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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §263 Abs2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/13/0230 E 30. Mai 2001Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der R GmbH in W, vertreten durch Binder, Grösswang & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat X, vom 17. April 1998, Zl. RV/335-17/14/97, betreffend Gewerbesteuer 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
In der gegen den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wird (nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof und antragsgemäßer Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. September 1998, B 980/98-3) u.a. "Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen der ungerechtfertigten Heranziehung von Stellvertretern" geltend gemacht. Dazu wird ausgeführt, es liege "auch deshalb" eine gesetzwidrige Zusammensetzung des erkennenden Berufungssenates X vor, weil an der Berufungsentscheidung Herr H.M. und Herr Mag. W.E. mitgewirkt hätten. Beide Herren seien dem Senat X nicht als Mitglieder, sondern bloß als Stellvertreter zugewiesen. Ihre Mitwirkung komme daher nur dann in Betracht, wenn alle entsendeten Mitglieder des Berufungssenates verhindert seien. Dafür finde sich aber im angefochtenen Bescheid und auch sonst kein Anhaltspunkt. Die Verhinderung aller Senatsmitglieder sei auch höchst unwahrscheinlich, weil dem Berufungssenat X aus der Gruppe der entsendeten Mitglieder 36 Personen zugewiesen seien.
Zusammen mit den Verwaltungsakten übermittelte die belangte Behörde die "Geschäftsverteilung der Berufungssenate der Berufungskommissionen in Abgabensachen für die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland" (Stand 1. März 1998).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 270 Abs. 3 BAO entscheidet über Berufungen gemäß § 260 Abs. 2 leg. cit. ein fünfgliedriger Berufungssenat, der sich aus dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion oder einem von ihm bestimmten Finanzbeamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern zusammensetzt. Von den Beisitzern haben einer der Gruppe der ernannten und drei der Gruppe der entsendeten Mitglieder der Berufungskommission anzugehören. Ein Mitglied muss von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbstständiger Berufe, ein weiteres von einer gesetzlichen Berufsvertretung unselbstständiger Berufe entsendet sein, während das dritte Mitglied von der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers entsendet sein soll.
Nach § 263 Abs. 2 BAO besteht die Berufungskommission aus zwei Gruppen von Mitgliedern, welche in je einer Liste zu vereinigen sind. Die erste Gruppe setzt sich aus den von den gesetzlichen Berufsvertretungen entsendeten, im jeweiligen Bundesland wohnhaften Mitgliedern zusammen, wobei das Bundesministerium für Finanzen die Zahl der von den einzelnen Berufsvertretungen zu entsendenden Mitglieder unter Berücksichtigung der Bedeutung der Berufsgruppen für die Steuerleistungen im Bundesland bestimmt. Die Mitglieder der zweiten Gruppe werden in erforderlicher Anzahl vom Bundesministerium für Finanzen ernannt. Abs. 3 des eben zitierten § 263 BAO bestimmt, dass neben den Mitgliedern der Berufungskommission nach den Grundsätzen des Abs. 2 leg. cit. die gleiche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen und gleichfalls in je einer Liste zu vereinigen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. März 2001, 99/14/0105, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1999, 98/13/0153, ausgeführt hat, sind Stellvertreter zur Mitwirkung im Berufungssenat nach § 270 Abs. 3 BAO erst dann heranzuziehen, wenn alle Mitglieder an der Mitwirkung verhindert sind. Die Verhinderung aller Mitglieder ist von der belangten Behörde (zumindest aktenintern eindeutig und nachvollziehbar) darzutun.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass aus der Gruppe der entsendeten Mitglieder zwei nur als Stellvertreter bestellte Mitglieder im erkennenden Berufungssenat X mitgewirkt haben. Dass die entsendeten Mitglieder laut der von der belangten Behörde vorgelegten Geschäftsverteilung für den Berufungssenat X tatsächlich an der Mitwirkung verhindert gewesen wären, behauptet die belangte Behörde in der Gegenschrift im Ergebnis nicht. Überlegungen betreffend Auswahl der Mitglieder im Hinblick auf das "Rotationsprinzip bzw. die gleichmäßige Auslastung der Senatsmitglieder" vermögen die tatsächliche Verhinderung von Senatsmitgliedern nicht darzutun. Dasselbe gilt für die Ausführungen in der Gegenschrift, wonach der Beisitzer H.M., der von Beruf Karosseriebaumeister sei, wegen seines beruflichen Wissens für einen am betreffenden Verhandlungstag angesetzten - anderen - Berufungsfall "von Vorteil sein konnte" oder der Beisitzer Mag. W.E. wegen seines Berufes als Steuerberater - nicht zuletzt infolge des gegenständlichen Rechtsproblems - einberufen worden sei (zu diesem Vorbringen ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass nach der vorgelegten Geschäftsverteilung sämtliche entsendeten Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder - denen Mag. W.E. als Stellvertreter angehörte - Steuerberater sind).
Da der Berufungssenat X, der den angefochtenen Bescheid beschlossen hat, damit - schon deshalb - nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. dazu auch das an die Beschwerdeführerin ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 2001, 98/15/0208). Auf das im Sinn der Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1999, 98/13/0153, ebenfalls berechtigt erscheinende Beschwerdevorbringen wegen "Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen der ungerechtfertigten Vorsitzführung durch OR Dr. W." sowie "Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen der ungerechtfertigten Heranziehung von nicht dem Senat angehörenden Mitgliedern oder Stellvertretern" (konkret wird hier das ernannte Senatsmitglied Dr. J. L. angesprochen) war im Beschwerdefall nicht weiter einzugehen. Zur in der Beschwerde ebenfalls monierten "Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen Überbesetzung der Berufungssenate" wird der Vollständigkeit halber ebenfalls auf das letztzitierte Erkenntnis sowie zur weiters gerügten "Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen der ungerechtfertigten Heranziehung von nicht an erster Stelle genannten Mitgliedern" auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 2001, 98/15/0215, verwiesen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die gesondert geltend gemachte Umsatzsteuer, die im
pauschalierten Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung bereits enthalten ist.
Wien, am 30. Mai 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998130229.X00Im RIS seit
23.10.2001