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21 Handels- und WertpapierrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / BescheidLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde gegen ein Schreiben der Bundes-Wertpapieraufsicht betreffend die Meldepflicht von Wertpapiergeschäften der beschwerdeführenden Genossenschaft mangels eines tauglichen BeschwerdegegenstandesSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich gegen ein Schreiben der Bundes-Wertpapieraufsicht vom 10. Februar 1998 folgenden Inhalts:
"Betreff: Meldepflicht von Wertpapiergeschäften, Ihre Anfrage vom 3.12.1998
Sehr geehrter Herr Mag. P,
bezugnehmend auf o.a. Anfrage erlauben wir uns Ihnen, nach Einholung einer Rechtsauskunft vom Finanzministerium, wie folgt mitzuteilen: Ihr Institut unterliegt der Meldepflicht gem. §10 Wertpapieraufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 753/1996 i.d.j.g.F., und damit hat eine Meldung an die Bundes-Wertpapieraufsicht zu erfolgen, sofern es sich um ein Geschäft mit einem meldepflichtigen Instrument gem. §4 Wertpapier-Meldeverordnung, BGBl. Nr. 172/1997 i.d.j.g.F., handelt.
Mit freundlichen Grüßen
BUNDES-WERTPAPIERAUFSICHT"
Die Erledigung trägt die Unterschriften einer stellvertretenden Direktorin und einer Abteilungsleiterin der Bundes-Wertpapieraufsicht.
Die beschwerdeführende Genossenschaft wertet dieses Schreiben als Bescheid, mit dem ihre Meldepflicht gemäß §10 WertpapieraufsichtsG festgestellt wird, und beantragt in ihrer Beschwerde dessen kostenpflichtige Aufhebung, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Sie erachtet sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt.
2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt. Sie bestreitet in ihrer Gegenschrift ebenso wie der vom Verfassungsgerichtshof zur Stellungnahme eingeladene Bundesminister für Finanzen die Bescheidqualität des in Beschwerde gezogenen Schreibens vom 18. Februar 1998.
Hierauf hat die beschwerdeführende Gesellschaft repliziert.
II. Die Beschwerde ist unzulässig:
1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen (letztinstanzliche) Bescheide von Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate. Verwaltungsbehörden im Sinne dieser Verfassungsbestimmung sind auch ausgegliederte Rechtsträger, denen hoheitliche Befugnisse übertragen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt einer - nicht in Form eines Bescheides ergangenen - Erledigung einer Verwaltungsbehörde der zur Begründung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes unerläßliche Bescheidcharakter dann zu, wenn sich aus ihrem maßgebenden Inhalt eindeutig ergibt, daß die Behörde gegenüber individuell bestimmten Personen normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat (vgl. zB VfSlg. 4986/1965, 9244/1981, 11077/1986, 11415/1987, 12753/1991 und 14152/1995). Aus der Erledigung muß deutlich der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. zB VfSlg. 8560/1979, 10119/1984). Ob dies der Fall ist, kann sich auch daraus ergeben, ob die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen (vgl. VfSlg. 9520/1982 und 13642/1993).
2. Ausgehend von dieser Rechtsprechung - von der abzugehen kein Anlaß besteht - und vor dem Hintergrund des Wertpapieraufsichtsgesetzes, insbesondere dessen §10 Abs1, der die meldepflichtigen Institute hinreichend bezeichnet und eine bescheidmäßige Feststellung nicht vorsieht, ist das bekämpfte Schreiben nicht als Bescheid iSd Art144 Abs1 B-VG zu qualifizieren:
Es erging nicht in der äußeren Form eines Bescheides (ist weder mit "Bescheid" überschrieben noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert) und läßt nach seinem Gesamtbild nicht erkennen, daß eine Verwaltungsangelegenheit in einer der rechtskraftfähigen Weise normativ geregelt, also für den Einzelfall ein Rechtsverhältnis bindend gestaltet oder festgestellt werden soll.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ein gleichlautendes Schreiben der Wertpapieraufsicht in seinem Beschluß vom 25.5.1998, Z98/17/0107, folgendermaßen beurteilt:
"Für das Vorliegen einer Rechtsbelehrung spricht die in dieser Erledigung gebrauchte Anrede 'Sehr geehrter Herr Mag. F' und die abschließenden freundlichen Grüße (vgl. den hg. Beschluß vom 19. Februar 1992, Zl. 92/12/0025, sowie das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0052) sowie vor allem die Wendung 'erlauben wir uns Ihnen ... wie folgt mitzuteilen:' und die Bezugnahme auf eine Anfrage der Beschwerdeführerin. Es kann daher aus dem Gesamtzusammenhang keinesfalls abgeleitet werden, daß die belangte Behörde den Willen hatte, über einen Antrag der Beschwerdeführerin hoheitlich abzusprechen; es spricht aber auch nichts dafür, daß die belangte Behörde die genannte 'Anfrage' der Beschwerdeführerin zum Anlaß genommen hätte, von Amts wegen über die Frage der Meldepflicht abzusprechen (vgl. den hg. Beschluß vom 17. Dezember 1985, Zl. 83/05/0055)."
Der Verfassungsgerichtshof schließt sich dieser Auffassung an.
Die Beschwerde ist daher in Ermangelung eines tauglichen Beschwerdegegenstandes wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lita VerfGG).
Bei diesem Ergebnis ist der unter einem gestellte (Eventual)Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, abzuweisen, weil eine solche Abtretung gemäß Art144 Abs3 und §87 Abs3 VerfGG nur für den - hier nicht gegebenen - Fall vorgesehen ist, daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ablehnt oder in der Sache selbst abweislich erkennt, nicht aber auch für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde.
Schlagworte
Bescheidbegriff, WertpapierrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B716.1998Dokumentnummer
JFT_10019072_98B00716_00