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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 3. September 1949 geborenen I, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in 2640 Gloggnitz, Hauptstraße 37, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. Juni 1997, Zl. Fr 2930/97, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 26. Juni 1997 gerichtet, mit dem gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt wurde, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsbürger, in Bosnien gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Seine Abschiebung nach Bosnien sei somit zulässig.
Zur Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde im Wesentlichen folgende Angaben des Beschwerdeführers herangezogen, die dieser, nach Stellung eines Asylantrags am 3. Jänner 1995, im Zuge der asylbehördlichen Einvernahme gemacht habe: Er hätte sich in seiner Heimat nie politisch betätigt und sei nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen. Er sei auch nicht vorbestraft, würde jedoch wegen des Militärdienstes von den heimatlichen Behörden gesucht, letztendlich hätte er die Heimat wegen der Nationalitätenprobleme und aus religiösen Gründen verlassen.
Er hätte vor dem Krieg mit seiner Frau in Brcko gelebt und in Pallanka als Lehrer gearbeitet. Als die Serben gekommen wären, hätten fast alle Bewohner den Ort verlassen müssen und hätte sich der Beschwerdeführer mit seiner Frau nach Pallanka begeben und im dortigen Schulgebäude eine Zwei-Zimmer-Wohnung bezogen. Seit Ende April 1992 hätte er im Grenzgebiet zwischen Kroatien und Brcko/Bosnien als Infanterist seinen Kriegsdienst geleistet. Nach dem Tod seiner Frau während eines Raketenangriffs im Jahre 1994 hätte er seine Entlassung aus der Armee beantragt, doch hätte man ihm nur erklärt, dieser Bitte könne nur Folge geleistet werden, sobald in der Schule im Herbst ein Lehrer benötigt würde. Daraufhin hätte ihm der Vorsitzende der Demokratischen Liga Bosniens jedoch mitgeteilt, dass man ihn nicht einstelle, da er Albaner sei und eine serbische Schule besucht hätte. Zum gegenständlichen Zeitpunkt seien alle Angehörigen anderer Volksgruppen von den Bosniern gehasst worden. Der Beschwerdeführer hätte besonders darunter zu leiden gehabt, da er zur albanischen Minderheit gehöre und man befürchtet hätte, er könnte die Kinder deren Ideologie lehren.
Im September 1994 wäre die Wohnung beschlagnahmt worden, weil unter anderem die Küche der Schule benötigt worden wäre, eine Beschwerde dagegen sei erfolglos geblieben. Weil er gehofft hätte, als älterer Mann nicht direkt zum Kämpfen eingesetzt zu werden, hätte er sich bei einer kroatischen Einheit melden wollen, was aber nicht funktioniert hätte. In der Folge wäre er dazu ausersehen worden, Schützengräben auszuheben, wobei ihm jeden Moment Gefahr gedroht hätte, da er zwischen zwei Fronten tätig gewesen wäre. Auf Grund seiner Nationalität hätte man ihm die schwersten Arbeiten zugemutet, außerdem wären noch einige Roma und Serben für kurzfristige Hilfsarbeiten herangezogen worden. Der Beschwerdeführer selbst hätte jederzeit aushelfen müssen, da er gezwungen worden wäre, an Ort und Stelle zu wohnen. Als er versucht hätte, vom Arzt wenigstens eine Arbeitserleichterung zu erwirken, hätte ihm dieser mitgeteilt, dass dies laut Befehl nur für Bosnier möglich wäre. Lediglich Mitglieder der Demokratischen Liga Bosniens wären von dieser Regelung ausgenommen gewesen. Allerdings hätte diese seit Kriegsbeginn keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen.
Im Anschluss daran hätte sich der Beschwerdeführer nicht mehr bei der Armee gemeldet, sondern in Rahice versteckt, weshalb die Polizei sicherlich nach ihm suchen würde. Schließlich wäre der Beschwerdeführer aus Angst vor dem Krieg und der Polizei aus der Heimat geflüchtet, da er befürchtet hätte, im Fall seiner Ergreifung misshandelt bzw. umgebracht zu werden. Zudem hätte es immer schon Nationalitätenprobleme gegeben, man hätte ihm schon früher nahe gelegt, in seine "Heimat" zu gehen. In Rahice hätte ihm auch ein Lehrer mitgeteilt, dass er im Falle einer Rückkehr sicher von der Polizei misshandelt und in weiterer Folge an die Front geschickt, eingesperrt oder umgebracht würde.
Der Beschwerdeführer habe ferner angegeben, seine Heimat aus religiösen Gründen verlassen zu haben, da er als Lehrer den islamischen Glauben lehren hätte müssen, womit er nicht einverstanden gewesen wäre, da er sich nie sonderlich um die Bräuche dieser Religion gekümmert hätte. Eine innerstaatliche Fluchtalternative wäre nicht gegeben gewesen, da es in Bosnien keine befriedeten Landesteile gegeben hätte. Auch wäre es unmöglich gewesen, in den Kosovo zu gehen, da dort die Serben geherrscht hätten, gegen die der Beschwerdeführer gekämpft hätte. Dort würde ihn die Todesstrafe erwarten. Wegen seiner Desertion wäre er ein deklarierter Feind des bosnischen Volkes. Da er überdies vor dem Krieg in Brcko gewohnt hätte, hätte er seine Heimat und sein gesamtes Hab und Gut für immer verloren, weshalb er in Österreich bleiben wolle.
Am 31. Dezember 1994 wäre der Beschwerdeführer mit einem Bus von Rahice nach Tuzla gefahren, dessen Chauffeur für ihn an der bosnisch-kroatischen Grenze einen Schlepper organisiert habe. Unter Umgehung der Grenzkontrolle wäre er schließlich nach Kroatien und Slowenien gelangt. Am 2. Jänner 1995 hätte er die slowenisch-österreichische Grenze illegal überschritten, dann wäre er von einem weiteren Schlepper erwartet und zu einem Bahnhof in Wien gebracht worden. Schließlich wäre er mit einem Taxi nach Traiskirchen gelangt.
Das Bundesasylamt habe den Asylantrag mit Bescheid vom 24. Jänner 1995 abgewiesen, seine dagegen gerichtete Berufung sei durch den Bundesminister für Inneres am 22. Februar 1995 ebenfalls negativ beschieden worden. Gegen diesen Bescheid habe er Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Die erstinstanzliche Behörde habe den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG unter Hinweis auf die Entscheidungen der Asylbehörden abgewiesen. Es wäre möglich gewesen, in ein durch das Abkommen von Dayton befriedetes Bosnien zurückzukehren.
Der Beschwerdeführer habe in der Berufung angegeben, die Erstbehörde habe ohne weitere Ermittlungen und ohne ihm eine Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen, unzulässig auf die Einschätzungen des Bundesasylamtes verwiesen. Weiters habe er ein Schreiben der bosnischen Botschaft in Wien als Beweis für seine Staatsangehörigkeit und Desertion vorgelegt und auf seine Fluchtgründe hingewiesen, insbesondere die Arbeiten, zu denen er herangezogen worden wäre, und die Diskriminierung seiner Person, die ohne Zweifel den Tatbestand der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung erfülle. Zudem habe er behauptet, die Ausführungen der Erstbehörde zum Abkommen von Dayton würden nicht den Tatsachen entsprechen, da nicht von dessen wirkungsvoller Umsetzung gesprochen werden könne, insbesondere in Bezug auf Amnestieregelungen in beiden Teilen Bosniens und die Verwirklichung der Menschenrechte. Der Staat sei noch immer in die moslemisch-kroatische Föderation und die Republika Srpska geteilt. Brcko, die Heimatstadt des Fremden, befände sich gegenwärtig im serbischen Teil. Die moslemisch-kroatische Föderation und Kroatien würden Angehörigen der Republika Srpska die Ein- bzw. Durchreise verweigern. Ferner habe der Beschwerdeführer auf Berichte des UNHCR verwiesen, in denen von gewaltsamen Protesten der Serben wegen der Rückkehr vertriebener Familien die Rede gewesen sei, wobei dies nur einige Beispiele für stattfindende Vertreibungen und Übergriffe seien.
Die belangte Behörde habe in ihre Entscheidung die Aussagen des Beschwerdeführers vor den Asylbehörden und sein Berufungsvorbringen einfließen lassen, weshalb er genug Gelegenheiten gehabt habe, jene Gründe darzutun, die gegen eine Abschiebung in die Heimat sprechen würden.
Nach Verweis auf das bereits oben zitierte Vorbringen stellte die belangte Behörde fest, dass die Heranziehung zum Militärdienst keine Verfolgung iSd § 37 FrG darstelle, wenn nicht besondere Umstände, wie die Benachteiligung ethnischer Minderheiten, hinzuträten. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer offensichtlich geweigert habe, mit der Waffe den Wehrdienst zu leisten, und man ihn in der Folge zu einer Ersatzleistung, wie dem Ausheben von Schützengräben herangezogen habe, könne nicht als Verfolgung iSd § 37 Abs. 1 und 2 FrG qualifiziert werden. Die sachverhaltsrelevanten Vorfälle hätten sich im September 1994 ereignet und es müsse in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass sich seither die politische Lage in Bosnien dramatisch verändert habe. Das Friedensabkommen von Dayton habe die militärischen Auseinandersetzungen von Bosnien-Herzegowina beendet und eine internationale Friedenstruppe (IFOR) von mehr als 50.000 Soldaten unter NATO-Oberkommando habe die UNO-Schutztruppen abgelöst. Das Staatsgebiet Bosnien-Herzegowinas werde unterteilt in die Gebietseinheiten der moslemisch-kroatischen Föderation (51 %) und der serbischen Republik in Bosnien (49 %). Die Umsetzung des Abkommens durch die Konfliktparteien erfolge, von einzelnen lokalen Zwischenfällen abgesehen, im militärischen Bereich im Wesentlichen fristgemäß, "im zivilen Bereich behördlicher Aktivitäten stoppend". Die Zusammenführung der verfeindeten Volksgruppen, insbesondere die freie Bewegung im Land, die Rückkehr von Flüchtlingen und gemeinsame Verwaltung von Kommunen scheitere vorläufig faktisch. Somit seien die Kampfhandlungen als beendet und Bosnien, mit einigen Ausnahmen, als befriedet zu betrachten. Ethnische Säuberungen, Pogrome, verbunden mit Mord und Totschlag, Vergewaltigung und Anhaltung unter menschenverachtenden Umständen seien keinesfalls mehr kennzeichnend für die allgemeine Lage. Obwohl es, wie erwähnt, bei der Zusammenführung der verfeindeten Volksgruppen und dadurch bei der freien Bewegung im Land erheblicher Verbesserung bedürfe, sei dem Fluchtgrund des Beschwerdeführers der Boden entzogen und liege somit mangelnde Aktualität der Verfolgungsgefahr vor, da Umstände, die sich in der Vergangenheit ereignet hätten, grundsätzlich nicht geeignet seien, eine aktuelle Verfolgung iSd § 37 FrG darzutun. Aktuell sei die Verfolgungsgefahr dann, wenn sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung oder der bevorstehenden Abweisung (gemeint wohl: Abschiebung) drohe.
Der Beschwerdeführer habe angegeben, wegen seiner Desertion ein deklarierter Feind des bosnischen Volkes zu sein, weshalb ihn eine entsprechende Behandlung in Bosnien erwarte. Bezüglich einer drohenden Bestrafung wegen Desertion oder "Refraktion" sei festzustellen, dass es sich dabei nicht um eine Verfolgung iSd § 37 Abs. 1 oder 2 FrG handle. Desertion und "Refraktion" würden auch in westlichen demokratischen Staaten pönalisiert. Darüber hinaus sei am 12. Februar 1996 durch das Parlament der Republik Bosnien-Herzegowina ein neues Amnestiegesetz verabschiedet worden, das am 23. Februar 1996 in Kraft getreten sei, und müsse auch die Republika Srpska nach dem Friedensabkommen von Dayton ein Amnestiegesetz in Kraft setzen.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass einer Bestrafung von Deserteuren und "Refrakteuren" keine Verfolgungsqualität zukomme und Amnestiegesetze in Bosnien-Herzegowina bereits in Kraft und in der Republika Srpska in Bearbeitung seien, könne der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch wegen der drohenden Bestrafung wegen seiner Militärflucht keine Verfolgung iSd § 37 Abs. 1 oder 2 FrG dartun. Die vom Beschwerdeführer angeführten Schikanen, wie etwa die Nichtanstellung als Lehrer oder die Vertreibung aus der Wohnung, entsprächen nicht der geforderten Intensität von § 37 Abs. 1 oder 2 FrG. § 37 Abs. 2 FrG verlange aus den genannten Gründen eine Gefahr für das Leben und die Freiheit. Dieser Intensität kämen die vom Fremden behaupteten Schikanen nicht gleich.
Der Beschwerdeführer behaupte, bosnischer Staatsbürger der albanischen Volksgruppe aus der Stadt Brcko zu sein, welche auf dem Gebiet der Republika Srpska liege. Die moslemisch-kroatische Föderation verweigere Angehörigen der Republika Srpska die Einreise in das Föderationsgebiet, was in weiterer Folge dazu geführt habe, dass Kroatien sich ebenfalls weigere, Visa für Angehörige der Republika Srpska auszustellen. Diese Umstände würden lediglich formale Abschiebungshindernisse darstellen, die jedoch nicht den in § 37 Abs. 1 oder 2 FrG normierten Gründen gleichkämen. Unbestritten bleibe, dass es für die Ausstellung von Heimreisepapieren auf Grund der politischen Lage im ehemaligen Jugoslawien zu Schwierigkeiten kommen könne, doch würden diese Gründe kein Abschiebungshindernis iSd § 37 Abs. 1 oder 2 FrG darstellen.
Zusammenfassend werde festgestellt, dass die Gefahr eines militärischen Einsatzes oder Ersatzeinsatzes auf Grund der geänderten politischen und tatsächlichen Lage nicht mehr aktuell und somit nicht zu erwarten sei. Darüber hinaus stelle die Wehrpflicht keine Gefahr iSd § 37 FrG, sondern eine allgemeine Bürgerpflicht dar. Eine allfällige Verfolgung wegen Desertion oder "Refraktion" sei nicht berücksichtigungswürdig nach § 37 FrG. Zusätzlich seien im Zielstaat Amnestiegesetze verabschiedet worden oder in Bearbeitung, weshalb schon von dieser Warte aus nicht damit zu rechnen sei, dass gegen Deserteure oder "Refrakteure" besonders streng vorgegangen werde. Allfällige Schwierigkeiten bei der Erlangung eines Heimreisepapiers seien im Verfahren nach § 37 FrG nicht zu berücksichtigen, auch Entlassungen aus dem Arbeitsverhältnis würden der geforderten Verfolgungsintensität nicht gerecht. Verweise auf die allgemeine Lage im Zielstaat würden für die Glaubhaftmachung einer individuell drohenden Gefahr nicht ausreichen. Insbesondere könne dies nicht mit Zeitungsartikeln aus der ersten Hälfte des Jahres 1996 belegt werden, da sich die Lage in Bosnien monatlich bessere.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Antragsteller mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Falle seiner Abschiebung in den im Antrag genannten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt durch diese nicht abwendbaren Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen und von der Behörde das Vorliegen konkreter Gefahren für jeden einzelnen Fremden für sich zu prüfen. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa gehäufte Verstöße der in § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 95/21/0905, mwN).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde selbst festgestellt, dass die Umsetzung des Abkommens von Dayton im zivilen Bereich der Behörden "stoppend" verlaufe und die Zusammenführung der verfeindeten Volksgruppen faktisch scheitere. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Vorgeschichte des Beschwerdeführers (seines Einsatzes in der bosnischen Armee) und seiner Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe moslemischen Glaubens hätte sie sich näher damit auseinander setzen müssen, ob der Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung nach Bosnien - wie er behauptet - tatsächlich nur in die Republika Srpska abgeschoben oder dorthin weitergeschoben würde und ob er dort angesichts der angeführten Umstände einer Gefährdung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG ausgesetzt wäre. (Insofern hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung etwa auf Berichte über Zusammenstöße und Übergriffe bosnischer Serben auf rückkehrwillige Muslime in das serbisch kontrollierte Gebiet verwiesen.)
Indem die belangte Behörde dies unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Juni 2001
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997210692.X00Im RIS seit
27.11.2001