Wie oben bereits erwähnt, hat die Erstbehörde die Mutter des Beschuldigten, welche Anzeigelegerin war, als Zeugin zum Sachverhalt einvernommen. Im gegenständlichen Fall stellt sich das Problem der Verwertung eines (ausschließlichen) Beweismittels (hier: Zeugeneinvernahme), das im erstinstanzlichen Verfahren ohne Beiziehung des Beschuldigten von der Erstbehörde aufgenommen wurde. Artikel 6 MRK schließt zwar die Verlesung derartiger Protokolle nicht grundsätzlich aus, gebietet aber, bei ihrer Verwertung die Anforderungen eines fairen Verfahrens zu beachten, was bedeutet, daß dem Beschuldigten kein Nachteil für seine Verteidigung daraus erwachsen darf, daß er in seinem Fragerecht beschränkt ist. Bei einer Analyse der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Europäischen Kommission für Menschenrechte ergeben sich mehrere Kriterien, die für die Verwertung von früheren Vernehmungsprotokollen als maßgeblich erachtet werden, u.a. auch jenes, daß die Verurteilung nicht ausschließlich oder auch nur in wesentlichem Ausmaß auf den mittelbaren Beweis gestützt werden darf (siehe Thienel, das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage 1992, Seite 309 f). Dies ist im gegenständlichen Fall deshalb beachtenswert, weil der Beschuldigte im erstinstanzlichen Verfahren keine Gelegenheit hatte, Fragen an den ihn belastenden Zeugen zu stellen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des VwGH vom 23.3.1994, Zl. 94/09/0047). Im Hinblick darauf, daß die Mutter des Beschuldigten im gegenständlichen Fall der einzige Zeuge ist, der eine Aussage darüber machen kann, was der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt tatsächlich getan hat, dieser Zeuge jedoch im Berufungsverfahren von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht hat, andererseits im erstinstanzlichen Verfahren für den Beschuldigten keine Möglichkeit bestand, Fragen an diesen Zeugen zu stellen, ist der Verwaltungssenat unter Hinweis auf das Obgesagte zum Ergebnis gelangt, daß dem Beschuldigten in rechtlich einwandfreier Weise nicht nachgewiesen werden kann, daß er die ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Last gelegte Tat begangen hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.