Gemäß § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat nicht einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs.4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.
Wer als Indirekteinleiter gemäß § 32 Abs.4 WRG 1959 idF BGBl. Nr. 252/1990 Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt, bedarf nach dem ersten Satz des Absatzes 4 bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens dann keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind.
Die mit der Wasserrechtsnovelle BGBl. Nr. 185/1993 rückwirkend eingeführte Übergangsbestimmung des § 33g WRG 1959 will Erleichterungen schaffen und gewisse Härten vermeiden, die durch die verschärften Bewilligungs- und Sanierungsvorschriften der Wasserrechtsnovelle 1990 entstanden sind.
Der gegenständlich einschlägige § 33g Abs.3 WRG 1959 lautet:
"Indirekteinleiter (§ 32 Abs.4), für die mit 1. Juli 1990 eine Bewilligungspflicht neu eingeführt wurde, gelten als bewilligt, wenn sie den für sie sonst geltenden Vorschriften gemäß betrieben werden. § 33c findet mit der Maßgabe Anwendung, daß die in § 33c Abs 2 sowie die nach § 33c Abs.1 bestimmten Fristen nicht vor dem 1. Juli 1993 zu laufen beginnen. Die Bewilligung endet am 31. Dezember 2002."
Mit der Verschärfung des § 32 Abs.4 WRG 1959 durch die Wasserrechtsnovelle 1990 wurde eine Bewilligungspflicht nachträglich eingeführt. Die Vorläuferbestimmung des § 32 Abs.4 WRG 1959 erklärte noch lapidar:
"Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisationsanlage mit Zustimmung ihres Eigentümers vornimmt, bedarf für den Anschluß in der Regel keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Das Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird."
Dazu wurde in der früheren Kommentarliteratur (vgl näher Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2.A (1978), 207 f Anm 17 und 18 zu § 32 WRG) ausgeführt, daß der Anschluß an eine bewilligte Kanalisationsanlage in der Regel Sache des Kanalisationsunternehmers sei. Einschränkende Bedingungen können in dessen wasserrechtlicher Bewilligung vorgesehen sein. Einbringungen in eine Kanalisation unterlagen sonst nur den landesgesetzlichen Vorschriften und gemeindlichen Regelungen.
Nach älteren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 1959 und 1961 (vgl bei Grabmayr/Rossmann, Wasserrecht, 2.A, 185 E 39 zu § 32 Abs 4 WRG) bedurften Anschlußkanäle an sich keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Eine gesonderte Bewilligung kam nur dann in Betracht, wenn ein wesentlicher Einfluß auf den Vorfluter ausgeübt und hiedurch der wasserrechtliche Konsens an diesem überschritten wurde. In VwSlg 6816 A/1965 wurde die Verantwortlichkeit des Kanalisationsunternehmers für die Einhaltung seiner wasserrechtlichen Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter betont und klargestellt, daß es sich bei einer Kanalisationsanlage um kein Gewässer im Sinne des § 32 Abs.1 WRG 1959 handelt.
In VwSlg 13200 A/1990 hat der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage vor der Wasserrechtsnovelle 1990 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien klargestellt, daß eine wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung in die Kanalisationsanlage schon deshalb unter keinen Umständen in Frage kam, weil es sich bei dieser Anlage um kein Gewässer iSd § 32 Abs.1 WRG 1959 handelte. Einbringungen in eine Kanalisation erfolgten nach einschlägigen landesgesetzlichen oder gemeindlichen Vorschriften und bedurften der Zustimmung des Kanaleigentümers. Aus wasserrechtlicher Sicht war nur die letztlich im Wege der Kanalisation erfolgte Einbringung der Abwässer in ein Gewässer, dh also in den Vorfluter zu beurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof führte weiter aus, daß die Einbringung in die Kanalisation bewilligungsfrei erfolgte, wenn ein sog Regelfall vorlag. Aus dem alten § 32 Abs.4 Satz 2 leitete er ab, daß ein Regelfall vorliegt, wenn die wasserrechtliche Bewilligung des Kanalisationsunternehmers zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird. Erst der Nachweis dieses Regelfalls hätte - unabhängig von der Verantwortlichkeit des Kanalunternehmers - eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für den Indirekteinleiter nach sich ziehen können.
Die belangte Strafbehörde hat in Verkennung der dargestellten Rechtslage keine geeigneten Erhebungen durchgeführt und keine entscheidungswesentlichen Feststellungen getroffen. In der Begründung des Straferkenntnisses wird pauschal und ohne erkennbaren schlüssigen Zusammenhang behauptet, daß die Abwassereinleitung über das genehmigte Maß hinausgehe und somit einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe. Durch die Wasserrechtsnovelle 1990 wurde mit dem neugefaßten § 137 Abs.2 lit.h iVm § 32 Abs.4 WRG 1959 nachträglich eine Bewilligungspflicht für Indirekteinleiter gemessen am heutigen Stand der Technik ohne Übergangsbestimmung eingeführt. Diese verfassungsrechtlich problematische Vorgangsweise hat der Gesetzgeber durch die mit Novelle BGBl. Nr. 185/1993 eingeführte Bestimmung des § 33g WRG 1959 über bestehende Kleinanlagen und Indirekteinleiter rückwirkend saniert, indem er auf die Neueinführung einer Bewilligungspflicht im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Wasserrechtsnovelle 1990 abstellt (vgl dazu Rossmann, Kommentar zum Wasserrecht, 2.A (1993), 150f; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993), Rz 7f zu § 33g WRG). Diese Vorschrift sieht auch eine Anpassungspflicht entsprechend dem § 33c WRG 1959 über die Sanierung von Altanlagen vor.
§ 33g Abs.3 WRG 1959 fingiert eine Bewilligung iSd § 32 Abs.4 WRG 1959 für den Fall, daß die Indirekteinleitungen gemäß den für sie sonst geltenden Vorschriften betrieben werden.
Dazu gehen weder aus der Aktenlage noch aus dem Straferkenntnis die erforderlichen Tatsachen hervor. Für die Firma V. spricht jedenfalls, daß mit Bescheid der Stadtgemeinde B. vom 25. Juli 1974, Zahl VI, der Anschluß an das öffentliche Kanalnetz bewilligt wurde und daß anläßlich der wasserrechtlichen Überprüfung am 4. Juli 1983 nur geringe Schwermetallkonzentrationen im betrieblichen Abwasser festgestellt wurden (vgl Überprüfungsbericht vom 9.8.1983). Der festgestellte Mineralölgehalt von 263 mg/l erschien dem Amtssachverständigen sehr hoch und er empfahl damals auch wegen der eingesetzten Lösungsmittel eine wasserrechtliche Behandlung der betrieblichen Abwasserbeseitigung. Die weiteren aktenkundigen Überprüfungen fanden erst wesentlich später statt. In einer Äußerung vom 5. Juli 1989 empfahl der Amtssachverständige die Einreichung eines Projekts oder alternativ die Einstellung der Abwassereinleitung aufzutragen. Einen wasserpolizeilichen Alternativauftrag gemäß § 138 Abs.2 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde aber offensichtlich - aus welchen Gründen immmer - nicht erlassen.
In den Äußerungen des Amtssachverständigen vom 26. Jänner 1993 (Lokalaugenschein vom 21.09.1992) und vom 9. März 1992 (Lokalaugenschein vom 3.3.1992) wurden die von der Fa. V. eingereichten Projektsunterlagen betreffend die Einleitung der Abwässer in die Kanalisation sowohl quantitativ als auch qualitativ als für eine fachliche Beurteilung unzureichend kritisiert. Über den Istzustand finden sich keine Feststellungen.
Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt nach Durchsicht des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes zur Ansicht, daß in der Vergangenheit in Sachen Abwasserbeseitigung der Firma V. erhebliche wasserrechtsbehördliche Vollzugsdefizite unterlaufen sind, die eine Aufklärung der entscheidungswesentlichen Tatsachen nach der oben dargestellten Rechtslage realistischerweise nicht mehr erwarten lassen. Es fand offensichtlich nie eine eindeutige Beschreibung der Abwassersituation und ihrer Mängel im Hinblick auf den wasserrechtlichen Konsens der Reinigungsanlagen der Kanalisation der Gemeinde B. statt. Schon wegen der verstrichenen Zeit erscheint die Frage der Überschreitung des Regelfalls nicht mehr aufklärbar. Außerdem spricht die Bewilligung der Stadtgemeinde B. und das unwiderlegte Berufungsvorbringen, wonach die Einleitung der betrieblichen Abwässer mit Zustimmung und im Einvernehmen mit dem Kanalisationsbetreiber erfolgte, auch dafür, daß die sonst geltenden Vorschriften iSd § 33g Abs.3 WRG 1959 eingehalten wurden, sodaß die dortige Bewilligungsfiktion Anwendung findet. Die Ansicht der Strafbehörde, daß sich die Bewilligung der Stadtgemeinde B. nur auf die Einleitung der häuslichen Abwässer beziehen könne, ist unhaltbar. Es genügt, zur Widerlegung auf die bisherigen Rechtsausführungen zu verweisen.
Im Ergebnis ist festzustellen, daß die vorhandenen Feststellungsmängel zum einen eine rechtsrichtige Subsumtion ausschließen, zum anderen bei realistischer Würdigung der Aktenlage nicht mehr behoben werden können, weshalb die angelastete Tat nicht erwiesen werden kann. Das Strafverfahren war daher schon gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.
Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 9 VStG:
Im übrigen fällt auf, daß die Strafbehörde dem Bw die konsenslose Einleitung der betrieblichen Abwässer der Firma Österreichische V. GesmbH in die Kanalisation der Stadt B. nicht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 9 Abs.1 oder 2 VStG angelastet hat. Nach dem aktenkundigen Firmenbuchauszug ist der Bw Einzelprokurist und nicht Geschäftsführer dieser Gesellschaft m.b.H. Er ist demnach kein vertretungsbefugtes Organ iSd § 9 Abs.1 VStG und kann als Prokurist nur verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 Satz 2 VStG sein (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A (1990), 755f). Dies setzt freilich seine rechtswirksame Bestellung voraus, widrigenfalls die zur Vertretung nach außen Berufenen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen haften. Gemäß § 9 Abs.2 Satz 2 und Abs.4 VStG besteht die Möglichkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, der nicht dem Kreise der zur Vertretung nach außen Berufenen angehört, für einen bestimmten räumlich oder sachlich abgegrenzten Unternehmensbereich. Nach § 9 Abs.4 VStG muß der verantwortliche Beauftragte seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung (seit verst Sen v 16.1.1987 VwSlg 12375 A/1987), daß der verantwortliche Beauftragte erst ab dem Zeitpunkt seiner nachweislichen Zustimmung an die Stelle des sonst gemäß § 9 Abs.1 VStG Verantwortlichen tritt. Dabei ist der Nachweis durch ein Beweisergebnis zu erbringen, das schon vor Begehung der Tat etwa in Form einer Urkunde oder Zeugenaussage vorhanden war. Es genügt nicht, wenn sich der Beschuldigte auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl näher VwGH 12.12.1991, 19/06/0084). Auch die einseitige Erklärung, die Verantwortung zu übernehmen, oder die stillschweigende Funktionsübernahme kommt nach dem Gesetzeswortlaut nicht in Betracht (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch, 759). Nach der Aktenlage hat die Österreichische V. GesmbH mit Schreiben vom 31.08.1993 mitgeteilt, daß der Bw für Wasserrechtsverfahren als verantwortliche Person zuständig sei. Über ergänzende strafbehördliche Aufforderung teilte diese Gesellschaft mit Schreiben vom 22.09.1993 mit, daß der Bw schon mit Beginn seines Dienstverhältnisses am 01.05.1981 als technischer Betriebsleiter die Verantwortung für Wasserrechtsangelegenheiten übertragen bekommen habe. Daraufhin erließ die Strafbehörde gegen ihn eine Strafverfügung und später das Straferkenntnis, ohne sich weiter mit der Frage der Verantwortlichkeit nach § 9 VStG zu befassen. Diese einseitigen Mitteilungen der Firma V. GesmbH
können den erforderlichen Bestellungsakt iSd § 9 Abs.4 VStG nicht nachweisen. Dieser müßte nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durch ein Beweisergebnis vor Begehung der angelasteten Tat (Bestellungsurkunde, Protokoll oä) nachgewiesen werden. Eine nachträgliche Behauptung oder etwa die bloße Berufung auf nachträgliche Zeugenaussagen genügt nie. Außerdem muß nach § 9 Abs.4 VStG ein klar abgegrenzter Bereich der Verantwortlichkeit festgeschrieben und eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sein. Diese gesteigerten Anforderungen werden durch die aktenkundigen Mitteilungen der Firma Österreichische V. GesmbH nicht erfüllt. Da der erforderliche Nachweis im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht erbracht worden ist, hätte die Strafbehörde gemäß § 9 Abs.1 VStG ungeachtet der unbeachtlichen Mitteilungen der genannten Gesellschaft m.b.H. von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der organschaftlichen Vertreter ausgehen müssen. Demnach steht fest, daß der Bw nicht hätte bestraft werden dürfen. Das Strafverfahren gegen den Bw war auch aus diesem Grund gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.