Index
L37059 Anzeigenabgabe Wien;Norm
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs2 idF 1984/029;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. Peter Zens als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C GmbH in K, vertreten durch Reinisch & Zens, Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 25. November 1997, Zl. MD-VfR-Z 11/97, betreffend Anzeigenabgabe, Verspätungszuschlag und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die Abgabenbehörde erster Instanz schrieb mit Bescheid vom 22. November 1996 der beschwerdeführenden Partei Anzeigenabgabe für den Zeitraum Juli bis Dezember 1993, die Jahre 1994 und 1995 sowie Jänner bis März 1996 in der Höhe von insgesamt S 6,420.352,-- , zuzüglich eines Verspätungszuschlages für die Monate Juli 1993 bis März 1995 in der Höhe von S 642.035,-- und weiters einen Säumniszuschlag in der Höhe von S 128.407,-- vor. Der Gesamtbetrag in der Höhe von S 7,190.794,-- sei bereits fällig und nach den Bestimmungen der Konkursordnung einzuzahlen.
Die Festsetzung betreffe die anlässlich der Vornahme der Verbreitung von Anzeigen in einem näher bezeichneten Medienwerk vereinnahmten Entgelte in den im Spruch angeführten Zeiten, deren Höhe bei der amtlichen Nachschau am 2. September 1996 festgestellt worden sei. Die Verbreitung des von der Gemeinschuldnerin (im Folgenden: GmbH) verlegten, monatlich erscheinenden Medienwerkes sei wie folgt vorgenommen worden: Jeweils zwei Tage vor dem Erstverkaufstag sei von der Druckerei (bis Ausgabe 5/1995 eine näher genannte Druckerei in Wien, seit der Ausgabe 6/1995 eine gleichfalls näher bezeichnete Druckerei im Burgenland) ein Teil der Auflage direkt an die GmbH nach Klosterneuburg geliefert worden, von wo aus noch am selben Tag die "Belegexemplare" per Post (von Auflage zu Auflage schwankend ca. 200 bis 400 Stück) versendet und die Bordexemplare der L-Luftfahrtgesellschaft (rund 500 Stück) abgeholt worden seien. Ebenfalls zwei Tage vor dem Erstverkaufstag habe die Druckerei die weiteren Bordexemplare für die Luftlinien A und T (ca. 260 Stück) direkt zum Flughafen nach Schwechat, sowie 250 Exemplare an ein Schloss in Niederösterreich geliefert. Dies alles sei im Laufe des Nachmittages des zweiten Tages vor dem Erstverkaufstag geschehen. Noch am selben Tag, also zwei Tage vor dem Erstverkaufstag, seien diese Exemplare von den Fluglinien an die Passagiere bzw. im Schloss an die Gäste ausgegeben "und somit den Lesern zugänglich gemacht" worden. Einen Tag vor dem Erstverkaufstag sei die Postaufgabe der Abonnements vom Postamt Klosterneuburg aus erfolgt. In der Nacht auf den Erstverkaufstag seien die Kioske bundesweit vom Vertrieb (zwei Unternehmen mit dem Sitz in Wien, wovon das eine bis einschließlich der Ausgabe 2/1995 das andere seit der Ausgabe 3/1995 die Aufgabe übernommen habe) beliefert worden, so dass ab Geschäftsbeginn die jeweilige Ausgabe in den Zeitungskiosken erhältlich gewesen sei.
Die Behörde erster Instanz ging auf Grund des festgestellten Sachverhaltes davon aus, dass als Erscheinungsort des Medienwerkes Wien anzusehen sei; die für den Verschleiß bestimmten Teilauflagen hätten in Wien durch die hier erfolgte Übergabe an die jeweils genannte "Vertriebsfirma" die Sphäre des Verlages (der GmbH) verlassen; dieser Verbreitungsvorgang habe daher in Wien seinen Anfang genommen. Dass andere Teilauflagen vorher von anderen Orten aus verbreitet worden seien, stehe der Abgabepflicht in Wien auf Grund einer erstmals von hier aus vorgenommenen Verbreitung nicht entgegen; im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 23. März 1984, Zl. 83/17/0152, und vom 20. Juni 1986, Zl. 84/17/0173) sei davon auszugehen, dass eine Zeitdifferenz von maximal zwei Tagen bei der Verbreitung einer Monatszeitschrift ausschließlich durch Art und Umfang der Verbreitung bedingt sei und die "zuerst" erfolgte Verbreitung gegenüber einem Personenkreis in einem Bundesland die Wertung einer nochmaligen innerhalb dieser Zeitspanne erfolgten Verbreitung in einem anderen Bundesland (hier: Wien) als "erstmalige Verbreitung" nicht ausschließe. Die Nebenansprüche seien nach den Vorschriften der §§ 104, 164 und 166 der Wiener Abgabenordnung vorzuschreiben gewesen.
1.2. In der dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, der Verbreitungsvorgang habe nicht in Wien seinen Anfang genommen, eine erstmalige Verbreitung in Wien liege nicht vor. Im Übrigen widerspreche der gegenständliche Bescheid den Vorschriften der "Doppelbesteuerung"; die beschwerdeführende Partei habe die sie treffende Anzeigenabgabe ordnungsgemäß in Klosterneuburg erklärt und bezahlt.
1.3. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid änderte die belangte Behörde - nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und Stellung eines Vorlageantrages - den erstinstanzlichen Bescheid unter Abweisung der Berufung dahin ab, dass im vorletzten Satz des Spruches der für den Verspätungs- bzw. Säumniszuschlag maßgebliche Zeitraum richtig von Juli 1993 bis März 1997 zu lauten und im letzten Satz des Spruches die Wortfolge "war bereits fällig und" zu entfallen habe.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung den auch von der Abgabenbehörde erster Instanz angenommenen Sachverhalt zugrunde und teilte betreffend die Abgabepflicht auf Grund des Merkmals der "erstmaligen Verbreitung" rechtlich die Ansicht dieser Behörde. Die Verbreitung der jeweiligen Ausgabe des Medienwerkes erfolge nebeneinander auf mehreren Wegen, wobei manche dieser Verbreitungswege in Wien ihren Anfang genommen hätten (Postversand vom Postamt 1150 Wien, Vertrieb durch die beiden bereits erwähnten Unternehmen), andere dagegen von Klosterneuburg aus (Postversand vom Postamt Klosterneuburg, Verteilung der Beleg- und Bordexemplare). Von wesentlicher Bedeutung sei in diesem Zusammenhang der Umstand, dass bei sämtlichen Ausgaben des in der Zeit von Juli 1993 bis März 1996 erschienenen Medienwerkes innerhalb von nur drei Tagen sowohl von Wien als auch von Klosterneuburg aus das Druckwerk jeweils einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht worden sei. Eine derartige Zeitdifferenz sei bei einer Monatszeitschrift jedenfalls als geringfügig anzusehen, sodass das Kriterium einer "nahezu gleichzeitigen Zugänglichmachung" erfüllt sei; bei einer (nahezu) gleichzeitigen Zugänglichmachung eines Druckwerkes in verschiedenen hebeberechtigten Gebietskörperschaften werde nach der Rechtsprechung die Anzeigenabgabepflicht in jeder von ihnen ausgelöst.
1.4. Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Sie erachtet sich in ihren Rechten dadurch verletzt, dass die belangte Behörde Anzeigenabgaben, Verspätungs- und Säumniszuschläge für die Aufnahme von Anzeigen in ein Medienwerk, dessen Verbreitung nicht von Wien aus erfolgt ist, vorgeschrieben hat.
1.5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Strittig ist vor dem Verwaltungsgerichtshof, ob die beschwerdeführende Partei in dem der Höhe nach unbekämpften Umfang abgabepflichtig nach dem Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, LGBl. Nr. 22, ist. Nach § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 29/1984 unterliegen Anzeigen, die in die in Wien erscheinenden Medienwerke (§ 1 Abs. 1 Z 3 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981) gegen Entgelt aufgenommen oder mit solchen ausgesendet oder verbreitet werden, sofern die Verbreitung nicht ausschließlich im Ausland erfolgt, einer Abgabe nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes. Als Erscheinungsort des Medienwerkes gilt gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. in der genannten Fassung Wien dann, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird.
Nach dem festgestellten Sachverhalt ist - wovon auch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgehen - nur fraglich, ob im Beschwerdefall der erstgenannte (alternative) Tatbestand, bei dessen Erfüllung Wien als Erscheinungsort gilt, nämlich der der erstmaligen Verbreitung von Wien aus, vorliegt; weder hat der die Verbreitung besorgende Medieninhaber seinen Standort in Wien noch wird dort die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers vorwiegend ausgeübt.
2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der Umschreibung des Erscheinungsortes als Ort, von dem aus die Verbreitung eines Druckwerkes erstmalig erfolgt, schon in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 1973, Zl. 184/73, und seither in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist darunter jener Ort zu verstehen, in dem das Druckwerk der Post zum Versand übergeben wird, um damit einem größeren Personenkreis (im Sinne des § 3 des damals geltenden Pressegesetzes) erstmalig zugänglich gemacht zu werden. Erstmals erfolgt dabei, wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in dem bereits genannten Erkenntnis vom 28. Juni 1973 ausgesprochen hat, jene Verbreitung, bei welcher "auf einmal" eine Anzahl von Exemplaren eines bestimmten Druckwerkes, welches bis dahin nicht einem größeren Personenkreis zugänglich war, einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird, wobei die nach der Art und dem Umfang der Verbreitung üblichen Zeitdifferenzen außer Betracht zu bleiben haben; diese erstmalige Verbreitung löst die Abgabepflicht nach den einzelnen Anzeigenabgabegesetzen, darunter dem hier anzuwendenden Gesetz, aus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1982, Zl. 81/17/0218, oder zuletzt vom 26. Februar 2001, Zl. 96/17/0240, mwN).
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist es unstrittig, dass die Übergabe an das jeweils den Versand des Medienwerkes an den Einzelverkäufer (Kiosk) durchführende Unternehmen als Verbreitungshandlung im dargelegten Sinne anzusehen ist und diese in Wien erfolgte. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auf der Basis des festgestellten Sachverhaltes diese Auffassung, zumal es rechtlich keinen Unterschied macht, ob die Übergabe eines Druckwerkes (Medienwerkes) an die Post oder an ein anderes den Versand besorgendes Unternehmen erfolgt. Demnach wäre Wien als Erscheinungsort anzusehen und bestünde die Abgabepflicht nach dem Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, wenn diese Verbreitungshandlung diejenige wäre, die "erstmals" vorgenommen würde.
2.3. Die beschwerdeführende Partei geht nun davon aus, dass vor der dargestellten, in Wien erfolgten Verbreitungshandlung andere - oben erwähnte - Verbreitungshandlungen stattgefunden hätten; so seien "Belegexemplare", Exemplare für verschiedene näher bezeichnete Luftfahrtgesellschaften und Exemplare für ein Schloss in Niederösterreich ausgeliefert worden. Auch sei die Postaufgabe "der Abonnements" nach den Feststellungen der belangten Behörde bis April 1994 vom Postamt 1150 Wien, später vom Postamt Klosterneuburg aus erfolgt. Damit sei eine erstmalige Verbreitung (oder seien mehrere Verbreitungshandlungen) vorgenommen worden, so dass die in Wien erfolgende Übergabe an das jeweils den Versand besorgende Unternehmen nicht als erstmalige Verbreitungshandlung angesehen werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht der beschwerdeführenden Partei nicht. Wesentliches Merkmal der Verbreitung ist - wie sich schon aus der oben erwähnten Rechtsprechung ergibt - die Zugänglichmachung einer Anzahl von Exemplaren eines bestimmten Medienwerkes an einen größeren Personenkreis, wobei das Medienwerk bis dahin nicht einem größeren Personenkreis zugänglich war. Ist aber in diesem Zusammenhang auf einen "größeren Personenkreis" abzustellen, so haben daneben zahlenmäßig nicht besonders ins Gewicht fallende Verbreitungshandlungen für die Frage der Gleichzeitigkeit unberücksichtigt zu bleiben (vgl. zu "Belegexemplaren" das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1992, Zl. 89/17/0036).
2.4. Aus diesen Erwägungen ist daher im Beschwerdefall von einer erstmaligen Verbreitung des gegenständlichen Medienwerkes jedenfalls auch von Wien aus auszugehen.
Sohin ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes
nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1995, hingewiesen.
Wien, am 18. Juni 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998170025.X00Im RIS seit
12.12.2001Zuletzt aktualisiert am
16.07.2012