RS UVS Oberösterreich 1995/05/13 VwSen-300026/12/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 13.05.1995
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Rechtssatz

Zunächst ist klarzustellen, daß nach der Systematik des O.ö. Veranstaltungsgesetzes 1992 zwischen der Bewilligung einer erwerbsmäßigen Veranstaltung nach § 2 Abs.1 und den Bescheiden nach § 2 Abs.2 zur Untersagung oder Beschränkung von bloß anzeigepflichtigen nichterwerbsmäßigen Veranstaltungen grundsätzlich zu unterscheiden ist. Dem Begriff des Bewilligungsbescheides gemäß § 2 Abs.1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 stellt der Landesgesetzgeber immer wieder die Bescheide gemäß § 2 Abs.2 leg.cit. gegenüber (vgl etwa §§ 3 Abs.1 und 3, 6, 8, 12 Abs.1 leg.cit.). Immer wenn von Bewilligung die Rede ist, kann es sich daher nur um jene der erwerbsmäßigen Durchführung von Veranstaltungen nach § 2 Abs.1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 handeln. Andere Bewilligungen sind überhaupt nicht vorgesehen. Die Sondervorschriften über die Vertretung juristischer Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts und über die Verantwortlichkeit für die Beachtung "aller einschlägigen Vorschriften" (vgl §§ 6 bis 8 leg.cit.) beziehen sich ebenfalls nur auf Fälle einer Bewilligung nach § 2 Abs.1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992. Im übrigen gilt für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der subsidiäre § 9 VStG.

Im gegebenen Zusammenhang hat die belangte Strafbehörde ebenso wie der Magistrat L die Grenzen von Bescheidwirkungen verkannt. Die Bewilligung zur Durchführung einer nichterwerbsmäßigen Veranstaltung ist überhaupt nicht vorgesehen und hätte daher vom Magistrat der Landeshauptstadt L mit Bescheid vom 7.3.1994, Zl. XX, auch dem K nicht erteilt werden dürfen. Eine unabhängig von der Person des jeweiligen Veranstalters rechtswirksame "Pauschalbewilligung" für einen bestimmten Standort, wie sie möglicherweise dem Magistrat L und der belangten Strafbehörde vorschwebt, ist gesetzlich ebensowenig vorgesehen, wie eine "Gebührenfreie Mitteilung" der Veranstaltungsbehörde über die Kenntnisnahme einer bloß anzeigepflichtigen Veranstaltung.

§ 2 Abs.2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 ermöglicht es der zuständigen Veranstaltungsbehörde, einem bestimmten Veranstalter auch für bloß anzeigepflichtige Veranstaltungen Beschränkungen im überwiegenden Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mit Bescheid aufzuerlegen. Derartige Beschränkungen bilden nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates den Hauptinhalt eines Bescheides iSd § 2 Abs.2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992. Daß im § 3 Abs.3 (vgl nunmehr Abs.4 idF LGBl. Nr. 30/1995) leg.cit. von der sinngemäßen Geltung der im § 3 Abs.1 Z2 und Z3 für Veranstaltungsbewilligungen nach § 2 Abs.1 geregelten Beschränkungen auch für die Bescheide gemäß § 2 Abs.2 leg.cit. die Rede ist, hat nur gesetzestechnische Gründe und ändert nichts daran, daß Veranstaltungen, denen keine Erwerbsabsicht des Veranstalters zugrundeliegt, keiner Bewilligung bedürfen.

Mit dem Hinweis in der sog. "Gebührenfreien Mitteilung" auf die Einhaltung der Vorschreibungen in der dem Kulturverein S für den Veranstaltungsort erteilten "Pauschalbewilligung" konnte der Magistrat L keine über die objektiven und subjektiven Grenzen der Bescheidwirkungen (dazu näher mwN Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 6.A 1995, Rz 481ff und Rz 485ff) hinausgehenden Verpflichtungen begründen. Abgesehen davon, daß eine allgemeine "Veranstaltungsbetriebsbewilligung" analog einer gewerblichen Betriebsanlagengenehmigung gesetzlich gar nicht vorgesehen ist, vermag ein solcher Bescheid schon deshalb keine Rechtswirkungen gegenüber dem L K, zu entfalten, weil dieser weder Partei des veranstaltungsrechtlichen Verfahrens noch Rechtsnachfolger des Kulturvereins S war. Eine dingliche Wirkung solcher gesetzlich gar nicht vorgesehener Veranstaltungsbetriebsanlagenbewilligungen kommt nach dem O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 nicht in Betracht. In zahlreichen Gesetzen wird die dingliche Wirkung von Bescheiden ausdrücklich angeordnet (vgl etwa § 80 Abs.4 GewO 1973; § 80 Abs.5 GewO 1994; § 22 Abs.1 und § 60 Abs.3 WRG 1959; § 64 Abs.1 O.ö. BauO 1976; § 53 Abs.1 O.ö. BauO 1994). Auch eine allfällige Tatbestands- oder Gestaltungswirkung (vgl dazu abermals Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 6.A 1995, Rz 474ff) der dem Kulturverein S erteilten "Pauschalbewilligung" ist dem O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 nicht zu entnehmen.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, daß der Magistrat L gegenüber dem L K, einen Bescheid gemäß § 2 Abs 2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 hätte erlassen müssen, um die Vorschreibungen im sog "Veranstaltungspauschalbescheid" vom 7.3.1994 an den Kulturverein S (vgl das Schreiben des Magistrats vom 20.9.1995) mit verbindlicher Wirkung auszustatten. Dabei hätten die Beschränkungen ausdrücklich angeführt oder zumindest der verwiesene Bescheid an den Kulturverein S in vollem Wortlaut angeschlossen werden müssen, weil nur eine solche Vorgangsweise den Bestimmtheitserfordernissen des § 59 AVG entspricht. Da dem genannten Bescheid gegenüber dem L K die Verbindlichkeit fehlt, konnte die belangte Strafbehörde auf der Grundlage dieses Bescheides keinen relevanten Tatvorwurf erheben. Das angefochtene Straferkenntnis ist schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Selbst wenn der erwähnte Bescheid für den L K verbindlich wäre, könnte der Bw aus nachstehenden Gründen nicht bestraft werden. Wie bereits erwähnt, ist im gegebenen Fall zur Frage der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften der § 9 VStG maßgeblich, weil die Sondervorschrift des § 8 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 nach ihrem Wortlaut nur für die Bewilligung von erwerbsmäßigen Veranstaltungen gemäß § 2 Abs.1 leg.cit. anwendbar ist. Aus der Aktenlage geht hervor, daß der Bw bloß ordentliches Mitglied des genannten Vereines ist (vgl Bestätigung des Vereinsobmannes vom 10.10.1994). Er ist offenbar nicht einmal Mitglied des Vorstandes. Nach dem § 12 Abs.1 der aktenkundigen Statuten wird der Verein nach außen vom Vorsitzenden des Vorstandes vertreten. Somit handelt es sich beim Vorsitzenden des Vereinsvorstandes um das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der juristischen Person, das mangels bestellter verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich ist.

Das O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 kennt keinen vom Veranstalter namhaft zu machenden "Verantwortlichen" für eine bestimmte Veranstaltung. Nach § 6 leg.cit. ist im Falle einer Bewilligung gemäß § 2 Abs.1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 ein von der Bewilligungsbehörde zu genehmigender Stellvertreter von der juristischen Person zu bestellen, den dann nach § 8 Satz 2 leg.cit. die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft. Für den Fall, daß keine - wenn auch zu Unrecht - Bewilligung iSd § 2 Abs.1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 vorliegt, enthält das Gesetz keine Regelung. Auch wenn der Bw im Anmeldeformular des Magistrats L als "Verantwortlicher" bezeichnet wird, kann von einer rechtswirksamen Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG keine Rede sein. Daß der Bw vereinsintern für organisatorische Belange der Veranstaltung (mit)verantwortlich war, macht ihn noch nicht zum verantwortlichen Beauftragten.

Zu der vom Bw als üblich bezeichneten Tages- oder Gastmitgliedschaft für die Dauer eines Tages oder für die Dauer einer bestimmten Veranstaltung, bedarf es keiner näheren Erörterungen mehr. In den aktenkundigen Statuten des L K ist diesbezüglich jedenfalls keine ausdrückliche Regelung getroffen worden. Im § 6 der Statuten betreffend die Beendigung der Mitgliedschaft ist eine befristete Mitgliedschaft, dh also eine Beendigung durch Zeitablauf, nicht vorgesehen. Außerdem ist ein Verein eine auf längere Dauer - wenn auch nicht unbedingt auf unbestimmte Zeit - angelegte Organisation mehrerer Personen zur Erreichung eines erlaubten gemeinschaftlichen Zweckes. Wie aus § 3 lit.c Vereinsgesetz 1951 im Umkehrschluß abzuleiten ist, muß der Verein eine gewisse Bestandsdauer haben (zu den Begriffsbestimmungen näher Fessler/Keller, Österreichisches Vereinsrecht, 7.A 1990, 10f und Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht, 7.A 1992, Rz 1429). Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates hat dies auch Auswirkungen auf die Mitgliedschaft. Eine Tages- oder Gastmitgliedschaft widerspricht dem Erfordernis einer auf Dauer angelegten Organisation mehrerer Personen. Daß man nach der jeweiligen vereinsinternen Rechtsstellung in den Statuten ordentliche und außerordentliche, bloß unterstützende und Ehrenmitglieder unterscheiden kann, ändert nichts an den aufgezeigten grundsätzlichen Bedenken gegen Tages- oder Gastmitgliedschaften. Von einer bloß vereinsinternen Veranstaltung mit Beschränkung auf geladene Gäste (zum Verhältnis des § 14 Vereinsgesetz 1951 idF BGBl. Nr.648/1987 zum § 2 Versammlungsgesetz 1953 vgl Fessler/Keller, aaO, 73f) kann bei gegebenem Sachverhalt jedenfalls nicht ausgegangen werden. Der unabhängige Verwaltungssenat teilt daher die Ansicht der belangten Strafbehörde, daß die Einhebung eines Entgelts für den Besuch einer vom Verein organisierten Veranstaltung auch dann als Eintrittsgeld zu werten ist, wenn dies unter dem Titel einer sog. Gastmitgliedschaft erfolgt. Damit ist aber die Frage der erwerbsmäßigen Durchführung einer Veranstaltung und damit die Bewilligungspflicht nach § 2 Abs.1 Veranstaltungsgesetz 1992 noch nicht abschließend geklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird durch die Entgeltlichkeit der Teilnahme an einer Veranstaltung noch nicht die Erwerbsabsicht des Veranstalters bewiesen (vgl VwGH 29.09.1993, 93/02/0094). Die Intentionen des Veranstalters könnten nämlich auf die (teilweise) Deckung der Aufwendungen durch die eingehobenen Eintrittsgelder (Kostenbeiträge) und nicht auch auf die Erzielung eines Ertrages oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils gerichtet sein. Wie der Verwaltungsgerichtshof betont hat, stellt das O.ö. Veranstaltungsgesetz nicht bloß auf die Entgeltlichkeit der Teilnahme an einer Veranstaltung ab.

Die belangte Strafbehörde hat die Einhebung von Eintrittsgeldern völlig unreflektiert als Verstoß gegen den an den Kulturverein S ergangenen Bescheid des Magistrats L vom 7.3-1994 angelastet. Damit hat sie nicht einmal das richtige Tabild nach § 16 Abs.1 Z1 iVm § 14 Z4 Fall 1 iVm § 2 Abs.1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 in der wiederverlautbarten Fassung LGBl. Nr. 75/1992 herangezogen. Abgesehen davon, daß die Erwerbsabsicht nur unterstellt, aber nicht bewiesen wurde, erübrigen sich weitere Erörterungen schon im Hinblick auf die unzureichende strafbehördliche Tatanlastung.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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