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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §11 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der T GmbH in W, vertreten durch Dr. Margarethe Scheed-Wiesenwasser, Rechtsanwalt in Wien XXII, Siebenbürgerstraße 48/11/8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IIIa) vom 20. Dezember 1994, Zl 6/2-2033/91-16, betreffend Umsatzsteuer 1984 und 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer bei der beschwerdeführenden GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde in einem darüber ergangenen Bericht u.a. festgehalten, die Beschwerdeführerin habe für das Jahr 1984 Vorsteuern aus Rechnungen einer W-Handels GmbH, einer P-Handels GmbH sowie einer GB GmbH geltend gemacht. In den Rechnungen seien Programmierarbeiten mit Millionenbeträgen an die geprüfte Gesellschaft verrechnet worden. Bei den rechnungsausstellenden Gesellschaften seien die Vorgänge beim zuständigen Finanzamt weder erklärt noch sei Umsatzsteuer bezahlt worden. Die in Rechnung gestellten Leistungen seien in weiterer Folge von der Beschwerdeführerin in Anwendung des § 6 Z 1 UStG 1972 ohne Umsatzsteuer an ein in Liechtenstein ansässiges Unternehmen weiter fakturiert worden. Bei den rechnungsausstellenden Unternehmen handle es sich um nicht tätige Unternehmen, die in den Rechnungen angegebenen Firmenstandorte existierten nicht, die Geschäftsführer der rechnungsausstellenden Unternehmen seien unbekannten Aufenthaltes. In allen betreffenden Rechnungen fehlten wichtige Angaben über Bankverbindungen und Bankkonten sowie auch über geschäftsübliche Zahlungskonditionen, die Rechnungen der Firma W-Handels GmbH und GB GmbH enthielten keine Telefonnummern oder Telexverbindungen. Nach den Sachverhaltsdarstellungen des geprüften Unternehmens seien die Geschäfte einerseits mit den rechnungslegenden Gesellschaften und andererseits mit der Liechtensteinischen Gesellschaft von einem gewissen Jörn PG eingeleitet worden. Es sei zu Gesprächen gekommen, an denen auch ein gewisser Herr A für die Firma P-Handels GmbH und ein gewisser Herr J für die Firma W-Handels GmbH teilgenommen habe. Schriftliche Aufzeichnungen oder Unterlagen gebe es nicht. Über die Personen, mit denen die Geschäfte abgeschlossen worden sein sollen, habe der Geschäftsführer des geprüften Unternehmens nur sehr wenig aussagen können. Hinsichtlich Jörn PG sei eine Visitenkarte vorgelegt worden, auf welcher eine Adresse in Los Angeles und eine andere in der Bundesrepublik Deutschland aufschiene. Hinsichtlich der beiden anderen Personen habe er keine weiteren Angaben machen können. Der Prüfer gelangte zur Ansicht, dass den betreffenden Geschäften der geprüften Gesellschaft keine tatsächlichen wirtschaftlichen Vorgänge zu Grunde gelegen seien.
Zu den Umsatzsteuervoranmeldungen 1 bis 12/1985 wurden keine Feststellungen getroffen.
Das Finanzamt erließ einen Bescheid, mit welchem entsprechend den Feststellungen und der Würdigung des Prüfers Umsatzsteuervorauszahlungen für den Zeitraum 1 bis 12/1984 festgesetzt wurden, wobei die geltend gemachten Vorsteuern aus den betreffenden Rechnungen nicht als abzugsfähig anerkannt wurden.
Im Jahr 1990 veranlagte das Finanzamt die Beschwerdeführerin ua zur Umsatzsteuer 1984 dementsprechend, wobei begründend auf die abgabenbehördliche Prüfung hingewiesen wurde. Zur Umsatzsteuer 1985 wurde die Beschwerdeführerin entsprechend den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen veranlagt.
In einer dagegen erhobenen Berufung wurde vorgebracht, praktisch sämtliche der im Rahmen der Umsatznachschau beanstandeten Vorgänge seien auf ein "Ursprungsgeschäftsvorhaben" zurückzuführen, in welchem die Beschwerdeführerin ausschließlich die Funktion eines Zwischenhändlers zur Abwicklung eines bereits vom Geschäftspartner Jörn PG abgeschlossenes Geschäftes übernommen habe. Diese Feststellung gelte für alle vom Prüfer getroffenen Beanstandungen der der Firmengruppe angehörenden und in diese Geschäfte involvierten Gesellschaften. Die Struktur der so abgewickelten Geschäfte habe keine Veranlassung mit sich gebracht, sich über die Identität von Lieferfirmen oder Abnehmern über das "tagesübliche, usancenhinausgehende Bemühen" Gedanken zu machen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhaltsmerkmale ließen nach den Erfahrungen des täglichen und wirtschaftlichen Lebens eine Beurteilung als reale Geschäftsvorfälle ernsthaft nicht zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Nach § 11 Abs 1 Z 1 UStG 1972 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
In seinem Erkenntnis vom 24. April 1996, 94/13/0133, 0134, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass § 11 Abs 1 Z 1 UStG 1972 für die eindeutige Feststellung des liefernden (oder leistenden) Unternehmers bei Rechnungslegung nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch die Adresse fordert. Um von einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung im Sinn des § 11 Abs 1 UStG 1972 ausgehen zu können, muss sowohl der richtige Name als auch die richtige Adresse angegeben sein. Es kann die Angabe "nur" einer falschen Adresse nicht als "kleiner", dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler angesehen werden.
Vor diesem Hintergrund rügt die Beschwerdeführerin eine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid zu Unrecht: Der Prüfer hat in seinem Bericht über die bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung ua festgestellt, dass die in den Bezug habenden Rechnungen der P-Handels GmbH angeführten "Firmenstandorte nicht existieren". Auch hinsichtlich der W-Handels GmbH und der GB GmbH habe kein Firmensitz festgestellt werden können. In der Berufung verwies die Beschwerdeführerin zwar auf eigene Bemühungen durch ein beauftragtes Detektivunternehmen, Näheres hinsichtlich der drei Gesellschaften, etwa die Aufenthaltsorte ihrer Geschäftsführer, in Erfahrung zu bringen, behauptete aber selbst nicht, dass die Anschriften der rechnungsausstellenden Gesellschaften zumindest zu den Zeitpunkten der jeweiligen Rechnungsausstellung richtig gewesen seien. Die Beschwerdeführerin meinte vielmehr, die "Struktur" der abgewickelten Geschäfte habe keine Veranlassung mit sich gebracht, sich ua über die Identität der Lieferfirmen über das "tagesübliche, usancenhinausgehende Bemühen" Gedanken zu machen.
Die Verweigerung der Anerkennung der Vorsteuer aus den betroffenen Rechnungen entsprach daher schon wegen des Formalfehlers der fehlenden (richtigen) Adresse dem Gesetz. Ob die im Zusammenhang mit diesen Rechnungen stehenden Umstände es darüber hinaus auch rechtfertigen, von Scheingeschäften auszugehen, kann daher dahingestellt bleiben.
Die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel sind schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Hinsichtlich des Umsatzsteuer 1985 enthält die Beschwerde kein Vorbringen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 30. Mai 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1995130226.X00Im RIS seit
23.10.2001