TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/11 99/10/0237

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.06.2001
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Index

70/06 Schulunterricht;

Norm

SchUG 1986 §71 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Herbert S in Haugsdorf, vertreten durch Kolarz & Donnerbauer, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Stockerau, Schießstattgasse 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 13. September 1999, Zl. 1.090/27-III/A/4/99, betreffend Berechtigung zum Aufsteigen in das nächsthöhere Semester, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Entscheidung der Klassenkonferenz vom 23. Juni 1999 wurde der Beschwerdeführer, der im Sommersemester 1999 das 2. Semester einer Höheren Lehranstalt für Chemie besuchte, für nicht berechtigt erklärt, in das nächsthöhere Semester aufzusteigen, weil er in den Pflichtgegenständen "Angewandte Mathematik", "Organische Chemie", "Organisch-chemisches Laboratorium", "Physikalische Chemie" und "Verfahrenstechnik und Umwelttechnik" die Note "nicht genügend" erhalten habe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Die Berufungsbehörde sah sich auf Grund der ihr vorgelegten Unterlagen außer Stande, festzustellen, ob die auf "nicht genügend" lautenden Beurteilungen richtig oder unrichtig seien. Sie unterbrach daher das Verfahren gemäß § 71 Abs. 4 SchUG, ließ den Beschwerdeführer zu kommissionellen Prüfungen in den genannten Gegenständen zu und forderte ihn unter Hinweis darauf, dass im Falle des Nichtantretens die auf "nicht genügend" lautenden Beurteilungen aufrecht blieben, auf, sich der kommissionellen Prüfung aus "Organisch-chemisches Laboratorium" am 14. Juli 1999 ab 08.00 Uhr ("achtstündige Arbeit an einer Probe"), aus "Organische Chemie", "Verfahrenstechnik und Umwelttechnik" sowie "Physikalische Chemie" am 15. Juli 1999 ab 08.00 Uhr und aus "Angewandte Mathematik" am 3. September 1999 ab 08.00 Uhr zu unterziehen.

Mit Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 13. September 1999 wurde die Semesterbeurteilung für das 2. Semester im Pflichtgegenstand "Angewandte Mathematik" mit "genügend" neu festgesetzt, die Berufung im Übrigen jedoch abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die kommissionelle Prüfung aus "Organischchemisches Laboratorium" sei mit "nicht genügend" beurteilt worden, zu den kommissionellen Prüfungen aus "Organische Chemie", "Physikalische Chemie" sowie "Verfahrenstechnik und Umwelttechnik" sei der Beschwerdeführer nicht angetreten. Er sei zwar am Prüfungstag rechtzeitig im Beisein seines (nicht erziehungsberechtigten) Vaters vor der Prüfungskommission erschienen, habe dort jedoch erklärt, dass die kommissionelle Prüfung vom Vortag seiner Ansicht nach nicht rechtmäßig durchgeführt worden sei und er daher bis zur Klärung dieser Frage mit dem Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nicht zu den übrigen kommissionellen Prüfungen antreten werde. Da eine telefonische Kontaktaufnahme mit der zuständigen Sachbearbeiterin im Ministerium gescheitert sei und der Schüler auf ausdrückliches Befragen des Vorsitzenden der Prüfungskommission den Antritt zur Prüfung verweigert habe, hätten die kommissionellen Prüfungen nicht abgehalten werden können. Da es dem Beschwerdeführer nicht zugestanden sei, das Antreten zu den kommissionellen Prüfungen an eine Bedingung (telefonische Kontaktaufnahme mit dem Ministerium) zu knüpfen und der Beschwerdeführer ausdrücklich über die Konsequenz des Nichtantretens aufgeklärt worden sei, seien die negativen Jahresbeurteilungen in den genannten Gegenständen beizubehalten gewesen. Die Prüfung aus "Angewandte Mathematik" habe hingegen stattgefunden und sei mit "genügend" beurteilt worden. Da ein Schüler zum Aufsteigen in das nächste Semester gemäß § 26 SchUG i. d.F. des vom Beschwerdeführer besuchten Schulversuches aber nur dann berechtigt sei, wenn er in den lehrplanmäßig geführten Pflichtgegenständen des jeweiligen Semesters nicht mehr als drei Beurteilungen auf "nicht genügend" oder "nicht beurteilt" aufweise, sei der Beschwerdeführer zum Aufsteigen nicht berechtigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der gemäß § 78 Abs. 1 SchUG für den gegenständlichen Schulversuch maßgeblichen Regelung ist ein Schüler zum Aufsteigen in das nächste Semester berechtigt, wenn er in den lehrplanmäßig geführten Pflichtgegenständen des jeweiligen Semesters nicht mehr als drei Beurteilungen auf "nicht genügend" oder "nicht beurteilt" aufzuweisen hat.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer sei zum Aufsteigen in das nächsthöhere Semester nicht berechtigt, weil er in mehr als drei lehrplanmäßig geführten Pflichtgegenständen, nämlich in "Organisch-chemisches Laboratorium", "organische Chemie", "Physikalische Chemie" sowie "Verfahrenstechnik und Umwelttechnik" eine auf "nicht genügend" lautende Beurteilung aufweise.

Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, die belangte Behörde sei zu Unrecht zu dieser Beurteilung gelangt. Zum einen werde nämlich aktenwidrig festgestellt, dass der Beschwerdeführer zu den kommissionellen Prüfungen aus "Organische Chemie", "Physikalische Chemie" und "Verfahrenstechnik und Umwelttechnik" am 15. Juli 1999 nicht angetreten sei. Aus dem Prüfungsprotokoll ergebe sich nämlich lediglich, dass der - nicht vertretungsberechtigte - Vater des Beschwerdeführers gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zum Prüfungstermin erschienen sei und die Rechtmäßigkeit der tags zuvor stattgefundenen kommissionellen Prüfung "Organischchemisches Laboratorium" in Frage gestellt bzw. eine Abklärung der Rechtmäßigkeit gewünscht habe. Dass der Beschwerdeführer zu den Prüfungen nicht angetreten sei, ergebe sich aus diesem Protokoll aber nicht. Soweit sich die Behörde hiefür - ohne dies in der Begründung des angefochtenen Bescheides allerdings auszuführen - auf eine Aktennotiz des Vorsitzenden der kommissionellen Prüfung stütze, sei dem Beschwerdeführer diese Aktennotiz weder zur Kenntnis gebracht worden, noch habe er Gelegenheit erhalten, dazu Stellung zu nehmen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er zum Beweis der Unrichtigkeit dieser Aktennotiz die Einvernahme seines Vaters sowie seine eigene Einvernahme verlangt. Im Übrigen sei in diesem Aktenvermerk festgehalten, dass der Abbruch der Prüfung vom Vorsitzenden ausgegangen sei. Dem Beschwerdeführer sei daher gar keine Möglichkeit geboten worden, eine kommissionelle Prüfung in den erwähnten Gegenständen abzulegen. Schließlich habe sich die belangte Behörde nicht mit der Frage beschäftigt, ob bei einer am 14. Juli 1999 als Prüferin tätig gewesenen Lehrkraft, die auch für eine der am 15. Juli 1999 abzuhaltenden Prüfungen als Prüferin vorgesehen gewesen sei, ein Befangenheitsgrund gegeben gewesen sei, obwohl diese Prüferin durch die Vertreterin des Beschwerdeführers abgelehnt worden sei. Die drei Prüfungen hätten auch nicht an einem einzigen Termin festgesetzt werden dürfen, sondern hätten auf drei verschiedene Tage verteilt werden müssen. Was die Prüfung aus "Organisch-chemisches Laboratorium" anlange, sei diese als "kommissionelle Prüfung in Form einer 8-stündigen Arbeit an einer Probe" angeordnet worden. Tatsächlich sei vom Beschwerdeführer am 14. Juli 1999 aber die Bearbeitung von zwei Proben in je vier Stunden verlangt worden. Das Ergebnis dieser Prüfung hätte daher keinesfalls verwertet werden dürfen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Soweit er nämlich behauptet, das Prüfungsprotokoll vom 15. Juli 1999 besage nicht, er sei zu den für diesen Tag angesetzten kommissionellen Prüfungen nicht angetreten, so übersieht er, dass diesem Protokoll nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, dass der ihn begleitende Vater erklärt hat, der Beschwerdeführer sei erst nach Klärung der Rechtmäßigkeit der tags zuvor stattgefundenen kommissionellen Prüfung zur Ablegung der Prüfungen bereit. Diese Darstellung entspricht auch jener, die im - namens des Beschwerdeführers erstatteten - Schriftsatz vom 25. Juli 1999 aufscheint. Wenn die belangte Behörde daher aus dieser Schilderung den Schluss zog, der Beschwerdeführer sei zu den Prüfungen am 15. Juli 1999 nicht angetreten, so ist das nicht beanstanden; behauptet der Beschwerdeführer doch selbst nicht, er habe den Erklärungen des ihn begleitenden Vaters widersprochen oder er habe seine Bereitschaft, in die angeordneten Prüfungen ohne vorherige Klärung der Rechtmäßigkeit der tags zuvor abgelegten Prüfung einzutreten, in anderer Weise zum Ausdruck gebracht.

Hat der Beschwerdeführer solcherart von der Möglichkeit der Ablegung der kommissionellen Prüfungen aber ohne triftigen Grund keinen Gebrauch gemacht, so hatten die auf "nicht genügend" lautenden Beurteilungen zu Recht aufrecht zu bleiben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1996, Zl. 96/10/0095, und die dort zitierte Vorjudikatur); auf die in diesem Zusammenhang weiters geltend gemachten Verfahrensmängel war bei diesem Ergebnis nicht einzugehen.

Was jedoch die Beurteilung der kommissionellen Prüfung aus "Organisch-chemisches Laboratorium" anlangt, so ist die Auffassung des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar. Zum einen kann die Verfügung über die Anordnung der Prüfung nämlich keineswegs eindeutig so verstanden werden, dass im Zuge der Prüfung lediglich eine Probe zu bearbeiten sein werde, zum andern sind weder dem Akteninhalt noch dem Vorbringen des Beschwerdeführers Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Prüfungserfolg von der Beziehung der zur Verfügung stehenden Prüfungszeit zur Anzahl der Proben abhängig (insbesondere in gewisser Weise "erfolgsbezogen") gewesen wäre.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich noch vorbringt, die belangte Behörde habe in Bestätigung der Entscheidung der Klassenkonferenz die Nichtberechtigung zum Aufsteigen in den V. Jahrgang ausgesprochen, statt über das Aufsteigen in das nächsthöhere Semester, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid das - vom Beschwerdeführer zu Recht beanstandete - Vergreifen der erstinstanzlichen Behörde im Ausdruck durch die Klarstellung berichtigt hat, die erstinstanzliche Entscheidung habe sich auf die Berechtigung zum Aufsteigen in das nächsthöhere Semester bezogen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juni 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999100237.X00

Im RIS seit

09.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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