RS UVS Oberösterreich 1995/08/28 VwSen-260131/7/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 28.08.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 137 Abs.3 lit.g WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs.1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs.1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs.2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs.8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Gemäß § 32 Abs.2 lit.c WRG 1959 bedürfen jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, der Bewilligung im Sinne des Absatz 1.

Der Maßstab für die Reinhaltung der Gewässer ergibt sich aus der Zielvorschrift des § 30 Abs.2 WRG 1959, wonach jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens als Verunreinigung gilt.

Geringfügige Einwirkungen auf Gewässer liegen nur vor, wenn sie einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht entgegenstehen. Darunter ist eine Nutzung zu verstehen, die dem Ziel der Reinhaltung iSd § 30 Abs.1 WRG 1959 nicht widerspricht (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993), § 32 Rz 14; Rossmann, Wasserrecht, 2. A (1993), 112 Anm 3).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG immer schon dann gegeben, wenn nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Einwirkung zu rechnen ist (vgl VwGH 18.3.1994, 93/07/0187 = ZfVB 1995/3/1123 unter Hinweis auf Vorjudikatur; vgl weiter die Nachw bei Rossmann, Wasserrecht, 2. A (1993), 114 Anm 6 zu § 32). Der Eintritt einer Gewässerverunreinigung ist dafür irrelevant.

Speziell zur Versickerung von verunreinigten Oberflächenwässern auf Parkplätzen ohne Vorschaltung betrieblicher Reinigungsanlagen (Schlammfang, Mineralölabscheider, Restölabscheider) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß bei Versickerung der auf einem (größeren) Parkplatz anfallenden Oberflächenwässer ohne zusätzliche Vorkehrungen mit nachteiligen Einwirkungen nicht bloß geringfügiger Art im Sinne des § 32 Abs.1 WRG 1959 zu rechnen sei (vgl VwGH 27.3.1990, 89/07/0133). Schon sehr kleine Verluste an Öl oder Benzin sind geeignet, das Grundwasser nachteilig zu beeinflussen (vgl VwGH 15.9.1987, 87/07/0089 = VwSlg 12535 A/1987). Unbestritten und nach der Aktenlage bewiesen ist, daß der Bw im angeführten Standort einen Schotterparkplatz und LKW-Waschplatz auf dem großteils unbefestigten Grundstück Nr. X der Katastralgemeinde L, betreibt. Einzelne LKW-Waschvorgänge im angelasteten Tatzeitraum sind der niederschriftlichen Anzeige zu entnehmen. In den Rechtfertigungsangaben wurde nicht bestritten, daß am Schotterparkplatz LKWs regelmäßig abgestellt und wiederholt im angelasteten Zeitraum Wascharbeiten im Rahmen des Transportunternehmens des Bw vorgenommen werden.

Diese Maßnahmen führten entgegen der Ansicht des Bw zur unkontrollierten Versickerung von Wässern, die mit grundwasserschädlichen Stoffen kontaminiert waren. Die Behauptung, daß der Schotterboden so verdichtet sei, daß die Abwässer nicht versickern können, ist schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung unhaltbar und daher als Schutzbehauptung anzusehen. Jedermann weiß oder müßte zumindest wissen, daß Schotterschichten einen höchst wasserdurchlässigen Untergrund darstellen. Deshalb wird auch in einschlägigen Anleitungen (zB der E Betonwerke oder der Fa W) für die Verlegung von Pflastersteinen oder von Pflasterklinkern im Sandbett vorgeschrieben, daß darunter je nach Belastung entsprechende Schotterschichten aufgebracht werden, die auch extra verdichtet werden müssen, damit nicht nachträgliche Setzungen eintreten. Durch die hohe Wasserdurchlässigkeit der Schotterschichten wird Frostsicherheit erreicht, weil diese Schichten die Oberflächenwässer eben nicht speichern, sondern durchlassen. Eine solche Verdichtung der Schotterfläche infolge einer Benutzung über Jahrzehnte, daß eine Versickerung schädlicher Inhaltsstoffe bzw eine Einwirkung auf das Grundwasser unmöglich wäre, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung von vornherein auszuschließen.

Im gleichgelagerten nur einen anderen Tatzeitraum betreffenden Parallelverfahren zur Zl., das beim unabhängigen Verwaltungssenat zu VwSen-260148/1994 anhängig ist, hat die Strafbehörde die Stellungnahme eines Amtssachverständigen der Unterabteilung Gewässerschutz des Amtes der o.ö. Landesregierung eingeholt (vgl Stellungnahme vom 20.6.1994, Zl.). Dieser stellte zunächst fest, daß Kraftfahrzeugwaschwässer üblicherweise erheblich mit Ölen und Waschmitteln verunreinigt sind. Welches Gefährdungspotential sich dabei für das Grundwasser ergibt, ist leicht erkennbar, wenn man den für die Einleitung in ein Fließgewässer oder eine Kanalisation nach entsprechender Vorreinigung erreichbaren Grenzwert für die Summe der Kohlenwasserstoffe von 5 mg/l bzw 10 mg/l mit dem Grenzwert für Trinkwasser von nur 0,01 mg/l vergleicht. Auf Schotterflächen müsse grundsätzlich von einer weitgehenden Versickerung ausgegangen werden. Das Aufbringen von Schotter sei zumeist auch der Grund für gewollte Versickerungen. Aus den dargelegten Gründen hat der Bw nur eine unbeachtliche Schutzbehauptung, aber kein geeignetes Beweisthema zu seiner Entlastung vorgetragen. Da es sich gegenständlich um ein sog. Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG handelt (vgl etwa Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993), 565 Rz 8 Zu Abs.3 lit.g, hätte der Bw nach der Judikatur initiativ ein geeignetes Tatsachenvorbringen erstatten müssen, das für seine Entlastung spricht und dafür auch Beweismittel beibringen oder nennen müssen (vgl idS mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A (1990), 708 f). Nach dem natürlichen Verlauf der Dinge wird erfahrungsgemäß durch die fortgesetzte Versickerung von LKW-Waschwässern ohne Reinigungsmaßnahmen die Trinkwasserqualität des Grundwassers nachhaltig beeinträchtigt. Deshalb hätte der Bw für seinen grundsätzlich bedenklichen Betrieb eines LKW-Park- und Waschplatzes eine wasserrechtliche Bewilligung benötigt, in der ihm auch die notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung von Einwirkungen auf das Grundwasser verbindlich vorgeschrieben worden wären. Auf den konkreten Nachweis einer Grundwasserbeeinträchtigung kommt es für diese wasserrechtliche Bewilligungspflicht nicht an.

Dem Bw mußte im Hinblick auf die Belehrungen durch die Strafbehörde und wegen des vorangegangenen Strafverfahrens bewußt sein, daß er ohne Befestigung des Bodens und wasserrechtlichen Konsens der Wasserrechtsbehörde für die Ableitung der Abwässer keinen LKW-Waschplatz betreiben hätte dürfen. Indem er dennoch weiterhin den LKW-Park- und Waschplatz auf unbefestigtem Grund betrieben hat, verstieß er auch vorsätzlich gegen die wasserrechtliche Bewilligungspflicht. Daß er diese ernstlich für möglich hielt und sich mit einem Verstoß zumindest abgefunden hatte, beweist schon die Einreichung des wasserrechtlichen Bewilligungsprojektes. Das Berufungsvorbringen kann ihn nicht entschuldigen, läßt aber sein Verschulden in einem günstigeren Licht erscheinen.

Die Neuformulierung des Schuldspruchs diente der Verdeutlichung des für das Tatbild des § 137 Abs.3 lit.g WRG 1959 maßgeblichen Sachverhaltes. Außerdem war besser zum Ausdruck zu bringen, daß im angelasteten Tatzeitraum ein fortgesetztes Delikt angenommen wurde. Nach der Sachlage handelte es sich um fortgesetzte gleichartige Maßnahmen, die wiederholt zur Versickerung von mit grundwasserschädlichen Stoffen belasteten Wässern führten. Da die Waschvorgänge im Rahmen eines betrieblichen LKW-Waschplatzes erfolgten, war auch am begrifflich erforderlichen Gesamtkonzept (Gesamtvorsatz) des Bw nicht zu zweifeln (vgl zum Begriff des fortgesetzten Delikts näher Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB,

3. A 1992, § 28 Rz 34 ff; Hauer/Leukauf, Handbuch, 4. A, 819 Anm 1 zu § 22 VStG).

Die Ableitung eines Teiles der Waschwässer über einen Einlaufschacht in die Ortskanalisation der Gemeinde L ohne eine dafür erteilte wasserrechtliche Bewilligung ist nach der Aktenlage sachverhaltsmäßig erwiesen. Dennoch kommt entgegen der Ansicht der Strafbehörde die durch die Wasserrechtsnovelle 1990 geschaffene Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus der von der belangten Behörde verkannten, im folgenden näher erläuterten Rechtslage:

Gemäß § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat nicht einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs.4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Gemäß § 32 Abs.4 Satz 1 WRG 1959 idF BGBl. Nr. 252/1990 bedarf der Indirekteinleiter, der Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt, bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens dann keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind.

Die mit der Wasserrechtsnovelle BGBl. Nr. 185/1993 rückwirkend eingeführte Übergangsbestimmung des § 33g WRG 1959 will Erleichterungen schaffen und gewisse Härten vermeiden, die durch die verschärften Bewilligungs- und Sanierungsvorschriften der Wasserrechtsnovelle 1990 entstanden sind.

Der gegenständlich einschlägige § 33g Abs.3 WRG 1959 lautet:

"Indirekteinleiter (§ 32 Abs.4), für die mit 1.7.1990 eine Bewilligungspflicht neu eingeführt wurde, gelten als bewilligt, wenn sie den für sie sonst geltenden Vorschriften gemäß betrieben werden. § 33c findet mit der Maßgabe Anwendung, daß die in § 33c Abs.2 sowie die nach § 33c Abs.1 bestimmten Fristen nicht vor dem 1.7.1993 zu laufen beginnen. Die Bewilligung endet am 31.12.2002."

Mit der Verschärfung des § 32 Abs.4 WRG 1959 durch die Wasserrechtsnovelle 1990 wurde eine Bewilligungspflicht nachträglich eingeführt. Die Vorläuferbestimmung des § 32 Abs.4 WRG 1959 erklärte noch lapidar:

"Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisationsanlage mit Zustimmung ihres Eigentümers vornimmt, bedarf für den Anschluß in der Regel keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Das Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird."

Dazu wurde in der früheren Kommentarliteratur (vgl näher Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2. A (1978), 207 f Anm 17 und 18 zu § 32 WRG) ausgeführt, daß der Anschluß an eine bewilligte Kanalisationsanlage in der Regel Sache des Kanalisationsunternehmers sei. Einschränkende Bedingungen können in dessen wasserrechtlicher Bewilligung vorgesehen sein. Einbringungen in eine Kanalisation unterlagen sonst nur den landesgesetzlichen Vorschriften und gemeindlichen Regelungen.

Nach älteren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 1959 und 1961 (vgl bei Grabmayr/Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 185 E 39 zu § 32 Abs 4 WRG) bedurften Anschlußkanäle an sich keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Eine gesonderte Bewilligung kam nur dann in Betracht, wenn ein wesentlicher Einfluß auf den Vorfluter ausgeübt und hiedurch der wasserrechtliche Konsens an diesem überschritten wurde. In VwSlg 6816 A/1965 wurde die Verantwortlichkeit des Kanalisationsunternehmers für die Einhaltung seiner wasserrechtlichen Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter betont und klargestellt, daß es sich bei einer Kanalisationsanlage um kein Gewässer im Sinne des § 32 Abs.1 WRG 1959 handelt.

Im jüngeren Erkenntnis VwSlg 13200 A/1990 hat der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage vor der Wasserrechtsnovelle 1990 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien klargestellt, daß eine wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung in die Kanalisationsanlage schon deshalb unter keinen Umständen in Frage kam, weil es sich bei dieser Anlage um kein Gewässer iSd § 32 Abs.1 WRG 1959 handelte. Einbringungen in eine Kanalisation erfolgten nach einschlägigen landesgesetzlichen oder gemeindlichen Vorschriften und bedurften der Zustimmung des Kanaleigentümers. Aus wasserrechtlicher Sicht war nur die letztlich im Wege der Kanalisation erfolgte Einbringung der Abwässer in ein Gewässer, dh also in den Vorfluter zu beurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof führte weiter aus, daß die Einbringung in die Kanalisation bewilligungsfrei erfolgte, wenn ein sog Regelfall vorlag. Aus dem alten § 32 Abs.4 Satz 2 leitete er ab, daß ein Regelfall vorliegt, wenn die wasserrechtliche Bewilligung des Kanalisationsunternehmers zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird. Erst der Nachweis dieses Regelfalls hätte - unabhängig von der Verantwortlichkeit des Kanalunternehmers - eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für den Indirekteinleiter nach sich ziehen können.

Die Strafbehörde hat undifferenziert auf die in der Fassung der Wasserrechtsnovelle 1990 geltenden §§ 137 Abs.2 lit.h und 32 Abs.4 WRG 1959 abgestellt und - ohne daß dies aktenkundig ausgewiesen wäre - pauschal festgestellt, daß bei der Bewilligung der Ortskanalisation L, "Anschlußkanal Nord", mit Bescheid (gemeint: des Landeshauptmannes von Oberösterreich) vom 17.10.1990, Zl., auf die Abwässer des Waschplatzes auf dem Grundstück X, KG L, noch nicht Bedacht genommen worden sei. Weiters wird ohne jede aktenkundige Tatsachengrundlage und beweismäßige Absicherung leerformelhaft behauptet, daß aufgrund der Einleitungen des Bw eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage bzw der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal zu besorgen seien. Aus diesen Gründen wäre eine wasserrechtliche Bewilligung der Indirekteinleitungen erforderlich gewesen.

Abgesehen davon, daß die entscheidungswesentlichen Tatsachen nicht ausreichend erhoben und aktenkundig dargestellt wurden, hat die belangte Strafbehörde übersehen, daß gegenständlich im Hinblick auf die anzuwendende Übergangsbestimmung des § 33g Abs.3 WRG 1959 die Rechtslage vor der Wasserrechtsnovelle 1990 von Bedeutung ist. Das spezielle Delikt der konsenslosen Einleitung in eine Kanalisation gab es früher nicht. Strafbar war eine solche Einleitung nur unter dem Aspekt der Beeinträchtigung des Vorfluters. Für die Annahme eines bewilligungspflichtigen Regelfalles im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bietet der Akteninhalt keine Anhaltspunkte. Vor allem wird man beim damaligen Stand der Technik für die Einleitung von Waschwässern in eine bewilligte Kanalisation - noch dazu im gegenständlich eingeschränkten Umfang - nicht fundiert behaupten können, daß die Wirksamkeit der Reinigungsanlage der Kanalisation beeinträchtigt oder der Konsens überschritten worden wäre. Auf den heutigen Stand der Reinigungstechnik darf dabei selbstverständlich nicht abgestellt werden. Erst die strengen Abwasseremissionsverordnungen aufgrund der durch die Wasserrechtsnovelle 1990 neugeschaffenen Bestimmungen schufen verbindliche Emissionsgrenzwerte etwa für die Summe der Kohlenwasserstoffe bei Einleitung in eine öffentliche Kanalisation (vgl Allgemeine Abwasseremissionsverordnung BGBl. Nr.179/1991: 20 mg/l und für den speziellen Bereich von Abwasseremissionen aus Tankstellen und Fahrzeugreparatur- und -waschbetrieben BGBl. Nr. 872/1993: 10 mg/l). Einen kanalrechtlichen Grenzwert gab es in Oberösterreich zuvor nicht. Die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit war Sachverständigenfrage. Nur nach gemeindlichen Regelungen konnten Einschränkungen vorgesehen sein. Kanalordnungen der Gemeinden enthalten aber meist nur ganz allgemeine Umschreibungen, wonach schädliche Stoffe in die Kanalisation nicht eingebracht werden dürfen.

Wie der erkennende Verwaltungssenat schon oben klargestellt hat, folgt er sachverhaltsmäßig zur Frage der Einleitung der Waschwässer der Darstellung des Bw. Schon wegen der faktischen Verhältnisse ist davon auszugehen, daß der Bw und zuvor sein Vater mit Wissen und Willen der Gemeinde L Wasch- und Oberflächenwässer von ihrem LKW-Parkplatz über den von der Gemeinde um das Jahr 1960 errichteten Anschluß in die Ortskanalisation teilweise abgeleitet haben, ohne daß damals qualitative Bedenken dagegen vorgebracht worden wären. Es muß mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Zweifel zugunsten des Bw angenommen werden, daß diese Indirekteinleitungen im Einklang mit den gemeindlichen Vorschriften erfolgten. Die Marktgemeinde Lenzing hat jedenfalls die Möglichkeit einer Zusage zur Einleitung nicht etwa unter Hinweis auf entgegenstehende Vorschriften ausgeschlossen.

Im Ergebnis ist daher zumindest im Zweifel zugunsten des Bw anzunehmen, daß die Voraussetzungen der Übergangsbestimmung des § 33g Abs3 WRG 1959 erfüllt sind. Danach gelten die Indirekteinleitungen, für die mit 1.7.1990 (Inkrafttreten der Wasserrechtsnovelle 1990) eine Bewilligungspflicht neu eingeführt wurden, als bewilligt, wenn sie den für sie sonst geltenden Vorschriften gemäß betrieben werden. Allerdings findet § 33c WRG 1959 betreffend die Sanierung von Altanlagen Anwendung. Selbst wenn man die Voraussetzungen des § 33g Abs.3 WRG 1959 nicht für erwiesen hielte, könnte der Bw nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates dennoch nicht wegen der Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 bestraft werden.

Dem Bw müßte ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugebilligt werden. Die seit der Wasserrechtsnovelle 1990 und auch im Hinblick auf die Übergangsbestimmung des § 33g WRG 1959 unübersichtliche und komplizierte Rechtslage bei Indirekteinleitungen war für den Bw, der aufgrund der tatsächlichen Umstände naturgemäß darauf vertraute, auch weiterhin Waschwässer in die öffentliche Kanalisation einleiten zu dürfen, nicht erkennbar. Selbst die belangte Strafbehörde hat die maßgebliche Rechtslage nicht erkannt. Von einem Rechtsunterworfenen kann aber nicht mehr erwartet werden als von Behörden. Der Bw wurde von der belangten Behörde nur darüber belehrt, daß er die Waschwässer auf unbefestigtem Grund wegen der Gefahren für das Grundwasser nicht versickern lassen darf. Auch in dem ersten Strafverfahren zur Zl. hat die belangte Behörde ausschließlich die unkontrollierte Versickerung von Waschwässern und nicht auch die konsenslose Ableitung in die Kanalisation inkriminiert.

Außerdem befindet sich der Bw tatsächlich in einer Zwangslage, die zumindest auch durch das Verhalten der Behörden mitverschuldet worden ist. Es trifft nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates zu, daß die Marktgemeinde Lenzing die formale Zustimmung als Partei zum eingereichten bewilligungsfähigen Projekt des Bw anläßlich der an Ort und Stelle vom Landeshauptmann zur Zl. durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung vom 26.1.1993 zu Unrecht verweigert hat. Der Hinweis auf eine allenfalls erforderliche Umwidmung im Flächenwidmungsplan vermag daran nichts zu ändern. Die fehlende Flächenwidmung ist kein Grund, einem wasserrechtlich eindeutig bewilligungsfähigen Projekt die Zustimmung zu verweigern, weil sie mit der Frage der ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung nichts zu tun hat. Es handelt sich dabei nicht um ein öffentliches Interesse im Sinne und von der Bedeutung des § 105 Abs.1 WRG 1959, das zur Abweisung oder zur Bewilligung unter Auflagen hätte führen müssen. Vielmehr bestand sogar gemäß § 36 O.ö. BauO (LGBl. Nr. 35/1976) eine gesetzliche Anschlußpflicht.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat nach h. Ansicht die wasserrechtliche Bewilligung des eingereichten Abwasserprojekts zu Unrecht unter Hinweis auf § 32 Abs.4 WRG 1959 verweigert. Aus dieser Vorschrift geht keineswegs hervor, daß eine Zustimmung des Kanalisationsbetreibers notwendige Voraussetzung für die wasserrechtliche Bewilligung ist. Diese Vorschrift regelt nur die Voraussetzungen, unter denen Indirekteinleiter seit der Wasserrechtsnovelle 1990 ausnahmsweise keine wasserrechtliche Bewilligung benötigen. Dabei ist die Zustimmung des Kanalisationsbetreibers eine von mehreren Voraussetzungen für die Bewilligungsfreiheit von Indirekteinleitungen. Mangels gütlicher Übereinkunft hätte die Wasserrechtsbehörde dem Bw bei ungerechtfertigter Weigerung durch den Kanalisationsbetreiber Zwangsrechte nach §§.60 ff WRG 1959 einräumen müssen. Deshalb hätte eine wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung von nach dem Stand der Technik vorgereinigten Abwässern aus dem Bereich eines befestigten LKW-Waschplatzes ungeachtet der fehlenden Zustimmung der Marktgemeinde L erteilt werden können und müssen. Entschuldigender Notstand iSd § 6 VStG hätte eine Existenzgefährdung des Transportunternehmens vorausgesetzt, die zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der Verwaltungsübertretung abgewendet werden konnte (vgl näher die Judikaturnachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch, 4. A, 736 ff). Eine solche Situation konnte auch nach dem Vorbringen des Bw nicht angenommen werden. Auf jeden Fall lägen aber hinreichende Gründe vor, die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG zu bejahen und von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Im Ergebnis ist festzuhalten, daß aus den dargestellten Gründen das angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt b) aufzuheben und das Strafverfahren insofern schon mangels Tatbildmäßigkeit gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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