RS UVS Oberösterreich 1995/07/07 VwSen-260135/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 07.07.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat nicht einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs 4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt. Gemäß § 32 Abs.4 Satz 1 WRG 1959 idF BGBl. Nr. 252/1990 bedarf der Indirekteinleiter, der Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt, bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens dann keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind.

Die mit der Wasserrechtsnovelle BGBl. Nr.185/1993 rückwirkend eingeführte Übergangsbestimmung des § 33g WRG 1959 will Erleichterungen schaffen und gewisse Härten vermeiden, die durch die verschärften Bewilligungs- und Sanierungsvorschriften der Wasserrechtsnovelle 1990 entstanden sind.

Der gegenständlich einschlägige § 33g Abs.3 WRG 1959 lautet:

"Indirekteinleiter (§ 32 Abs.4), für die mit 1. Juli 1990 eine Bewilligungspflicht neu eingeführt wurde, gelten als bewilligt, wenn sie den für sie sonst geltenden Vorschriften gemäß betrgabe Anwendung, daß die in § 33c Abs.2 sowie die nach § 33c Abs.1 bestimmten Fristen nicht vor dem 1. Juli 1993 zu laufen beginnen. Die Bewilligung endet am 31. Dezember 2002."

Mit der Verschärfung des § 32 Abs.4 WRG 1959 durch die Wasserrechtsnovelle 1990 wurde eine Bewilligungspflicht nachträglich eingeführt. Die Vorläuferbestimmung des § 32 Abs.4 WRG 1959 erklärte noch lapidar:

"Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisationsanlage mit Zustimmung ihres Eigentümers vornimmt, bedarf für den Anschluß in der Regel keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Das Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird."

Dazu wurde in der früheren Kommentarliteratur (vgl näher Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2.A (1978), 207 f Anm 17 und 18 zu § 32 WRG) ausgeführt, daß der Anschluß an eine bewilligte Kanalisationsanlage in der Regel Sache des Kanalisationsunternehmers sei. Einschränkende Bedingungen können in dessen wasserrechtlicher Bewilligung vorgesehen sein. Einbringungen in eine Kanalisation unterlagen sonst nur den landesgesetzlichen Vorschriften und gemeindlichen Regelungen.

Nach älteren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 1959 und 1961 (vgl bei Grabmayr/Rossmann, Wasserrecht, 2.A, 185 E 39 zu § 32 Abs 4 WRG) bedurften Anschlußkanäle an sich keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Eine gesonderte Bewilligung kam nur dann in Betracht, wenn ein wesentlicher Einfluß auf den Vorfluter ausgeübt und hiedurch der wasserrechtliche Konsens an diesem überschritten wurde. In VwSlg 6816 A/1965 wurde die Verantwortlichkeit des Kanalisationsunternehmers für die Einhaltung seiner wasserrechtlichen Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter betont und klargestellt, daß es sich bei einer Kanalisationsanlage um kein Gewässer im Sinne des § 32 Abs 1 WRG 1959 handelt.

In VwSlg 13200 A/1990 hat der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage vor der Wasserrechtsnovelle 1990 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien klargestellt, daß eine wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung in die Kanalisationsanlage schon deshalb unter keinen Umständen in Frage kam, weil es sich bei dieser Anlage um kein Gewässer iSd § 32 Abs.1 WRG 1959 handelte. Einbringungen in eine Kanalisation erfolgten nach einschlägigen landesgesetzlichen oder gemeindlichen Vorschriften und bedurften der Zustimmung des Kanaleigentümers. Aus wasserrechtlicher Sicht war nur die letztlich im Wege der Kanalisation erfolgte Einbringung der Abwässer in ein Gewässer, dh also in den Vorfluter zu beurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof führte weiter aus, daß die Einbringung in die Kanalisation bewilligungsfrei erfolgte, wenn ein sog Regelfall vorlag.

Aus dem alten § 32 Abs.4 Satz 2 leitete er ab, daß ein Regelfall vorliegt, wenn die wasserrechtliche Bewilligung des Kanalisationsunternehmers zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird. Erst der Nachweis dieses Regelfalls hätte - unabhängig von der Verantwortlichkeit des Kanalunternehmers - eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für den Indirekteinleiter nach sich ziehen können.

Gegenständlich liegt kein Fall der Übergangsregelung des § 33g Abs.3 WRG 1959 vor, weil für die Th H OHG mit 1. Juli 1990, dem Inkrafttreten der Wasserrechtsnovelle 1990, keine Bewilligungspflicht neu eingeführt worden ist. Die Einleitung der Abwässer des Sägewerks bedurfte wegen ihrer möglichen negativen Auswirkungen auf die Kanalisation und die Reinigungsanlagen bereits nach der Auslegung der alten Regelung des § 32 Abs.4 WRG 1959 idF vor der Wasserrechtsnovelle 1990 einer Bewilligung. Deshalb hat der Bescheid des Landeshauptmannes vom 5.7.1989 eine Regelung für diese Einleitungen getroffen.

Richtig ist, daß nach dem Inhalt dieses Bescheides und der bezughabenden Projektsbeschreibung im Befund Niederschlagswässer und sämtliche betrieblichen Abwässer erfaßt sind. Die Ansicht der belangten Strafbehörde, wonach die gegenständlichen Kühlwässer nicht von der wasserrechtlichen Bewilligung umfaßt seien, ist unzutreffend. Aus den quantitativen und qualitativen Einleitungsbegrenzungen im Spruch ist in Verbindung mit dem Befund abzuleiten, daß auch sämtliche Kühlwässer erfaßt werden (vgl dazu etwa Befund, Verhandlungsschrift vom 22.05.1989, Seite 3 Absatz 1 Satz 3: "... sollen nunmehr sämtliche anfallenden Abwässer bzw. Niederschlagswässer der öffentlichen Kanalisation, ..., zugeführt werden."). Entgegen der Berufung erlaubt der Bewilligungsbescheid vom 5. Juli 1989 allerdings nicht die Ableitung von Kühlwässern über den Ableitungskanal für häusliche Abwässer und den Schacht 493 in den Ortskanal XIV. Vielmehr sah das Projekt vor, daß die Abwässer (Überlaufwässer, periodische Entleerung) der beiden Klotzteiche, die von den anfallenden Kühlwässern der Dieselmotoren und der Kolbendampfmaschine zu gleichen Teilen gespeist werden (vgl Befund, Verhandlungsschrift vom 22.05.1989, Seite 7), mit 10 l/s oder 200 m3/d mengenmäßig begrenzt und mit einer thermischen Belastung von maximal 30 Grad C über den Ableitungskanal Mitte und die Mineralölabscheideranlage zu führen und in den Kanal XV einzuleiten sind (vgl Befund, Verhandlungsschrift vom 22.05.19809, Seiten 4, 6 und 9 f). Für die Auslegung des Bewilligungsbescheides, der auch in seinem Spruch - wenn auch nicht ganz eindeutig - auf den Ableitungskanal Mitte Bezug nimmt (vgl Spruchpunkte I/1, A/b und B) ist dadurch klargestellt, daß die Ableitung sämtlicher Kühlwässer projektsgemäß und damit bewilligungskonform nur über die Klotzteiche und den Ableitungskanal Mitte mit der Mineralölabscheideranlage in den Sammelkanal XV der Ortskanalisation hätte erfolgen dürfen.

Die Umgehung der vorgeschriebenen Ableitungswege war auch dann nicht zulässig, wenn es sich bei den konsenswidrig eingeleiteten Kühlwassermengen nur um geringfügig verschmutzte Abwässer handelte, die möglicherweise keiner Vorreinigung bedurft hätten. Denn nicht nur der Verschmutzungsgrad, sondern auch die Mengenfrage ist ein wesentlicher Gesichtspunkt einer zulässigen und unschädlichen Einleitung in das öffentliche Kanalsystem. Nach der Auflage 13 des Bewilligungsbescheides war im Ableitungskanal Mitte nach dem Ölabscheider und vor der Einbindung in die öffentliche Kanalisation ein Meßschacht gemäß ÖWWV-Regelblatt Nr. 10 zu errichten und zu betreiben. Der Momentandurchfluß ist danach ständig zu messen und zu registrieren und die Tagessumme aufzuzeichnen. Durch die Umgehung des Ableitungskanals Mitte werden daher auch die mengenmäßigen Begrenzungen einer Kontrolle entzogen. Der Umstand der geringen Verschmutzung der Kühlwässer könnte allenfalls im Rahmen der Strafbemessung milderndes Gewicht haben, änderte aber nichts an der eigenmächtigen und konsenswidrigen Vorgangsweise. Die belangte Strafbehörde hat in Verkennung der dargelegten Rechtslage lediglich die nicht näher beschriebene Einleitung von Kühlwässern über den Schacht 493 in den Sammelkanal XIV vorgeworfen und ist davon ausgegangen, daß dies konsenslos erfolgte, weil sie rechtsirrig vermeinte, daß diese Kühlwässer vom Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes gar nicht umfaßt wären. Die fehlende Auseinandersetzung mit der durch den Bewilligungsbescheid geschaffenen Rechtslage hatte auch eine nach den Maßstäben des § 44a Z1 VStG unzureichende Tatanlastung zur Folge. Dem Bw, der sich in seiner Rechtfertigung noch dazu ausdrücklich auf die Bescheidkonformität der gegenständlichen Ableitung berufen hatte, wäre konkret vorzuwerfen gewesen, daß und warum die Einleitung der Kühlwässer entgegen dem Bewilligungsbescheid vom 5.7.1989 erfolgt ist. Dabei hätte ihm die entsprechend der wasserrechtlichen Bewilligung vorgeschriebene Art der Ableitung der Kühlwässer vorgehalten werden müssen, um die Tat unverwechselbar zu umschreiben und ihn in die Lage zu versetzen, sich ausreichend gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind alle zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens wesentlichen Tatbestandsmerkmale im Spruch zu umschreiben (vgl näher mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.A (1990), 937ff). Daß es sich beim Merkmal "entgegen einer Bewilligung für die Einleitung in eine Kanalisation" um eine wesentliche und konkretisierungsbedürftige Tatbestands- variante des § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 handelt, kann nicht ernsthaft in Frage gestellt werden.

Da die von der Strafbehörde vorgeworfene Verwaltungsübertretung des § 137 Abs.2 lit.h 1. Fall WRG 1959 (Einleitung in eine Kanalisation ohne Bewilligung) aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt und der 2. Fall des § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 von der Strafbehörde nicht in Betracht gezogen und daher auch nicht innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 137 Abs.9 Satz 1 WRG 1959 vorgeworfen wurde, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 (Beschuldigte hat die angelastete Tat nicht begangen) und Z3 (Verfolgungsverjährung) VStG einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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