RS UVS Oberösterreich 1995/08/02 VwSen-220958/10/Ga/La

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Veröffentlicht am 02.08.1995
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VwSen-260085 v. 9.9.1994 Rechtssatz

Die Verantwortung des Berufungswerbers, daß es sich bei den vorgefundenen Frischölen nur um erforderliche Betriebsmittel für den täglichen Werkstättenbetrieb im Rahmen des Bewilligungsumfanges gehandelt habe und im übrigen nur leere Fässer zur Entsorgung bereit standen und dasselbe sinngemäß auch für die Nitroverdünnung und die Starterbatterien gelte, somit eine Änderung der Anlage gar nicht erfolgt sei, konnte nicht widerlegt werden. Weder konnte festgestellt werden, wieviele der 200 l-Fässer tatsächlich bzw. womit gefüllt und welche Anzahl (Zeugenaussage: "einige Fässer im hinteren Teil des Raumes") bereits leer waren, noch konnte ausgeschlossen werden, daß die drei 50 l-Fässer und das 30 l-Faß glaublich die in einer Werkstätte üblicherweise eingesetzten Frischöle (wie Hydrauliköl, Getriebeöl, Motoröl) sowie Nitroverdünnung für Lackausbesserungen oder Pinselauswaschen enthalten haben.

Entgegen der Annahme der belangten Behörde (Straferkenntnis S 7 Mitte) war zur Tatzeit keine "große Menge" an Ölen vorhanden. Es erwies sich daher die auf diese Annahme gestützte Schlußfolgerung, wonach eine solche Menge eben über den vom Berufungswerber eingewendeten "normalen Tagesbedarf" hinausgehe und ein (vom Konsens nicht erfaßtes) Öllager bedeute, als nicht tragfähig. Im Hinblick darauf konnte auf sich beruhen, ob die von der belangten Behörde angenommene Eignung der gelagerten Flüssigkeiten zur Gefährdung von Kunden im Falle eines Brandes tatsächlich - die Werkstätte ist von jenem Gebäude, in dem das Speditionsgeschäft mit Kunden abgewickelt wird, immerhin 80 m entfernt - vorlag. Auch zum übrigen Sachverhalt war die Feststellung des Schuldspruchs, daß der vorgefundene Tank mit dem schon genehmigten Tank nicht ident gewesen sei, gleichfalls nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewißheit nachweisbar. Immerhin aber hat sich ergeben, daß der vorgefundene Tank ein Kunststoffbehälter gewesen ist und in einer "in Ordnung gewesenen" Blechwanne aufgestellt war (ohne daß in der Wanne Altöl wahrgenommen worden wäre), sodaß aus diesen Umständen seine Eignung, eine Gewässergefährdung herbeizuführen im Zweifel nicht zugrundegelegt werden konnte.

Zusammenfassend hat das Beweisverfahren zu diesem Spruchpunkt keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die Tatbestandsmäßigkeit ergeben, sodaß aus diesem Grund der Schuldspruch aufzuheben und gleichzeitig die Einstellung wegen nicht erwiesener Tat (§ 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG) zu verfügen war.

Mit diesem Spruchpunkt wird dem Berufungswerber angelastet, den Auflagenpunkt 2. und den Auflagenpunkt 5. der bezeichneten Betriebsanlagengenehmigung vom 18.12.1989 dadurch nicht eingehalten zu haben, daß er am Tattag die genannten Bescheinigungen nicht vorweisen habe können.

Wie aus dem Strafakt ersichtlich, normieren beide Auflagen jedoch nur eine pauschale Pflicht zur Vorlage, ohne zugleich anzuordnen, bis zu welchem (spätesten) Termin die Vorlage zu erfolgen habe. Damit aber lassen sie den Adressaten der Vorlagepflicht im Ungewissen über das ihm aufgetragene Verhalten.

Zufolge ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vom Straftatbestand des § 367 Z25 GewO 1994 erfaßten Fallkonstellationen im Zusammenhang mit bescheidförmig vorgeschriebenen Auflagen wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was jedoch voraussetzt, daß derartige Auflagen so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. VwGH 25.2.1993, 92/04/0164 mwN). Dem entspricht eine Vorlageanordnung dann nicht, wenn die Erfüllung des Gebotes durch keinerlei Zeitbestimmung determiniert ist. Einer so formulierten Auflage fehlt die für ihren normativen Gehalt erforderliche Klarheit.

Das bedeutet im Ergebnis, daß der zur Prüfung vorgelegte Schuldspruch dadurch, daß ihm hinsichtlich ihres normativen Gehalts unbestimmte Auflagen zugrundegelegt wurden, als Ganzes nicht mehr mit dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG vereinbar ist. Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses war daher aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG die Einstellung des bezüglichen Strafverfahrens zu verfügen. Der spruchgemäße Tatvorwurf, daß gefährliche Abfälle, nämlich ölverunreinigtes Putzpapier, "zusammen mit anderen Abfällen wie Altpapier" und somit nicht getrennt gelagert worden sei, konnte nicht unter Beweis gestellt werden. Weder ist hervorgekommen, welches Papier mit dem Ausdruck 'Altpapier' gemeint gewesen ist noch, daß in einem Faß das genannte ölverunreinigte Putzpapier überhaupt gemeinsam mit (irgendeinem) Altpapier, beispielsweise aus dem Bürobetrieb, gelagert gewesen wäre.

Zusammenfassend hat das Beweisverfahren auch zu diesem Spruchpunkt keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die Tatbestandsmäßigkeit ergeben, sodaß aus diesem Grund der Schuldspruch aufzuheben und gleichzeitig die Einstellung wegen nicht erwiesener Tat (§ 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG) zu verfügen war.

Auf Grund der besonderen Formulierung des Schuldspruchs einerseits und der hiezu (iSd § 44a Z2 VStG) als verletzt angeführten Rechtsvorschriften andererseits besteht die Tatanlastung im Vorwurf an den Berufungswerber, er habe - ausgelöst durch ein und dasselbe Faktum, daß nämlich bei ihm als 'Erzeuger von gefährlichen Abfällen' (iSd Begriffs des § 2 Abs.3 der Abfallnachweisverordnung, BGBl. 65/1991) durch die ausgeübte betriebliche Tätigkeit bestimmte gefährliche Abfälle (hier: Leuchtstoffröhren und Bleiakkumulatoren) anfallen würden - zugleich sowohl die allgemeine Aufzeichnungspflicht gemäß § 3 Abs.1 leg.cit. als auch die besondere Aufzeichnungspflicht gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. (Begleitscheinsystem) dadurch verletzt, daß er weder gewöhnliche, fortlaufende Aufzeichnungen iS der einen Vorschrift noch Begleitscheine iS der anderen Vorschrift geführt habe. Damit aber verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. Dem Verhältnis dieser Regelungen zueinander im System der genannten Verordnung ist zu entnehmen, daß für denselben Abfall nicht beide Arten von Aufzeichnungspflichten zugleich ausgelöst sein sollen. Der allgemeinen Aufzeichnungspflicht unterliegt nur, wer nicht zur Führung besonderer Aufzeichnungen verpflichtet ist. Besteht jedoch die Pflicht zur Führung von Begleitscheinen, ist dadurch die allgemeine Aufzeichnungspflicht konsumiert.

Zwar werden in der Regel die fortlaufenden Aufzeichnungen für gefährliche Abfälle durch Begleitscheine zu führen sein (§ 7 Abs.1 leg.cit.). Davon sieht jedoch § 9 Abs.1 leg.cit. Ausnahmen vor, indem angeordnet ist, daß Abfallerzeuger, bei denen gefährliche Abfälle anfallen, der Begleitscheinpflicht dann nicht unterliegen, wenn eine näher geregelte Mindestmenge nicht überschritten wird. § 9 Abs.2 leg.cit. allerdings zählt taxativ solche gefährliche Abfallarten auf, für die diese Mindestmengenbegrenzung nicht gilt. Fällt jedoch ein Erzeuger von gefährlichen Abfällen unter diese Mindestmengenbegünstigung, dann ordnet § 9 Abs.4 leg.cit. an, daß er die Nachweisführung nicht durch Begleitscheine, sondern durch Führung der allgemeinen Aufzeichnungen gemäß § 3 leg.cit. zu führen hat.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage widerspricht die spruchgemäße Tatanlastung im Faktum 4. den vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Anforderungen des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG. Es kann daraus allein der Berufungswerber nämlich nicht erkennen, gegen welchen der beiden Vorwürfe, von denen nach den Umständen des Falles wenigstens einer zu Unrecht erhoben sein muß, er sich zur Wehr zu setzen hat. So ist weder aus dem angefochtenen Straferkenntnis noch aus dem Strafakt insgesamt nachvollziehbar, welche Umstände die belangte Behörde veranlaßt haben, die gleichzeitige Verletzung beider Arten von Aufzeichnungspflichten vorzuwerfen und ob bei ihrer Vorgangsweise bzw. bezogen auf welche Abfälle die erwähnte Mindestmengenbegrenzung des § 9 leg.cit. eine Rolle für die Beurteilung der Rechtsfrage gespielt hat. Im letzteren Zusammenhang ist von Bedeutung, daß zumindest die vom Schuldspruch auch vorgeworfenen "Bleiakkumulatoren" von dieser Mindestmengenbegünstigung nicht ausgenommen scheinen. Ob gleiches auch für die "Leuchtstoffröhren" zu gelten hat, kann dahingestellt bleiben, scheint jedoch davon abzuhängen, ob hinsichtlich der im Ausnahmekatalog des § 9 Abs.2 leg.cit. vorgenommenen Determinierung der aufgezählten Abfallarten durch Schlüsselnummern der Maßstab einer strengen Wortauslegung angelegt wird (im Zweifelsfall wäre nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates aus objektivem Blickwinkel zugunsten des Beschuldigten das weniger belastende Ergebnis zu ziehen gewesen).

Weil die festgestellte Unbestimmtheit der spruchgemäßen Tatanlastung in gleicher Weise schon der ersten Verfolgungshandlung anhaftet, war dieser Tatvorwurf bereits zum Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses verfolgungsverjährt.

Der Schuldspruch kann daher auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr in die eine oder andere Richtung bereinigt werden, sodaß die Aufhebung auszusprechen war. Gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil iSd § 45 Abs.1 Z3 VStG Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Den hier als tatbestandserfüllend zugrundegelegten Sachverhalt hat der Berufungswerber schon in seinem Rechtsmittel nicht wirklich bestritten und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugegeben. Die hinsichtlich der unstrittig im Betrieb angefallenen sonstigen gefährlichen Abfälle (gebrauchte Ölfilter, ölhältige Werkstättenabfälle, ölverschmutzte Putzlappen) jedenfalls bis zum 27. Mai 1993 unterlassene Meldung an den Landeshauptmann hat die belangte Behörde zutreffend als Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 lit.c Z5 AWG angelastet.

Der Berufungswerber bestreitet auch nicht seine Verantwortlichkeit. Er beantragt jedoch, in Anwendung des § 21 VStG von der Strafe abzusehen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Strafbehörde, im Berufungsfall auch der unabhängige Verwaltungssenat, ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit  seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Vorliegend hat die pflichtwidrige Unterlassung unstrittig nahezu ein ganzes Jahr angedauert. Damit aber hat der Erfolg der Übertretung, dh das konkret verwirklichte Unrecht, die Erheblichkeitsschwelle jedenfalls überschritten, sodaß dadurch auch eine bloß geringfügige Tatschuld nicht mehr angenommen werden kann (vgl. zB Erk. UVS OÖ 9.9.1994, VwSen-260085/8/Wei, ua). Im Ergebnis konnte dem Antrag des Berufungswerbers auf Anwendung des § 21 Abs.1 nicht stattgegeben werden: Das von ihm zu vertretende Fehlverhalten ist offenbar nicht im Sinne der Judikatur des VwGH hinter dem in der Strafdrohung des § 39 Abs.1 lit.c Z5 AWG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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