RS UVS Oberösterreich 1995/07/06 VwSen-210163/3/Ga/La

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 06.07.1995
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VwSen-210162 v.6.7.1995; VwSen-210194 v. 21.12.1994 Rechtssatz

§ 7 Abs.1 O.ö. AWG regelt ein Bündel unterschiedlicher Tatbestände. Für die Einhaltung sämtlicher dieser Verhaltensnormen ist mit § 42 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. AWG nur eine Sanktionsnorm vorgesehen, wonach mit Geldstrafe bis 100.000 S zu bestrafen ist (Z2), wer entgegen § 7 Abs.1 Abfälle wegwirft oder sonst außerhalb von Abfallbehältern oder Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw. ablagert (lit.b). Gegenständlich hat die belangte Behörde gemäß dem diesbezüglich eindeutigen Bescheidspruch nur die Verletzung der Verbotsnorm des § 7 Abs.1 letzter Fall O.ö. AWG zugrundegelegt. Gemäß dieser Vorschrift ist das (dauernde) Ablagern von Abfällen nur in Abfallbehandlungsanlagen zulässig.

Anders als im (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetz - AWG ist im O.ö. AWG der Begriff des Ablagerns als solcher positiv-rechtlich umschrieben: § 2 Abs.3 Z2 lit.b definiert die Ablagerung als eine Deponierung auf Dauer und grenzt sie zugleich ausdrücklich gegen die bloß vorübergehende Lagerung ab. Die Gesetzesmaterialien stellen ergänzend klar (Blg. 411/1990 zum kurzschr. Bericht des o. ö. LT, XXIII. GP, 5, Z3), daß hinsichtlich auch dieses Begriffs Gleichklang mit den - schon zufolge der vom Bundesgesetzgeber diesbezüglich in Anspruch genommenen Bedarfskompetenz (aaO., 3, lit.e) - vorgegebenen abfallrechtlichen Begriffen des AWG und deren Bedeutung gegeben ist.

Davon ausgehend liegt Ablagerung/Ablagern unter subjektiven Gesichtspunkten jedenfalls dann vor, wenn bewegliche Sachen als Abfälle im Bewußtsein der Endgültigkeit weggegeben werden; dabei ist eine 'Entledigung' auf eigenem Grund und Boden nicht von vornherein ausgeschlossen - es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. In der Regel allerdings wird es sich bei "wilden" Deponierungen auch auf eigenem Grund um eine eben unzulässige, dh rechtswidrige solche Ablagerung handeln.

Bei einer demgemäß disloziert-rechtswidrigen, dh entgegen dem gesetzlichen Anlagenvorbehalt des § 7 Abs.1 letzter Fall O.ö. AWG herbeigeführten Ablagerung, wie sie nach der Spruchformulierung das angefochtene Straferkenntnis dem Berufungswerber vorwirft, handelt es sich um ein Begehungsdelikt (vgl. das denselben Berufungswerber betreffende, zu einem kongruenten Sachverhalt nach dem AWG ergangene h. Erk. VwSen-210162/3/Ga/La vom heutigen Tag; mwN), das schon mit dem Abschluß der Handlung, das ist die im Wissen um bzw. in der (auch bloß bedingten) Absicht auf Endgültigkeit vorgenommene Weggabe der beweglichen Sachen als Abfall, verwirklicht ist (dabei könnten mehrfache rechtswidrige Ablagerungen - über einen bestimmten Zeitraum hintereinander begangen - grundsätzlich als fortgesetztes Delikt verfolgt werden; gegenständlich jedoch sind keinerlei Hinweise für eine fortgesetzte Begehungsweise ausgewiesen).

Mit der so verstandenen Ablagerung ist daher das Delikt abgeschlossen und beginnt die Verjährungsfrist zu laufen (vgl. VwSen-210194/3/Ga/La vom 21.12.1994).

Aus all dem folgt, daß im Berufungsfall zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals 'Ablagern' hinsichtlich der im Schuldspruch aufgezählten Gegenstände der Nachweis einer auf deren endgültige Entledigung als Abfälle gerichteten Absicht erforderlich gewesen wäre.

Allerdings hätte auch hier, so wie im Bereich des AWG (siehe das oben zit. h. Erkenntnis VwSen-210162/3/Ga/La), der direkte (zB durch Geständnis oder Zeugen zu führende) Nachweis dieser Entledigungsabsicht durch den indirekten (wohl idR durch Augenschein zu führenden) Nachweis der Offensichtlichkeit der Ablagerung ersetzt werden können.

Dieser Nachweis liegt nicht vor; aus der Aktenlage ist ein darauf gerichtet gewesenes Ermittlungsverfahren nicht nachvollziehbar. Auch daß die belangte Behörde wenigstens den Nachweis einer immanenten Entledigungsabsicht durch Offensichtlichkeit der Ablagerung als erbracht angenommen und dem Schuldspruch zugrundegelegt hätte, ist im Strafakt durch nichts belegt. So können dem Verhandlungsprotokoll vom 2. Februar 1994 Hinweise, die auf die Entledigungsabsicht des Berufungswerbers wenigstens schließen ließen, nicht entnommen werden, sodaß sich der in der ersten Verfolgungshandlung (= Ladungsbescheid vom 10. Februar 1994) geäußerte Tatverdacht einer (außerhalb von Abfallbehandlungsanlagen herbeigeführten) Ablagerung schon aus der bis dahin vorliegenden Aktenlage nicht begründen läßt.

Hingegen ist aus dem Strafakt die ausdrückliche Bestreitung des Berufungswerbers ersichtlich. Es hat nämlich der Berufungswerber in seiner der belangten Behörde mit Schreiben vom 22. Februar 1994 vom Amt der o.ö. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, übermittelten Stellungnahme vom 14. Februar 1994 folgendes ausgeführt: "Ich darf dazu auch feststellen, daß es sich bei den verschiedensten Gegenständen nicht um Ablagerungen auf Dauer gehandelt haben, sondern bloß um eine vorübergehende Lagerung, welche ich bei meiner vollständigen Genesung unaufgefordert einer entsprechenden Entsorgung zugeführt hätte." Entgegen der Darstellung in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wäre diese Stellungnahme des Berufungswerbers als immerhin indirekt erfolgte Rechtfertigung - unbeschadet der Nichtbefolgung des Ladungsbescheides - zu berücksichtigen gewesen und hätte sich die belangte Behörde mit dieser Verantwortung schon im Hinblick auf das gänzliche Fehlen aktenkundiger Fakten, die auf die Entledigungsabsicht (im oben beschriebenen Sinn) mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit hätten schließen lassen, auseinandersetzen müssen.

Daß Feststellungen zur Ablagerungsabsicht des Berufungswerbers gar nicht vorliegen, wird auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses deutlich. Entgegen dem auch für das Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 60 AVG enthält die Bescheidbegründung keinerlei Ausführungen, warum die belangte Behörde die Verwirklichung gerade des Ablagerungstatbestandes angenommen hat. Im Gegenteil: Die Begründung läßt vermuten, daß die belangte Behörde die unterschiedlichen, in ihrer Bedeutung für diesen Fall entscheidungswesentlichen Inhalte der Begriffe 'Lagern' und 'Ablagern' möglicherweise verkannt hat (darauf deutet insbesondere die Alternativ-Formulierung auf Seite 3 Mitte hin, die ausweist, daß die belangte Behörde - zumindest in der Begründung - zwischen den Begriffen rechtlich nicht differenziert). Für den Berufungsfall hat die dargestellte Sach- und Rechtslage die Konsequenz, daß der im Schuldspruch angegebene Feststellungzeitpunkt aus allen diesen Gründen nicht mit der Tatzeit gleichgesetzt werden darf.

Als solche hätte nach den Umständen dieses Falles vielmehr jener Tag (bzw. Zeitraum bei - allerdings von der belangten Behörde von vornherein nicht angenommener - fortgesetzter Begehungsweise) ermittelt und gesondert vorgeworfen werden müssen, an dem sich der Berufungswerber der spruchverfangenen Gegenstände mit der Absicht auf endgültige Deponierung entledigt hatte.

Ist aber die Tatzeit für die vorgeworfene unbefugte Ablagerung nicht festgestellt und in Verfolgung gezogen worden, leidet das angefochtene Straferkenntnis im Lichte der zum Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an solchen Identitätsmängeln, die auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr saniert werden können, weshalb spruchgemäß die Aufhebung und die Einstellung auszusprechen waren.

Bei diesem Verfahrensergebnis kann einerseits dahingestellt bleiben, ob mit der Einordnung sämtlicher im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten beweglichen Sachen als Abfälle iSd O.ö. AWG die bezügliche Rechtsfrage richtig beantwortet ist, und andererseits auf sich beruhen, ob die vom Berufungswerber behauptete Nutzung von ausgedienten, nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung für die Landwirtschaft stehenden Fahrnissen "als Ersatzteilträger" deren Einordnung als Abfälle gemäß § 2 Abs.2 Z3 O.ö.AWG rechtens hätte verhindern können. Mit diesem Ergebnis entfällt auch die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren dem Beschuldigten in diesem Fall von Gesetzes wegen nicht aufzuerlegen).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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