von 0,91 (bzw. 0,92) mg/l ergeben. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt, dass er nur die Wohnungsschlüssel aus seinem Fahrzeug habe holen wollen, dieses jedoch nicht in Betrieb genommen habe, ja nicht einmal die Absicht dazu gehabt habe. Nach Wiedergabe der §§ 66 Abs. 1, Abs. 2 lit. e und Abs. 3 erster Halbsatz KFG 1967 gab der Landeshauptmann von Niederösterreich die Aussage des Beschwerdeführers vor der Bundespolizeidirektion Wien anlässlich des Verwaltungsstrafverfahrens sowie die Aussage des Meldungslegers wieder. Letzterer habe angegeben, er habe selbst wahrgenommen, dass das Fahrzeug in Betrieb gewesen sei, er habe die Auspuffgase erkennen können. Er habe erkennen können, dass der Lenker gerade im Begriff gewesen sei, wegzufahren, das Fahrzeug habe sich ein Stück vorwärts bewegt. Er habe den Lenker zu einem Alkoholtest mit Alkomat aufgefordert, dieser Test sei vor Ort durchgeführt worden. Nach Wiedergabe auch der Aussagen der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren angebotenen Zeugen führte der Landeshauptmann von Niederösterreich weiter aus, auf Grund der übereinstimmenden Zeugenaussagen sowie der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers könne unzweifelhaft davon ausgegangen werden, dass er zum gegenständlichen Zeitpunkt in seinem Fahrzeug gesessen sei. Die wiedergegebenen Aussagen der vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen seien nicht geeignet, die Angaben der Anzeige zu entkräften, sei diese doch noch am Tage des Vorfalls verfasst worden und weise die größte Authentizität auf, dies umso mehr, als das "Polizeiauto", nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, neben ihm auf der Gegenfahrbahn stehen geblieben sei und der Meldungsleger unmittelbare Wahrnehmungen hinsichtlich der Inbetriebnahme des Fahrzeuges habe machen können. Daher folge die Berufungsbehörde den in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. Jänner 1996 enthaltenen Ausführungen, welche ihre Bestätigung durch die zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers gefunden hätten, unterliege dieser doch auf Grund seines Diensteides der Wahrheitspflicht und müsse bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen rechnen, überdies habe der Meldungsleger lediglich in Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten gehandelt. Darüber hinaus habe die Berufungsbehörde keinen Anlass zu Zweifeln an den Ausführungen des Meldungslegers, da es einem geschulten Straßenaufsichtsorgan zuzumuten sei eindeutig wahrzunehmen, ob der Motor laufe, Auspuffgase ausströmen und sich ein Fahrzeug ein Stück vorwärts bewege. Eine neuerliche Einvernahme der Zeugen erscheine angesichts der seit dem gegenständlichen Vorfall verstrichenen Zeit und des Umstands, dass bedingt durch die regelmäßig auftretenden Erinnerungslücken keine Änderung gegenüber der Aktenlage zu erwarten gewesen sei, entbehrlich. Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen stehe fest, dass der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen und damit eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 gesetzt habe, welche gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. zu werten sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers müsse als besonders verwerflich angesehen werden, weil durch das Lenken eines Kraftfahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand die Wahrscheinlichkeit, dadurch einen Verkehrsunfall zu verursachen, wesentlich erhöht werde. Da dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung nur in dem vom Gesetz vorgesehenen Umfang entzogen worden sei, sei seiner Berufung keine Folge zu geben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Da das Entziehungsverfahren im vorliegenden Fall bereits im Jahr 1996 eingeleitet worden war, war es gemäß § 41 Abs. 1 FSG nach der bisher geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des KFG 1967 lauteten in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides maßgeblichen Fassung vor der 19. KFG-Novelle (auszugsweise):
"§ 66. Verkehrszuverlässigkeit
(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 2) und ihrer Wertung (Abs. 3) angenommen werden muss, dass sie auf Grund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe
a) die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
...
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand
...
e) ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 SPG zu beurteilen ist,
...
(3) Für die Wertung der im Abs. 1 angeführten Tatsachen sind bei strafbaren Handlungen ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend;
... .
...
§ 73. Entziehung der Lenkerberechtigung
(1) Besitzern einer Lenkerberechtigung, die nicht mehr im
Sinne des § 66 verkehrszuverlässig ... sind ..., ist die
Lenkerberechtigung entsprechend den Erfordernissen der
Verkehrssicherheit ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Gruppen
zu entziehen ... .
(2) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welche
Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. ... .
...
(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e, sofern die Person bei Begehung dieser Übertretung nicht einen Verkehrsunfall verschuldet hat, ist die in Abs. 2 angeführte Zeit mit vier Wochen festzusetzen. ...
...
3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,6 g/l oder mehr oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,8 mg/l oder mehr betragen hat, mit mindestens vier Monaten festzusetzen. ... .
...
Vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung und Androhung der Entziehung
§ 74. (1) Die Lenkerberechtigung ist vorübergehend zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig ... ist ... und anzunehmen ist, dass nach Ablauf von nicht mehr als 18 Monaten die Gründe für die Entziehung nicht mehr gegeben sind. Hiebei finden die Bestimmungen des § 73 sinngemäß Anwendung."
Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde - anders als noch im Verwaltungsverfahren - nicht die Feststellungen der belangten Behörde zum Vorfall vom 13. Jänner 1996, wonach der Beschwerdeführer einen Pkw im 1. Wiener Gemeindebezirk in Betrieb genommen habe, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Auch der festgestellte Atemluftalkoholgehalt von 0,91 mg/l wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Die Beschwerde wendet sich ausschließlich dagegen, dass die belangte Behörde ein anderes Kennzeichen des in Betrieb genommenen Pkw anführt, als dies noch im Mandatsbescheid bzw. im erstinstanzlichen Bescheid der Fall gewesen sei. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Einerseits bestreitet er nämlich überhaupt nicht, dass es sich bei dem von der belangten Behörde nunmehr angegebenen Kennzeichen um dasjenige seines Pkw handelt, im Übrigen stimmt die Angabe der Behörde auch mit der im Verwaltungsakt erliegenden Anzeige der Organe der Bundespolizeidirektion Wien überein.
Auf Grund der unbestrittenen Bescheidfeststellungen, die auf einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung beruhen, hatte die belangte Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 auszugehen. Die Bestätigung der vierwöchigen Entziehungszeit durch die belangte Behörde entspricht der oben wiedergegebenen Rechtslage.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Mai 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999110239.X00Im RIS seit
09.08.2001