TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/20 96/08/0331

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Veröffentlicht am 20.06.2001
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Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

AngG §40;
AngG §8 Abs1;
ArbVG §3;
ARG 1984 §9 Abs2;
ARG 1984 §9 Abs4;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §44;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49;
UrlaubsG 1976 §12;
UrlaubsG 1976 §6 Abs1;
UrlaubsG 1976 §6 Abs5;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/08/0332

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerden der B OHG in G, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark I. vom 15. Oktober 1996, Zl. 5- s26n9/14-95, betreffend Beitragsnachverrechnung (hg. protokolliert zu 96/08/0332) und II. vom 18. Oktober 1996, Zl. 5-s26x3/4-96, betreffend Beitragszuschlag (hg. protokolliert zu 96/08/0331) (jeweils mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Josef-Pongratz-Platz 1, 8010 Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen von S 1.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse werden abgewiesen.

Begründung

Zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht folgender Sachverhalt außer Streit:

Unternehmensgegenstand der beschwerdeführenden Gesellschaft (in der Folge kurz OHG genannt) ist der Warenhandel. Mit ihren Dienstnehmern hat die OHG vereinbart, diesen freiwillig bis auf jederzeitigen Widerruf für ihre Verkaufstätigkeit jeweils zum Jahresende unverbindlich eine Prämie von 2 % aus den von ihnen erzielten Nettoverkäufen auszuzahlen. Nach dieser Vereinbarung nahmen die Dienstnehmer zur Kenntnis, dass die Prämien nicht Gehaltsbestandteil seien und nicht in eine nach arbeitsrechtlichen Vorschriften zu ermittelnde Bemessungsgrundlage einbezogen werden sollten. Diese Prämien wurden auf Wunsch der Dienstnehmer monatlich abgerechnet und ausbezahlt. Daneben erhielten die Dienstnehmer ein das kollektivvertragliche Entgelt übersteigendes Gehalt. Die tatsächlich ausbezahlten Provisionen wurden der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gemeldet. Im Zuge einer Beitragsprüfung stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, dass die Prämien in den Jahren 1991 und 1993 in die Berechnungsgrundlage für die in diesen Jahren an die Dienstnehmer ausbezahlten Kranken-, Urlaubs- und Feiertagsentgelte nicht einbezogen worden seien.

Zu I.:

Mit Bescheid vom 1. September 1995 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die OHG auf Grund der in den Jahren 1991 und 1993 vorhandenen Meldedifferenzen, die für die in der dem Bescheid angeschlossenen Beitragsnachverrechnungsanzeige vom 23. Februar 1995 angeführten Dienstnehmer vorgeschriebenen allgemeinen Beiträge, Sonderbeiträge, Zuschläge und Nebenumlagen nach den dort angeführten Beitragsgrundlagen und für die dort näher bezeichneten Zeiten im Betrag von S 243.580,24 zu entrichten. Begründend wurde ausgeführt, dass auf Grund näher genannter gesetzlicher Bestimmungen dem Arbeitnehmer an Feiertagen, für Zeiten der Ersatzruhe, bei Arbeitsverhinderung und Urlaub jenes Entgelt gebühre, das er erhalten hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten, die Arbeit nicht auf Grund eines Feiertages oder der Ersatzruhe ausgefallen bzw. wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Bei leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten bemesse sich das fortzuzahlende Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen. Eine gesetzlich vorgesehene kollektivvertragliche Regelung sehe für das Urlaubsentgelt vor, dass Provisionen sowie sonstige provisionsartige Entgelte (z.B. Umsatzprozente oder Verkaufsprämien) grundsätzlich als Entgelt anzusehen seien. Der Angestellte solle durch die Entgeltfortzahlung wirtschaftlich so gestellt werden, wie dies bei regelmäßigem Verlauf seines Arbeitsverhältnisses der Fall sei, was kollektivvertraglich weder aufgehoben noch beschränkt werden könne. Die den Dienstnehmern der OHG gewährten Prämien stellten jedenfalls einen Entgeltbestandteil dar. Gegenteilige vertragliche Vereinbarungen widersprächen den arbeitsrechtlichen Vorschriften und seien nichtig. Die Prämien seien als Entgelt daher auch an Feiertagen, Zeiten der Ersatzruhen, bei Arbeitsverhinderung sowie bei Urlaub zu entrichten.

In ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch und weiteren im Einspruchsverfahren überreichten Stellungnahmen brachte die OHG (zusammengefasst) vor, die Vereinbarung zwischen ihr und ihren Dienstnehmern gehe allen gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen vor. Vereinbarungsgemäß seien die Provisionen freiwillig und ohne rechtliche Bindung gewährt worden und hätten jederzeit widerrufen werden können. Vereinbart sei eben, dass die Dienstnehmer die Prämien im Urlaubs- und Krankheitsfall nicht erhalten sollten. Die Prämien könnten somit nicht Entgelt im Sinne des § 49 ASVG sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. Nach Wiedergabe des Spruches des bestätigenden Bescheides sowie des Verfahrensganges bejahte sie den Entgeltcharakter der Provisionen, weil § 49 Abs. 1 ASVG unter Entgelt neben dem Anspruchslohn auch jene Geldbezüge verstehe, die der Dienstnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhalte. Die belangte Behörde hat für ihren Standpunkt auch den bereits im Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erwähnten Kollektivvertrag herangezogen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu 96/08/0332 protokollierte Beschwerde.

Zu II.:

Mit Bescheid vom 10. März 1995 schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der OHG einen Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 ASVG von S 47.700,-- vor. Begründend führte sie aus, anlässlich einer am 26. Mai 1994 durchgeführten Beitragsprüfung sei festgestellt worden, dass es die OHG unterlassen habe, für Pflichtversicherte in 109 Fällen das Entgelt in beitragspflichtiger Höhe zu melden bzw. der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen. Auf Grund der §§ 33 und 34 ASVG seien beschäftigte Pflichtversicherte binnen drei Tagen nach Beginn der Pflichtversicherung bei der Kasse anzumelden und jede während des Bestandes der Pflichtversicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung der Beitragsgrundlage, Unterbrechung und Wiedereintritt des Entgeltanspruches oder Änderung der Beschäftigungsart zu melden. Auf Grund der festgestellten Meldeverstöße sei gemäß § 113 Abs. 1 ASVG ein Beitragszuschlag vorgeschrieben worden.

In dem dagegen erhobenen Einspruch brachte die OHG vor, ein Beitragszuschlag könne als Strafe nur bei Verschulden verhängt werden. Ein Verschulden werde jedoch weder behauptet, noch seien Personen- handelsgesellschaften nach einer Verwaltungsstrafbestimmung "straffähig". Im Übrigen habe die OHG keine Meldeverstöße begangen.

Mit dem ebenfalls vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch teilweise Folge gegeben und den vorgeschriebenen Beitragszuschlag mit S 40.000,-- bemessen. Begründend verwies sie auf ihren Bescheid vom 15. Oktober 1996 über die Beitragsnachverrechnung (zu I.) und sah sich veranlasst, den von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse "höchstmöglich vorgeschriebenen Beitragszuschlag" auf einen den wirtschaftlichen Verhältnissen der OHG und der Anzahl der Meldeverstöße entsprechenden Umfang zu reduzieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu 96/08/0331 protokollierte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - Gegenschriften, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen

Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Zu I.:

Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist die Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.

Nach § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Für die Bemessung der Beiträge ist demnach nicht lediglich das tatsächlich bezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung ein Rechtsanspruch bestand.

Zwar ist in der Beschwerde zunächst von "Sonderzahlungen und sonstigen Zahlungen" die Rede, die OHG stellt aber in der Folge selbst klar, dass Beschwerdegegenstand nicht die Einbeziehung der Prämien in allfällige Sonderzahlungen, sondern in das Kranken-, Urlaubs- und Feiertagsentgelt ist (Punkt A) 3) der Beschwerde). In ihrer Beschwerde gesteht die OHG zu, dass bei

einer Qualifikation der Prämien als Entgelt diese auch an Feiertagen, für Zeiten der Ersatzruhe, der Arbeitsverhinderung sowie bei Urlaub zu entrichten gewesen wären, selbst wenn für diese Zeiten keine vertragliche Regelung getroffen worden wäre (Punkt C der Beschwerde). Allerdings behauptet die OHG einen Anwendungsvorrang der mit ihren Dienstnehmern getroffenen Vereinbarung gegenüber gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen. Die Prämien würden freiwillig gewährt und seien nicht als Entgelt im Sinne des § 49 ASVG anzusehen.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. das Erkenntnis vom 30. September 1997, 95/08/0170 mit weiteren Judikaturhinweisen, vor allem auf das ausführlich begründete Erkenntnis vom 26. Jänner 1984, 81/08/0211). Als Anspruchsgrundlagen kommen gesetzliche Regelungen sowie Vereinbarungen (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen der Ortsgebrauch in Betracht (vgl. das zuletzt zitierte Erkenntnis). In jenen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen in Frage kommen, hat - entsprechend dem § 3 Arbeitsverfassungsgesetz - zumindest das nach diesen Vereinbarungen den Dienstnehmern zustehende Entgelt die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge zu bilden (vgl. das Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, 97/08/0439).

Die OHG möchte (zurecht) nicht in Zweifel ziehen, dass auch freiwillig gewährte Prämien an sich Entgelt nach § 49 ASVG seien. Tatsächlich sind Umsatzprämien wie die vorliegenden, deren Gewährung von keinen weiteren Voraussetzungen abhängt, als laufendes Entgelt zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1986, 84/08/0140). Sie will aber - wie aus dem Gesamtzusammenhang hervorgeht - zum Ausdruck bringen, dass bei freiwillig gezahltem (d.h. über das insbesondere durch Instrumente der kollektiven Rechtsgestaltung zwingend geregelte hinaus gewährte) Entgelt die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber entscheidet (was in der Beschwerde mit "Anwendungsvorrang" umschrieben wird), ob eine solche freiwillige Mehrleistung auch in die Bemessungsgrundlage der hier strittigen Entgeltfortzahlungsfälle einzubeziehen ist.

Es kann auf sich beruhen, ob die OHG mit ihren Dienstnehmern überhaupt eine Vereinbarung dahin getroffen hat, dass die "Prämie" nicht im Falle der Entgeltfortzahlungsfälle gebührt (woraus sie den "Anwendungsvorrang" ableiten könnte), sie übersieht nämlich, dass diese Entgeltfortzahlungsfälle ebenfalls durch Gesetz oder Kollektivvertrag, in jedem Fall aber mit einseitig zwingender Wirkung geregelt sind (vgl. § 40 AngG, § 12 UrlG sowie den zwingenden Charakter des Arbeitsruhegesetzes). Den Parteien eines Arbeitsvertrages kommt daher, soweit auf Grund dieses Vertrages bestimmte Entgeltansprüche (auch freiwillig und gegen jederzeitigen Widerruf) tatsächlich gewährt werden, keine Ingerenz darauf zu, in welcher Weise solche Entgeltansprüche in die Berechnung von Leistungen im Falle gesetzlicher Entgeltfortzahlung einzubeziehen sind:

Zwingende arbeitsrechtliche Bestimmungen räumen dem Arbeitnehmer bei Ausfall bzw. Verhinderung der Leistung durch Krankheit oder Unglücksfall (§ 8 Abs. 1 Angestelltengesetz), während des Urlaubes (§ 6 Abs. 1 Urlaubsgesetz) und infolge eines Feiertages (§ 9 Abs. 2 Arbeitsruhegesetz) während dieser Zeiten einen Anspruch auf das Entgelt ein. Die beiden zuletzt genannten Gesetze sehen weiters vor, dass durch Kollektivvertrag geregelt werden kann, welche Leistungen des Arbeitgebers als (Urlaubs)Entgelt anzusehen sind (§ 6 Abs. 5 UrlG und § 9 Abs. 4 ARG).

Nach dem für die OHG und ihre Dienstnehmer geltenden Generalkollektivvertrag über den Begriff des Entgelts gemäß § 6 Urlaubsgesetz sind Entgelte in Form von Provisionen in das Urlaubsentgelt mit dem Durchschnitt der letzten zwölf Kalendermonate vor Urlaubsantritt einzubeziehen. Diese Regelung gilt sinngemäß für laufend gebührende, provisionsartige Entgelte (z.B. Umsatzprozente, Verkaufsprämien) (§ 2 Abs. 4 leg. cit.). Bei Provisionsansprüchen, wie den hier in Rede stehenden, handelt es sich um regelmäßig (monatlich) ausbezahlte Umsatzprämien, die zweifellos provisionsartiges Entgelt im soeben beschriebenen Sinne sind. Die von der OHG gewährten Prämien sind nach dem genannten Kollektivvertrag also Teil des Entgelts, auf das der Arbeitnehmer in Folge gesetzlicher Anordnung auch während des Urlaubes einen Anspruch hat. Daraus wiederum folgt, dass auch die einen Bestandteil des Urlaubsentgeltes bildenden Prämien in die Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge für Pflichtversicherte (vgl. § 44 ASVG) einzubeziehen sind.

Für den Anspruch nach § 9 Abs. 2 Arbeitsruhegesetz ist eine entsprechende kollektivvertragliche Regelung über den Entgeltbegriff nicht aktenkundig. Es besteht aber kein Anlass für eine differenzierte Behandlung dieses im Wesentlichen dem Urlaubsentgelt gleich zu haltenden Anspruches, weil die ratio legis ebenfalls dahin geht, dass durch die Arbeitsruhe eine Schmälerung des Entgeltes nicht eintreten soll. Der Arbeitnehmer soll eben durch den Arbeitsausfall keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden und das regelmäßige Entgelt in gleicher Höhe weiter beziehen. Für dieses Verständnis des Entgeltbegriffes spricht auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, die regelmäßig gewährte Verkaufsprovisionen einheitlich als Entgelt wertet (vgl. die Urteile vom 1. Juli 1988, 9 Ob A 200/87 und vom 7. November 1961, ArbSlg 7442).

Dieselben Erwägungen müssen ihre Gültigkeit bei Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unglücksfall haben (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 9. Februar 1960, ArbSlg 7170), weshalb auch in diesen Fällen Anspruch auf die Prämien bestand, die damit Teil der Bemessungsgrundlage waren (vgl. die Erkenntnisse vom 11. Februar 1997, 97/08/0016 und vom 5. März 1991, 88/08/0239).

Daraus folgt, dass die Provisionen bei der Ermittlung von Urlaubs-, Feiertags- und Krankenentgelt auf Grund gesetzlicher Anordnung zu berücksichtigen sind.

Zu II.:

Die wegen der Beitragsnachverrechnung erfolgte Vorschreibung eines Beitragszuschlages bekämpft die OHG in ihrer Beschwerde mit dem Argument, der Beitragszuschlag sei eine Strafe und könne daher nur bei Verschulden verhängt werden. Ein Verschulden sei der OHG nicht vorwerfbar, weil für die gewählte Vorgangsweise die Rechtsmeinung von Rechtsanwalt und Steuerberater eingeholt worden sei. Im Übrigen könnten Strafen und Zuschläge nur natürlichen Personen und keinen Handelsgesellschaften vorgeschrieben werden.

Dabei übersieht die OHG, dass die Auferlegung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG - ungeachtet der Überschrift "Strafbestimmungen" des ersten Teiles Abschnitt VIII des ASVG - nicht als Verwaltungsstrafe zu werten ist und daher die Frage des subjektiven Verschuldens des Dienstgebers nicht zu untersuchen ist (vgl. die Erkenntnisse vom 18. Dezember 1981, 08/2119/79, und vom 1. Oktober 1958, 757/57). Der Beitragszuschlag ist eine (neben der Bestrafung nach §§ 111, 112 ASVG mögliche) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung vorgesehene weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten. Der Art des Meldeverstoßes und damit dem Verschulden des Meldepflichtigen an diesem Verstoß kommt nur bei der Ermessensübung innerhalb der gesetzlichen Grenzen Bedeutung zu (vgl. das Erkenntnis vom 30. September 1994, 91/08/0069). Im Übrigen können Beitragszuschläge Dienstgebern vorgeschrieben werden, worunter auch die Personenhandelsgesellschaften fallen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A).

Insgesamt gelang es somit keiner der beiden Beschwerden eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Schriftsatzaufwand war der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht zu ersetzen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, 96/08/0269).

Wien, am 20. Juni 2001

Schlagworte

Entgelt Begriff AnspruchslohnEntgelt Begriff Prämien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996080331.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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