TE Vfgh Beschluss 1998/9/29 B1311/98

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Veröffentlicht am 29.09.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Zurückweisung der Beschwerde als verspätet

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit dem am 20. Juli 1998 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG und erhebt unter einem Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. April 1998, GZ 6106/172-II/4/97.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird folgendes vorgebracht:

Der genannte Bescheid sei dem Einschreiter am 25. April 1998 zugestellt worden, die Frist für eine Beschwerdeerhebung an den Verfassungsgerichtshof sei somit am 6. Juli 1998 abgelaufen.

Der Beschwerdeführer habe gewußt, daß eine Reihe seiner Kollegen gleichartige Entscheidungen des Bundesministers für Inneres beim Verfassungsgerichtshof angefochten hatten. Er sei sich zunächst nicht darüber im Klaren gewesen, ob er ebenfalls Beschwerde erheben solle. Er habe sich erst am 1. Juli 1998 definitiv dazu entschloßen. Mit Schreiben vom selben Tag habe er daraufhin Oberst P, der in dieser Angelegenheit die Koordination für alle gleichermaßen Betroffenen und an einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof interessierten Kollegen übernommen hatte, um Beauftragung des "Rechtsanwaltsbüros Dr. R" ersucht.

Die weiteren Gegebenheiten seien dem Einschreiter erst im nachhinein, nämlich am 9. Juli 1998 durch Telefonate zur Kenntnis gelangt. Auf diese Weise habe er erfahren, daß sein Schreiben vom 1. Juli 1998 am 3. Juli 1998 in der Kanzlei des Oberst P eingelangt sei. Dieser habe sich jedoch im Urlaub befunden und seinen Mitarbeiter K R beauftragt, in Fällen der gegenständlichen Art (einlangende) Bescheide sofort an Dr. R weiterzuleiten. K R hätte jedoch noch nicht die Erfahrung gemacht, daß einer der Betroffenen so knapp vor Fristablauf um Beschwerdeveranlassung ersucht und habe daher gemeint, die Briefsendung des Beschwerdeführers könne bis zur Urlaubsrückkehr des Obersts P liegen bleiben. Darüber hinaus sei R verfehlterweise von dessen Urlaubsrückkehr am 6. Juli 1998 ausgegangen, während Oberst P tatsächlich erst am 7. Juli 1998 seinen Dienst antrat. Dementsprechend sei die Beschwerdefrist bereits abgelaufen gewesen, als dieser am 7. Juli 1998 die Briefsendung des Beschwerdeführers vorfand. Er habe sie dennoch an die Kanzlei des Beschwerdevertreters weitergeleitet, dort sei sie am 9. Juli 1998 eingelangt.

In dieser Angelegenheit sei zu beachten, daß die zu erhebende Beschwerde so gestaltet werden sollte, wie sie der beauftragte Rechtsanwalt bereits in mehreren Fällen mit weitgehend gleichem Inhalt verfaßt und eingebracht hatte. Es hätte daher kein erhebliches Problem dargestellt, wenn der Auftrag dazu (samt Unterlagen) erst am letzten Tag der Frist beim Rechtsanwalt eingelangt wäre. Ausgehend davon sei dem Beschwerdeführer auch nicht als Verschuldenselement zuzurechnen, daß er die rechtsanwaltliche Beauftragung erst durch sein Schreiben vom 1. Juli 1998 in die Wege geleitet habe. Die Fristeinhaltung wäre trotzdem gewährleistet gewesen, wenn nicht besondere - unvorhergesehene - Umstände hinzugekommen wären.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist nicht begründet.

2.1. Gemäß §33 VerfGG 1953 kann in Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.

Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Darunter ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).

2.2. Schon nach dem Antragsvorbringen besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Fristversäumung auf leichter Fahrlässigkeit beruhen könnte. Es handelt sich nicht bloß um einen minderen Grad des Versehens, wenn der Einschreiter, wiewohl ihm - wie er selbst einräumt - die besondere Dringlichkeit der Angelegenheit bewußt war, es dabei bewenden ließ, einen Kollegen, der es übernommen hatte, die Beschwerdeverfassung durch den in Aussicht genommenen Rechtsanwalt zu veranlassen, ohne jeglichen Hinweis auf diese besondere Dringlichkeit (brieflich) "um Weiterleitung" zu ersuchen. Im Hinblick auf die besonderen Umstände seines Falles hätte der Einschreiter weiter darum besorgt sein müssen, daß dem Rechtsanwalt das Ersuchen um Beschwerdeverfassung rechtzeitig zugeht.

2.3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung abzuweisen (§35 VerfGG 1953 iVm §§146 ff ZPO).

3. Die vorliegende Verfassungsgerichtshofsbeschwerde erweist sich demnach wegen Versäumung der ab Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Einschreiter (25. Mai 1997) zu berechnenden (sechswöchigen) Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG 1953) als verspätet. Die Beschwerde ist sohin zurückzuweisen.

4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B1311.1998

Dokumentnummer

JFT_10019071_98B01311_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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