RS UVS Oberösterreich 1995/09/14 VwSen-230361/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 14.09.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 17 Abs.1 Z3 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht gerichtlich bestraft wird, wer einer in diesem Gesetz angeordneten Verpflichtung nicht nachkommt (§ 2 Abs.3 letzter Satz, § 3 Abs.2, § 6 Abs.3 letzter Satz, § 10 Abs.3 sowie § 16 Abs.1 bis 3).

Nach § 17 Abs.5 Satz 1 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 sind Personen über 18 Jahren wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen. Nach Satz 2 können bei bestimmten - gegenständlich nicht relevanten - Zuwiderhandlungen und bei erschwerenden Umständen Geldstrafen bis zu S 50.000,-- verhängt werden. Erschwerende Umstände liegen insbesondere im Wiederholungsfall vor oder wenn der Täter aus der strafbaren Handlung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

§ 16 Abs.2 Z2 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 verpflichtet Unternehmer und Veranstalter

1. auf die für ihren Betrieb oder ihre Veranstaltung maßgeblichen Bestimmungen dieses Gesetzes deutlich sichtbar hinzuweisen;

2. durch sonstige geeignete Maßnahmen (zum Beispiel durch Feststellung des Alters von Kindern und Jugendlichen, durch mündliche Hinweise oder Verweigerung des Eintrittes) dafür zu sorgen, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Anordnungen von Kindern und Jugendlichen beachtet werden.

Gemäß § 12 Abs.2 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken überhaupt (Z1) und der übermäßige Konsum anderer alkoholischer Getränke (Z2) verboten.

Voraussetzung für die Strafbarkeit eines Veranstalters oder Unternehmers gemäß § 17 Abs.1 Z3 iVm § 16 Abs.2 Z2 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988 ist demnach, daß er nicht durch geeignete Maßnahmen in seinem Betrieb oder bei der Veranstaltung für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes durch Kinder und Jugendliche gesorgt hat. Diese Verpflichtung bedeutet aber keine mit dem Schuldprinzip unvereinbare "Erfolgshaftung", sondern nur, daß der Unternehmer im Rahmen seiner Möglichkeiten vorzusorgen hat und an Jugendliche nicht übermäßig Alkohol ausschenken darf. Dabei kommt es für die Beurteilung, welche geeigneten Maßnahmen er hätte treffen müssen, naturgemäß auf die Umstände des Einzelfalles an. Die belangte Strafbehörde hat keinerlei Ermittlungen in diese Richtung durchgeführt, sondern ausschließlich auf der Tatsachengrundlage der Anzeige des Wachzimmers Polizeidirektion das angefochtene Straferkenntnis erlassen. Aus dieser Anzeige geht aber in keiner Weise hervor, welche geeigneten Maßnahmen der Bw als Leiter des Jugendzentrums unterlassen haben könnte, um zu verhindern, daß die Jugendlichen im Jugendzentrum übermäßig Alkohol konsumieren. Der Einlassung des Bw, daß die Vorschriften des O.ö. Jugendschutzgesetzes 1988 im Jugendzentrum streng eingehalten würden und an den Jugendlichen keineswegs übermäßig Alkohol ausgeschenkt worden wäre, hat die belangte Strafbehörde nichts entgegengesetzt. Insbesondere hat sie es verabsäumt, solche Ermittlungen durchzuführen, deren Ergebnisse sie in die Lage versetzt hätte, dem Bw konkret vorzuwerfen, aufgrund welcher konkret unterlassener Maßnahmen der Jugendliche D. E. im Jugendzentrum übermäßig Alkohol konsumieren konnte. Es mangelt insofern bereits an einer ausreichend konkretisierten Tatanlastung nach den Maßstäben des § 44a Z1 VStG.

Außerdem ist der erkennende Verwaltungssenat auch der Ansicht, daß die Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann, weil nicht sofort zielführende Erhebungen durchgeführt wurden. Die Aussage des im Tatzeitpunkt fast 17-jährigen Jugendlichen gegenüber den Polizeibeamten, wonach er zwei bis drei halbe Bier im "C. t."

getrunken habe, kann noch nicht als übermäßiger Konsum von Alkohol im Jugenzentrum gewertet werden. Allein diese Mengenangabe, die in Relation zur körperlichen Verfassung des Jugendlichen und zur verstrichenen Zeit zu betrachten wäre, ist noch kein Beweis für übermäßigen Alkoholkonsum im Jugendzentrum. Der nach Einschätzung der Polizeibeamten übermäßig alkoholisierte Jugendliche konnte überdies auch an anderen Orten Alkohol konsumiert oder sich mit alkoholischen Getränken versorgt haben. Die Anzeige, die insofern alle Eventualitäten offen läßt, kann entgegen der Ansicht der Strafbehörde keinesfalls taugliche Tatsachengrundlage für einen Schuldspruch sein. Die Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis bewegen sich auf dem Niveau einer unzulässigen Vermutung zu Lasten des Täters.

Der Hinweis der Strafbehörde auf einen angeblich nicht gelungenen Schuldentlastungsbeweis geht fehl, weil dem Bw kein konkretes Tatverhalten aufgrund gesicherter Beweisergebnisse vorgeworfen worden ist. Die unbestimmte Tatanlastung, wonach der Bw als Veranstalter nicht durch geeignete Maßnahmen gesorgt hätte, daß der Jugendliche nicht übermäßig Alkohol konsumiert, gibt nur den Gesetzestext wieder und läuft letztlich auf eine pauschale Schuldbehauptung hinaus. Außerdem bleibt unberücksichtigt, daß die Verpflichtung des Veranstalters nach dem O.ö. Jugenschutzgesetz 1988 nur im Rahmen der Veranstaltung und nicht auch darüber hinaus besteht. Die Strafbehörde hätte wenigstens jene objektiven Umstände, die das Tatbild ausmachen, konkret feststellen und vorwerfen müssen. Da sie dies unterlassen hatte, war auch vom Bw bei verfassungskonformer Interpretation (Unschuldsvermutung, Anklageprinzip im materiellen Sinn) des § 5 Abs.1 VStG keine konkrete Schilderung zu seiner Entlastung zu erwarten. Der Bw war nicht zu einer Aussage oder Stellungnahme verpflichtet, die strafbehördliche Aufklärungsmängel und Beweislücken ausgleicht, da er an der Strafverfolgung gegen sich selbst nicht auf belastende Weise mitwirken muß.

Im übrigen ist der Strafbehörde auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1994, Zlen. B 1908/93 und B 1971/93, entgegenzuhalten, in dem der Verfassungsgerichtshof davon ausgeht, daß der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirke, daß ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat. Die Behörde habe den objektiven Tatbestand nachzuweisen und im Zweifel auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreie vor weiteren Nachforschungen nur insoweit, als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis mangels ausreichend konkretisierten Tatvorwurfes sowie mangels ausreichender Beweise aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG vorzunehmen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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