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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §263 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde 1. des Dr. R und 2. der V R, beide vertreten durch Dr. Renate Steiner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 18-20/50, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 7. Mai 1999, RV/269-16/02/97, betreffend Umsatzsteuer für 1992 bis 1995 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1992 bis 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid wird u.a. ausgeführt, die belangte Behörde (Berufungssenat V) sei im gegenständlichen Fall insofern rechtswidrig zusammengesetzt gewesen, als Dr. R, Dr. P und Dipl.Ing. H an der Entscheidung mitgewirkt hätten. Dr. R, Dr. P und Dipl.Ing. H seien dem Berufungssenat V nicht als entsendete Mitglieder, sondern bloß als entsendete Stellvertreter zugewiesen. Dem angefochtenen Bescheid fehle jegliche Begründung, weshalb aus dem Kreis der entsendeten Mitglieder nur Stellvertreter in den Senat aufgenommen worden seien. Der angefochtene Bescheid sei infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
In ihrer Gegenschrift bringt die belangte Behörde vor, es seien zunächst "aus Zufall und nicht mit Absicht" vier Senatsmitglieder (AS, EA, Mag. T und OT) ausgewählt und kontaktiert worden. AS und EA seien für den vorgesehenen Sitzungstermin verhindert gewesen, Mag. T und OT seien telefonisch nicht erreicht worden. Infolgedessen sei Dr. R als Vertreter des AS, Dr. P als Vertreter von Mag. T und Dipl.Ing. H als Vertreter von OT dem Senat beigezogen worden. Zugleich legte die belangte Behörde einen Auszug aus dem Geschäftsverteilungsplan vor. Aus diesem geht hervor, dass dem "Berufungssenat V" 24 entsendete Mitglieder angehören.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 270 Abs. 3 BAO entscheidet über Berufungen gemäß § 260 Abs. 2 leg. cit. ein fünfgliedriger Berufungssenat, der sich aus dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion oder einem von ihm bestimmten Finanzbeamten als Vorsitzendem und vier Beisitzern zusammensetzt. Von den Beisitzern haben einer der Gruppe der ernannten und drei der Gruppe der entsendeten Mitglieder der Berufungskommission anzugehören. Ein Mitglied muss von einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe, ein weiteres von einer gesetzlichen Berufsvertretung unselbständiger Berufe entsendet sein, während das dritte Mitglied von der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers entsendet sein soll.
Nach § 263 Abs. 2 BAO besteht die Berufungskommission aus zwei Gruppen von Mitgliedern, welche in je einer Liste vereinigt sind. Die erste Gruppe setzt sich aus den von den gesetzlichen Berufsvertretungen entsendeten, im jeweiligen Bundesland wohnhaften Mitgliedern zusammen, wobei das Bundesministerium für Finanzen die Zahl der von den einzelnen Berufsvertretungen zu entsendenden Mitglieder unter Berücksichtigung der Bedeutung der Berufsgruppen für die Steuerleistung im Bundesland bestimmt. Die Mitglieder der zweiten Gruppe werden in erforderlicher Anzahl vom Bundesministerium für Finanzen ernannt. Abs. 3 des § 263 BAO bestimmt, dass neben den Mitgliedern der Berufungskommission nach den Grundsätzen des Abs. 2 leg. cit. die gleiche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen und gleichfalls in je einer Liste zu vereinigen sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 15. September 1999, 98/13/0153, ausgesprochen, dass Stellvertreter zur Mitwirkung in Berufungssenaten erst dann heranzuziehen sind, wenn alle Mitglieder an der Mitwirkung verhindert sind. Die Verhinderung aller Mitglieder ist von der belangten Behörde darzutun (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2000/14/0053 und 2000/14/0056).
Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid und auch aus der Gegenschrift ergibt, hat die belangte Behörde weder die Verhinderung aller von den gesetzlichen Berufsvertretungen unselbständiger Berufe noch die Verhinderung aller von den gesetzlichen Berufungsvertretungen der selbständigen Berufe in die Berufungskommission entsendeten, dem Berufungssenat V zugewiesenen Mitglieder dargetan. Mit dem Vorbringen, dass zwei Mitglieder verhindert und zwei Mitglieder an einem näher genannten Tag telefonisch nicht erreichbar gewesen seien, wird die Verhinderung aller Mitglieder nicht aufgezeigt. Die Mitwirkung von stellvertretenden Mitgliedern an der Entscheidung des Berufungssenates V erweist sich daher als rechtswidrig.
Da der Berufungssenat V, der den angefochtenen Bescheid beschlossen hat, nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Die Entscheidung konnte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gefällt werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Mai 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000130010.X00Im RIS seit
23.10.2001