Da gemäß § 59 Abs 1 AAV eine geeignete fachkundige Person zu bestellen ist, die die notwendigen Schutzmaßnahmen für das Befahren von Betriebseinrichtungen schriftlich anordnet, und der Berufungswerber eine solche qualifizierte, geeignete, fachkundige Person auf der konkreten Baustelle in K. nicht bestellt hat, liegt diese Übertretung vor. Der Berufungswerber hat eine der deutschen Sprache in Schrift nicht mächtige Person als Anordnungsbefugten auf der Baustelle zurückgelassen. Es fehlte somit dem vom Berufungswerber zurückgelassenen Anordnungsbefugten an der Fähigkeit, schriftliche Anordnungen erteilen zu können. Darüber hinaus handelt es sich um keine geeignete, fachkundige Person, da es sich um einen angelernten Hilfsarbeiter handelte, der zum damaligen Zeitpunkt lediglich über eine 3-jährige praktische Erfahrung im Brunnenbau verfügt. Zwar ist diese Maßnahme des Zurücklassens eines Anordnungsbefugten dann nicht erforderlich (siehe Abs 2 leg cit), wenn sichergestellt ist, daß Sauerstoffmangel nicht auftreten kann, doch ergibt sich allein aus der Aussage des Berufungswerbers, daß mit Sauerstoffmangel gerechnet worden war, da er den dieser Person sowie einem ihm beigestellten Hilfsarbeiter die Anordnung erteilt hatte, vor Befahren des Brunnenschachtes diesen mittels Kompressor -auszublasen-. Darüber hinaus konnte aufgrund der Zeugenaussage ermittelt werden, daß die am Tattag herrschende Wetterlage (Hitze) bereits seit 14 Tagen bestand, weshalb mit einem Sauerstoffmangel im Brunnenschacht jedenfalls zu rechnen war. Gemäß § 59 Abs 4 der AAV dürfen Betriebseinrichtungen, Schächte usw. nur befahren werden, wenn sich die Aufsichtsperson davon überzeugt hat, daß die angeordneten Schutzmaßnahmen durchgeführt wurden, und sie eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt hat.
Eine Aufsichtsperson, die die in § 59 Abs 1 AAV geforderte Qualifikation besaß, war nicht auf der Baustelle. Allein schon deshalb liegt die Übertretung gemäß § 59 Abs 4 AAV vor. Aber selbst dann, wenn - wie der Berufungswerber meint - eine Aufsichtsperson anwesend war, ist darin nichts für den Berufungswerber zu gewinnen. Dies, weil dieselbe sich nicht vom Durchführen der angeordneten Sicherheitsmaßnahmen vor Befahren des Schachtes überzeugt hatte und zudem weder der Berufungswerber, noch eine Aufsichtsperson dem Einfahrenden eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt hatten. Zuvor hatte der Berufungswerber von der gesetzlichen Vorschrift des Erteilens einer schriftlichen Befahrerlaubnis keine Ahnung, doch kann ihn dies allein schon aufgrund der seit 1983 geltenden AAV nicht entschuldigen.
Gemäß § 59 Abs 13 letzter Satz AAV ist vor und während des Befahrens eines Schachtes die Sauerstoffkonzentration zu messen. Dabei hat dieses Sauerstoffmeßgerät bei einer Unterschreitung des Sauerstoffgehaltes von 17 Volumsprozent entsprechende Warnungen zu erteilen. Der Berufungswerber besitzt als Brunnenbauunternehmer kein solches Sauerstoffmeßgerät. Die Notwendigkeit eines solchen Sauerstoffmeßgerätes ergibt sich aber bereits daraus, daß bei einem Unterschreiten von 17 Volumsprozent Sauerstoff in der Atemluft zumindestens große Verletzungsgefahr, wenn nicht sogar Lebensgefahr, besteht.
Soweit sich der Berufungswerber inhaltlich auf § 59 Abs 13 letzter Satz AAV dahingehend beruft, daß auch der angestrebte Zweck der Sauerstoffmessung durch andere geeignete Meßeinrichtungen erreicht werden kann und dabei -die Kerzenprobe- nennt, so muß dem Berufungswerber entgegengehalten werden, daß die Kerzenprobe keine geeignete Meßeinrichtung darstellt. Dies deshalb, da mit der Kerze keine Sauerstoffmessung durchgeführt werden kann, die einen das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährdenden Sauerstoffgehalt von unter 17 Volumsprozent anzeigt. Ist es doch allgemein bekannt, daß die Kerze auch bei unter 17 Volumsprozent Sauerstoff in der Luft weiterbrennt. Auch die vom Berufungswerber abgegebene Rechtfertigung, die Kerzenprobe sei als gängige Methode in der Berufsschule gelehrt worden, kann den Berufungswerber nicht entschuldigen. Liegt doch der Meisterprüfungsabschluß im Jahre 1972 und wäre es dem Berufungswerber nicht nur möglich gewesen, seine Erkenntnisse auf rechtlichem und technischem Gebiet zu erweitern, sondern wäre er hiezu als verantwortlicher Brunnenbauer verpflichtet gewesen. Der Berufungswerber hat somit die Übertretung nach § 59 Abs 13 letzter Satz AAV zu verantworten.
Gemäß § 59 Abs 10 der AAV ist der Einfahrende unter Verwendung eines Sicherheitsgeschirrs so anzuseilen, daß die erforderliche Bergung rasch erfolgen kann. Wie in einer Zeugeneinvernahme ausgeführt wurde, befand sich das dazugehörende Sicherheitsgeschirr und Seil im Auto. Begründet wurde diese unterlassene Verwendung des Sicherheitsgeschirrs damit, daß das Arbeiten in angeseiltem Zustand, wenn zugleich auch ein Materialseilzug vorhanden ist, umständlich sei. Das vom Berufungswerber angegebene Argument, anläßlich von Kontrollen durch Einsichtnahme des Brunnenschachtes nicht feststellen zu können, ob der betreffende am Boden des Schachtes Arbeitende das Sicherheitsgeschirr verwendet hat, ist als Schutzbehauptung anzusehen: Es kann doch durch bloßes Ziehen am Sicherheitsseil festgestellt werden, ob sich der Arbeiter auch angeseilt hat. Dies setzt aber voraus, daß überhaupt ein Sicherheitsseil Verwendung findet, was nicht geschah. So konnte der Einfahrende nur mit einem Materialkübel, der am Seilende der Winde befestigt war, geborgen werden.