Für die begriffliche Unterscheidung von Arbeitsvermittlung und Arbeitskräfteüberlassung wird als maßgeblich erachtet, ob der Überlasser das Unternehmerrisiko trägt (vgl die Entscheidung des obersten Gerichtshofes vom 27.1.1987, 14 Ob 224/86 zur Rechtslage vor dem BG BGBl. Nr. 196/1988 (betreffend das Stammgesetz des AÜG sowie die Anpassung des § 9 Abs.4 und 5 AMFG) sowie - unter Hinweis auf diese Entscheidung - das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.11.1990, Zl. 90/04/0160), wobei nur während der Überlassungszeiten "Nichttragungen" von Arbeitgeberpflichten nach dem AMFG relevant sein können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.12.1989, Zl. 89/09/0105, 0111). Dabei ist jedoch zu beachten, daß das AÜG selbst zwingende Vorschriften zum Schutz der Arbeitskräfte trifft, die einer Risikoüberwälzung vorbeugen (vgl. insbesondere §§ 8, 10 Abs.2 AÜG; hinsichtlich der letztgenannten Bestimmung vgl. ausdrücklich die EB, 450 BlgNR 17. GP, S 19, wonach eine Überwälzung des Beschäftigungsrisikos auf die Arbeitskräfte verhindert werden soll) und daß die Strafbestimmung des § 48 Abs.1 AMFG eine Subsidiaritätsklausel hinsichtlich der Strafbestimmungen des AÜG enthält.
Zur Abgrenzung der vom AÜG nicht erfaßten Werkverträge ist festzuhalten:
Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es nicht auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auf das wirtschaftlich Gewollte an. Dabei ist zunächst vom Geschäftsinhalt (nicht von der Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien) auszugehen und diese anhand des Angebots- und Bestellschreibens zu überprüfen. Ausschlaggebend ist jedoch bei Auseinanderklaffen der schriftlichen Vereinbarung und des realen Geschehens die tatsächliche Durchführung (vgl Geppert, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, 1989, S 56, Leutner-Schwarz-Ziniel, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, 1989, S 75).
Nach herrschender Auffassung (vgl Geppert; S 56, vgl ferner das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1994, Zl. 93/11/0162; ähnlich für "Grenzfälle" Leutner-Schwarz-Ziniel, S 77; anders die EB, 450 BlgNR 17. GP, S 17, die davon ausgehen, daß bei Fehlen eines der Merkmale der Z1, 2 und 4 bzw bei Vorliegen des Merkmales der Z3 des § 4 Abs.2 Z3 AÜG "das Vorliegen des Tatbestandes der Arbeitskräfteüberlassung angenommen wird") kommt es für die Abgrenzung zwischen einem (keine Arbeitskräfteüberlassung begründenden) Werkvertrag und einer Arbeitskräfteüberlassung auf eine Gesamtabwägung der maßgeblichen Kriterien bzw auf das Überwiegen der Elemente des Werkvertrags oder jener der Arbeitskräfteüberlassung an.
In diesem Sinne kommt insbesondere folgenden Abgrenzungskriterien Bedeutung zu (vgl Geppert, S 50ff; Leutner-Schwarz-Ziniel, S 74ff):
Während die Arbeitskräfteüberlassung auf die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zielt, ist der Werkvertrag auf die Herstellung eines Arbeitserfolges (-ergebnisses, Werkes) gerichtet. Der Begriff "Werk" ist an sich weit zu verstehen (vgl auch Krejci in Rummel, ABGB, 2. A, RZ 9 zu § 1165, 1166 jeweils mwN). Das Werk muß sich aber von den im Betrieb des Werkbestellers gewöhnlich erbrachten Leistungen deutlich abheben, das Arbeitsergebnis sohin auf die Leistung des Werkunternehmers rückführbar sein. Deckt sich die Leistung mit dem üblichen Betriebsergebnis des Bestellerbetriebes, indiziert dies eine (verdeckte) Arbeitskräfteüberlassung, während bei Nichtidentität der Produkte von der Erstellung eines Werkes ausgegangen werden kann.
Für den Werkvertrag ist charakteristisch, daß die Arbeitskräfte als Erfüllungsgehilfen eines Werkunternehmers dem ihm als Arbeitgeber zukommenden Weisungs- (Direktions-)recht unterliegen, nicht jedoch (direkten) Weisungen des Werkbestellers, auch insoweit dieser (nach zivilrechtlichen Grundsätzen in Relation zum Werkbesteller) zu werkbezogenen Anweisungen berechtigt ist (sogenannte "Eigenverantwortlichkeit" des Werkunternehmers). Beim Werkvertrag bleibt das arbeitsrechtliche Weisungsrecht (Regelung des arbeitsbezogenen Verhaltens, Art, Ort und Zeit der Arbeitserbringung) beim Werkunternehmer, bei der Arbeitskräfteüberlassung liegen diese Weisungsrechte beim Beschäftiger. Maßgebend ist die Integration der Arbeitskräfte in den Betrieb des Auftraggebers: liegt das arbeitsrechtliche Weisungs- und Kontrollrecht beim Werkunternehmer, so spricht dies eher für einen Werkvertrag, auch wenn der Besteller gegenüber den Arbeitskräften Ausführungsanweisungen (projektsbezogene, gegenstandsbezogene Weisungen) erteilt (erteilen kann). Hingegen wird die Annahme eines Werkvertrages zu verneinen sein, wenn die Arbeitskräfte in die Betriebsorganisation des Auftraggebers eingegliedert sind, insbesondere wenn sie organisatorisch vermischt mit Stammarbeitskräften des Auftraggebers in von diesem nach eigenen betrieblichen Erfordernissen gestalteten, fest vorgegebenen Arbeitsabläufen eingesetzt werden.
Während der Überlasser nur für die ordnungsgemäße Auswahl der überlassenen Arbeitskräfte einzustehen hat, treffen den Werkunternehmer typische Gewährleistungs- und Schadenersatzpflichten sowie die "Preisgefahr". Vertragliche Änderungen dieser typischen Haftungs- und Risikoverteilung können auf eine Arbeitskräfteüberlassung hinweisen.
Indizwirkung kommt ferner folgenden Umständen zu:
wessen Material und Werkzeug verwendet wird;
Vorhandensein/Fehlen einer einschlägigen gewerberechtlichen
Kompetenz des Werkunternehmers;
Vorhandensein/Fehlen einer entsprechenden materiellen Ausstattung
des Werkunternehmers;
der Art der Abrechnung;
eventuellen Rechten des Bestellers, die Qualifikation der Arbeitskräfte zu bestimmen bzw. Arbeitskräfte zurückzuweisen;
der Bestimmung der Zahl der Arbeitskräfte bzw. eines fixierten Zeitraumes (insbesondere iS eines nicht unterschreitbaren Endtermins) im Vertrag.
(Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 AÜG vgl im übrigen auch die Erkenntnisse vom 24.2.1995, Zl. 94/09/0261, vom 29.1.1995, Zl. 94/09/0276, vom 17.11.1994, Zl. 94/09/0223 und vom 6.9.1994, Zl. 93/11/0162.)
Zum Ausnahmetatbestand des § 323a Abs.2 Z1 GewO 1973 (idF Art V, BGBl. Nr. 196/1988) ist festzuhalten:
Die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes setzt voraus, daß die gleiche Erwerbstätigkeit legal ausgeübt wird (vgl auch Geppert, S 266ff, insbesondere S 268: "Vergleichbarkeit der Gewerbeberechtigung").
Der unabhängige Verwaltungssenat ging davon aus, daß die - hinsichtlich der wesentlichen Fakten übereinstimmenden - Aussagen der Zeugen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung der Wahrheit entsprechen.
In diesem Sinn nahm es der unabhängige Verwaltungssenat als erwiesen an, daß die im angefochtenen Straferkenntnis bezeichneten Arbeitskräfte in der Firma "H H GmbH" tätig waren. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer wird durch die Berufung nicht bestritten. Der unabhängige Verwaltungssenat bezweifelt auch nicht die Berufungsbehauptung, daß bei W K der Arbeitsbeginn erst mit 28.7.1993 anzusetzen ist und daß B K nur am 6.9.1993 arbeitete. Aus den Aussagen der Arbeitskräfte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergaben sich Anhaltspunkte dafür, daß eine leistungsorientierte Entgeltform (zu den Entgeltformen vgl. etwa Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht, 4. A, S 245ff) vereinbart worden war. Allein dieser Umstand rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, daß verbotene Vereinbarungen getroffen wurden bzw die kollektivvertragsrechtlichen Ansprüche geschmälert wurden. Der unabhängige Verwaltungssenat ging daher - in Übereinstimmung mit der Berufung - davon aus, daß eine Überwälzung des Unternehmerrisikos auf die Arbeitskräfte nicht stattfand. Während der vorgeworfenen Tätigkeit besaß die F keine Gewerbeberechtigung für das Fleischergewerbe. Eine entsprechende Anmeldung erfolgte erst am 23.9.1993. Entsprechende (aktenkundige) Annahmen lagen dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde und wurden auch in der Berufung nicht bekämpft.
Hinsichtlich der Fragen, die den Inhalt des Werkvertrages betreffen, enthält die Berufung keine eigentlichen Behauptungen, sondern nur "Prüfungsanregungen". Die entsprechenden Fragen wurden vom unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund des von ihm durchgeführten Ermittlungsverfahrens beantwortet, wobei der unabhängige Verwaltungssenat zu keinen Ergebnissen gelangte, die konkreten Berufungsbehauptungen in irgendeiner Weise widersprechen würden.
In der Berufung wird nicht bestritten, daß die Arbeitskräfte keine Dienstzettel erhalten haben. Alle drei einvernommenen Zeugen haben denn auch übereinstimmend bestätigt, keine Dienstzettel erhalten zu haben. Der unabhängige Verwaltungssenat ging daher davon aus, daß keiner der überlassenen Arbeitskräfte ein Dienstzettel ausgestellt wurde. Daß die der Berufung in Kopie beiliegenden, mit "Dienstzettel" betitelten Blätter an den Partieführer K mit dem Auftrag übergeben wurden, sie an die anderen Dienstnehmer auszuteilen, konnte schon mangels Bekanntheit der Zustelladresse dieser Person nicht überprüft werden. Der unabhängige Verwaltungssenat nahm aber im Zweifel die Tatsache als gegeben an, daß dieser Person sämtliche "Dienstzettel" vor der Überlassung der betreffenden Arbeitskräfte mit dem Auftrag, die Dienstzettel zu Beginn der Überlassung weiterzugeben, übermittelt wurden. Beurteilung des Tatvorwurfs unter dem Blickwinkel der geltenden
Rechtslage
Zur Frage des Vorliegens einer Arbeitskräfteüberlassung:
Zunächst ist festzuhalten, daß schon aufgrund der Sachlage (keine erwiesene Verlagerung des Unternehmerrisikos auf die Arbeitnehmer) keine verbotene Arbeitsvermittlung vorlag und daher die belangte Behörde zutreffend davon ausging, daß - allenfalls - die Strafbestimmungen des AÜG zum Tragen kommen.
Entscheidend ist auf der nächsten Stufe der Überlegungen, ob ein - unbedenklicher - Werkvertrag vorliegt oder - gegebenenfalls trotz Vorliegens eines Werkvertrages - unter Zugrundelegung des wahren wirtschaftlichen Gehalts (§ 4 AÜG) von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen ist.
Im gegenständlichen Fall liegen für einen unbedenklichen Werkvertrag charakteristische Merkmale vor, da
die Erbringung eines auf den Unternehmer rückführbaren Arbeitserfolges geschuldet war,
sich die erbrachte Leistung vom üblichen Betriebsergebnis des Bestellerbetriebes unterschied,
die einzelnen Arbeitskräfte keinen (unmittelbaren) Weisungen des Bestellerbetriebes unterlagen und auch keine organisatorische Vermischung mit (auf gleichem Gebiet tätigen) Stammarbeitskräften stattfand,
die Abrechnung zwischen den Firmen auf der Grundlage der Leistungsmenge erfolgte,
die Firma F für die erfolgreiche Leistungserbringung haftete und die Firma F Arbeitsmittel bereitstellte.
Dem stehen Charakterzüge gegenüber, die - mag man auch im übrigen von einem Werkvertrag sprechen können - für eine Arbeitskräfteüberlassung sprechen:
Die Berufungswerberin bot selbst Beweismittel an (Dienstzettel, Überlassungsverträge), welche nur vor dem Hintergrund sinnvoll sind, daß auch die Berufungswerberin von einer Arbeitskräfteüberlassung ausging. Auch die einvernommenen Arbeitskräfte waren einhellig der Auffassung, für eine "Leasingfirma" zu arbeiten bzw überlassen worden zu sein. Der vom Besteller (H) im Kern verfolgte wirtschaftliche Zweck der Konstruktion war die Rekrutierung von Arbeitskräften für einen bestimmten, in seinem Unternehmen laufend anfallenden Arbeitsschritt. Der vom Zeugen V beigebrachte Werkvertragsentwurf verdeutlicht dies, indem die Pflicht des Unternehmers (F) dahingehend formuliert ist, für die Bearbeitung der Fleischmenge die notwendigen Arbeitskräfte mit entsprechender fachlicher Qualifikation zur Verfügung zu stellen und für den Fall der Nichtbereitstellung der erforderlichen Zahl der Arbeitskräfte eine Konventionalstrafe vereinbart ist.
Das herzustellende "Werk" war insofern nicht abgegrenzt, als in von vornherein unbestimmter Vertragsdauer anfallende Fleischmengen zu bearbeiten waren, also zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Gesamtmenge noch nicht feststand. Das konkrete Auftragsvolumen und die konkrete Tätigkeit (Art und Umfang der Leistung) wurden (im Rahmen des Vertrages) einseitig durch den Besteller geregelt. Zeit und Ort der Leistungserbringung, ja selbst die Arbeitsgeschwindigkeit, richtete sich ausschließlich nach den betrieblichen Erfordernissen des Bestellerbetriebes. Das Arbeitsmaterial (das zu zerlegende Fleisch) und (dem wirtschaftlichen Wert nach überwiegend) die Betriebsmittel (in Form des eingerichteten Werkraumes und sonstiger dort befindlicher Utensilien wie Schränke und Tische) wurden von der Bestellerfirma zur Verfügung gestellt. Auf Seiten des Unternehmers (F) fehlte überhaupt eine dem Gewerbe entsprechende materielle Betriebsausstattung. Lediglich Kleidung und Handwerkszeug waren zur Verfügung zu stellen, welche aber laut Vertrag vom Besteller zu reinigen und zu desinfiszieren waren.
Dem Besteller waren laut Werkvertragsentwurf bestimmte Kontrollrechte hinsichtlich der "Identität" der Arbeitskräfte eingeräumt, wohl in erster Linie wegen der Überprüfung gesundheitspolizeilicher Voraussetzungen.
Im gegenständlichen Fall fehlte der Unternehmerfirma die gewerberechtliche Kompetenz für die Ausübung der Feinzerlegung von Fleisch.
In Abwägung dieser Umstände nach Art eines "beweglichen Systems" kam der unabhängige Verwaltungssenat zu dem Ergebnis, daß nach dem "wahren wirtschaftlichen Gehalt" iSd § 4 Abs.1 AÜG eine Arbeitskräfteüberlassung vorlag.
Zur Anwendbarkeit des § 11 AÜG im konkreten Fall:
Im gegenständlichen Fall ist der Ausnahmetatbestand des § 323a Abs.2 Z1 GewO nicht anzuwenden, da die Firma F erst am 23. September 1993 das Fleischergewerbe im Standort W angemeldet hat. Deshalb war die Arbeitskräfteüberlassung konzessionspflichtig und daher die Ausnahmeregelung des § 1 Abs.3 AÜG nicht anzuwenden. Demgemäß ist § 11 AÜG auf den gegenständlichen Fall anzuwenden.
Zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG:
Im vorliegenden Fall steht fest, daß die überlassenen Arbeitskräfte keinen Dienstzettel erhalten haben. Damit ist - insoweit - der Tatbestand des § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG in objektiver Hinsicht erfüllt.
Dieses Verhalten der Berufungswerberin ist auch nicht entschuldigt:
Als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GesmbH trägt sie die Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des AÜG. Ihr Vorbringen, dem Partieführer Dienstzettel mit der Weisung, diese Dienstzettel zu verteilen, übergeben zu haben, vermag die Berufungswerberin nicht zu entschuldigen. Das gegenständliche Delikt ist ein Ungehorsamsdelikt; die Glaubhaftmachung des Unverschuldens iSd § 5 Abs.1 VStG kann durch bloßen Hinweis auf die Weisungserteilung gegenüber einer Person, eine wesentliche Teilhandlung dieser Pflichterfüllung vorzunehmen, nicht gelingen. Der Berufungswerberin wäre es oblegen nachzuprüfen, ob die Dienstzettel tatsächlich übergeben wurden, was nach der Lage des Falles (geographische Nähe des Firmensitzes zum Beschäftigungsort) überdies leicht möglich gewesen wäre. Die Vornahme einer entsprechenden Kontrolle durch die Berufungswerberin wurde durch diese jedoch nicht behauptet. Bei diesem Ergebnis kann die Frage dahingestellt bleiben, ob ein "Dienstzettel" mit derart mangelhaftem Inhalt wie im gegenständlichen Fall überhaupt als Dienstzettel iSd § 11 AÜG angesprochen werden kann, enthält doch dieser Zettel lediglich die Angabe des kollektivvertraglichen Brutto- Mindestlohns und einen Hinweis auf beiliegende - aber nicht beigelegte - "Bedingungen".
Es liegt auch kein entschuldigender Rechts- (Subsumtions-) irrtum vor:
Wenn die Berufung (sinngemäß) behauptet, die Berufungswerberin sei der Auffassung gewesen, ihre Geschäftstätigkeit stelle eine Ausübung des Fleischergewerbes und daher keine Arbeitskräfteüberlassung dar, so ist ihr entgegenzuhalten: Die Berufungswerberin hat nach eigenem Vorbringen (vgl die Berufungsbeilagen) Handlungen gesetzt, die darauf schließen lassen, daß sie selbst vom Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung ausging. Hierher gehört die Abfassung von "Dienstzetteln" (August 1993) und einer "Überlassungsvereinbarung" zwischen der Firma F und ihren Arbeitnehmern als zu überlassenden Arbeitskräften (vom Juli 1993). Aus diesem Grund ist schon das Vorliegen eines Rechtsirrtums zu verneinen und allenfalls eine erhöhte Erkundigungspflicht infolge drängender Zweifel anzunehmen.
Selbst bei anderer Annahme bleibt folgender Vorwurf bestehen: Da die Berufungswerberin im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht über die für die Ausübung des Fleischerhandwerks erforderliche Gewerbeberechtigung verfügte, konnte sie auch nicht - entschuldbar - den Schiedsspruch der Wiener Handelskammer dahingehend (miß-) interpretieren, daß bei Fehlen dieser Voraussetzung dennoch eine Ausübung des Fleischergewerbes - und somit keinesfalls eine Arbeitskräfteüberlassung - vorliegt.
Der Berufung kommt dennoch im Ergebnis Berechtigung zu:
Wie oben ausgeführt, hat sich die belangte Behörde in der Firmenbezeichnung geirrt. Als Firma, in welcher die überlassenen Arbeitskräfte beschäftigt wurden (als Beschäftiger), ist nach den Ergebnissen der Aussagen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht - wie im angefochtenen Straferkenntnis angegeben - die Firma W anzusehen, sondern die Firma H GmbH. Es kann dahingestellt bleiben, ob einer Spruchkorrektur die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verteidungsrechte der Partei (vgl. VwSlg 11.486 A/1984 und die Folgejudikatur) entgegenstünde. Die Entscheidungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenats ist nämlich durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen erstbehördlichen Bescheides begrenzt; der unabhängige Verwaltungssenat ist mithin nicht befugt, die der Beschuldigten zur Last gelegte Tat gegen eine andere Tat auszuwechseln (vgl. statt vieler VwSlg 9222 A/1977).
Eine solche Tatauswechslung sieht der Verwaltungsgerichtshof bei einer Richtigstellung des Beschäftigerunternehmens im Berufungsverfahren im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf der unbefugten Gewerbsausübung der Arbeitskräfteüberlassung gegeben:
Es trifft, so der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.11.1993, Zl. 93/04/0169, zwar zu, daß es sich bei der Person des Empfängers der Leih-Arbeitskräfte nicht um ein wesentliches Tatbestandselement der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten unbefugten Ausübung des Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung handelt, doch vermag dies nichts daran zu ändern, daß es sich dabei um ein die Identität der Tathandlung bestimmendes Merkmal handelt, dessen Auswechslung den Vorwurf einer anderen Tathandlung bedeutet. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag hinsichtlich der seitens des Verwaltungsgerichtshofes getroffenen Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes durch die Bezeichnung des Beschäftigers keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem gewerberechtlichen Delikt, über welches der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hatte und den hier gegenständlichen Straftatbeständen zu erkennen. Konsequenterweise hatte der unabhängige Verwaltungssenat daher auch hier davon auszugehen, daß der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis - im Berufungsverfahren nicht korrigierbar - eine Tat vorgeworfen wurde, deren Begehung durch die Berufungswerberin durch das Ermittlungsverfahren des unabhängigen Verwaltungssenates nicht erwiesen wurde. Die Berufungswerberin hatte daher die ihr zur Last gelegte Tat mithin nicht begangen (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).
Zu den Fakten 3, 4 und 5:
Das zuletzt Gesagte gilt nicht nur für das Faktum 2, sondern auch für die Fakten 3, 4 und 5. Zu diesen Fakten ist im übrigen anzumerken, daß auch ohne Fehlbezeichnung des Beschäftigers das Verfahren einzustellen gewesen wäre, und zwar aus folgenden Gründen:
Zum Faktum 3:
Gemäß § 22 Abs.1 Z1 lit.a AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Überlasser oder Beschäftiger gesetzwidrige Vereinbarungen trifft (§§ 8 und 11 Abs.2) und deren Einhaltung verlangt. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin lediglich vorgeworfen, daß sie gesetzwidrige Vereinbarungen getroffen habe, nicht jedoch auch, daß sie deren Einhaltung verlangt habe. Damit fehlte dem Vorwurf ein wesentliches Tatbestandselement. (Zur Notwendigkeit der Anführung alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale im Spruch vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A, 1990, S 939).
Zum Faktum 4:
Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.c AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Mitteilungspflichten (§ 12) nicht einhält, wenn dadurch die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft besteht. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin zwar die Verletzung der Mitteilungspflicht gemäß § 12 Abs.1 AÜG vorgeworfen, nicht jedoch das Bestehen der Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft. Damit fehlte dem Vorwurf ein wesentliches Tatbestandselement.
Zum Faktum 5:
Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß § 13 zu führenden Aufzeichnungen oder die zu übermittelnden statistischen Daten nicht oder mangelhaft vorlegt. Gemäß § 13 Abs.1 AÜG hat der Überlasser ab Aufnahme der Überlassungstätigkeit laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen. Gemäß § 13 Abs.4 AÜG (in der am 31.7.1993 geltenden Fassung) hatte der Überlasser dem zuständigen Landesarbeitsamt einmal jährlich zum Stichtag Ende Juli die im folgenden genannten Daten zu übermitteln.
Dazu verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30.11.1993, B 801/93, in welchem der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat: § 13 Abs.4 AÜG enthält keine Angabe über den Zeitpunkt bis zu dem die statistischen Daten der Behörde vorzulegen sind. Daraus folgt, daß - sofern die Behörde nicht eine Frist gewährt - die Daten unverzüglich zu übermitteln sind. Die belangte Behörde, die bei ihrer Entscheidung davon ausging, daß der in § 13 Abs.4 AÜG genannte Stichtag (für die Erfassung der statistischen Daten) zugleich das Ende der Frist für die Meldung darstellt, unterstellt dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt, weil ein derartiges Verständnis dieser Vorschrift bedeuten würde, daß der Überlasser zum einen sämtliche geforderte Daten bis zum Ablauf des 31.7. zu erfassen hat (andernfalls droht ihm eine Bestrafung gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG wegen Mangelhaftigkeit der vorgelegten Unterlagen), zum anderen aber verpflichtet wird, dafür Sorge zu tragen, daß die von ihm ermittelten Daten am 31.7. dem Landesarbeitsamt vorgelegt werden. Da die zum Stichtag zu erfassenden Daten nicht schon am Stichtag der Behörde vorgelegt werden können, würde solcher Art ein gesetzeskonformes Verhalten der Rechtsunterworfenen unmöglich, doch ist es nicht nötig, dem Gesetz diesen Inhalt zu unterstellen.
Indem die belangte Behörde davon ausging, daß "Ende Juli 1993" - einen Zeitraum, zudem die vorgeworfenen Überlassungen teils erst gerade begannen, überwiegend jedoch nicht einmal begonnen hatten (andere Überlassung sind aus dem Akt nicht ersichtlich) - gleichzeitig der Zeitraum für die Erfassung der Daten und das Ende der Meldefrist war, ging sie von der vom VfGH abgelehnten Auslegung des § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG aus. Entsprechendes ist für den Vorwurf der Nichtvorlage der geführten Aufzeichnungen anzunehmen, für die im übrigen nicht der in § 13 Abs.4 erwähnte Stichtag gilt, wie die belangte Behörde offensichtlich annahm.