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E2D Assoziierung Türkei;Norm
61989CJ0192 Sevince VORAB;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des am 10. November 1956 geborenen CC in Wien, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. April 2001, Zl. 118.987/10-III/11/00, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. April 2001 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Türkei, vom 20. April 2000 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 9. April 1992 mit einem Einreisesichtvermerk mit Geltungsdauer vom 7. April 1992 bis 18. April 1992 in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Dieser Sichtvermerk sei dem Beschwerdeführer nur in Verbindung mit einem Flugticket und mit dem Vermerk "Besucher-Tourist" ausgestellt worden. Er habe dem Beschwerdeführer sohin nicht gestattet, sich im Bundesgebiet auf Dauer niederzulassen.
Der Beschwerdeführer habe am 17. April 1992 einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt. Dieser Antrag sei mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Oktober 1995 abgewiesen worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei mit einem Erkenntnis vom 12. März 1998 als unbegründet abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer verfüge daher über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz mehr. Die hierüber ausgestellte Bescheinigung sei am 22. Mai 1998 vom Bundesasylamt eingezogen worden.
Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung des Beschwerdeführers genieße dieser nicht die Rechte des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB). Ein solches Recht hätte nämlich vorausgesetzt, dass der Beschwerdeführer über einen Titel verfügt hätte, der ihn zur dauernden Niederlassung im Bundesgebiet berechtigt hätte. Das vorläufige Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz reiche nicht aus, um die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen des Art. 6 ARB zu erfüllen. An dieser Beurteilung vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer über eine ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung mit Geltungsdauer bis 16. Juli 2005 verfüge.
Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher als Erstantrag zu werten. Der Beschwerdeführer hätte ihn gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 vor seiner Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen gehabt. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch im Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich befunden. Damit sei der Erfolgsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 nicht Genüge getan. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.
In ständiger Rechtsprechung vertrete der Verwaltungsgerichtshof zu § 14 Abs. 2 FrG 1997 die Auffassung, dass die Antragstellung vor der Einreise auch für ehemalige Asylwerber - trotz eventueller Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - von wesentlicher Bedeutung sei und eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung zur Abweisung des Antrages führe. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch in Hinblick auf Art. 8 MRK, entbehrlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 14 Abs. 2, § 23 Abs. 1 und 5 sowie § 30 Abs. 3 FrG 1997
lauten (auszugsweise):
"§ 14. ...
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ...
...
§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...
...
(5) Eine weitere Niederlassungsbewilligung ist auch solchen Fremden auf Antrag zu erteilen, die auf Dauer niedergelassen bleiben, für die Niederlassung aber deshalb bisher keiner Niederlassungsbewilligung bedurften, weil sie auf Grund des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zum dauernden Aufenthalt berechtigt waren, ...
...
§ 30. ...
...
(3) Niedergelassene, sichtvermerkspflichtige Drittstaatsangehörige, die auf Grund eines Staatsvertrages, eines Bundesgesetzes oder eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union ein Bleiberecht genießen, haben nach Maßgabe dieses Staatsvertrages, Bundesgesetzes oder Rechtsaktes Anspruch auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels."
§ 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG in der auch am 24. April 2000 (dem in der Beschwerde behaupteten Datum der Ausstellung des Befreiungsscheines des Beschwerdeführers) in Geltung gestandenen und nach wie vor geltenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 lautet:
"§ 15. (1) Einem Ausländer ist auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn
1. der Ausländer während der letzten acht Jahre
mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war, oder
..."
Art. 6 Abs. 1 ARB lautet:
"Artikel 6
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den
freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der
türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines
Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat
- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung
Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen
Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung -
vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
-
nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung
freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis."
Die belangte Behörde wertete den Antrag des Beschwerdeführers vom 20. April 2000 als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung.
Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, er sei nach Art. 6 Abs. 1 ARB bleibeberechtigt, weshalb ihm gemäß § 30 Abs. 3 FrG 1997 ein weiterer Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre.
Freilich kam dem Beschwerdeführer ein solches Bleiberecht auf Basis der unangefochtenen Tatsachenfeststellungen im Bescheid der belangten Behörde nicht zu:
Gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB haben türkische Arbeitnehmer, die dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehören, nach einem, drei bzw. vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht, auf bestimmte Weise weiterhin auf dem Arbeitsmarkt zu verbleiben. Art. 6 Abs. 1 ARB regelt zwar lediglich die beschäftigungsrechtliche und nicht auch ausdrücklich die aufenthaltsrechtliche Stellung von türkischen Arbeitnehmern, jedoch sind beide Aspekte der persönlichen Situation von diesen eng miteinander verknüpft. Indem die fraglichen Bestimmungen diesen Arbeitnehmern nach einem bestimmten Zeitraum ordnungsgemäßer Beschäftigung in dem betreffenden Mitgliedstaat das Recht auf Verlängerung einer Arbeitserlaubnis bzw. auf Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber, im gleichen Beruf oder auf dem gesamten Arbeitsmarkt gewähren, implizieren sie zwangsläufig, dass den türkischen Arbeitnehmern zumindest zu diesem Zeitpunkt ein Aufenthaltsrecht zusteht; andernfalls wäre das Recht, das sie diesen Arbeitnehmern zuerkennen, völlig wirkungslos. Auf das Aufenthaltsrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB können sich jedoch nur solche türkische Arbeitnehmer berufen, die zunächst während der in dieser Bestimmung angeführten Zeiträume von ein, drei oder vier Jahren auf die dort näher umschriebene Weise ordnungsgemäß beschäftigt waren. Dies setzt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften "eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt voraus". Während der in Art. 6 Abs. 1 ARB genannten Zeiträume muss somit sowohl die Beschäftigung des betroffenen türkischen Arbeitnehmers in Einklang mit den arbeitserlaubnisrechtlichen, als auch sein Aufenthalt in Einklang mit den nicht nur eine vorübergehende Position sichernden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates gestanden haben. Erst wenn dann der betreffende türkische Arbeitnehmer im Anschluss an einen derartigen Zeitraum ordnungsgemäßer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt verbleibt, kann er sich hinsichtlich des Rechts zur Fortsetzung dieser ordnungsgemäßen Beschäftigung sowie des diesem Zweck dienenden Rechts auf Aufenthalt auf Art. 6 Abs. 1 ARB berufen. Diese Voraussetzungen erfüllen Fremde, die eine - wenn auch allenfalls in Einklang mit den Bestimmungen des AuslBG stehende - Beschäftigung ausüben, dann nicht, wenn ihr Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet bloß auf Grund einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung besteht. Die letztgenannte Berechtigung vermittelt nämlich keine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften. Das asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsrecht endet nämlich nach den maßgeblichen asylrechtlichen Bestimmungen mit dem - zu einem ungewissen Zeitpunkt eintretenden - Abschluss des Asylverfahrens (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 6. November 1998, Zl. 96/21/0806, mit Zitaten der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften).
An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 30. September 1997, C-36/96, Guenaydin, nichts zu ändern. Nach diesem Urteil steht es der Annahme einer ordnungsgemäßen Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB nicht entgegen, wenn dem betroffenen Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat (lediglich) befristete und mit Bedingungen versehene Aufenthalts- und/oder Arbeitserlaubnisse ausgestellt wurden (Rz 48 dieses Urteiles). Ein türkischer Staatsangehöriger ist somit auch dann ordnungsgemäß beschäftigt, wenn ihm im Aufnahmemitgliedstaat die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit bei einem namentlich bezeichneten Arbeitgeber nur vorübergehend und nur zu dem Zweck, sich mit einer Tätigkeit in einem Tochterunternehmen seines Arbeitgebers in der Türkei vertraut zu machen und sich auf sie vorzubereiten, erlaubt worden ist und ihm Arbeits- und Aufenthaltserlaubnisse nur zu diesem Zweck erteilt worden sind (Rz 55 dieses Urteiles). Es stellt nach dem Inhalt dieses Urteiles auch keinen Rechtmissbrauch dar, wenn ein türkischer Arbeitnehmer seinen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat verlängern will, obwohl er sich zunächst ausdrücklich mit der Beschränkung seines Aufenthaltes einverstanden erklärt hatte (Rz 61 dieses Urteiles).
Diesem Fall lag freilich eine Konstellation zu Grunde, in welcher dem türkischen Arbeitnehmer jeweils eine befristete und vorübergehende Arbeits- bzw. Aufenthaltserlaubnis erteilt worden war. Im Gegensatz zu einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz war aber zumindest für die im Voraus bestimmte Dauer dieser befristeten und vorübergehenden Aufenthalts- bzw. Arbeitsgenehmigung eine gesicherte Position am Arbeitsmarkt vorhanden. So führte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in diesem Urteil (Rz 46) ausdrücklich aus:
"Dagegen ist in einem Fall, wie er im Ausgangsverfahren vorliegt, festzustellen, dass das Aufenthaltsrecht des türkischen Arbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat in keiner Weise streitig war und dass er sich nicht in einer Situation befand, die nur vorläufig war und jederzeit hätte in Frage gestellt werden können, denn ihm war im November 1986 gestattet worden, in diesem Staat ohne Unterbrechung bis zum 30. Juni 1990 eine tatsächliche und echte unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, sodass seine Rechtsstellung während dieses gesamten Zeitraums gesichert war."
Eine solche Konstellation lag beim Beschwerdeführer in Ansehung seines vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsrechtes aber nicht vor, weil dieses, wie bereits oben ausgeführt, mit dem zu einem ungewissen Zeitpunkt eintretenden Abschluss des Asylverfahrens endet.
Der dem Beschwerdeführer nach § 24 Abs. 1 lit. a des Passgesetzes 1969 erteilte Sichtvermerk war schon von seiner Geltungsdauer her nicht geeignet, dem Beschwerdeführer ein im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB relevantes Aufenthaltsrecht zu verschaffen.
Im Gegensatz zu der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung wird durch die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG nicht in einer andere Behörden bindenden Weise über die Frage abgesprochen, ob ein türkischer Arbeitnehmer die Rechte des Art. 6 Abs. 1 ARB genießt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch darauf zu verweisen, dass türkischen Arbeitnehmern, die die Rechte des Art. 6 Abs. 1 ARB genießen, Befreiungsscheine gemäß § 4c AuslBG und nicht nach § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG auszustellen sind.
Nach dem Vorgesagten konnte sich der Beschwerdeführer also auf die Bestimmung des § 30 Abs. 3 FrG 1997 nicht berufen, weil ihm ein aus Europarecht abgeleitetes Bleiberecht nicht zukam.
Gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 wäre dem Beschwerdeführer dann eine weitere Niederlassungsbewilligung zu erteilen gewesen, wenn er nach Ablauf der Gültigkeitsdauer einer ihm erteilten Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen geblieben wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0195, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, kann ein gemäß § 24 Abs. 1 lit. a des Passgesetzes 1969 ausgestellter gewöhnlicher Sichtvermerk unter bestimmten Voraussetzungen einer Niederlassungsbewilligung im Sinne des § 23 Abs. 1 FrG 1997 gleichzuhalten sein. Dies ist jedoch nach dem zitierten Erkenntnis dann nicht der Fall, wenn die Geltungsdauer eines solchen gewöhnlichen Sichtvermerkes derart kurz bemessen war, dass die Annahme, er berechtige zur Niederlassung auf Dauer, von vornherein auszuschließen ist. Dies gilt wiederum dann, wenn die Geltungsdauer desselben sechs Wochen nicht überschreitet und in der Folge auch keine weiteren damit in zeitlichen Zusammenhang zu bringenden Titel zum Aufenthalt erteilt wurden.
Damit ist aber klargestellt, dass der hier dem Beschwerdeführer ausgestellte gewöhnliche Sichtvermerk nach dem Passgesetz schon von seiner Geltungsdauer her nicht zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung an den Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 führen konnte.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, darlegte, eröffnet auch der Umstand, dass ein Fremder während der Dauer seines Asylverfahrens zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, nicht die Möglichkeit der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 5 FrG 1997.
Die belangte Behörde wertete den Antrag des Beschwerdeführers daher zutreffend als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung.
Im Übrigen tritt der Beschwerdeführer der Feststellung der belangten Behörde, er habe sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Inland aufgehalten, nicht entgegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in seinem Erkenntnis vom 25. Februar 2000, Zl. 99/19/0207, ausführte, handelt es sich bei Fremden, die nach dem Asylgesetz 1991 oder 1997 vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, nicht um solche, die im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 bereits niedergelassen sind und bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigten.
Auch der dem Beschwerdeführer erteilte Befreiungsschein vermag die Anwendbarkeit dieser Ausnahmebestimmung nicht zu begründen, weil das Fremdengesetz 1997 auch für eine derartige Fallkonstellation keine Grundlage für eine Inlandsantragstellung bietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2000, Zl. 2000/19/0043). Wenn der Beschwerdeführer die Tatsache, dass ihm zwar eine ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung erteilt, die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung jedoch verweigert wurde, als "rechtliche Absurdität" bezeichnet, so ist ihm zu entgegnen, dass sich diese Konsequenz aus der - verfassungsrechtlich jedenfalls unbedenklichen - Entscheidung des Gesetzgebers ergibt, unterschiedliche Behörden mit dem Vollzug des Einwanderungsrechtes und des Ausländerbeschäftigungsrechtes (welche Rechtsgebiete wiederum ihrerseits unterschiedliche öffentliche und private Interessen berücksichtigen) zu betrauen, sodass den diesbezüglichen Äußerungen des Beschwerdeführers lediglich rechtspolitische Bedeutung zukommen könnte.
Demnach war für den Beschwerdeführer § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 maßgebend. Diese Anordnung gilt nämlich auch für Fremde, die vor ihrer Antragstellung auf Erteilung einer Bewilligung während der Dauer eines Asylverfahrens vorläufig aufenthaltsberechtigt waren (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000).
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist.
Diese Voraussetzungen hat der Beschwerdeführer nicht erfüllt, sodass die Abweisung seines Antrages nicht als inhaltlich rechtswidrig zu erkennen ist.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK relevante Feststellungen zu seiner privaten und familiären Situation zu treffen.
Auch diese Rüge erweist sich als nicht gerechtfertigt. Wie schon der Gesetzgeber des Aufenthaltsgesetzes hat auch der Gesetzgeber des Fremdengesetzes 1997 auf die Fälle des Verlustes des Asyls Bedacht genommen, indem er in diesen Fällen gemäß § 23 Abs. 5 FrG 1997 die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung vorsieht. Damit hat auch der Gesetzgeber des Fremdengesetzes 1997 auf die durch einen berechtigten Aufenthalt von Flüchtlingen und Asylwerbern begründeten Interessen in Österreich Bedacht genommen und sich bewusst dafür entschieden, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls, nicht aber der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung während der Dauer des Asylverfahrens, zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde kam daher unter dem Gesichtspunkt eines vorläufigen Aufenthaltsrechts des Beschwerdeführers nach dem Asylgesetz 1991 oder 1997 nicht in Betracht. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt, sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden. Die insofern gegenüber dem Aufenthaltsgesetz gleich gebliebene Zielvorstellung des Fremdengesetzes 1997, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen. Eine Einschränkung des durch Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes des Beschwerdeführers auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch seinen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch die vorliegende, auf § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 gestützte abweisliche Entscheidung wäre aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer ein solches Recht überhaupt zukäme (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 8. September 2000).
Nach dem Vorgesagten ist auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers unterlassen, der Boden entzogen.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 1. Juni 2001
Gerichtsentscheidung
EuGH 61989J0192 Sevince VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001190035.X00Im RIS seit
07.08.2001Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011