Setzt ein Fußgänger einen Schritt vom Gehsteig auf die Fahrbahn, um ein herannahendes Fahrzeug zu beobachten, kann dies nicht dem Tatbestand des § 76 Abs 1 erster Satz, erster Halbsatz, StVO unterstellt werden. Die Vorschrift, daß Fußgänger auf Gehsteigen zu gehen haben, bedeutet, daß Fußgänger bei ihrer Fortbewegung im Sinne einer Entflechtung des Fahrzeug- und Fußgängerverkehrs nicht die Fahrbahn, sondern den Gehsteig zu benützen haben. Dabei ist in erster
Linie an eine Bewegung des Fußgängers in der Längsrichtung der Straße
gedacht. Ein allgemeines Verbot, bei Vorhandensein eines Gehsteiges die Fahrbahn zu betreten, wird dadurch nicht normiert. Für ein Betreten der Fahrbahn sieht nämlich § 76 Abs 1 erster Satz, zweiter Halbsatz, vor, daß dies nicht überraschend geschehen darf. Aus der Zusammenschau beider Regelungen ergibt sich, daß ein Fußgänger sehr wohl die Fahrbahn betreten darf, allerdings nicht überraschend für andere Verkehrsteilnehmer.